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Wirtschaftsrecht
20.04.2011
Wirtschaftsrecht
BGH: Zum Aufwendungsersatzanspruch des Gesellschafters einer GbR

BGH, Urteil vom 22.2.2011 - II ZR 158/09

leitsatz

Bereits vor der Auseinandersetzung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann jeder Gesellschafter die von ihm gemachten Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, von der Gesellschaft ersetzt verlangen oder, wenn der Gesellschaft selbst keine freien Mittel zur Verfügung stehen, die Mitgesellschafter auf Aufwendungsersatz - beschränkt auf deren Verlustanteil - in Anspruch nehmen.

BGB §§ 713, 670

sachverhalt

Die Parteien des Rechtsstreits und eine weitere Vertragsbeteiligte schlossen am 17. Dezember 2001 eine von ihnen als "A-Metá-Vertragsver-einbarung" bezeichnete Vereinbarung, deren Gegenstand die Bebauung und Verwertung eines zuvor von der Klägerin erworbenen Baugrundstücks war. Der aus dem Geschäft erzielte Überschuss oder Verlust sollte zu 50 % auf die Klä-gerin, zu 40 % auf die Beklagte und zu 10 % auf die weitere Vertragsbeteiligte aufgeteilt werden. Die Durchführung und Überwachung der im Vertrag festge-legten Schritte oblag den Vertragsbeteiligten gemeinsam. Das Baukonto, für das die Geschäftsführer beider Prozessparteien die persönliche Haftung über-nahmen, wurde abredegemäß auf den Namen der Klägerin angelegt.

Die Vereinbarung enthält u.a. folgende Bestimmungen:

"Das Risiko der Bebauung und anschließenden Verwertung tragen die Gesellschaften im Verhältnis der hier festgeleg-ten Gewinnbeteiligung/Verlustbeteiligung.

...

Sollte sich zwischenzeitlich ein Verlust abzeichnen, so wird dieser umgehend gemeinsam ermittelt und sofort von den drei Gesellschaften anteilig dem eingerichteten Objektkonto zur Kreditreduzierung zur Verfügung gestellt."

Die letzte Wohneinheit wurde im Jahre 2006 veräußert. Daraufhin rech-nete das finanzierende Kreditinstitut das Baukonto mit einer Verbindlichkeit von rd. 40.400 € zuzüglich Zinsen ab. Diesen Saldo beglich die Klägerin aus ihren eigenen Mitteln, nachdem sie zuvor vergeblich die Beklagte aufgefordert hatte, anteilig zum Kontoausgleich beizutragen.

Mit der Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung von 16.280 € ver-langt, entsprechend einem 40 %igen Anteil der Beklagten an der von der Kläge-rin ausgeglichenen Kontoverbindlichkeit. Die Beklagte hat den Anspruch für nicht fällig gehalten, bevor die Klägerin, die die buchhalterische Betreuung des Bauvorhabens übernommen hatte, Rechnung über das Zustandekommen des Verlustes gelegt habe. Noch im Verlauf des ersten Rechtszugs hat die Klägerin der Beklagten Abrechnungsunterlagen übersandt. Anschließend hat sie die Kla-ge auf Zahlung von 21.043,59 € zuzüglich Zinsen erhöht und dies mit einem von der Beklagten nunmehr zu tragenden (endgültigen) Verlust in Höhe von 11.043,59 € nebst weiterer 10.000 € begründet, die die Beklagte als Vorabge-winn entnommen und angesichts des eingetretenen Verlusts nunmehr zurück-zuzahlen habe. Die Beklagte hat die Verlustaufstellung zuletzt noch in dem Punkt beanstandet, dass insgesamt 79.818 € an Vertriebsprovisionen gezahlt worden seien, für die nach ihrer Auffassung keine Grundlage bestanden haben.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf deren Be-rufung hat das Oberlandesgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewie-sen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat in Höhe der ursprüngli-chen Klageforderung von 16.280 € nebst Zinsen zugelassene Revision der Klä-gerin.

aus den gründen

6          Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt im Umfang des einge-legten Rechtsmittels unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurück-verweisung der Sache an das Berufungsgericht.

