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Wirtschaftsrecht
09.09.2010
Wirtschaftsrecht
OLG Hamm: Versicherung vor Beginn der Wirksamkeit der Bestellung zum Geschäftsführer

OLG Hamm, Beschluss vom 4.8.2010 - I-15 W 85/10

Leitsätze

1. Die Versicherung eines neu bestellten Geschäftsführers über das Nichtvorliegen seiner Bestellung entgegenstehender Umstände (§ 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG) ist nicht deshalb unwirksam, weil sie am Tage des entsprechenden Gesellschafterbeschlusses abgegeben worden ist, der ein Wirksamwerden der Bestellung erst für einen künftigen Zeitpunkt vorsieht.

2. Die inhaltliche Überzeugungskraft der Versicherung ist vom Registergericht zu überprüfen. Bei einer nur wenige Tage umfassenden Lücke am Jahresende bis zum Wirksamwerden der Geschäftsführerbestellung mit Beginn des neuen Jahres besteht für weitere Maßnahmen der Amtsermittlung (§ 26 FamFG) regelmäßig kein Anlass.

Aus den Gründen

I.

Die Dr. X & Partner GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist im Handels­register Essen eingetragen. Als Geschäftsführer ist der Steuerberater T2 in T vermerkt. Am 17.12.2009 bestellte die Gesellschafterversammlung ein­stimmig mit Wirkung ab dem 02.01.2010 den Beteiligten zum Geschäftsführer. Der Notar reichte unter dem 07.01.2010 die von ihm am 17.12.2009 beglaubigte Handelsregisteranmeldung vom selben Tage bei dem Amtsgericht - Registergericht - Essen ein. Die Anmeldung war von dem Gesellschafter C und von dem Beteiligten unterzeichnet und enthielt seine nach § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG notwendige Versicherung.

Das Registergericht beanstandete mit Zwischenverfügung vom 14.01.2010, dass die Versicherung des Beteiligten nach § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG unwirksam sei. Denn im Hinblick auf seine Bestellung erst mit Wirkung zum 02.01.2010 habe er nicht bereits am 17.12.2009 die erforderliche Versicherung erklären können.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 21.01.2010, mit der er geltend gemacht, dass die Versicherung erst mit Eingang bei dem Registergericht am 08.01.2010 wirksam geworden sei, also zu einem Zeitpunkt, als seine Bestellung bereits wirksam geworden sei.

II.

Der Senat legt die Beschwerde dahingehend aus, dass diese ausschließlich im Namen des Beteiligten erhoben sein soll. Denn demjenigen, der als Vertreter eines Beteiligten im Verfahren auftritt, steht kein eigenes Beschwerderecht zu. Dieser Grundsatz gilt auch für den nach § 378 Abs. 2 FamFG mit vermuteter Vollmacht ausgestatteten Notar, der eine Beschwerde nicht im eigenen Namen, sondern nur im Namen des Vertretenen einlegen kann (Keidel/Heinemann, FamFG, 16. Aufl., § 378, Rdnr. 14 m. w. N.; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 378, Rdnr. 5 m. w. N.).

Die Beschwerde des Beteiligten ist nach den §§ 58 Abs. 1, 382 Abs. 3 S. 2 FamFG statthaft sowie frist- und formgerecht gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 FamFG eingelegt. Dem Beteiligten steht ein eigenes Beschwerderecht zu, mit dem er seine Eintragung als Geschäftsführer weiter verfolgen kann, § 59 Abs. 1 FamFG (BayObLG FGPrax 2000, 40; OLG Köln FGPrax 2001, 214; Keidel/Meyer-Holz, a. a. O., § 59, Rdnr. 86; Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 39, Rdnr. 10).

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das gilt zunächst für die Beanstandung der Unwirksamkeit der Versicherung.

