R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
12.05.2011
Wirtschaftsrecht
OLG Hamm: Kapitalerhöhungsbeschluss zur Euroglättung

OLG Hamm, Beschluss vom 7.4.2011 - I-15 W 271/10

Leitsatz

Ein Kapitalerhöhungsbeschluss zum Zweck der Euroglättung muss inhaltlich klarstellen, wie die einzelnen Geschäftsanteile in Euro umgestellt und sodann im Wege der Aufstockung auf einen glatten Eurobetrag erhöht werden.

§ 1 Abs. 3 S. 1 und 3 EGGmbHG

sachverhalt

I. 1. Die Gesellschaft wurde am 19.03.1982 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet. Davon übernahmen die Gründungsgesellschafter folgende Stammeinlage:

Dr. I

50 %

25.000 DM

Herr S2

35 %

17.500 DM

Herr S

15 %

7.500 DM

sa.

100 %

50.000 DM

Am 27.06.1986 und 18.11.1987 beschlossen die Gesellschafter jeweils, das Stammkapital der Gesellschaft um 50.000 DM auf 100.000 DM bzw. 150.000 € zu erhöhen. Von dem erhöhten Stammkapital übernahmen jeweils

Dr. I

50 %

25.000 DM

Herr S2

35 %

17.500 DM

Herr S

15 %

7.500 DM

sa.

100 %

50.000 DM

Am 28.03.1992 beschlossen die Gesellschafter, das Stammkapital der Gesellschaft um weitere 100.000 DM auf 250.000 € zu erhöhen. Von dem erhöhten Stammkapital übernahmen

Dr. I

50 %

50.000 DM

Herr S2

35 %

35.000 DM

Herr S

15 %

15.000 DM

sa.

100 %

100.000 DM

Mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 19.08.1994 stimmten die Gesellschafter der Aufteilung des Geschäftsanteils des Gesellschafters S2 in „zwei Anteile von je 17,5 % des Stammkapitals = 43.750,00 DM" und der Abtretung eines dieser Geschäftsanteile an Frau y zu. Am 20.04.2001 trat der Gesellschafter Dr. I seine vier Geschäftsanteile in Höhe von dreimal 25.000,00 DM und einmal 50.000 DM an seine Ehefrau M ab.

An dem Stammkapital der Gesellschaft von zuletzt 250.000 DM hatten damit die vier Gesellschafter folgende Geschäftanteile:

Frau M

   3 x 25.000 DM

+ 1 x 50.000 DM =

125.000 DM

Herr S2

   1 x 43.750 DM

43.750 DM

Frau C

   1 x 43.750 DM

43.750 DM

Herr S

   3 x   7.500 DM

+ 1 x 15.000 DM =


37.500 DM

 

sa.

250.000 DM

2.

Am 07.04.2010 fassten die vier Gesellschafter der Beteiligten verschiedene Beschlüsse zum Zwecke der Umstellung der Beträge des Stammkapitals und der Geschäftsanteile auf Euro (UR- Nr. 108/­2010 Notar D in C2). Dabei handelte der Gesellschafter und Geschäftsführer S2 aufgrund entsprechender notariell beglaubigter Vollmachtserklärungen auch für die übrigen Gesellschafter.

Unter Nr. 1 beschlossen die Gesellschafter, das Stammkapital der Gesellschaft von 250.000 DM auf 127.822,97 € umzustellen und um 12.177,03 € auf 140.000 € zu erhöhen. Weiter heißt es:

„Nr. 2 Die neuen Geschäftsanteile nehmen am Gewinn des laufenden Jahres bereits teil.

Nr. 3 Die Einlagen sind in voller Höhe der neuen Geschäftsanteile binnen 14 Tagen einzuzahlen.

Nr. 4 Zur Übernahme der Geschäftsanteile werden nur die Gesellschafter zugelassen wie folgt:

Frau M

}

mit einem Geschäftsanteil

im Nennbetrag in Höhe von

6.088,51 €

Herr S2

2.130,98 €

Frau C

2.130,98 €

Herr S

1.826,56 €

 

sa.

12.177,03 €

Nr. 5 des Beschlusses enthält inhaltlich entsprechende Übernahmeerklärungen der Gesellschafter sowie die anschließende Regelung, dass die Geschäftsanteile der Gesellschafter um die jeweils übernommenen Stammeinlagen erhöht werden.

In notariell beglaubigter Erklärung vom selben Tage hat der Geschäftsführer der Gesellschaft die Kapitalerhöhung zum Handelsregister angemeldet. Gleichzeitig hat der Urkundsnotar eine von ihm gefertigte Gesellschafterliste vorgelegt, in der die Namen der Gesellschafter und die Beträge der Stammeinlagen wie folgt aufgeführt sind:

lfd. Nr.

