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Arbeitsrecht
06.07.2015
Arbeitsrecht
BAG: Befristung - Vertretung - Rechtsmissbrauch

Das BAG hat mit Urteil vom 29.4.2015 – 7 AZR 310/13 – wie folgt entschieden:

1. Ein die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigender sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert. Diese Regelung, die dem sozialpolitischen Zweck dient, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, stellt klar, dass der Arbeitgeber Ausfallzeiten, die durch Mutterschutz, Elternzeit und Sonderurlaub zur Kinderbetreuung bedingt sind, durch die befristete Einstellung einer Vertretungskraft überbrücken kann.

2. Der Sachgrund der Vertretung setzt eine Prognose über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters voraus. Entsteht der Vertretungsbedarf durch Krankheit, Urlaub oder Freistellung, kann der Arbeitgeber regelmäßig damit rechnen, dass der zu vertretende Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten künftig wieder erfüllen wird, es sei denn, dass er dem Arbeitgeber bereits vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Vertreter verbindlich erklärt hat, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Vertreter bereits längere Zeit auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge zur Vertretung desselben Arbeitnehmers beschäftigt wurde. Die Anforderungen an die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzustellende Prognose sind nicht mit zunehmender Anzahl der befristeten Arbeitsverträge zu verschärfen.

3. Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds der Vertretung beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Zahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber rechtsmissbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen.

4. Ein Gestaltungsmissbrauch ist indiziert, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bestimmte Befristungshöchstdauer und Anzahl der Vertragsverlängerungen um ein Vielfaches überschritten werden. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber durch Darlegung besonderer Umstände die Annahme des Gestaltungsmissbrauchs widerlegen.

5. Ein Gestaltungsmissbrauch kann widerlegt sein, wenn ein Arbeitnehmer 15 Jahre lang aufgrund von zehn Arbeitsverträgen befristet beschäftigt wurde zur unmittelbaren Vertretung einer durch Mutterschutz, Elternzeit und Sonderurlaub zur Kinderbetreuung verhinderten Arbeitnehmerin auf deren Arbeitsplatz, der bei dem Arbeitgeber nur einmal vorhanden ist (hier: stellvertretende Küchenleiterin der einzigen vom Arbeitgeber betriebenen Küche, in der 5,2 Vollzeitarbeitnehmer beschäftigt sind).

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