7          I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:

8          Der von der Klägerin erhobene Zahlungsanspruch sei nicht fällig. Als Ausgleichsanspruch aus einer Auseinandersetzungsbilanz könne eine Zahlung derzeit nicht verlangt werden, weil es der Gesellschaft an Auseinanderset-zungsreife fehle, da ihre Geschäfte noch nicht endgültig abgewickelt seien, so-lange die Gewährleistungsfristen liefen. Auch einen vorläufigen Verlustaus-gleich könne die Klägerin nicht beanspruchen, da die Ermittlung eines (vorläufi-gen) Verlustes nicht - wie im Vertrag vorgesehen - gemeinsam stattgefunden habe. Es fehle ein nachvollziehbares Zahlenwerk, welches eine für die Beklagte und das Gericht verständliche vollständige Aufstellung sämtlicher Positionen enthalten müsse. Zu Recht beanstande die Beklagte, dass die Klägerin ihre Berechtigung zur Aufwendung von Provisionen nicht unter Beweis gestellt ha-be.

9          II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass Aufwendungsersatzansprü-che bereits während des Bestehens der Gesellschaft unter den Gesellschaftern erhoben werden können, wenn der Gesellschaft selbst keine frei verfügbaren Mittel zur Verfügung stehen.

10        1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Vertragsbeteiligten mit dem Abschluss der Vereinbarung vom 17. Dezember 2001 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) begründet haben. Zwar ist die als "A-Metá-Vertragsvereinbarung" überschrie-bene Vereinbarung von den Parteien insoweit unzutreffend bezeichnet worden. Denn unter einem Metageschäft ist regelmäßig eine Verbindung zu verstehen, die zwei oder mehrere Personen in der Absicht, einen untereinander zu teilen-den Gewinn zu erzielen, auf gewisse Zeit zur Ausführung einer unbestimmten Anzahl von Umsatzgeschäften eingehen, die auf gemeinschaftliche Rechnung, nach außen aber von jedem Teilhaber im eigenen Namen geschlossen werden (BGH, Urteil vom 27. November 1963 - VIII ZR 142/62, BB 1964, 12, ähnlich Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearb. 2003, Vorbem. zu §§ 705-740 Rn. 65; MünchKommBGB/Ulmer, 5. Aufl., Vor § 705 Rn. 72; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., Vor § 705 Rn. 46). Um eine solche Verbindung ging es im vorliegen-den Fall aber nicht, sondern um die gemeinsame Planung und Durchführung eines Bauvorhabens mit anschließend gemeinsamer Vermarktung der errichte-ten Wohneinheiten. Mit dieser Zwecksetzung und beschränkt auf dieses Projekt haben sich die Beteiligten durch die Vereinbarung vom 17. Dezember 2001 zu einer sog. Gelegenheitsgesellschaft zusammengeschlossen (vgl. Münch-KommBGB/Ulmer, 5. Aufl., Vor § 705 Rn. 87).

11        2. a) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht allerdings die Prüfung der Zahlungsansprüche der Klägerin darauf beschränkt, ob ihr ein Verlustaus-gleich zustehe, sei es als endgültiger Verlustausgleich aus der von ihr erstellten Auseinandersetzungsrechnung oder als "sich abzeichnender" Verlustausgleich gemäß der getroffenen Vertragsabrede. Selbst wenn Auseinandersetzungsreife noch nicht besteht und auch die abredegemäßen Voraussetzungen für den Ausgleich eines "sich abzeichnenden" Verlusts nicht vorliegen, kann jeder Ge-sellschafter bereits während des Bestehens der Gesellschaft die von ihm ge-machten Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, von der Gesellschaft ersetzt verlangen (§§ 713, 670 BGB). Zu solchen Aufwendungen gehört auch die Begleichung von Gesellschaftsverbindlichkei-ten.