Gesellschafter

Betrag der übernommenen Stammeinlage

1

S2

24.500 €

2

M

70.000 €

3

C

24.500 €

4

S

21.000 €

  

140.000 €

Das Registergericht hat mit Zwischenverfügung vom 28.04.2010 beanstandet, neben der Umstellung des Stammkapitals sei auch eine ausdrückliche Umstellung der Geschäftsanteile in Euro erforderlich. Auch sei die Umrechnung bei den Geschäftsanteilen der Gesellschafter S2 und C unrichtig erfolgt. Gegen diese Verfügung richtet sich die Beschwerde der Beteiligten.

aus den gründen

II. Die Beschwerde ist nach § 382 Abs. 4 S. 2 FamFG zulässig, führt aber in der Sache lediglich zu einer klarstellenden Neufassung der angefochtenen Zwischenverfügung.

Nach § 1 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EGGmbHG dürfen Gesellschaften, die, wie die Beteiligte, vor dem 01.01.1999 in das Handelsregister eingetragen worden sind, ihr auf Deutsche Mark lautendes Stammkapital beibehalten. Nach Abs. 1 S. 4 dieser Vorschrift darf eine Änderung des Stammkapitals nach dem 31.12.2001 nur eingetragen werden, wenn das Kapital auf Euro umgestellt ist. Hinsichtlich der Geschäftsanteile bestimmt § 1 Abs. 1 S. 2 EGGmbHG, dass bis zu einer Kapitaländerung nach S. 4 die bis dahin gültigen Beträge weiter maßgeblich sind. Die unter Beachtung des amtlichen Umrechnungskurses (1 Euro = 1,95583 DM) durchzuführende rechnerische Umstellung des Kapitals und der Geschäftsanteile erfolgt nach § 1 Abs. 3 S. 1 EGGmbHG durch Beschluss der Gesellschafter. Da durch die Euroumstellung „krum­me Beträge" entstehen, erfolgt zur Glättung der Beträge im Regelfall die rechnerische Umstellung mit weiteren Kapitalmaßnahmen, z.B. durch eine Kapitalerhöhung mittels Aufstockung (vgl. Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl., Rn 1081; Fleischhauer/Preuß, Handelsregisterrecht, S. 432 (3); Kersten/Bühling/Kanzleiter, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 23. Aufl., § 144 Rn 48). Für derartige Kapitaländerungen verbleibt es nach § 1 Abs. 3 S. 3 EGGmbHG bei den Formalien der §§ 55 ff GmbHG. Nach § 55 Abs. 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 GmbHG müssen die Beträge der in Euro ausgestellten Geschäftsanteile nach der Umstellung auf volle Euro lauten, nach § 55 Abs. 4 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG muss die Summe der Nennbeträge aller Gesellschafter mit dem Stammkapital übereinstimmen.

