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Wirtschaftsrecht
11.01.2024
Wirtschaftsrecht
BGH: Zur Zulässigkeit eines Auskunftsersuchen eines Gesellschafters

BGH, Beschluss vom 24.10.2023 – II ZB 3/23

ECLI:DE:BGH:2023:241023BIIZB3.23.1

Volltext: BB-Online BBL2024-65-4

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Amtliche Leitsätze

Ein Auskunftsersuchen des Gesellschafters, das auch dem Ziel dient, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, diese Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, stellt keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar. Einem solchen Auskunftsbegehren stehen auch nicht die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung entgegen.

DS-GVO Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b

 

Aus den Gründen

I.

1          Die Klägerin ist eine Zweitmarktfondsgesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft und gehört neben anderen Zweitmarktfondsgesellschaften der H.  -Unternehmensgruppe an. Sie ist mit einem Anteil von nominal 20.000 € über einen Treuhand- und Servicevertrag mit der Beklagten als Treuhandkommanditistin an der     I.                                   GmbH & Co. geschlossene Investment-KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) beteiligt. Die Beklagte führt im Auftrag der Fondsgesellschaft ein Register mit den personenbezogenen Daten sowie der Beteiligungshöhe sämtlicher Treugeber. Nach § 6 Nr. 4 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags (GV) der Fondsgesellschaft sind die Treugeber mittelbar beteiligte Anleger im Sinne des KAGB und haben im Innenverhältnis der Gesellschaft und der Gesellschafter zueinander die gleiche Rechtsstellung wie ein Kommanditist. Die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags gelten nach § 6 Nr. 4 Satz 2 GV entsprechend für die Treugeber. Gemäß § 6 Nr. 2 GV werden die Treugeber von der Treuhandkommanditistin bevollmächtigt, deren Mitgliedschaftsrechte im Umfang ihrer Treuhandeinlage selbst auszuüben. Dies schließt ausdrücklich die Befugnis ein, an Gesellschafterversammlungen der Gesellschaft direkt teilzunehmen.

 

2          Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. Juni 2021 begehrte die Klägerin von der Beklagten vergeblich Auskunft über persönliche Daten sowie die Beteiligungshöhen der an der Fondsgesellschaft beteiligten Treugeberkommanditisten. Zur Begründung hieß es, die Klägerin benötige die Gesellschafterliste, um mit diesen zur Vorbereitung einer Gesellschafterversammlung und zum Zwecke des Meinungsaustauschs in Kontakt zu treten. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass die Daten dazu benötigt würden, den Mitgesellschaftern ein Kaufangebot zu unterbreiten.

 

3          Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft über den akademischen Titel, die Namen und die Adressen sowie die Beteiligungshöhe sämtlicher Treugeberkommanditisten der Fondsgesellschaft zu erteilen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Zuvor hatte es den Wert des Beschwerdegegenstands für das Berufungsverfahren auf 300 € festgesetzt, die Berufung nicht zugelassen und die Beklagte darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Gegen den Verwerfungsbeschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

 

II.

4          Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Berufung sei als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht zugelassen sei und der Wert des Berufungsgegenstands nach den eigenen Ausführungen der Beklagten 600 € nicht übersteige. Für die Bemessung der Beschwer sei auf das Abwehrinteresse der beklagten Partei abzustellen, welches sich grundsätzlich aus ihrem voraussichtlichen Zeit- und Kostenaufwand ergebe, der mit der Auskunftserteilung verbunden sei. Dieser sei auf maximal 300 € zu schätzen, da die Daten der Treugeber der Beklagten vorlägen, die zuvor alle Treugeber angeschrieben habe, und unproblematisch ohne größeren Aufwand an die Klägerin herausgegeben werden könnten.

 

5          Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem behaupteten hohen Zeit- und Kostenaufwand, der mit der Abfrage des Einverständnisses der Treugeber zu der Weitergabe ihrer Daten an die Mitgesellschafter verbunden gewesen sei. Es handele sich nicht um notwendige Kosten, da die Beklagte weder vertraglich noch gesetzlich verpflichtet noch aus einem anderen Grund gehalten gewesen sei, eine solche Befragung vorzunehmen. Das fehlende Einverständnis einzelner Treugeber mit der Weitergabe ihrer Daten ändere nichts daran, dass die Klägerin einen aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis folgenden Anspruch auf Auskunft über ihre Mitgesellschafter habe; diese Auskunft könne auch nicht aufgrund datenschutzrechtlicher Vorschriften, namentlich der Datenschutz-Grundverordnung verweigert werden. Die Datenübermittlung sei gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b) Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) zulässig.