Nach § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung ist durch den oder die Geschäftsführer zu bewirken (§ 78 GmbHG). Der neu bestellte Geschäftsführer hat im Zuge der Anmeldung gemäß § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG zu versichern, dass die dort genannten persönlichen Tatsachen seiner Bestellung nicht entgegen stehen. Die Versicherung erschöpft sich in einer Wissenserklärung. Sie ist notwendiger und zugleich unselbständiger Bestandteil der Registeranmeldung. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift („Die neuen Geschäftsführer haben in der Anmeldung zu versichern, ...") ergibt sich, dass die Anmeldung die maßgebende Verfahrenshandlung ist. Sie enthält das an das Registergericht gerichtete Begehren auf Eintragung und nur sie leitet zu diesem Zwecke das Registerverfahren ein. Es kommt deshalb zunächst allein auf die verfahrensrechtliche Wirksamkeit der Anmeldung selbst an. Insoweit teilt der Senat die Auffassung des Registergerichts nicht, der Beteiligte habe die Versicherung nach § 39 Abs. 1 S. 1 GmbHG verfrüht erklärt bzw. abgegeben. Das Registergericht kann sich für seinen Standpunkt nicht auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 15.12.1999 - 3 Wx 354/99 - (FGPrax 2000, 72 = Rpfleger 2000, 218 = GmbHR 2000, 232) berufen. Das OLG Düsseldorf war mit einem Fall befasst, in dem es um die Anmeldung einer in der Zukunft liegenden Bestellung zum neuen Geschäftsführer einer GmbH ging, wobei die Anmeldung unter der Bedingung erfolgte, dass demnächst eine Gesell­schafterversammlung stattfinde, die die angemeldete Tatsache (Geschäftsführer­bestellung) erst noch schaffen sollte. Demgegenüber ist vorliegend die Anmeldung, d. h. der öffentlich beglaubigte Antrag, das Registerverfahren zum Zweck einer Ein­tragung einzuleiten, weder durch Bedingungen noch Befristungen eingeschränkt, was unzulässig wäre (vgl. BayObLG DNotZ 1993, 197 und OLG Düsseldorf a. a. O.; Keidel/Sternal, a. a. O., § 23, Rdnr. 45 m. w. N.), noch fehlte es im Zeitpunkt der Anmeldung an einem Beschluss über die Bestellung des neuen Geschäftsführers. Der Umstand, dass die Bestellung unter der Befristung (§ 163 BGB) beschlossen wurde, dass die Wir­kungen zum 02.01.2010 eintreten sollten, bewirkte nicht, dass die verfahrens­rechtliche Anmeldung zum Handelsregister von einer Bedingung abhängig gemacht wurde. Eine andere Frage ist, ob das Registergericht die Eintragung wegen der Regelung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Beschlussfassung erst ab dem 02.01.2010 eintragen konnte. Diese Frage hat der Senat dahin entschieden, es komme für die Entscheidung über die An­meldung nur darauf an, ob zum Zeitpunkt der Eintragung sämtliche Eintragungsvoraussetzungen vorliegen (FGPrax 2007, 186 = Rpfleger 2007, 327; FGPrax 2002, 126 = NJW-RR 2002, 761; vgl. Keidel/Kaf­ka/Willer, Registerrecht, 6. Aufl., Rdnr. 147). An dieser Auffassung hält der Senat aus den Gründen seiner Entscheidungen fest. Das vom Registergericht an­genommene Hindernis bestand im Zeitpunkt der Bearbeitung des Antrags am 08.01.2010 jedenfalls nicht mehr.

Die Versicherung genügt im vorliegenden Falle auch in sachlicher Hinsicht den Anforderungen an die Handelsregistereintragung der Geschäftsführerbestellung.

Bei der Versicherung im Sinne des § 39 Abs. 3 S. 1 GmbHG handelt es sich um eine dem neuen Geschäftsführer obliegende höchstpersönliche Erklärung, mit der er das Fehlen der gesetzlichen Bestellungshindernisse im Rahmen einer Selbst­auskunft offenbart. Diese Erklärung kann aufgrund ihrer Eigenschaft als Wissenserklärung nur vergangenheits- bzw. allenfalls gegenwartsbezogen sein (Roth/Alt­mep­pen, GmbHG, 6. Aufl., § 8, Rdnr. 18, 19a; Baumbach/Hueck, a. a. O., § 8, Rdnr. 11). Ihre maßgebliche Bedeutung liegt darin, dem Registergericht eine ordnungsgemäße Eintragungskontrolle zu ermöglichen, um die Bestellung ungeeigneter Personen zum Ge­schäftsführer zu verhindern. Diesem Schutzzweck wird die von dem Beteiligten erklärte Versicherung in dem hier zu entscheidenden Fall gerecht.

Für die Prüfung, ob ein zur Eintragung angemeldeter Geschäftsführer von seinem Amt ausgeschlossen ist, gel­ten die allgemeinen Grundsätze des Registerverfahrensrechts. Danach hat das Registergericht gemäß § 26 FamFG weitere Ermittlungen nur anzustellen, wenn konkrete Anhaltspunkte dazu Anlass geben. Dahingehende Anhaltspunkte, die an der Richtigkeit der Versicherung zweifeln lassen, sind vorliegend jedoch aus der Sicht des Senats nicht gegeben und auch sonst nicht ersichtlich. Dabei fällt ins Gewicht, dass die zeitliche „Lücke" zwischen dem Zeitpunkt der Versicherung am 17.12.2009 und der Bestellung zum 02.01.2010 gering ist, zumal in diese Zeit die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage fielen. Ein sachwidriges Vorgehen des Beteiligten und der Gesellschafter ist insoweit nicht erkennbar. Vielmehr bestand für die am Jahresende für das darauf folgende Jahr beschlossene Geschäftsführerbestellung und Übertragung von Gesellschaftsanteilen steuer- und bilanzrechtliche Veranlassung. Auch ist in diesem Zusammenhang nicht zu verkennen, dass der Gesetzgeber an anderer Stelle ein zeitliches Auseinanderfallen von Versicherung und wirksamer Geschäfts­führer­be­stellung durchaus gesehen und in Kauf genom­men hat. So geht eine nach § 8 Abs. 3 S. 1 GmbHG in der Erstanmeldung der Gesellschaft abzugebende Versicherung der Geschäftsführer notwendigerweise der Wirksamkeit ihrer Bestellung zeitlich voran.

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