BAG: Betrieblicher Geltungsbereich des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe - Verfassungsmäßigkeit des SokaSiG
Das BAG hat mit Urteil vom 27.3.2019 – 10 AZR 512/17 – wie folgt entschieden:
1. Führen die Arbeitnehmer eines Betriebs arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten aus, die unter § 1 Abs. 2 Abschn. I bis Abschn. V VTV fallen, ist der betriebliche Geltungsbereich des VTV eröffnet (Rn. 17).
2. Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden (Rn. 19).
3. Führen Arbeitnehmer Tätigkeiten aus, die baulicher Natur sind, aber auch einem der ausgenommenen Gewerke des § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV zugeordnet werden können, kommt es darauf an, welches Gepräge diese „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ dem Betrieb geben. Entscheidend ist der Charakter der überwiegend versehenen Tätigkeiten. Die Abgrenzung richtet sich insbesondere danach, ob die Arbeiten von Fachleuten des ausgenommenen Gewerks angeleitet und ausgeführt werden (Rn. 27).
4. Um einen vom betrieblichen Anwendungsbereich des VTV ausgenommenen Betrieb iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV handelt es sich nur, wenn in ihm arbeitszeitlich zu mehr als der Hälfte der Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten ausgeübt werden, die einem der Tatbestände des Ausnahmekatalogs zuzuordnen sind. Tätigkeiten, die verschiedenen Ausnahmetatbeständen zuzuordnen sind, werden nicht zusammengerechnet (Rn. 30).
5. Es begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, dass § 7 SokaSiG die Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe rückwirkend auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber erstreckt (Rn. 32 ff.).