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Arbeitsrecht
31.03.2020
Arbeitsrecht
BAG: Beitragspflichten zu dem Sozialkassensystem der Bauwirtschaft - Individualisierung von Beitragsansprüchen im Mahnantrag - Verfassungsmäßigkeit des SokaSiG

Das BAG hat mit Urteil vom 27.11.2019 – 10 AZR 476/18 – wie folgt entschieden:

1. Eine Klage auf Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft, der ein Mahnverfahren vorausgegangen ist, ist auch dann hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn zwar keine Anspruchsbegründung nach § 46a Abs. 4 Satz 3 ArbGG eingereicht worden ist, der Mahnantrag aber die für eine bestimmte Klage erforderlichen Angaben enthält und damit eine vorweggenommene Anspruchsbegründung darstellt (Rn. 12 ff.). - 2 -

2. Ein Mahnantrag, mit dem Sozialkassenbeiträge für gewerbliche Arbeitnehmer geltend gemacht werden, ist hinreichend bestimmt iSv. § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, wenn die Sozialkasse darlegt, von welchem Arbeitgeber sie für welche Kalendermonate Beiträge in welcher Höhe begehrt. Bei Angestelltenbeiträgen ist erforderlich anzugeben, von welchem Arbeitgeber die Sozialkasse für welche Zahl von Angestellten in welchem Kalendermonat Beiträge in welcher Höhe verlangt (Rn. 20 ff., 24 ff.).

3. Es ist in der Regel nicht erforderlich, dass die Kasse die Arbeitnehmer, für die sie Beiträge erstrebt, namentlich benennt oder in anderer Weise individualisiert, um den Streitgegenstand zu bestimmen (Rn. 22, 26).

4. Für eine sog. Durchschnittsbeitragsklage, mit der Sozialkassenbeiträge für gewerbliche Arbeitnehmer auf der Basis der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittslöhne geltend gemacht werden, besteht grundsätzlich ein Rechtsschutzbedürfnis. Damit eine solche Klage schlüssig ist, muss die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft ein in sich widerspruchsfreies, nachvollziehbares und überprüfbares Rechenwerk vorlegen, das mit ihren tatsächlichen Angaben im Einklang steht (Rn. 30 ff., 41).

5. Die Geltungserstreckung der Verfahrenstarifverträge durch das SokaSiG auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist aus Sicht des Senats verfassungsgemäß. Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass das SokaSiG Zeiträume umfasst, hinsichtlich derer die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung eines Verfahrenstarifvertrags nach § 98 ArbGG festgestellt worden ist (Rn. 46 ff., 60).

6. Das SokaSiG verstößt nicht deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Gebot der Rechtssicherheit, weil es die Geltungserstreckung nicht in allen Fällen mit konkreten Daten festgelegt hat, sondern an die zwingende Wirkung des Tarifvertrags knüpft (Rn. 74 ff.).

7. Die Verweisungstechnik des SokaSiG auf Anlagen ist mit den Geboten der Normenbestimmtheit und Normenklarheit vereinbar (Rn. 82 ff.).

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