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Wirtschaftsrecht
27.01.2011
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: Individualisierung des Unternehmensgegenstands

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3.11.2010 - I-3 Wx 231/10

Leitsätze

1. Der bei der Eintragung in das Handelsregister anzugebende Gegenstand des Unternehmens ist regelmäßig über allgemeine Angaben (hier: „Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern, soweit der Handel nicht einer besonderen Erlaubnis bedarf") hinaus zu individualisieren.

2. Die Vielfalt beabsichtigter Geschäfte schließt eine Individualisierung des Unternehmensgegenstandes nicht aus, wenn der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise ohne besondere Schwierigkeiten (z. B. als „Handel mit Waren verschiedener Art, insbesondere (...)") hinreichend erkennbar gemacht werden kann.

GmbHG §§ 3 Abs. 1 Nr. 2; 10 Abs. 1 S. 1

Sachverhalt

Der Gesellschaftsvertrag vom 25. Mai 2010 lautet zu Ziffer 2:

„Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von Dienstleistungen im Media- und Marketinggewerbe, Organisation von Events, Eingehen von Vermittlungsgeschäften, die zum direkten oder indirekten Zweck der Gesellschaft beitragen sowie der Handel mit Waren aller Art, soweit der Handel nicht einer besonderen behördlichen Erlaubnis bedarf, die Inbetriebnahme und Wartung von EWeb- und E-Commerce-Auftritten im Internet."

Die Gesellschaft hat unter dem 1.6.2010 eine Anmeldung zum Register mit u. A. diesem Inhalt eingereicht. Unter dem 14.7.2010 beanstandete der Registerrichter u. A., dass der Unternehmensgegenstand zum Teil zu weit gefasst sei („Handel mit Waren aller Art"). Die Gesellschaft trat dem entgegen und machte u. A. geltend, eine weitere Einschränkung des Unternehmensgegenstandes sei nicht möglich. Unter dem 9.8.2010 wies der Registerrichter darauf hin, dass der Unternehmensgegenstand so individualisiert werden müsse, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit hinreichend erkennbar sei. Darauf konkretisierte die Gesellschaft den anzumeldenden Unternehmensgegenstand wie folgt:

„Gegenstand des Unternehmens ist

-              die Erbringung von Dienstleistungen im Media- und Marketinggewerbe,

Organisation von Events, Eingehen von Vermittlungsgeschäften, die zum direkten oder indirekten Zweck der Gesellschaft beitragen,

-              die Erbringung von Consultingdienstleistungen auf dem Gebiet der Beratung und Unterstützung von Kunden bei der Entwicklung Gestaltung und Umsetzung von Strategien,

-              der Handel und Vertrieb von Lizenzrechten sowie alle damit zusammenhängenden Geschäfte, die Inbetriebnahme und Wartung von Web- und E-Commerce-Auftritten im Internet,

-              der Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern, soweit der Handel nicht einer besonderen Erlaubnis bedarf."

Unter dem 27.8.2010 beanstandete der Registerrichter, die unterbliebene Einreichung eines entsprechend geänderter Gesellschaftsvertrages sowie einen - auch nach der Ersetzung der Begriffe „Handel mit Waren aller Art" durch „Verbrauchs- und Konsumgüter ..." nicht hinreichend konkretisierten Unternehmensgegenstand. Die Gesellschaft reichte den geänderten Gesellschaftsvertrag nach, ohne den Unternehmensgegenstand im Sinne der Beanstandung zu ändern. Das AG - Registergericht - wies den Eintragungsantrag unter Hinweis auf die zuvor geäußerten Bedenken zurück. Der dagegen gerichteten Beschwerde der Gesellschaft hat das AG nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Beschwerde blieb in der Sache ohne Erfolg.

Aus den Gründen

II. ... Zutreffend geht das Registergericht davon aus, dass eine ungenügende Individualisierung des Unternehmensgegenstandes ein Eintragungshindernis darstellt und, falls es nach Beanstandung nicht beseitigt wird, zur Zurückweisung der Anmeldung führt.

1. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG (vgl. auch § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG) muss der Gesellschaftsvertrag den Gegenstand des Unternehmens enthalten. Dieser ist bei der Eintragung in das Handelsregister anzugeben, § 10 Abs. 1 S. 1 GmbHG.

Das Ziel der Regelung liegt darin, vor Allem nach außen den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise hinreichend erkennbar zu machen (BGH DB, 1981,466; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 19. Auflage 2010 § 3 Rdz. 7).

Die Angabe muss nach ihrer Zielsetzung für Dritte informativ, also entsprechend individualisiert sein (BGH a.a.O.). Sie muss den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft in groben Zügen erkennen lassen und ihre Zuordnung zu einem Geschäftszweig als Sachbereich des Wirtschaftslebens bzw. eine entsprechende Einordnung im nichtwirtschaftlichen Bereich ermöglichen (Baumbach/Hueck/Fastrich, a. a. O. Rdz. 8).

