BAG: Auslegung der Geltungsbereichsbestimmungen von Tarifverträgen
Das BAG hat mit Urteil vom 16.11.2016 – 4 AZR 697/14 – wie folgt entschieden:
1. Ob sich eine dem Wortlaut nach mitgliedschaftsbezogene Geltungsbereichsbestimmung eines Tarifvertrags („… gilt für die Mitglieder der Gewerkschaft XY…“ oder „…gilt für die Mitglieder des Arbeitgeberverbandes XY…“) darauf beschränkt, auf die ohnehin in § 3 Abs. 1 TVG geregelte Tarifgebundenheit der Verbands- und Gewerkschaftsmitglieder hinzuweisen, oder ob sie tatsächlich eine konstitutive Regelung darstellt, ist durch Auslegung des Tarifvertrags zu ermitteln.
2. Dabei kann angesichts der sehr weitreichenden Folgen einer konstitutiven Beschränkung und der typischerweise bestehenden Interessenlage der Tarifvertragsparteien ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag regelmäßig nicht angenommen werden, dass über einen bloßen Hinweis auf die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tarifgebundenheit hinaus eine eigenständige Regelung des tarifvertraglichen Geltungsbereichs erfolgen sollte.
3. Im Gegensatz zu den Tarifverträgen BMTV 2009, BERT und BETV 2011 enthält der BETV 2012 eine Geltungsbereichsbestimmung, die nicht nur auf die Mitglieder des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes, sondern lediglich auf einen abgrenzbaren Teil dieser Mitglieder beschränkt ist.
4. Diese qualitative und quantitative Einschränkung des Geltungsbereichs des BETV 2012 führt dazu, dass hinsichtlich der von diesem nicht erfasste Mitglieder des Arbeitgeberverbandes der „Vorgängertarifvertrag“ BETV 2011 mit seiner deklaratorischen Geltungsbereichsbestimmung (vgl. oben Nr. 2) normativ weiter gilt. Im Übrigen würde durch die ansonsten eintretende Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG dieselbe Rechtswirkung eintreten.
Volltext unter BBL2017-1204-1