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Arbeitsrecht
14.12.2017
Arbeitsrecht
BAG: Insolvenzanfechtung - Inkongruenz von Druckzahlungen - Rückforderung von Ausbildungsvergütung - Insolvenzgeldanspruch

Das BAG hat mit Urteil vom 26.10.2017 – 6 AZR 511/16 – wie folgt entschieden:

1. Die Arbeitsgerichte sind als Prozessgerichte im Rechtsstreit über eine Insolvenzanfechtung daran gebunden, welche Eröffnungsanträge das Insolvenzgericht in seiner rechtskräftigen Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als maßgeblich bestimmt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beschluss ausnahmsweise an einem Mangel leidet, der zu seiner Nichtigkeit führt.

2. Der Anwendungsbereich des § 139 Abs. 2 InsO, der die Anfechtbarkeit zeitlich vorverlagert, ist nur eröffnet, wenn das Verfahren nicht auf den ersten gestellten Eröffnungsantrag, sondern erst auf einen späteren Antrag hin eröffnet wird. Dann ist zu prüfen, ob das Verfahren auf den früheren Antrag hin hätte eröffnet werden können und ob die maßgebliche Anfechtungsfrist bezogen auf den früheren Antrag gewahrt ist. Diese Prüfung müssen die Arbeitsgerichte als Prozessgerichte eigenständig vornehmen. Die Beweislast für die dafür erforderlichen Tatsachen trifft den anfechtenden Insolvenzverwalter.

3. Zahlungen, die unter dem Druck der unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erlangt sind, sind als Druckzahlungen inkongruent.

4. Auszubildende sind Arbeitnehmer im Sinne des § 165 SGB III. Darum können auch Ansprüche auf Ausbildungsvergütung durch Insolvenzgeld gesichert werden.

5. Wird vergleichsweise die Zahlung rückständigen Arbeitsentgelts vereinbart, das für den Insolvenzgeldzeitraum geschuldet wurde, ist ein solcher Zahlungsanspruch insolvenzgeldfähig.

6. Bei Vergütungsansprüchen, die erst durch Druckzahlungen erfüllt werden, ist eine verfassungsrechtlich legitimierte Anfechtungssperre in Höhe des Existenzminimums auch dann nicht zu erwägen, wenn es um die Rückforderung verspätet gezahlter Ausbildungsvergütung geht.

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1; InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 139 Abs. 2, §§ 143, 144 Abs. 1; SGB III § 25 Abs. 1 Satz 1, §§ 165 ff., § 324 Abs. 3 Satz 2; SGB IV § 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2

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