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Arbeitsrecht
08.06.2020
Arbeitsrecht
BAG: Fahrtzeiten eines Außendienstmitarbeiters - vergütungspflichtige Arbeitszeit - Betriebsvereinbarung - Tarifsperre

Das BAG hat mit Urteil vom 18.3.2020 – 5 AZR 36/19 – wie folgt entschieden:

1. Fahrtzeiten eines Außendienstmitarbeiters, dessen Gesamttätigkeit darauf gerichtet ist, verschiedene Kunden zu besuchen, gehören insgesamt zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten und sind deshalb vergütungspflichtige Arbeitszeit. Das gilt unabhängig davon, ob die Fahrten vom Betriebssitz oder von der Wohnung des Arbeitnehmers aus angetreten werden bzw. an dem einen oder anderen Ort enden (Rn. 16).

2. Für Fahrtzeiten kann arbeits- oder tarifvertraglich eine andere Vergütungsregelung als für die „eigentliche“ Tätigkeit getroffen werden, sofern mit der Vereinbarung nicht der jedem Arbeitnehmer für tatsächlich geleistete vergütungspflichtige Arbeit nach § 1 Abs. 1 MiLoG zustehende Anspruch auf den Mindestlohn unterschritten wird. Für Regelungen in einer Betriebsvereinbarung sind die Binnenschranken der Betriebsverfassung zu beachten (Rn. 18).

3. Regelungen in einer Betriebsvereinbarung, wonach die von Servicetechnikern für Fahrten zu und von Kunden aufgewendeten Wegezeiten in bestimmtem Umfang nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen, sind im Geltungsbereich eines Tarifvertrags wegen Verstoßes gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam, wenn die betreffenden Fahrtzeiten gemäß den Tarifbestimmungen uneingeschränkt der entgeltpflichtigen Arbeitszeit zuzurechnen und mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten sind. Das gilt im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. 1 BetrVG unabhängig davon, ob die Bestimmungen in der Betriebsvereinbarung einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen (Rn. 19 ff., 37 ff.).

4. Führt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto, in das zu erfassende Arbeitszeiten zu Unrecht nicht eingestellt wurden, hat der Arbeitnehmer im fortbestehenden Arbeitsverhältnis regelmäßig Anspruch auf „Gutschrift“ der Zeiten in Gestalt einer Korrektur des aktuell auf dem Zeitkonto ausgewiesenen Saldos. Ein Zahlungsanspruch kommt lediglich dann in Betracht, wenn die der Führung des Zeitkontos zugrunde liegenden Bestimmungen für unterlassene Gutschriften einen Ausgleich in Geld vorschreiben (Rn. 56 ff.).

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