 

6          Ein den Beschwerdewert erhöhendes schützenswertes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten bestehe nicht. Derjenige, der mit einem anderen einen Gesellschaftsvertrag schließe, habe keinen schützenswerten Anspruch darauf, dies anonym zu tun, weshalb er auch bei fehlendem Einverständnis nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Der Beklagten drohten deshalb bei einer Erteilung der Auskunft auch keine Schadensersatzansprüche seitens der Treugeber.

 

III.

7          Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist nicht zulässig. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Soweit die Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) eine Verletzung der Verfahrensgrundrechte auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend macht, liegen solche Rechtsverletzungen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten rechtsfehlerfrei als unzulässig verworfen und ihr den Zugang zur Rechtsmittelinstanz mithin nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert. Der Wert des Beschwerdegegenstands der Berufung der Beklagten übersteigt 600 € nicht.

 

8          1. Die Rechtsbeschwerde zeigt keine grundsätzliche Bedeutung der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage auf, ob einem - auf das Recht zur Kenntnis der Mitgesellschafter (bzw. Mittreugeber) gestützten - Anspruch eines Kommanditisten (bzw. Treugebers) einer Publikumspersonengesellschaft auf Auskunft über bzw. Einsichtnahme in personenbezogene Daten seiner Mitgesellschafter (bzw. Mittreugeber) der Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB, insbesondere wegen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, entgegensteht, wenn mit dem Verlangen nach Auskunft bzw. Einsichtnahme ausdrücklich - jedenfalls auch - der Zweck verfolgt wird, den betreffenden Mitgesellschaftern (bzw. Mittreugebern) anschließend Kaufangebote für ihre eigene (unmittelbare oder mittelbare) Beteiligung an der Publikumspersonengesellschaft zu unterbreiten. Es bedarf insoweit auch nicht der Rechtsfortbildung.

 

9          a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 223; Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 156/09, ZIP 2010, 1080 Rn. 3; Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, ZIP 2010, 985 Rn. 3; Urteil vom 24. September 2013 - II ZR 396/12, ZIP 2014, 191 Rn. 2). Klärungsbedürftig in diesem Sinne ist eine Rechtsfrage, wenn sie vom Bundesgerichtshof nicht entschieden und von Oberlandesgerichten oder in der Literatur unterschiedlich beantwortet wird (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, ZIP 2010, 985 Rn. 3; Beschluss vom 24. September 2013 - II ZR 396/12, ZIP 2014, 191 Rn. 2). Der Klärungsbedarf entfällt, wenn abweichende Ansichten im Schrifttum vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09, ZIP 2010, 985 Rn. 3).

 

10        b) Eine klärungsbedürftige umstrittene Rechtsfrage stellt sich nicht.

 

11        aa) Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung stellt ein Auskunftsersuchen des Gesellschafters, das auch dem Ziel dient, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, diesen Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar. Einem solchen Auskunftsbegehren stehen auch nicht die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung entgegen (OLG München, NZG 2019, 540 Rn. 23, 27 ff.; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2019 - 10 U 146/18, BeckRS 2019, 67300 Rn. 44 ff., 54 f.; KG, Beschluss vom 15. April 2020- 23 U 149/18, juris Rn. 30, 34 f.; NZG 2020, 985 Rn. 16 aE). Diese Rechtsprechung ist in der Literatur auf Zustimmung gestoßen (MünchKommHGB/Grunewald, Bd. 2, 5. Aufl., § 166 Rn. 15; Chatard/Horn, ZIP 2019, 2242, 2244, 2247 f.; Kunkel/Kunkel, jurisPR-HaGesR 41/2021 Anm. 6; Schultheis, GWR 2019, 93; Vosberg/Klawa, EWiR 2019, 231, 232; Wehmeyer, PinG 2019, 182). Eine Grundsatzbedeutung i.S.d. § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kann entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht durch die abweichende, zumal nicht rechtskräftig gewordene Entscheidung des Landgerichts München I (Urteil vom 22. Dezember 2017 - 15 O 3391/17, BeckRS 2017, 15416 als Vorinstanz zu OLG München, NZG 2019, 540) begründet werden. Ebenso wenig vermag die von der Rechtsbeschwerde angeführte abweichende Literaturstimme (Paul, GWR 2019, 413, 415), welche die Kenntnis der Beteiligungshöhe der übrigen Mitgesellschafter lediglich für sinnvoll, nicht aber für erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b) DS-GVO erachtet, grundsätzlichen Klärungsbedarf begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZR 54/09,ZIP 2010, 985 Rn. 3).

