BAG: Altersdiskriminierung - tarifliche Ausschlussfrist - ordnungsgemäße Geltendmachung - Nennung des Anspruchsgrundes - Bezifferbarkeit - Fälligkeit des Anspruchs bei Unkenntnis der Rechtslage - Notwendigkeit der Geltendmachung für jeden einzelnen Anspruch
Das BAG hat mit Urteil vom 18.2.2016 – 6 AZR 628/14 – wie folgt entschieden:
1. Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können. Vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, soll er geschützt werden.
2. Ausgehend von diesem Zweck ist zur ordnungsgemäßen Geltendmachung im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist erforderlich, dass der Anspruchsgegner zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufgefordert wird. Der Anspruchsgegner muss ausgehend von seinem Empfängerhorizont erkennen können, um welche Forderung es sich handelt. Darum muss der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht werden. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Bezifferung nicht zwingend erforderlich.
3. Wird zunächst ein bestimmter Anspruch ordnungsgemäß geltend gemacht und später für denselben Zeitraum ein eigenständiger Anspruch, der auf einem anderen Lebenssachverhalt beruht und darum einen anderen Streitgegenstand zum Inhalt hat, geltend gemacht, ist für diesen Anspruch die Ausschlussfrist mit der ersten Geltendmachung nicht gewahrt. Das gilt auch, soweit sich die Ansprüche betragsmäßig decken.
4. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, ein Anspruch werde erst fällig im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist, wenn ihn der Anspruchsteller annähernd beziffern könne, bezieht sich allein auf die zur Bezifferung erforderlichen Tatsachengrundlagen des Anspruchs, nicht aber auf die Kenntnis der rechtlichen Vorausset-zungen eines Anspruchs. Die Unkenntnis der Rechtslage hat grundsätzlich ebenso wenig wie eine rechtliche Fehleinschätzung Einfluss auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und damit den Beginn der Ausschlussfrist.