BAG: Beweislast für leidensgerechte Beschäftigungsmöglichkeit
Das BAG entschied in seinem Beschluss vom 30.9.2010 – 2 AZR 88/09 – wie folgt: Nach § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die die Kündigung bedingen. Dazugehört auch die Darlegung des Fehlens alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten. Der Arbeitgeber kann – außerhalb der Verpflichtung zur Durchführung eines BEM – zunächst pauschal behaupten, es bestehe für den dauerhaft erkrankten Arbeitnehmer keine andere Beschäftigungsmöglichkeit. Der Arbeitnehmer muss sodann konkret darlegen, wie er sich eine Änderung des bisherigen Arbeitsplatzes oder eine Beschäftigung an einemanderen Arbeitsplatz vorstellt, die er trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausüben könne. Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer alternativen Beschäftigungsmöglichkeit gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer keinen oder nur einen oberflächlichen Einblick in die organisatorischen Arbeitsabläufe in anderen betrieblichen Bereichen hat. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch dann durchzuführen, wenn keine betriebliche Interessenvertretung i. S. v. § 93 SGB IX gebildet ist. Bestand eine Verpflichtung zur Durchführung eines BEM, darf der Arbeitgeber sich im Kündigungsschutzprozess nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, es gebe keine leidensgerechten Arbeitsplätze, die der erkrankte Arbeitnehmer trotz seiner Erkrankung ausfüllen könne. Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer (außergerichtlich) bereits genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sowohl eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes andemArbeitnehmer zuträgliche Arbeitsbedingungen als auch die Beschäftigung auf einemanderen – leidensgerechten – Arbeitsplatz ausscheidet.