 

12        bb) Diese obergerichtliche Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 12; Urteil vom 16. Dezember 2014 - II ZR 277/13, ZIP 2015, 319 Rn. 11). Danach muss, wer sich an einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft, insbesondere in Form einer Publikumsgesellschaft beteiligt, damit rechnen, dass neben seinen Daten auch seine Beteiligungshöhe an seine Mitgesellschafter bzw. diesen gleichgestellten Mittreugebern mitgeteilt wird. Aufgrund des durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnisses ist es ein unentziehbares mitgliedschaftliches Recht des Gesellschafters, die Beteiligungshöhe seiner Mitgesellschafter zu erfahren. Zwar bezogen sich die bisherigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ausdrücklich nur auf die Kenntnis der Mitgesellschafter, d.h. deren Namen und Anschriften. Aus der Begründung des Auskunftsrechts durch den Bundesgerichtshof ergibt sich aber mit hinreichender Klarheit, dass auch die Mitteilung der Beteiligungshöhe datenschutzrechtlich zulässig ist. In jeder Gesellschaft ist das Zusammenwirken der Gesellschafter ein elementarer Bestandteil der Willensbildung. Deshalb muss insbesondere der Anleger einer Publikumsgesellschaft, wenn seine Stimmkraft von der Höhe der gezeichneten Kapitaleinlage abhängig ist, wie hier nach § 11 Nr. 3 GV, wissen, wie die Stimmen und damit die Machtverhältnisse in der Gesellschaft verteilt sind, um seine Mitgliedschaftsrechte informiert ausüben zu können. Es macht für die Stellung des die Auskunft begehrenden Gesellschafters gerade einen entscheidenden Unterschied, ob neben ihm nur Kleinanleger oder auch ein oder mehrere Großanleger beteiligt sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 33). Infolgedessen ist auch die Kenntnis vom Umfang der Beteiligungen der Mitgesellschafter für die informierte Ausübung der Mitgliedschaftsrechte erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b) DS-GVO.

 

13        cc) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde wird der Rahmen der üblichen gesellschaftlichen Belange nicht verlassen, wenn darüber hinaus die Auskunft auch zu dem weiteren Zweck verlangt wird, Kaufangebote für Anteile von Mitgesellschaftern vorzubereiten. Es ist ein legitimes, aus dem Gesellschaftsverhältnis und dem daraus entstandenen Vertragsverhältnis entstandenes Interesse eines Gesellschafters, seinen Einfluss auf die Gesellschaft durch den Ankauf weiterer Anteile zu vergrößern (vgl. OLG München, NZG 2019, 540 Rn. 30; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2019 - 10 U 146/18, BeckRS 2019, 67300 Rn. 54 f.; KG, Beschluss vom 15. April 2020- 23 U 149/18, juris Rn. 34 f.). Aufgrund der Verwendung der Daten in Angelegenheiten der Gesellschaft(er) sowie nur gegenüber Mitgesellschaftern kann ein solches Erwerbsangebot auch nicht mit einer Weitergabe der Daten an Dritte oder eine Nutzung zu gesellschaftsfremden Zwecken verglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 44).

 

14        dd) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gebietet das Merkmal der Erforderlichkeit in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b) DS-GVO auch nicht, diese Auskunftsansprüche anstatt einer Übermittlung der personenbezogenen Daten an den Anspruchsteller in der Weise zu erfüllen, dass der Anspruchsgegner oder ein Dritter als Informationstreuhänder die Information über die Erwerbsabsicht eines Gesellschafters zum jederzeitigen Abruf bereithält oder den anderen Gesellschaftern bei entsprechender vorheriger Einwilligung proaktiv mitteilt. Die Rechtsbeschwerde legt bereits die von ihr hierfür geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung bzw. den Rechtsfortbildungsbedarf gemäß § 574 Abs. 2 nicht dar.

 

