R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Arbeitsrecht
30.08.2012
Arbeitsrecht
BAG: Auslegung einer vertraglichen Bezugnahmeklausel - lückenhafte Vertragsregelung - ergänzende Vertragsauslegung

Das BAG entschied in seinem Urteil vom 18.4.2012 - 4 AZR 392/10 - wie folgt: Eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, nach der auf das Arbeitsverhältnis „der Bundes-Angestelltentarifvertrag … in der jeweils für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA)“ sowie die ergänzenden Tarifverträge anzuwenden sind, erfasst als zeitdynamische, nicht aber inhaltsdynamische Regelung regelmäßig nicht die dem BAT/VKA nachfolgenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes für den Bereich der VKA. Eine durch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst spätestens zum 1. August 2006 lückenhaft gewordene Bezugnahmeregelung kann im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahingehend geschlossen werden, dass die an die Stelle des BAT tretenden Tarifregelungen in Bezug genommen sind. Aufgrund der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 weitgehend gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes im Bereich der VKA ist bei der ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrages eines Arztes weiterhin zu ermitteln, ob die Parteien nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner den Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der VKA (TV-Ärzte/VKA) oder den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD/VKA) vereinbart hätten. Die ergänzende Vertragsauslegung des Arbeitsvertrages eines Arztes kann dann zur Anwendung des TVöD/VKA und nicht zu der des TV-Ärzte/VKA führen, wenn mit der vertraglichen Bezugnahmeklausel eine Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten eines Krankenhauses nach Maßgabe der Bestimmungen eines Tarifwerkes bezweckt wird. Für die Auslegung einer vertraglichen Bezugnahmeklausel sind Vereinbarungen von nicht am Arbeitsvertrag beteiligten Tarifvertragsparteien grundsätzlich ohne Bedeutung.Das Prinzip der Sachnähe oder Spezialität als tarifliche Kollisionsregel bei Tarifkonkurrenz
ist für eine ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich ohne Bedeutung.
Eine tarifvertragliche Ausschlussfrist für Ansprüche aus einem bestimmten Tarifvertrag
wird dann nicht gewahrt, wenn der Arbeitnehmer in seinem Geltendmachungsschreiben
den Arbeitgeber auffordert, die Anwendung eines anderen Tarifwerkes
„wohlwollend“ zu prüfen, ohne ein konkretes Erfüllungsverlangen hinsichtlich
des nach seiner Auffassung maßgebenden Tarifvertrages zu formulieren.

stats