BAG: Deutsche Gerichtsbarkeit - Staatenimmunität - internationale Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte - erfolglose Zustellung im Ausland - öffentliche (Inlands-)Zustellung
Das BAG hat mit Urteil vom 18.12.2014 – 2 AZR 1004/13 – wie folgt entschieden:
1. Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit iSv. § 20 Abs. 2 GVG richtet sich nach dem rechtlichen Charakter des staatlichen Handelns oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Bei Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis ist maßgebend, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Art nach hoheitlich sind oder nicht.
2. Unabhängig von der Frage, ob der ausländische Staat für seine Immunität objektiv beweispflichtig ist, dürfen die Anforderungen an die Substantiierungspflicht im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht dazu führen, dass der Staat auf prozessrechtlichem Weg zur Aufgabe des ihm eingeräumten Vorrechts gezwungen wird, indem er Einzelheiten der von ihm behaupteten hoheitlichen Tätigkeit des Arbeitnehmers preisgeben müsste. Hat sich der Staat auf die Erbringung von Aufgaben berufen, deren funktionaler Zusammenhang mit dem hoheitlichen Aufgabenbereich einer Auslandsvertretung - wie im Falle der Übertragung der Leitung der Kulturabteilung eines Konsulats - nahe liegt, muss der Arbeitnehmer im Rahmen einer zumindest abgestuften Darlegungslast konkrete Umstände aufzeigen, die gegen den hoheitlichen Charakter seiner Aufgabenstellung sprechen sollen.
3. Die Annahme, der ausländische Staat habe - allgemein oder für einen konkreten Rechtsstreit - auf seine Immunität verzichtet, unterliegt strengen Anforderungen. Die Umstände des Falls dürfen in dieser Hinsicht keine Zweifel lassen.
4. Das Konsulat eines ausländischen Staates stellt - ebenso wie die Botschaft eines fremden Staates - eine „Niederlassung“ iSv. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO dar, wenn die Aufgaben der Arbeitnehmer, mit denen das Konsulat Arbeitsverträge geschlossen hat, zu seiner wirtschaftlichen Betätigung im Empfangsstaat gehören.
5. Gemäß § 185 Nr. 3 ZPO kann eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn feststeht, dass eine Zustellung im Wege der Rechtshilfe endgültig nicht erfolgen wird. Die Zustellung verspricht vielmehr schon dann keinen Erfolg, wenn ihre Durchführung einen derart langen Zeitraum in Anspruch nähme, dass ein Zuwarten der die Zustellung betreibenden Partei nicht zugemutet werden kann. Wegen der mit ihr verbundenen Gefährdung des Anspruchs des Prozessgegners auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sind die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung allerdings - jedenfalls im Erkenntnisverfahren - streng zu handhaben.