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Arbeitsrecht
15.08.2012
Arbeitsrecht
Hess. LAG: Fristlose Kündigung eines Chefarztes nach Verschweigen einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung

Das LAG entschied in seinem Urteil vom 5.12.2011 – 7 Sa 524/11 – wie folgt: Ein Chefarzt kann fristlos gekündigt werden kann, wenn sich herausstellt, dass die bei seiner Einstellung abgegebene Erklärung zu fehlenden Vorstrafen und laufenden Ermittlungsverfahren falsch war. Die Position eines Chefarztes habe eine herausragende Bedeutung für die Entwicklung und den Ruf der Kliniken. Der 52-jährige Kläger ist habilitierter Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Er wurde zum 1.11.2009 mit einem garantierten Jahreseinkommen von 220 000 e brutto als Chefarzt zur Leitung der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe in einer Klinik im Raum Darmstadt eingestellt. Vor der Einstellung unterzeichnete der Kläger folgende Erklärung: „Ich erkläre, dass ich über die vorstehenden Angaben hinaus nicht gerichtlich bestraft oder disziplinarisch belangt worden bin. Außerdem erkläre ich, dass gegen mich kein (weiteres) Strafverfahren, Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft oder Disziplinarverfahren anhängig ist. Ich verpflichte mich, von jedem gegen mich eingeleiteten Straf- oder Ermittlungsverfahren und jeder gerichtlichen Verurteilung Mitteilung zu machen.“ Gegen den Kläger war jedoch schon 2002, als er in einer Klinik in Niedersachsen tätig war, eine Strafanzeige wegen fahrlässiger Tötung eines Neugeborenen erhoben worden. Dem Kläger war vorgeworfen worden, einen Kaiserschnitt zu spät eingeleitet zu haben. Auf die Strafanzeige wurde im Oktober 2006 Anklage erhoben. Das Amtsgericht setzte das Strafverfahren wegen des parallel betriebenen Schmerzensgeldprozesses aus. Nachdem der Kläger von den Zivilgerichten zu 15 000 e Schmerzensgeld verurteilt worden war, nahm das Amtsgericht das Strafverfahren wieder auf und verurteilte den Kläger im August 2010 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 13 500 e. Die Arbeitgeberin des Klägers erfuhr davon Ende August 2010 aus der Presse und suspendierte den Kläger mit sofortiger Wirkung vom Dienst. Anfang September 2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos.
(PM LAG vom 21.6.2012)

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