BAG: Entschädigung nach dem AGG - objektive Eignung - Benachteiligung wegen der Religion und/oder des Alters - berufliche Anforderung einer Kirchenmitgliedschaft - Stellenausschreibung - unionsrechtskonforme Auslegung
Das BAG hat mit Urteil vom 25.10.2018 – 8 AZR 562/16 – wie folgt entschieden:
1. Nach § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG ist - ungeachtet des § 8 AGG - eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.
2. § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG ist dahin auszulegen, dass es dann, wenn eine Religionsgemeinschaft, kirchliche Einrichtung oder Vereinigung ihr Selbstbestimmungsrecht ausgeübt und die Zugehörigkeit zu einer Kirche als berufliche Anforderung bestimmt hat, für die Rechtfertigung einer Benachteiligung wegen der Religion weder auf die Art der Tätigkeit noch die Umstände ihrer Ausübung ankommt. In dieser Auslegung ist die Bestimmung mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG unvereinbar. § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG kann nicht unionsrechtskonform ausgelegt werden und muss unangewendet bleiben (Rn. 25 ff.).
3. Das Verlangen eines/einer erfolglosen Bewerbers/Bewerberin sowohl auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG als auch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG kann dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt sein (Rn. 46 ff.).
4. Rechtsmissbrauch ist anzunehmen, wenn sich aufgrund einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der/die Bewerber/in eine Absage provoziert hat mit dem ausschließlichen Ziel, die Voraussetzungen für die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG und/oder eines Schadensersatzes nach § 15 Abs. 1 AGG zu schaffen (Rn. 55 ff.).