BAG: Dynamische tarifvertragliche Verweisung auf anderen Tarifvertrag („dynamische Blankettverweisung“) - Voraussetzung des engen sachlichen Zusammenhangs des Geltungsbereichs der Tarifverträge
Das BAG entschied in seinem Urteil vom 22.2.2012 - 4 AZR 8/10 - wie folgt: Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Enthalten sein muss eine Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Die Rechtssetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien umfasst grundsätzlich auch das Recht, auf jeweils geltende andere tarifliche Vorschriften zu verweisen, sofern deren Geltungsbereich mit dem Geltungsbereich der verweisenden Tarifnorm in einem engen sachlichen Zusammenhang steht. Das Erfordernis des engen sachlichen Zusammenhangs des Geltungsbereichs der Tarifverträge dient dazu, dass auch bei der Inkorporierung fremden Normsetzungswillens dem Postulat der Sachgerechtigkeit der tariflichen Regelung im Sinne eines angemessenen Interessenausgleichs Rechnung getragen wird. Blankettverweisungen auf jeweils geltende andere Tarifverträge sind zwischen denselben Tarifvertragsparteien unbedenklich zulässig. Ein tarifvertraglich in Bezug genommener anderer Tarifvertrag gilt nicht als solcher für die an den Verweisungstarifvertrag gebundenen Parteien des Arbeitsverhältnisses, sondern als inkorporierter Teil des Verweisungstarifvertrages. Mit einer - dynamischen - tarifvertraglichen Verweisung auf einen anderen Tarifvertrag ist keine eigenständige und normative Geltung des in Bezug genommenen Tarifvertrages verbunden. Der verweisende Tarifvertrag und der in Bezug genommene Tarifvertrag bilden eine Einheit. Die Normen des Bezugstarifvertrages sind Teil der Normen des Verweisungstarifvertrages. Dem Ende des Tarifvertrages nach § 3 Abs. 3 TVG steht jede Änderung des Tarifvertrages gleich. Soweit der Arbeitgeber an einen Verweisungstarifvertrag nur noch nach § 3 Abs. 3 TVG nachgebunden ist, führt jede Änderung, Ergänzung oder Ersetzung des in Bezug genommen und damit inkorporierten Tarifvertrages zum Ende der normativen Geltung des Verweisungstarifvertrages.