BAG: Außerordentliche Verdachtskündigung
Das BAG entschied in seinem Urteil vom 27.1.2011 – 2 AZR 825/09 – wie folgt: Nach § 626 Abs. 2 S. 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 S. 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Geht es um ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers, darf der Arbeitgeber den Aus- oder Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten und in dessen Verlauf zu einem nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt kündigen. Dies gilt auch für die Überlegung, ob er eine Verdachtskündigung aussprechen soll. Im Verlauf des Ermittlungs- und Strafverfahrens gewonnene Erkenntnisse oder Handlungen der Strafverfolgungsbehörden können die Annahme verstärken, der Vertragspartner habe die Pflichtverletzung begangen. Eine solche den Verdacht intensivierende Wirkung kann auch die Erhebung der öffentlichen Klage haben, selbst wenn sie nicht auf neuen Erkenntnissen beruht. Der Umstand, dass eine unbeteiligte Stelle mit weiterreichenden Ermittlungsmöglichkeiten als sie dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, einen hinreichenden Tatverdacht bejaht, ist geeignet, den gegen den Arbeitnehmer gehegten Verdacht zu verstärken. Der Arbeitgeber kann eine den Verdacht der Tatbegehung verstärkende Tatsache – wie die Erhebung der öffentlichen Klage – auch dann zum Anlass für den Ausspruch einer Verdachtskündigung nehmen, wenn er eine solche schon zuvor erklärt hatte. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt mit ausreichender Kenntnis von der verdachtsverstärkenden Tatsache erneut zu laufen. Da die neuerliche Kündigung auf einer weiteren, den Verdacht der Tatbegehung verstärkenden Tatsache beruht, handelt es sich auch nicht um eine unzulässige Wiederholungskündigung. Es gibt nicht lediglich zwei objektiv genau bestimmbare Zeitpunkte, zu denen die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt, einen Zeitpunkt für den Ausspruch einer Verdachts-, einen weiteren für den Ausspruch einer Tatkündigung. Im Laufe des Aufklärungszeitraums kann es vielmehr mehrere Zeitpunkte geben, in denen der Verdacht „dringend“ genug ist, um darauf eine Kündigung zu stützen.