LAG Berlin-Brandenburg: Bestehen eines Arbeitsverhältnisses in sog. aut-aut-Fällen
Das LAG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 27.1.2014 - 4 Sa 1731/13 - entschieden: In den sog. aut-aut-Fällen richtet sich die Bestimmung
des Rechtswegs nach dem Sachvortrag
des Klägers, der im Hinblick auf seine Arbeitnehmereigenschaft
nicht nur schlüssig sein muss,
sondern ggf. auch bewiesen werden muss.
Liegt ein „aut-aut-Fall“ vor und ist das Arbeitsgericht
der Ansicht, der Kläger sei kein Arbeitnehmer
i. S. d. § 5 ArbGG, so hat es den
Rechtsstreit nach § 17a Abs. 2 GVG zu verweisen.
Nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG hat das Arbeitsgericht
auf Rüge einer Partei über die Zulässigkeit
des beschrittenen Rechtswegs vorab
zu entscheiden.
Trifft das Arbeitsgericht dennoch keinen Verweisungsbeschluss,
sondern bejaht es im Urteil den
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, so kann es
die Klage bei einem „aut-aut-Fall“ nicht mit der
Begründung abweisen, es liege kein Arbeitsverhältnis
vor. Dem steht bereits § 17 Abs. 2 Satz 1
GVG entgegen.
Die Prüfungssperre des § 65 ArbGG entfällt dann,
wenn das erstinstanzliche Gericht trotz Rüge, das
heißt unter Verstoß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG,
nicht durch Beschluss vorab über die Zulässigkeit
des Rechtswegs entschieden hat (im Anschluss
an BAG 21.5.1999 – 5 AZB – 31/98AP Nr. 1 zu
§ 611 BGB Zeitungsverlage).
Das Rechtsmittelgericht hat das Verfahren wieder
in die Bahn zu lenken, in die es bei richtiger
Entscheidung der Vorinstanz und dem danach
gegebenen Rechtsmittel gelangt wäre. Dies bedeutet,
dass das Berufungsgericht im vorliegenden
Fall seine Entscheidung in der Form zu treffen
hat, in der es bei richtiger Entscheidung der
Vorinstanz hätte entscheiden müssen (BAG
26.3.1992 – 2 AZR 443/91 – AP Nr. 7 zu § 48
ArbGG 1979 = EzA § 48 ArbGG 1979 Nr. 5). Die
Entscheidung hatte deswegen gem. § 17a Abs. 4
Satz 3 und 4 GVG durch Beschluss und gem. § 78
Satz 3 ArbGG durch den Vorsitzenden allein zu
ergehen.
Stützt das Arbeitsgericht die Klageabweisung
in einem aut-aut-Fall unzutreffend allein darauf,
dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis
bestand, so genügt die Berufungsbegründung
den Anforderungen des § 520
Abs. 3 Satz 2 Nr. 2–4 ZPO, wenn der Kläger
die Annahme, es bestehe kein Arbeitsverhältnis,
angreift.
Zwar ist die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses
in diesem Fall für die materielle
Begründetheit der geltend gemachten
Ansprüche irrelevant; für die Berufungsbegründung
ist aber entscheidend, ob sie sich mit
den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten
des angefochtenen Urteils befasst, nicht
hingegen, ob die Begründung den Klageanspruch
rechtfertigt.