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Arbeitsrecht
21.06.2012
Arbeitsrecht
BAG: Ablösung einer Versorgungsordnung - Drei-Stufen-Schema - Auslegung einer Betriebsvereinbarung

Das BAG entschied in seinem Urteil vom 15.5.2012 - 3 AZR 11/10 - wie folgt: Ob eine spätere Betriebsvereinbarung in Versorgungsrechte eingreift und deshalb einer Überprüfung anhand des dreistufigen Prüfungsschemas unterliegt und auf welcher Besitzstandsstufe der Eingriff erfolgt, kann nur im jeweiligen Einzelfall und auf das Einzelfallergebnis bezogen festgestellt werden. Dazu ist es erforderlich, dass die Versorgungsrechte bzw. Anwartschaften nach den beiden Versorgungsordnungen berechnet und gegenübergestellt werden. Ist der Arbeitnehmer vorzeitig mit einer unverfallbaren Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, so hat der Vergleich in Anwendung von § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG auf die zum Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens erworbenen unverfallbaren Anwartschaften zu erfolgen. Sehen die Versorgungsordnungen eine feste Altersgrenze vor, sind die Anwartschaften bezogen auf den Eintritt des Versorgungsfalles bei Erreichen der festen Altersgrenze nach der abzulösenden und der ablösenden Versorgungsregelung zu vergleichen. Es bleibt offen, ob im Falle einer vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente ein erneuter Vergleich stattzufinden hat. Die durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz erfolgte Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG lässt zwar nach wie vor die Möglichkeit bestehen, an die Stelle der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung einen früheren Zeitpunkt treten zu lassen, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist. Ob Versorgungsordnungen, die nicht abstrakt auf das Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung abstellen, sondern ausdrücklich auf die Vollendung des 65. Lebensjahres, das schrittweise Anheben der Altersgrenze bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres nachvollziehen oder ob die Vollendung des 65. Lebensjahres einen früheren Zeitpunkt iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BetrAVG darstellt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
Versorgungsordnungen, die vor Inkrafttreten des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes geschaffen wurden und als feste Altersgrenze die Vollendung des 65. Lebensjahres vorsehen, liegt typischerweise der Gedanke zugrunde, dass zu diesem Zeitpunkt der Arbeitnehmer regelmäßig seine ungekürzte Altersrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung bezieht und das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt enden wird. Es liegt darin folglich eine Anlehnung an die im gesetzlichen Rentenversicherungsrecht bestehende Altersgrenze. Die Ersetzung einer Rentenanwartschaft durch eine Anwartschaft auf eine Kapitalleistung in einer ablösenden Betriebsvereinbarung bedarf nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit einer eigenständigen Rechtfertigung. Laufende Rentenleistungen haben für den Arbeitnehmer eine besondere Wertigkeit. Er kann darauf vertrauen als Gegenleistung für seine Dienste und seine Betriebstreue im Alter laufende Rentenzahlungen zu erhalten. Deshalb hat ein Arbeitgeber, der eine Zusage laufender Rentenleistungen durch die Zusage einer Kapitalleistung ersetzen will, diese Umstellung besonders zu rechtfertigen.

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