BAG: Ausbildungskosten - Rückzahlungsklausel - unangemessene Benachteiligung
Das BAG hat mit Urteil vom 11.12.2018 – 9 AZR 383/18 – wie folgt entschieden:
1. Einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, sind grundsätzlich zulässig. Zahlungsverpflichtungen des Arbeitnehmers, die an eine von diesem ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, können jedoch im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen (Rn. 24).
2. Die mit einer Rückzahlungsklausel einhergehende Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis ist nur zulässig, solange die Beschränkung seiner durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit durch den jeweiligen Ausbildungsvorteil gerechtfertigt ist und die Rückzahlungspflicht einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entspricht (Rn. 27).
3. Eine Rückzahlungsklausel benachteiligt den Arbeitnehmer nicht nur dann unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn er es nicht in der Hand hat, der Rückzahlungsverpflichtung durch eigene Betriebstreue zu entgehen, weil er durch Gründe in der Sphäre des Arbeitgebers - zB durch ein vertragswidriges Verhalten - zu einer Kündigung veranlasst oder mitveranlasst wird. Eine unangemessene Benachteiligung liegt auch dann vor, wenn dem Arbeitnehmer bei einer typisierenden, die rechtlich anzuerkennenden Interessen beider Vertragspartner berücksichtigenden Betrachtung die für den Fall der Eigenkündigung vor Ablauf der Bindungsdauer vorgesehene Erstattungspflicht aus anderen Gründen nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist (Rn. 26).
4. Sieht der Arbeitsvertrag eine Suspendierung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten bei einem dauerhaften Wegfall der medizinischen Tauglichkeit des Arbeitnehmers vor, verstößt eine vertragliche Rückzahlungsklausel, die den Arbeitnehmer auch dann zur Erstattung der Ausbildungskosten verpflichtet, wenn er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil er wegen eines ihm nicht im Sinne eines Verschuldens zuzurechnenden dauerhaften Wegfalls seiner medizinischen Tauglichkeit nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (Rn. 25, 27).
5. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Für die Beurteilung, ob eine Rückzahlungsklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist, sind die Gründe unerheblich, die den Arbeitnehmer im Einzelfall zur Eigenkündigung veranlasst haben (Rn. 28).