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Wirtschaftsrecht
05.12.2013
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: Preisanpassungsklausel in Wärmelieferungsvertrag - Abgrenzung von Individualvereinbarung und Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen

OLG Düsseldorf, Urteil vom 6.11.2013 - I-3 U 51/12, 3 U 51/12


Leitsätze


1. Ob es sich bei einem Wärmelieferungsvertrag, insbesondere dessen Preisanpassungsklausel, um eine innerhalb der Grenzen der Vertragsfreiheit angesiedelte und daher nicht der Überprüfung unterliegende Individualvereinbarung handelt bzw. um den abgestimmten Einsatz eines Mustervertrages oder um eine der Kontrolle nach AGB-Gesichtspunkten oder nach § 24 Abs. 4 AVBWärmeV unterliegende Klausel, ist bei Eintritt eines anderen Wärmebeziehers anstelle des ursprünglichen Wärmebeziehers in dessen Wärmelieferungsvertrag mit dem Lieferanten im Verhältnis der Parteien zu überprüfen, die ursprünglich den Vertrag geschlossen haben.


2. Eine Vertragsübernahme kann nicht nur durch Abschluss eines "dreiseitigen Vertrages" erfolgen, sondern auch durch Vereinbarung des eintretenden Wärmebeziehers mit seinem Rechtsvorgänger, bei vorweggenommener Zustimmung des Lieferanten.


3. Dass das Fernwärmeversorgungsunternehmen für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte (allgemeine) Versorgungsbedingungen verwendet hat, hat der Verwendungsgegner bzw. dessen Rechtsnachfolger - auch nach Erschütterung eines durch die Art der Niederlegung des Vertragstextes für AGB erbrachten Anscheinsbeweises seitens des Verwenders - darzulegen und zu beweisen.


4. Die Absicht „mehrfacher Verwendung" eines vorformulierten Vertragsmusters im maßgeblichen Verhältnis zwischen dem ursprünglichen Wärmebezieher und dem Lieferanten steht der Annahme einer Individualvereinbarung nicht entgegen.


§ 307 BGB, §§ 307ff BGB, § 414 BGB, § 24 Abs 3 aF AVBFernwärmeV, § 24 Abs 4 AVBFernwärmeV


Sachverhalt


I. Am 21. Mai/07. Juni 2002 schlossen die GmbH in Düsseldorf (...) und die Beklagte, die schon seit 1997 hinsichtlich Wärmelieferungen in geschäftlichem Kontakt standen, - unter Bezug auf einen Rahmenvertrag vom 17. Januar 2002 - einen Vertrag (WLV), wonach die Beklagte „aus einer von ihr zu errichtenden Wärmeerzeugungsanlage" der ... Wärme für die Versorgung von zwei Gebäuden mit 36 Wohneinheiten liefern sollte. Nach § 3 Abs. 1 trat der WLV am 01. Januar 2002 in Kraft und endet am 31. Dezember 2018. Nach § 4 WLV sollte die ... einen Wärmepreis gemäß der Anlage 4 zum Vertrag bezahlen. In § 5 WLV, um dessen Wirksamkeit die Parteien streiten, heißt es sinngemäß:


(1)  Der Preis für die gelieferte und verbrauchte Wärme ist veränderlich.


(2)  Der Grundpreis ändert sich nach Maßgabe der folgenden Regelungen. ... 70% fest, 30% Anpassung nach folgender Formel (Ecklohn Monteur)


(3)  ... jährlich


(4)  ... nach 10 Jahren Anpassung an Zinsentwicklung


(5)  ...


(6)  Der Arbeitspreis wird fortlaufend dem Erdgasbezugspreis angepasst. Formel...


In der Anlage 4 sind die voraussichtlichen Wärmekosten berechnet. Nach § 7 Abs. 4 WLV gelten ergänzend die AVBFernwärmeV vom 20. Juni 1980 i. d. F. der Bekanntmachung vom 19. Januar 1989.


Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, trat in der Folgezeit anstelle der ... in diesen Vertrag ein.