12        Die Klägerin hatte unter ihrem eigenen Namen ein Bankkonto für fremde Rechnung der Gesellschaft eingerichtet. Nach der Veräußerung der letzten Wohnung, als keine weiteren Zahlungseingänge mehr zu erwarten waren, zog das Kreditinstitut die Klägerin zum Ausgleich des Sollstandes heran. Indem die Klägerin den Kontoausgleich aus eigenen Mitteln bewirkte, erbrachte sie eine Aufwendung für die Gesellschaft. Diese durfte sie den Umständen nach für er-forderlich halten, da andernfalls das Kreditinstitut das Konto hätte fällig stellen und den Saldo zwangsweise hätte beitreiben können. Dabei ist revisionsrecht-lich zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass sie auch berechtigt war, zu Lasten des Kontos Provisionsleistungen in der in Rede stehenden Höhe zu erbringen.

13        b) Zwar richtet sich der durch §§ 713, 670 BGB begründete Ersatzan-spruch gegen die Gesellschaft als solche und ist somit aus deren Vermögen zu begleichen. Der Gesellschafter kann allerdings gegen seine Mitgesellschafter - beschränkt auf deren Verlustanteil - Rückgriff nehmen, wenn er aus der Ge-sellschaftskasse keinen Ausgleich erlangen kann (BGH, Urteil vom 2. Juli 1979 - II ZR 132/78, WM 1979, 1282; Urteil vom 17. Dezember 2001 - II ZR 382/99, ZIP 2002, 394). Diese Voraussetzung ist nicht erst gegeben, wenn die Zwangs-vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen aussichtslos wäre. Es genügt viel-mehr, dass der Gesellschaft - wie hier - freie Mittel nicht zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 2. Juli 1979 - II ZR 132/78, WM 1979, 1282).

14        3. Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin aus §§ 713, 670 BGB unterliegt auch keiner Durchsetzungssperre. Zwar würde die Auflösung der Ge-sellschaft dazu führen, dass die Gesellschafter die ihnen gegen die Gesell-schaft und die Mitgesellschafter zustehenden Ansprüche nicht mehr selbständig im Wege der Leistungsklage durchsetzen könnten, diese Ansprüche vielmehr als unselbständige Rechnungsposten in die Schlussrechnung aufzunehmen wären (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 3. April 2006 - II ZR 40/05, ZIP 2006, 994 Rn. 17 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat jedoch von der Revisionserwide-rung nicht angegriffen festgestellt, dass die Gesellschaft noch nicht aufgelöst ist.

15        III. Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Das Be-rufungsgericht wird im weiteren Verfahren Feststellungen dazu zu treffen haben, ob die Klägerin nach der Absprache der Gesellschafter berechtigt war, Provisionsleistungen zu Lasten des Gesellschaftsvermögens zu erbringen. Nach den bisher getroffenen Feststellungen entsprachen Provisionen für die Vermarktung der geschaffenen Wohn- und Geschäftseinheiten der Übung der Parteien bei früheren Bauvorhaben. Auch das hier gegenständliche Bauprojekt war ursprünglich mit Kosten für den "Vertrieb", also mit Provisionszahlungen kalkuliert. Daraus kann - wenn keine weiteren Absprachen getroffen wurden - auf eine konkludente Einigung über Provisionszahlungen auch für das hier ge-genständliche Projekt geschlossen werden. Die Beklagte, der für eine von der festgestellten Übung abweichende Abrede die Darlegungs- und Beweislast ob-liegt, hat jedoch unter Beweisantritt dargelegt, dass das Objekt bereits bei Bau-beginn in eine schwierige wirtschaftliche Situation geraten sei und die Parteien sich deswegen entgegen der sonst ständigen Übung darüber geeinigt hätten, dass die übliche 3 %ige Provisionsvergütung hier nicht in Ansatz kommen solle.

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