BAG: Beschäftigungsanspruch - schwerbehinderte Arbeitnehmer
Das BAG hat mit Urteil vom 3.12.2019 – 9 AZR 78/19 – wie folgt entschieden:
1. Der Anspruch schwerbehinderter Arbeitnehmer auf eine behinderungsgerechte Beschäftigung (§ 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX) verpflichtet den öffentlichen Arbeitgeber nicht, eine ermessensfehlerfrei unbeschränkt ausgeschriebene Stelle außerhalb des mit der Ausschreibung eingeleiteten Besetzungsverfahrens vorab zuzuweisen (Rn. 25 f.). Die Stellenbesetzung hat im Rahmen und auf Grundlage eines gemäß Art. 33 Abs. 2 GG durchzuführenden Bewerbungs- und Auswahlverfahrens unter Beachtung des subjektiven Rechts eines jeden Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren zu erfolgen (Rn. 30 f.).
2. Verlangt ein Arbeitnehmer seine leidens- und behinderungsgerechte Beschäftigung muss, um den Bestimmtheitsanforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen, die Art der begehrten Beschäftigung durch Auslegung des Klageantrags ggf. unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens der klagenden Partei feststellbar sein. Erforderlich und ausreichend ist die Bezeichnung des Berufsbilds, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, wenn sich damit hinreichend bestimmt ergibt, worin die ihm zuzuweisende Tätigkeit bestehen soll (Rn. 11 ff.).
3. Verletzt der Arbeitgeber seine Verpflichtungen aus § 167 Abs. 1 und 2 SGB IX zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements und eines Präventionsverfahrens, führt dies jedenfalls dann nicht zu einer Absenkung der Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitnehmer in der Lage ist, zumindest das Berufsbild der begehrten Beschäftigung oder die zuzuweisenden Tätigkeiten im Klageantrag abstrakt anzugeben (Rn. 16 ff.).
4. Das Gebot der Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB begründet keine Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer vertragsfremden Beschäftigung des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber kann im Rahmen der Rücksichtnahmepflicht lediglich gehalten sein, dem Wunsch des Arbeitnehmers nach einer Vertragsanpassung nachzukommen, insbesondere wenn anderenfalls ein dauerhaftes Unvermögen des Arbeitnehmers droht (Rn. 21).