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Wirtschaftsrecht
16.06.2011
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Zur Aufnahme einer Schiedsvereinbarung im Sozietätsvertrag von Rechtsanwälten

KG Berlin, Beschluss vom 28.4.2011 - 23 U 33/11

Leitsatz

Haben Rechtsanwälte in dem Sozietätsvertrag vereinbart, Streitigkeiten aus dem Vertrag vor einem Schiedsgericht auszutragen, kann die Einrede des Schiedsvertrages in der Regel auch dann erhoben werden, wenn der vorgesehene Abschluss eines gesonderten Schiedsvertrages unterblieben ist.

Orientierungssatz

Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Das Gericht teilt mit, dass die Berufung zurückgenommen worden ist.

aus den gründen

Das Landgericht hat die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin muss ihr Recht vor dem Schiedsgericht suchen.

Die Parteien haben in § 14 Nr. 2 Satz 1 des Sozietätsvertrages (im Folgenden: SV) bereits eine Einigung darüber erzielt, dass Streitigkeiten nicht von dem staatlichen Gericht, sondern von einem Schiedsgericht entschieden werden sollen, § 1029 ZPO. Diese Vereinbarung ist ausreichend (Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1029, Rdnr. 28). Sie ist zudem formwirksam getroffen worden, § 1031 Abs. 5 ZPO, denn der Beklagte ist kein Verbraucher, § 13 BGB.

Das Fehlen des in § 14 Nr. 2 Satz 2 SV in Aussicht genommenen Schiedsvertrages ist unschädlich (Senat, Hinweisverfügung vom 05.11.2009 - 23 U 169/09; KG NJW 2008, 2719; KG Urt. v. 12.12.2006 - 14 U 6/06; Kröll, SchiedsVZ 2008, 62; a.A. OLG Hamm AG 2007, 910; der der Entscheidung OLG Köln MDR 2006, 201 zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar). Zwar ist gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB, solange die Parteien sich nicht über alle Punkte eines Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Diese Bestimmung ist als Auslegungsregel indes unanwendbar, wenn die Parteien sich trotz der noch offenen Punkte erkennbar vertraglich binden wollten (Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 154, Rdnr. 2). Solches ist für den Sozietätsvertrag anzunehmen; insbesondere haben die Parteien mit der Durchführung des unvollständigen Vertrages begonnen (BGH NJW 2002, 817, juris Rdnr. 18).

Regelungslücken sind durch Heranziehung des dispositiven Rechts zu schließen (Palandt/Ellenberger, a.a.O.; BGHZ 41, 275). Die Neufassung des Schiedsverfahrens vom 22.12.1997 (BGBl. 1997 I 3224) enthält eine umfassende und daher hinreichende gesetzliche Regelung (Zöller/Geimer, a.a.O., § 1029, Rdnr. 11, 31).

Zu demselben Ergebnis würde eine für den Fall des Fehlens einer gesetzlichen Regelung gebotene ergänzende Vertragsauslegung (Palandt/Ellenberger, a.a.O.) führen. Die Parteien haben sich in § 14 Nr. 3 Satz 2 SV gegenseitig zur strengsten Verschwiegenheit in allen beruflichen und persönlichen Angelegenheiten verpflichtet, soweit ihnen solche anlässlich der gemeinsamen Berufsausübung oder bei Gelegenheit aufgrund gemeinsamer räumlicher Beziehung bekannt geworden sind. Es kam ihnen daher erkennbar und unter Angehörigen ihres Berufsstandes weit verbreitet darauf an, die Vorteile des Schiedsverfahrens zu nutzen, hier insbesondere die Nichtöffentlichkeit der mündlichen Verhandlung. Es kann daher nicht angenommen werden, dass die Parteien hierauf und auf die Schnelligkeit und die geringeren Kosten des Verfahrens vor dem Schiedsgericht verzichtet hätten, wenn sie gewusst hätten, dass eine Vereinbarung etwa über die Zahl der Schiedsrichter und das Recht, solche zu benennen, nicht mehr getroffen werden würde.

Die Klägerin erhält Gelegenheit, binnen drei Wochen zu dem Beschluss Stellung zu nehmen. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass im Falle der Rücknahme der Berufung die Gebühr des § 34 Abs. 1 GKG gemäß KV 1222 nur 2,0 statt 4,0 beträgt. Eine Verweisung des Rechtsstreits oder seine in der Klageschrift hilfsweise erwogene Abgabe durch das staatliche Gericht an das Schiedsgericht kommt nicht in Betracht (Zöller/Geimer, a.a.O., § 1032, Rdnr. 7)

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