LAG Berlin: AGG – Entschädigung wegen Ablehnung schwerbehinderter Bewerberin
Das LAG entschied in seinem Beschluss vom 20.12.2011 – 3 Sa 1505/11 – wie folgt: Pflichtverletzungen, die der Arbeitgeber begeht, indem er Vorschriften nicht befolgt, die zur Förderung der Chancen schwerbehinderter Menschen bei der Einstellung geschaffen wurden, können bei einer Ablehnung der Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeiführen. Nach § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX hat der Arbeitgeber alle Beteiligten über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Zu den Beteiligten zählt auch der betroffene Bewerber. Es bleibt offen, ob sich diese Regelung nur auf den Tatbestand des § 81 Abs. 1 S. 7 SGB IX bezieht und damit nur die Fälle betrifft, in denen der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht erfüllt und ob eine Verletzung der sich aus § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX ergebenden Pflicht überhaupt geeignet ist, eine Indizwirkung i. S. d. § 22 AGG zu begründen. Angesichts der Entscheidung des BAG vom 15.2.2005 – 9 AZR 635/03 – BB 2005, 2816, die bislang nicht ausdrücklich aufgegeben worden ist, kann für den Bewerber aufgrund der unterbliebenen unverzüglichen Unterrichtung über die Gründe für die getroffene Entscheidung ein Anschein, dass seine Chancen im Bewerbungsverfahren geschmälert wurden oder die Auskunft deshalb unterblieb, weil die Schwerbehinderung jedenfalls auch zu seinem Nachteil berücksichtigt wurde, überhaupt nur dann entstehen, wenn der Arbeitgeber die Beschäftigungsquote des § 71 SGB IX nicht erfüllte. Erfüllt der Arbeitgeber nämlich die Beschäftigungsquote nach § 71 SGB IX bzw. nach § 159 SGB IX, muss der Bewerber davon ausgehen, dass die Unterrichtung allein deshalb unterblieb, weil sich der Arbeitgeber unter Anwendung der Rechtsprechung des BAG nicht verpflichtet hält, entsprechende Informationen zu geben.