15        Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass sich der die Auskunft begehrende Gesellschafter nicht in Anlehnung an § 127a AktG auf ein Internetforum oder auf die Einrichtung eines Datentreuhänders als milderes Mittel verweisen lassen muss. Es muss vielmehr den Gesellschaftern überlassen bleiben, auf welchem Weg und in welcher Weise sie sich an ihre Mitgesellschafter wenden wollen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 17; Beschluss vom 22. Februar 2016 - II ZR 48/15, ZD 2016, 586 Rn. 13 mwN). In der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2019 - 10 U 146/18, BeckRS 2019, 67300 Rn. 49 f.; ebenso vor Inkrafttreten des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b) DS-GVO OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 14 U 13/12, juris Rn. 202 f.) und im Schrifttum (Chatard/Horn, ZIP 2019, 2242, 2245) wird dementsprechend die Erfüllung der Auskunfts- bzw. Einsichtnahmeansprüche eines Gesellschafters über einen Informationstreuhänder nicht für hinreichend erachtet, da auf diesem Weg die mitgliedschaftlichen Rechte des die Auskunft begehrenden Gesellschafters nicht ausreichend gewahrt werden. Das einzige abweichende, zumal nicht rechtskräftige Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. August 2018 (2-20 O 268/17, BeckRS 2018, 23648 Rn. 11 als Vorinstanz zu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2019- 10 U 146/18, BeckRS 2019, 67300 Rn. 49 f.) kann keine Grundsatzbedeutung i.S.d. § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO begründen. Ebenso wenig besteht der geltend gemachte Rechtsfortbildungsbedarf. In der Rechtsprechung und Literatur sind die Grundlagen des Auskunftsrechts eines Gesellschafters ausreichend geklärt. Diese Grundsätze sind lediglich auf den vorliegenden Auskunftsanspruch anzuwenden. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist die Belästigung der anderen Treugeber durch die Übermittlung unerwünschter Kaufangebote auch nicht erheblicher, sondern vielmehr lediglich geringfügiger Art. Es steht ihnen frei, etwaige Kaufangebote der Klägerin anzunehmen oder abzulehnen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2019- 10 U 146/18, BeckRS 2019, 67300 Rn. 55).

 

16        ee) Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, wonach die Absicht der Klägerin, mithilfe der begehrten personenbezogenen Daten der übrigen Gesellschafter deren Beteiligungen an der Fondsgesellschaft zum Zwecke der Errichtung eines eigenen Immobilienfonds zu erwerben und so in Konkurrenz zu der Fondsgesellschaft zu treten, nicht hinreichend dargetan sei, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 577 Abs. 6 Satz 2, § 564 Satz 1 ZPO). Eine nur abstrakte Missbrauchsgefahr gewährt kein Recht, gegenüber dem Mitgesellschafter anonym zu bleiben (BGH, Beschluss vom 21. September 2009 - II ZR 264/08, ZIP 2010, 27 Rn. 13; Beschluss vom 19. November 2019 - II ZR 263/18, WM 2020, 458 Rn. 36).

 

17        2. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten rechtsfehlerfrei als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 € nicht übersteigt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), und ihr den Zugang zur Rechtsmittelinstanz mithin nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert.

 

18        a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzende Beschwerdewert für das Rechtsmittel der zur Auskunftserteilung verurteilten Person nach ihrem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte Person ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2023 - II ZB 9/22, NZG 2023, 1233 Rn. 4 mwN).

 

19        Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht von dem ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstands maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat. Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2023 - II ZB 9/22, NZG 2023, 1233 Rn. 5 mwN).

 

20        b) Gemessen hieran ist die Festsetzung des Werts des Beschwerdegegenstands durch das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat alle maßgeblichen Tatsachen verfahrensfehlerfrei berücksichtigt.

 

21        aa) Das Berufungsgericht hat insbesondere ein den Beschwerdewert steigerndes Geheimhaltungs- und Datenschutzinteresse der Beklagten rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, dass die verlangte Auskunft selbst unter Berücksichtigung des von der Klägerin ausdrücklich nicht ausgeschlossenen Zwecks, den übrigen Treugebern Kaufangebote für ihre mittelbaren Beteiligungen an der Fondsgesellschaft zu unterbreiten, datenschutzrechtlich unbedenklich und somit nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB sei.

 

22        Ein Geheimhaltungsinteresse der Beklagten ergibt sich namentlich nicht daraus, dass die Erteilung der Auskunft bzw. Gewährung der Einsicht mit einem Verstoß gegen die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung verbunden wäre oder ihr Schadensersatzansprüche der 458 Treugeber, die mit einer Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten an Mitgesellschafter bzw. -treugeber nicht einverstanden sind, gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO sowie wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG drohen.

 

23        Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei einem Gesellschaftsvertrag einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, selbstverständlich. Es folgt als unentziehbares mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem. Das auf Kenntnis seiner Mitgesellschafter gerichtete Auskunftsbegehren des Gesellschafters ist lediglich durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt. Dieses Auskunftsrecht steht auch einem Treugeber zu, der - wie hier - im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zu den Treugebern einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist (BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 12; Urteil vom 16. Dezember 2014 - II ZR 277/13, ZIP 2015, 319 Rn. 11).

