BAG: Dynamische arbeitsvertragliche Verweisung auf kirchliches Arbeitsrecht gilt auch nach Betriebsübergang auf weltlichen Erwerber weiter
Wird der Betrieb eines kirchlichen Arbeitgebers im Wege eines Betriebsübergangs von einem weltlichen Erwerber übernommen, tritt der Erwerber gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Teil der weitergeltenden Pflichten ist die arbeitsvertraglich vereinbarte Bindung an das in Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) geregelte kirchliche Arbeitsrecht. Wird im Arbeitsvertrag auf die AVR in der „jeweils geltenden Fassung“ verwiesen, verpflichtet diese dynamische Inbezugnahme den weltlichen Erwerber, Änderungen der AVR wie z. B. Entgelterhöhungen im Arbeitsverhältnis nachzuvollziehen.
Der Kläger war seit 1991 bei einem Arbeitgeber, der dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche angeschlossen war, im Rettungs- dienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass die AVR des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland in der jeweils gültigen Fassung gelten sollten. Zum 1.1.2014 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über, die als gemeinnützige GmbH nicht Mitglied des Diakonischen Werks ist und dies auch nicht werden kann. Sie will die AVR im Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch statisch mit dem am 31.12.2013 geltenden Stand an- wenden. Sie vertritt die Auffassung, da sie auf den Inhalt der AVR weder direkt noch mittelbar Einfluss nehmen könne, sei sie an Änderungen in diesem Regelungswerk, die nach dem Betriebsübergang erfolgten, nicht gebunden. Die für die AVR beschlossenen Entgelterhöhungen von 1,9 % bzw. von 2,7 % zum 10.7. und 8.12.2014 gab sie darum an den Kläger nicht weiter. Der Kläger begehrt die Zahlung des erhöhten Entgelts.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg (BAG vom 23.11.2017 – 6 AZR 683/16). Die dynamische Geltung der AVR hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber ein kirchlicher ist. Ihr steht auch Unionsrecht nicht entgegen
(BAG 30.8.2017 – 4 AZR 95/14 – PM 35/17).