BAG: Insolvenzanfechtung hinsichtlich gezahlter Gehälter - Scheinarbeitsverhältnis - abgestufte Darlegungslast
Das BAG hat mit Urteil vom 18.9.2014 - 6 AZR 145/13 - entschieden:
Wird ein Arbeitsvertrag nur zum Schein abgeschlossen und zahlt der Schuldner als Arbeitgeber ohne den Erhalt von Arbeitsleistung Lohn, so handelt es sich hierbei um eine unentgeltliche Leistung gemäß § 134 Abs. 1 InsO. Wer sich auf die Nichtigkeit eines Arbeitsvertrags nach § 117 Abs. 1 BGB beruft, trägt für den Scheincharakter des Vertrags die Beweislast. Dem entspricht, dass den Insolvenzverwalter die primäre Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unentgeltlichen Leistung iSd. § 134 InsO trifft. Hat der Insolvenzverwalter alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft und kann er seiner primären Darlegungslast dennoch nicht nachkommen, weil er außerhalb des erheblichen Geschehensablaufs stand, während der Anfechtungsgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind, kann vom Anfechtungsgegner nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast der Vortrag positiver Gegenangaben verlangt werden. Zur Ausschöpfung der Möglichkeiten des Insolvenzverwalters gehört die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nach § 97 Abs. 1 InsO gegenüber dem Schuldner sowie ggf. die Einschaltung des Insolvenzgerichts zur Ergreifung von Zwangsmaßnahmen gemäß § 98 InsO. Zudem hat der Insolvenzverwalter die Geschäftsbücher des Schuldners auszuwerten. Eine sekundäre Darlegungslast des Anfechtungsgegners wird nicht durch eine etwaige Auskunftspflicht als (früherer) Angestellter nach § 101 Abs. 2 iVm. § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO ausgelöst. Diese Verpflichtung wirkt sich nicht auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Anfechtungsprozess aus. Auch bei einem wirksamen Arbeitsvertrag können Lohnzahlungen unentgeltliche Leistungen darstellen, wenn der Schuldner die hierfür geschuldete Arbeitsleistung trotz vorhandener Arbeitsmenge nicht oder nicht vollständig in Anspruch nimmt. Gleiches gilt im Falle der Vergütungsleistung trotz vertragswidriger Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers. Eine teilweise unentgeltliche Leistung kommt ferner in Betracht, wenn die Lohnzahlung den Wert der Arbeitsleistung übersteigt. Den Arbeitsvertragsparteien steht diesbezüglich ein Bewertungsspielraum zu, soweit sie nicht an gesetzliche oder tarifliche Vorgaben gebunden sind. Die Bewertung darf sich von den objektiven Verhält-nissen nicht zu weit entfernen. Eine Feststellungsklage, die einen bestimmten Anspruch leugnet, darf nur abgewiesen werden, wenn der Anspruch feststeht, dessen sich der Beklagte einer solchen Klage berühmt.