Während der Vertragslaufzeit passte die Beklagte ihre Preise mehrmals an; die Klägerin bezahlte die hierauf basierenden Rechnungen.


Mit Anwaltsschreiben vom 25. Oktober 2011 beanstandete die Klägerin unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die Preisanpassungen/Preiserhöhungen seien zu Unrecht erfolgt, weil § 5 des Fernwärmelieferungsvertrages wegen Verstoßes gegen § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV a. F. bzw. § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV n. F. gemäß § 134 BGB unwirksam sei, mit der Folge, dass der WLV auf der Basis der ursprünglich vereinbarten Preise fortbestehe. Ab der Jahresabrechnung vom 13. März 2008 könne sie, die Klägerin, deshalb Erstattung der auf Preiserhöhungen zurückzuführenden Zahlungsbeträge verlangen, aus den Jahren 2008 bis 2011 insgesamt 77.845,25 Euro; ferner sei zu bestätigen, dass der WLV bis zum Ende seiner Laufzeit auf der ursprünglichen Preisgrundlage fort gelte.


Mit der Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Preisanpassungsklausel sei nicht hinreichend transparent, unangemessen benachteiligend und ermögliche der Beklagten eine verdeckte Gewinnmaximierung. Überdies sei davon auszugehen, dass die Beklagte den Vertrag, ohne ihn den Wünschen der ... entsprechend anzupassen, mehrfach verwendet habe. Sie, die Klägerin sei daher Adressatin vorformulierter Klauseln, wobei es insoweit unerheblich sei, ob die Vertragsbedingungen irgendwann einmal mit einer anderen Partei ausgehandelt worden seien; hierauf komme es nicht an, weil die Unwirksamkeit der Regelung in § 5 WLV sich unmittelbar aus § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV ergebe, der auch durch § 7 Abs. 4 WLV in den Vertrag einbezogen sei.


Die Klägerin hat beantragt,


1. festzustellen, dass der zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehende Energieversorgungsvertrag mit Vertragsnummer 965/02-VE 4112 über den 31. Dezember 2007 bis zu seiner Beendigung mit einem Nettoarbeitspreis von 33,9776 Euro/MWh und einem Nettogrundpreis von 0,29 Euro/qm/Monat fort besteht.


2. die Beklagte zu verurteilen, an die, die Klägerin, einen Betrag von 77.845,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einer Forderung von 15.425,83 Euro seit dem 3.4.2008, aus einer Forderung von 21.037,20 Euro seit dem 03. März 2009, aus einer Forderung von 21.564,78 Euro seit dem 03. Mai 2010 und aus einer Forderung von 19.817,44 Euro seit dem 03. April 2011 zu zahlen.


3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 5.188,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


Die Beklagte hat beantragt,


die Klage abzuweisen.


Sie hat geltend gemacht, § 24 AVBFernwärmeV sei schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich bei dem Vertrag vom 21. Mai/07. Juni 2002 nicht um einen von ihr verwendeten AGB Vertrag, bei § 5 WLV somit nicht um eine AGB-Klausel handele. Sie habe die Vertragsbedingungen nicht gestellt. Sie habe vielmehr im Jahre 1997 mit der ... in Bezug auf ein anderes Objekt einen solchen Vertrag über einen langen Zeitraum hin individuell ausgehandelt; dieser nach den Wünschen der ... gestaltete Vertrag sei später Grundlage auch des vorliegenden Wärmelieferungsverhältnisses geworden, wobei auch nach 1997 weitere Wünsche der ... in die Vertragsgestaltung eingeflossen seien.


Das Landgericht - Einzelrichter - hat durch am 08. November 2012 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen und ausgeführt, der geltend gemachte Rückforderungsanspruch aus §§ 812 ff. BGB bestehe nicht; die Preisanpassungsregelung in § 5 des Wärmelieferungsvertrages vom 21. Mai/07. Juni 2002 sei nicht gemäß §§ 134 BGB, 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV a.F. unwirksam; die Klägerin habe nicht die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) bewiesen; ein etwaiger Anscheinsbeweis für das Vorliegen von AGB in dem hier in Rede stehenden Wärmelieferungsvertrag sei jedenfalls erschüttert.


Mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr ursprüngliches Klagebegehren weiter.


Sie bestreitet, dass die Vertragsbedingungen irgendwann ausgehandelt worden seien; die Preisanpassungsklausel in § 5 des Wärmelieferungsvertrages stelle sich - entgegen der Annahme des Landgerichts - als AGB dar und unterliege der Wirksamkeitskontrolle des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV. Jedenfalls von ihrem Eintritt in den Vertrag an habe der Beklagten ein Verbraucher gegenüber gestanden; deshalb sei - dies ergebe sich auch aus Art. 3 der RiLi 93/13 - ab diesem Zeitpunkt die Überprüfung unter AGB-Gesichtspunkten vorzunehmen, weil sie, die Klägerin, die das Objekt während der Vertragsdauer erworben habe, keinen Einfluss auf die Vertragsbedingungen habe nehmen, diese nicht habe aushandeln können.


Die Beklagte habe nicht dargetan, dass gerade über die Klausel in § 5 des Vertrages verhandelt worden sei.


Die Klägerin beantragt,


unter Änderung des landgerichtlichen Urteils


1. festzustellen, dass der zwischen ihr und der Beklagten bestehende Energieversorgungsvertrag mit Vertragsnummer 965/02-VE 4112 über den 31. Dezember 2007 bis zu seiner Beendigung mit einem Nettoarbeitspreis von 33,9776 Euro/MWh und einem Nettogrundpreis von 0,29 Euro/qm/Monat fort besteht.


2. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, einen Betrag von 77.845,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einer Forderung von 15.425,83 Euro seit dem 03.April 2008, aus einer Forderung von 21.037,20 Euro seit dem 03. März 2009, aus einer Forderung von 21.564,78 Euro seit dem 03. Mai 2010 und aus einer Forderung von 19.817,44 Euro seit dem 03. April 2011 zu zahlen.


3. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, weitere 5.188,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


Die Beklagte bittet um


Zurückweisung der Berufung.


Auch sie wiederholt und vertieft ihren früheren Vortrag und macht geltend, für die Frage, ob es sich bei dem Vertrag und insbesondere der Preisklausel um eine Individualabrede oder um vorformulierte Bedingungen handelt, komme es allein auf das Verhältnis der Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages an; die Klägerin sei in die Position der früheren Energiebezieherin, der ... GmbH, eingetreten. Gegenüber der ... habe die Beklagte seinerzeit vorformuliere Vertragsbedingungen im Sinne des § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV nicht verwandt. Die ... selbst habe ein Vertragsmuster in die Verhandlungen eingeführt, das die seinerzeitigen Vertragsparteien einvernehmlich als gemeinsame Grundlage für verschiedene Verträge benutzt hätten. § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV sei durch vertragliche Individualvereinbarung (§ 5 Wärmevertrag) abbedungen.


Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen


Aus den Gründen


II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.


Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Urteil der Kammer beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO); die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).


Der Klägerin kann aus dem Gesichtspunkt einer Unwirksamkeit der Preisanpassung des Entgelts aus § 5 des Wärmelieferungsvertrages vom 21. Mai/07. Juni 2002 weder Erstattung überzahlten Wärmeentgelts für die Abrechnungszeiträume 2008 -2011 noch Feststellung mit dem Ziel der Festschreibung des bei Vertragsschluss vereinbarten Vergütungsniveaus bis zum Ende der Vertragslaufzeit und auch nicht Ersatz aufgewendeter vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen.