Leerformeln wie „Betrieb eines Kaufmannsgeschäfts" (KGJ 34, 149), „Handel mit Waren aller Art" (BayObLG NJW-RR 2003, 686), „Produktion und Vertrieb von Waren aller Art" (BayObLG NJW-RR 1995, 31), reichen hierzu nicht aus (Baumbach/Hueck/Fastrich, a. a. O.; Krafka/Willer/Kühn Registerrecht 8. Auflage 2010 Rdz . 928).

Als ausreichende Bezeichnung (Krafka/Willer/Kühn, a. a. O. Rdz. 929) bzw. gerade noch den Anforderungen genügender Grenzfall notwendiger Individualisierung (so Baumbach/Hueck/Fastrich, a. a. O.) mag die vom Senat im Beschluss vom 13.1.1970 - 3 W 331/69 - tolerierte Beschreibung („Verwaltung von Vermögen und Beteiligung an anderen Unternehmen") gelten (NJW 1970, 815).

Die zu verlangende Konkretisierung darf einerseits im Ergebnis nicht auf eine von den Gesellschaftern nicht gewollte Beschränkung der tatsächlich geplanten Unternehmungen hinauslaufen (Senat a. a. O.), anderseits können allgemeinere Angaben wie „Export und Import" allenfalls genügen, wenn tatsächlich eine sinnvollerweise nicht näher konkretisierbare Vielfalt von Geschäften getätigt wird bzw. beabsichtigt ist (vgl. Roth/Altmeppen, GmbGH 6. Auflage 2009 § 3 Rdz. 6 unter Hinweis auf Ulmer Rn 17.).

2. a) Dies vorausgeschickt hat das Amtsgericht zu Recht die Eintragung des Unternehmensgegenstandes „Handel und Vertrieb von Verbrauchs- und Konsumgütern, soweit der Handel nicht einer besonderen Erlaubnis bedarf" ebenso abgelehnt, wie es zuvor den zur Eintragung angemeldeten Unternehmensgegenstand „Handel mit Waren aller Art, soweit der Handel nicht einer besonderen behördlichen Erlaubnis bedarf", beanstandet hat.

b) aa) Hierbei handelt es sich nämlich um nur allgemein gehaltene, fast beliebige Aktivitäten im Handelsverkehr erfassende, Formulierungen. Eine Erkennbarkeit des Tätigkeitsbereichs für Dritte ist hiermit nicht verbunden, wobei sich auch durch die Herausnahme erlaubnispflichtiger Geschäfte (z. B. Börsenhandel, Lotterie, Waffen) eine hinreichende Individualisierung nicht ergibt.

Handel umschreibt den Ankauf von - nicht wesentlich veränderten oder verarbeiteten - Waren verschiedener Hersteller oder Lieferanten, die Beförderung, Bevorratung sowie ihren Verkauf an gewerbliche (Großhandel) oder private Abnehmer (Einzelhandel). Konsumgüter sind sämtliche Güter, die von Endverbrauchern (Konsumenten) konsumiert bzw. verwendet werden (vgl. Wirtschaftslexikon24.net), also Güter, die für den privaten Gebrauch oder Verbrauch hergestellt und gehandelt werden, sei es dass sie verbraucht werden (z.B. Lebensmittel, Benzin) oder allmählicher Entwertung durch Abnutzung unterliegen (z. B. Kfz., Sofa). Verbrauchsgüter gehen im Produktionsprozess unter, sie können nur einmal eingesetzt werden. Zu ihnen gehören Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (vgl. Wirtschaftslexikon24.net).

bb) Diese allgemeinen Angaben sind zur notwendigen Individualisierung des Unternehmensgegenstandes allein allerdings nicht geeignet.

Sie können allenfalls genügen, wenn tatsächlich eine sinnvollerweise nicht näher konkretisierbare Vielfalt von Geschäften getätigt wird bzw. beabsichtigt ist.

Dies ist nicht schon der Darstellung der Gesellschaft, wonach sie Warenbestände aller Art bei unterschiedlichen Bezugsquellen (z. B. Kaufhäusern, die ebenfalls Waren aller Art verkaufen) beziehen und sie dann über eigenen Handel vertreiben werde, wobei es sich sowohl um Restposten, an deren Vertrieb größere Handelshäuser kein Interesse mehr haben, handeln könne als auch um neu gefertigte Waren aller Art, nicht zu entnehmen.

Gleichwohl ist auch in diesem Fall eine Individualisierung des Unternehmensgegenstandes keineswegs ausgeschlossen, sondern ohne besondere Schwierigkeiten, z. B. als „Handel mit Waren verschiedener Art, insbesondere (...)" ,darstellbar (Beispiel bei Krafka/Willer/Kühn ( a. a. O. Rdz. 929), womit dem gesetzlichen Hauptziel (§ § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG ; 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG), nach außen den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise hinreichend erkennbar zu machen (BGH DB, 1981,466; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 19. Auflage 2010 § 3 Rdz. 7), zur Geltung verholfen werden kann und muss.

Hiernach hat der Registerrichter die Eintragung zu Recht abgelehnt und war die hiergegen gerichtet Beschwerde der Gesellschaft zurückzuweisen.

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