 

24        Zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit eines solchen Auskunftsanspruchs hat der Bundesgerichtshof zu § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG aF entschieden, dass das Übermitteln personenbezogener Daten im Rahmen eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses zulässig ist, wenn es für dessen Durchführung erforderlich ist. Das ist anzunehmen, wenn der Antragsteller auskunftsberechtigt und bei vernünftiger Betrachtung auf die Datenverwendung zur Erfüllung der Pflicht oder zur Wahrnehmung der Rechte aus dem Vertragsverhältnis angewiesen ist. Dabei ist für den Gesellschafter die Kenntnis seiner Mitgesellschafter zur effektiven Nutzung seiner Rechte in der Gesellschaft erforderlich (BGH, Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 17; Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 41; Urteil vom 16. Dezember 2014 - II ZR 277/13, ZIP 2015, 319 Rn. 24; Beschluss vom 22. Februar 2016 - II ZR 48/15, ZD 2016, 585 Rn. 12).

 

25        An diesen Grundsätzen hat sich auch mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung nichts geändert. Die personenbezogenen Daten der Gesellschafter werden gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b) DS-GVO für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet. Ihre Verarbeitung zum Zwecke der Weitergabe an andere Treugeber entspricht der gesetzlichen Verpflichtung aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b) DS-GVO erlaubt die Verarbeitung der Daten zur Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist. Dazu gehört auch die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft. Die Beklagte kann sich nicht auf die Gefahr eines Bußgeldes wegen Verletzung datenschutzrechtlicher Regelungen berufen (BGH, Beschluss vom 19. November 2019 - II ZR 263/18, WM 2020, 458 Rn. 29 f.).

 

26        bb) Ohne Erfolg bleiben die von der Rechtsbeschwerde erhobenen Einwendungen.

 

27        (1) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist es unerheblich, dass der überwiegende Anteil der Treugeber einer Weitergabe ihrer Daten an die Klägerin widersprochen hat. Das Auskunftsrecht kann weder durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag noch durch Regelungen im Treuhandvertrag ausgeschlossen werden; eine entsprechende Vereinbarung wäre nach § 242 BGB unwirksam (BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 24). Dies muss erst recht für eine einseitige Widerspruchserklärung der im Innenverhältnis gleichgestellten Treugeber gelten, so dass entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde die für die Befragung der Mittreugeber entstandenen Eigen- und Fremdkosten für die Bemessung der Beschwer außer Betracht bleiben.

 

28        (2) Soweit die Rechtsbeschwerde eine Werterhöhung mit einer von der Beklagten befürchteten Inanspruchnahme auf Schadensersatz durch die Treugeber wegen der Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten trotz des nicht erteilten Einverständnisses begründen will, betreffen diese Risiken bei der Wertfestsetzung ohnehin nicht zu berücksichtigende Drittbeziehungen. Drittbeziehungen stellen keinen aus dem Urteil fließenden Nachteil dar und haben deshalb als reine Fernwirkung nicht nur für den Streitgegenstand und die daran zu orientierende Bemessung des Streitwerts für den Auskunftsanspruch, sondern gleichermaßen für die Beschwer außer Betracht zu bleiben (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 - II ZB 20/10, NJW 2011, 2974 Rn. 8, 12; Beschluss vom 27. April 2021 - II ZR 110/20, juris Rn. 3; jeweils mwN).

 

29        3. Schließlich besteht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch keine Notwendigkeit, nach Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen. Die Vorlagepflicht setzt voraus, dass in einem schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts gestellt wird, es sei denn, dass die gerichtliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (EuGH, NJW 1983, 1257; Wegener in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 33; acte claire). Von letzterem ist hier auszugehen, wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat (BGH, Beschluss vom19. November 2019 - II ZR 263/18, NZG 2020, 381 Rn. 37). Danach ergibt sich offenkundig bereits aus Nr. 48 der Erwägungen zur Datenschutz-Grundverordnung, worin die Datenverarbeitung sogar innerhalb einer Unternehmensgruppe als mögliches berechtigtes Interesse aufgeführt wird, dass der Kenntnisnahme von Daten zur Identifizierung und Kontaktaufnahme zu Mitgesellschaftern die Datenschutz-Grundverordnung und insbesondere Art. 5 und Art. 6 DS-GVO nicht entgegensteht. Dies gilt erst recht innerhalb der Gesellschaft zwischen den Gesellschaftern und zwar auch in dem Fall, dass der Gesellschafter im Rahmen der Wahrnehmung seiner eigenen Beteiligungsrechte seinen Mitgesellschaftern u.a. ein Kaufangebot unterbreiten möchte.

 

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