Diesen gesetzlichen Vorgaben entspricht der von der registerrechtlichen Anmeldung nach § 57 GmbHG zu unterscheidende Kapitalerhöhungsbeschluss der Gesellschafter nur hinsichtlich der Umstellung des Stammkapitals. Hinsichtlich der Deckung dieses Stammkapitals durch erhöhte Geschäftsanteile enthält die notarielle Urkunde jedoch Unklarheiten, die ihrem Vollzug im Handelsregister entgegenstehen. Dies gilt zunächst insoweit, als die erhöhten Geschäftsanteile in Ziff. 2 und 3 als „neue" Geschäftsanteile bezeichnet werden, zu deren Übernahme die Gesellschafter mit den in Ziff. 4 der Urkunde genannten Beträgen zugelassen werden. Der Formulierung nach zielt diese Beschlussfassung auf eine Regelung entsprechend § 55 Abs. 3 GmbHG, also den Erwerb jeweils weiterer selbständiger Geschäftsanteile durch die Gesellschafter entsprechend dem erhöhten von ihnen übernommenen Kapitalbetrag. So verstanden wäre die Regelung jedoch unwirksam, weil die Erhöhungsbeträge nicht auf volle Euro lauten (§ 5 Abs. 2 S. 1 GmbHG). Erkennbar gewollt ist demgegenüber eine Aufstockung der bestehenden Geschäftsanteile, um die angestrebte Glättung der Nennbeträge in Euro herbeizuführen (siehe dazu bereits oben). Dafür spricht auch der Schlusssatz in Nr. 5 der Urkunde, dass die Geschäftsanteile der Gesellschafter  um die übernommenen Stammeinlagen erhöht werden sollen. Der notwendige Inhalt des Kapitalerhöhungsbeschlusses besteht darin, den Weg der Aufbringung des erhöhten Kapitals exakt zu beschreiben. Die Klarstellung, dass die Deckung des erhöhten Stammkapitals durch Aufstockung bestehender Geschäftsanteile erfolgt, muss deshalb notwendig mit einer Darstellung verbunden werden, wie sich rechnerisch die Erhöhung auf den einzelnen Geschäftsanteil auswirkt. In diesem Zusammenhang ist entsprechend der vom Amts­gericht erhobenen Beanstandung zwingend, dass zunächst eine Umrechnung des Nennbetrages des einzelnen Geschäftsanteils in Euro unter Beachtung von Rundungsregeln erfolgen und sodann der Erhöhungsbetrag in Euro sowie abschließend der neue erhöhte Kapitalbetrag in Euro genannt werden muss. Denn der Nennbetrag eines einheitlichen Geschäftsanteils kann nicht teilweise auf DM und teilweise auf Euro lauten. In diesem Sinne ist auch die Formulierung in § 1 Abs. 3 S. 3 EGGmbHG zu verstehen, die die Verbindung der Umstellung mit Maßnahmen der Kapitalveränderung zulässt. Zunächst müssen also in jedem Fall die Nennbeträge der Geschäftsanteile in Euro umgestellt werden, bevor durch weitere Maßnahmen der Kapitalveränderung eine Glättung der Nennbeträge in Euro erfolgen kann (vgl. etwa die vorgeschlagene Formulierung des Kapitalerhöhungsbeschlusses bei Gustavus, Handelsregisteranmeldungen, 6. Aufl., A 129:

„Die Kapitalerhöhung erfolgt durch Aufstockung der vorhandenen Geschäftsanteile

- des Gesellschafters A von ... Euro (gerundet) um ... Euro (gerundet) auf ... Euro

- des Gesellschafter B   usw.   .").

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Beteiligte offenbar irrtümlich davon ausgeht, jedem ihrer Gesellschafter stehe lediglich ein Geschäftsanteil zu, der in dem angegebenen Umfang erhöht wird. Im Gegensatz dazu muss nach dem derzeitigen Sachstand davon ausgegangen werden, dass entsprechend der gesetzlichen Vorschrift des § 55 Abs. 3 GmbHG mit jeder Durchführung der eingangs genannten Kapitalerhöhungen neue selbständige Geschäftsanteile entstanden sind, da die zurückliegenden Kapitalerhöhungsbeschlüsse erkennbar keine Aufstockung bestehender Geschäftsanteile vorsehen. Allenfalls kann in Erwägung gezogen werden, dass der Gesellschafterbeschluss vom 19.08.1994, der die Teilung des Geschäftsanteils des Gesellschafters S2 in zwei Anteile zu je 17,5 % des Stammkapitals vorsieht, zugleich eine gem. § 46 Nr. 4 GmbHG zulässige Zusammenlegung seiner bisherigen Geschäftsanteile in Verbindung mit der anschließende Teilung des so entstandenen Geschäftsanteils beinhaltet, weil die Gesellschafter offenbar vom Fortbestand von lediglich zwei Geschäftsanteilen und der gleichzeitig genehmigten Abtretung eines der beiden Anteile an Frau y ausgegangen sind. Auf dieser Grundlage bestehen aber weiterhin 10 selbständige Geschäftsanteile. Sofern die Gesellschafter nicht vorab eine Zusammenlegung beschließen, muss der Kapitalerhöhungsbeschluss eine Regelung dazu enthalten, ob und wie sich die Aufstockung des Nennbetrages auf jeden einzelnen Geschäftsanteil auswirkt.

Da der Kapitalerhöhungsbeschluss danach im Hinblick auf die Veränderung des Nennbetrages der Geschäftsanteile ohnehin rechnerisch neu dargestellt werden muss, erledigt sich damit zugleich die Beanstandung des Amtsgerichts, die Umrechnung der Nennbeträge der Geschäftsanteile des Herrn S2 und der Frau C seien unrichtig.

Für die ohnehin erst nach dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung registerrechtlich zu behandelnde Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die vorstehenden Ausführungen zur Selbständigkeit der Geschäftsanteile entsprechend zu berücksichtigen sind. Denn es muss für jeden Geschäftsanteil eine gesonderte Eintragung unter einer eigenen Nummer mit den erforderlichen weiteren Angaben nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG angelegt werden.

Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG liegen nicht vor.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

stats