1. Ob es sich bei dem in Rede stehenden Wärmelieferungsvertrag, insbesondere dessen Preisanpassungsklausel in § 5 WLV, um eine innerhalb der Grenzen der Vertragsfreiheit angesiedelte und daher nicht der Überprüfung unterliegende Individualvereinbarung handelt bzw. um den abgestimmten Einsatz eines Mustervertrages (vgl. BGH NJW 2010, 1131) oder um eine der Kontrolle nach AGB-Gesichtspunkten oder nach § 24 Abs. 4 AVBWärmeV unterliegende Klausel, ist im Verhältnis der Parteien zu überprüfen, die ursprünglich den Vertrag geschlossen haben, nämlich der ... und der Beklagten. Denn die Klägerin ist anstelle der ursprünglichen Wärmebezieherin ... in deren Wärmelieferungsvertrag vom 21. Mai/07. Juni 2002 mit der Beklagten eingetreten.


a) Die Vertragsübernahme erfolgte hier nicht durch Abschluss eines "dreiseitigen Vertrages" (vgl. BGHZ 96, 302, 308; MünchKomm/Möschel Vor § 414 Rn 8; Palandt-Grüneberg, BGB 71. Auflage 2012 § 398 Rn 42; Staudinger- Busche, BGB - Neubearbeitung 2012 Einleitung zu §§ 398 ff Rn 201 mit Nachw.), sondern durch Vereinbarung der Klägerin mit ihrer Rechtsvorgängerin, der ..., bei vorweggenommener Zustimmung der Beklagten. Gemäß § 7 Abs. 4 WLV gelten - bei Vorrang der Vertragsregelung - ergänzend die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVB Fernwärme V) vom 20. Juni 1980 in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1989. Tritt anstelle des bisherigen Kunden ein anderer Kunde in die aus dem Vertragsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten ein, so bedarf es hierfür nicht der Zustimmung des Fernwärmeversorgungsunternehmens (§ 32 Abs. 3 Satz 1 AVB FernwärmeV, 32 Abs. 4 Satz 1 AVB FernwärmeV a.F.).


b) Eine solche Vertragsübernahme hat zur Folge, dass das bestehende Schuldverhältnis als "Organismus von Rechten und Pflichten" unverändert zwischen den neuen Vertragsparteien fortgesetzt wird (BGHZ 95, 88, 93 ff; MünchKomm-BGB-Bydlinski, 6. Auflage 2012 vor § 414 Rn 7). Mit dem Wirksamwerden des Übernahmevertrages geht also die Rechtsstellung des ausscheidenden Vertragspartners vollständig im Wege der Gesamtnachfolge auf den eintretenden Vertragspartner über (Staudinger- Busche, a.a.O. Rn. 202; MünchKomm-BGB-Roth, 6. Auflage 2012 § 398 Rn 5) d. h. es findet - unter Aufrechterhaltung der Identität des Vertrages - eine Auswechselung der Person auf der Seite einer Vertragspartei statt (BGHZ 129, 371, 375).


Hiernach kann die in die Rechtsposition der ... gegenüber der Beklagen eingetretene Klägerin innerhalb der Laufzeit des Vertrages (nur) diejenigen Rechte geltend machen, die die ... hätte geltend machen können.


2. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung überzahlter Lieferungsentgelte für Fernwärme aus §§ 812 ff. BGB. Denn § 5 WLV stellt sich nicht als unwirksame (§ 134 BGB) Preisanpassungsklausel dar.


a) Der Vertrag vom 21. Mai/07. Juni 2002 hat die Lieferung von Fernwärme zum Inhalt.


Wird aus einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden (vgl. zu der hier vorliegenden) Heizungsanlage von einem Dritten nach unternehmenswirtschaftlichen Gesichtspunkten eigenständig Wärme produziert und an andere geliefert, so handelt es sich um Fernwärme; auf die Nähe der Anlage zu dem versorgten Gebäude oder das Vorhandensein eines größeren Leitungsnetzes kommt es nicht an (BGH NJW-RR 2012, 249; NJW 1990, 1181). Diese Voraussetzungen sind nach der hier aus § 8 WLV (vgl. auch Fritsche in BeckOK-BGB § 95 Rdz. 17) sich ergebenden Sonderkonstellation erfüllt.


b) Die Preisvereinbarung des § 5 WLV ist nicht aus dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen eine von der Beklagten gestellten AGB-Bedingung unwirksam.


aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verträgen zwischen Lieferanten und Abnehmern von Fernwärme unterliegen grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307ff. BGB (im Anschluss an BGH, Urteil vom 28. Januar 1987, VIII ZR 37/86, BGHZ 100, 1 ff.). Sofern deshalb - wie hier - nicht eine von § 1 Abs. 2 und 3 Satz 1 AVBFernwärmeV erfasste Fallgestaltung vorliegt, sind daher Preisanpassungsklauseln in Verträgen mit Fernwärmekunden nicht an §§ 307ff. BGB, sondern an der Regelung des § 24 Abs. 4 AVB Fernwärme V (bzw. des gleich lautenden § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV a.F.) zu messen (BGH NJW 2011, 2501-2508). Für die Auslegung von vorformulierten Allgemeinen Versorgungsbedingungen sind aber die gleichen Maßstäbe heranzuziehen wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen der §§ 305ff. BGB (BGH NJW 2011, 3219-3222 Rn.28, 29).


bb) Soweit Fernwärmeversorgungsunternehmen für den Anschluss an die Fernwärmeversorgung und für die Versorgung mit Fernwärme Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind (allgemeine Versorgungsbedingungen), gelten die §§ 2 bis 34 AVBFernwärmeV a.F., also auch § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV a.F. (§ 24 Abs. 4 n. F.) mit den dort genannten besonderen Voraussetzungen für eine Preisänderung. Diese sind - soweit wie hier Absatz 3 und § 35 nichts anderes vorsehen - Bestandteil des Versorgungsvertrages (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AVBFernwV).


cc) Dass das Fernwärmeversorgungsunternehmen für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte (allgemeine Versorgungsbedingungen) verwendet hat, ist von dem Verwendungsgegner bzw. dessen Rechtsnachfolger, hier der Klägerin, darzulegen und zu beweisen.


(a) Dies ist der Klägerin indes nicht gelungen. Sieht man durch die Art der Niederlegung des Vertragstextes den Anscheinsbeweis für AGB als erbracht an, so war es an der Beklagten, diesen zu erschüttern. Dies ist ihr - so bereits zutreffend das Landgericht - gelungen, indem sie substantiiert dargelegt hat, zwischen ihr und der ... sei im Jahre 1997 nach intensiver Verhandlung ein von der ... inhaltlich maßgeblich mitbestimmter Wärmelieferungsvertrag über ein anderen Objekt der ... geschlossen worden. Dies belegt die mit dem Schriftsatz vom 26. April 2012 (Anlagen B 1 bis B 6) eingereichte Korrespondenz. Hieraus ergibt sich, dass die ... Vorgaben für das von der Beklagen zu erstellende Angebot gemacht hat (Anlage 1), die Beklagte sodann der ... ein Vertragsmuster übersandt hat, das die ... geprüft, mit handschriftlichen Randnotizen versehen (Anlage 2) und zum Anlass genommen hat, die Beklagte mit Schreiben vom 25. August 1997 zu einem Abstimmungsgespräch im Hause der ... zu bitten, die Änderung konkret benannter Bestimmungen zu fordern („... ist wie folgt zu ändern: ...") und auf das Zustimmungserfordernis der Geschäftsführung der ... hingewiesen wird, wobei die Vorlage zur Genehmigung erst erfolgen könne, „..., wenn die Kosten und Konditionen soweit verhandelt sind, dass eine Entscheidung getroffen werden kann." Dem folgte ein Vertragsentwurf vom 08. September 1997, in Bezug auf den die ... „noch erhebliche textliche und inhaltliche Veränderungen und Ergänzungen" für notwendig hielt und ankündigte, der Beklagten in Kürze einen neuen überarbeiteten Vertragsentwurf als Diskussionsgrundlage zusenden zu wollen (Anlage 5) und unter dem 11. September 1997 weitere inhaltliche Anpassungserfordernisse mitteilte (Anlage 6). Bei einer gemeinsamen Besprechung der ... und der Beklagten am 10. März 1999 wurde festgehalten: „Beim Arbeitspreis wird zwischen ... und EGC vereinbart, dass die Preisblätter für den Einkauf von Erdgas offen gelegt werden müssen, nach denen EGC den Arbeitspreis berechnet. So ist gewährleistet, dass die ... von möglichen Preissenkungen profitiert."


