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Arbeitsrecht
26.11.2012
Arbeitsrecht
BAG: Anrechnung von Arbeitgeberleistungen auf den tariflichen Mindestlohn - „vermögenswirksame Leistung“

Das BAG entschied in seinem Beschluss vom 18.4.2012 - 4 AZR 168/10 (A) - wie folgt: Sind in einem Rechtsstreit aus einem rein „innerstaatlichen“ Arbeitsverhältnis Rechtsnormen auszulegen, die im Rahmen der Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union erlassen worden sind und nach dem Willen des Gesetzgebers bei Inlandssachverhalten und bei Sachverhalten mit unionsrechtlichem Bezug (zB bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung) einheitlich ausgelegt werden sollen, ist eine Vorlage an den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV zulässig. Bei der Erfüllungswirkung von Leistungen des Arbeitgebers auf tariflich begründete Mindestlohnansprüche des Arbeitnehmers ist darauf abzustellen, welche (Gegen-)Leistung des Arbeitnehmers durch die Leistung des Arbeitgebers ihrem Zweck nach vergütet werden soll. Besteht zwischen dem Zweck der tatsächlich erbrachten Leistung und dem Zweck des tariflichen Mindestlohns, den der Arbeitnehmer als unmittelbare Leistung für die zu verrichtende Tätigkeit begehrt, eine funktionale Gleichwertigkeit, ist die erbrachte Leistung auf den zu erfüllenden Anspruch anzurechnen. Eine vom Arbeitgeber aufgrund eines von ihm angewandten Haustarifvertrages erbrachte „Einmalzahlung“, die die Funktion der Überbrückung bis zum späteren Inkrafttreten einer linearen tabellenwirksamen Lohnerhöhung hat, ist aufgrund ihres Zwecks grundsätzlich auf den Mindestlohnanspruch eines Arbeitnehmers aus einem allgemeinverbindlichen Verbandstarifvertrag anzurechnen. Eine vom Arbeitgeber aufgrund des von ihm angewandten Haustarifvertrages erbrachte „vermögenswirksame Leistung“ iSd. Fünften VermBG ist nicht auf den tariflichen Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers anzurechnen, da ihr Zweck der langfristigen Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand nicht funktional gleichwertig mit dem Zweck des Mindestlohns ist. Dem EuGH wird die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob diese Auslegung mit der Auslegung des Begriffs „Mindestlohnsätze“ in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 96/71/EG vereinbar ist.

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