BAG: Fortgeltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen nach Betriebsübergang
Das BAG hat mit Urteil vom 5.5.2015 – 1 AZR 763/13 – wie folgt entschieden:
1. Bei der identitätswahrenden Übertragung eines Betriebs auf einen anderen Rechtsträger und seiner unveränderten Fortführung durch den Erwerber gelten die bestehenden Betriebsvereinbarungen unverändert normativ fort.
2. § 613a Abs. 1 BGB steht einer normativen Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen bei einem Betriebsübergang nicht entgegen. Die Vorschrift regelt das Fortbestehen von vertraglichen Vereinbarungen (Satz 1) sowie die Transformation der kollektiven Regelungen, soweit diese nicht normativ fortgelten (Satz 2 und Satz 3). Zu der vorgelagerten Frage, unter welchen Voraussetzungen die bisher in der übergehenden Einheit bestehenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ihren normativen Charakter behalten, verhält sich § 613a Abs. 1 BGB nicht.
3. Der Inhalt einer Gesamtbetriebsvereinbarung gilt als Einzelbetriebsvereinbarung auch dann weiter, wenn ein Betrieb unter Wahrung seiner Identität von einem Unternehmen mit mehreren Betrieben übernommen wird und die in der Gesamtbetriebsvereinbarung geregelten Rechte und Pflichten beim aufnehmenden Unternehmen nicht normativ ausgestaltet sind.
4. Ein Arbeitnehmer kann mit einer Ermächtigung des Pensions-Sicherungs-Vereins den während eines Rechtsstreits auf den Träger der Insolvenzsicherung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG übergegangenen Anspruch im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft gerichtlich weiterverfolgen. Eine solche Änderung des Rechtsschutzbegehrens ist keine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung.
5. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des beklagten Arbeitgebers führt zur Unterbrechung eines Rechtsstreits über das Bestehen einer Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Auf eine Kenntnis des Gerichts von der Insolvenzeröffnung kommt es nicht an.
6. Im Unterbrechungszeitraum bewirkte Zustellungen eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verkündeten Berufungsurteils sind unwirksam. Die unwirksame Zustellung kann jedoch in entsprechender Anwendung von § 189 Alt. 2 ZPO geheilt werden.
7. Eine im Unterbrechungszeitraum eingelegte und begründete Revision ist nicht wirkungslos.