Hieraus ergibt sich, dass die ... beabsichtigte, die Heizungsanlagen in ihren Immobilien zu modernisieren und hierbei im Wege des „Contracting" mit der Beklagten zusammen arbeiten wollte und hierzu mit der Beklagten Rahmen- und Einzelverträge mit der Laufzeit von 17 Jahre geschlossen hat.


Hiernach spricht alles für eine Individualvereinbarung. Jedenfalls ist auf der Basis dieser plausibel vorgetragenen und durch den eingereichten Schriftverkehr gestützten Vorgeschichte der Vertragsbeziehung der Beklagten nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Wärmelieferungsvertrag, namentlich der Preisbestimmung zu § 5 WLV, um ein von der Beklagten als Fernwärmeversorgungsunternehmen für die Versorgung mit Fernwärme verwendetes Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen handelt, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Die Absicht „mehrfacher Verwendung" im maßgeblichen Verhältnis zwischen der ... und der Beklagten ändert an dieser Beurteilung nichts.


(b) Die Klägerin ist dem nicht substantiiert entgegen getreten und hat insbesondere für ihre Behauptung, es habe sich bei § 5 WLV gleichwohl um ein von der Beklagten verwendetes Vertragsmuster oder eine von ihr für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung gehandelt, trotz ihr bekannter Notwendigkeit keinen Beweis angetreten.


Dass sich die Rechtsqualität des WLV oder einzelner Bestimmungen in Folge des Vertragseintritts der Klägerin für die ... nicht dahin ändern konnte, dass nunmehr zugunsten der Klägerin von AGB auszugehen wäre, ergibt sich aus der oben beschriebenen Rechtsfigur des Vertragseintritts und ihren Folgen.


Zu Unrecht reklamiert die Klägerin mit Blick auf Art. 3 der Richtlinie 93/13 EWG des Rates vom 05. April 1993 auch, sie habe dadurch, dass der Wärmevertrag zwischen Unternehmern geschlossen worden sei, als Verbraucher keinen Einfluss auf - vorformulierte Vertragsbedingungen, namentlich § 5 WRV - nehmen können, weshalb der ihr zustehende Verbraucherschutz umgangen werde. Eine dahin gehende Vorformulierung wäre nämlich für das Fehlen des Verbrauchereinflusses der Klägerin schon nicht kausal, denn auch bei Eintritt in einen zwischen der Beklagten und der ... individuell ausgehandelten Vertrag wäre/ist der Klägerin der Einfluss auf die Bedingungen versagt geblieben (vgl. auch Pfeifer in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union 40. Auflage 2009, Art. 3 Richtlinie 93/13 Rn.10, 20).


dd) Dass § 5 WRV mit Blick auf den Vorrang individuell ausgehandelter Regelungen, auch nicht aufgrund der vertraglichen Bestimmung des § 7 WRV an § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zu messen ist, hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt.


3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.


Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO besteht nicht.


Bei der am Interesse der Klägerin orientieren Streitwertbemessung geht der Senat entsprechend seiner Erläuterung im Termin davon aus, dass beim Feststellungsantrag lediglich die potentiellen Rückforderungsbeträge (Differenz der zu erwartenden Wärmepreisforderung zum von der Klägerin befürworteten Wärmelieferungspreis auf der Basis der Ursprungsvereinbarung) anzusetzen und wegen der Feststellung ein Abschlag von 20 % vorzunehmen ist; aus der nicht zum Gegenstand des Rechtsstreits gemachten Feststellung, „dass die Forderungen der Beklagten aus sämtlichen Abrechnungen insgesamt unwirksam sind", ist - entgegen der Darstellung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 17.09.2013 - ein Ansatz für die Bewertung eines gesteigerten wirtschaftlichen Interesses nicht herzuleiten.

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