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Wirtschaftsrecht
01.09.2016
Wirtschaftsrecht
OLG München: Gebühr für die Eintragung der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift einer KG ohne Sitzverlegung

OLG München, Beschluss vom 9.8.2016 – 31 Wx 94/16

Volltext: BB-Online BBL2016-2114-3

unter www.betriebs-berater.de

Amtlicher Leitsatz

Für die Eintragung einer Änderung der inländischen Geschäftsanschrift einer Kommanditgesellschaft - ohne gleichzeitige Sitzverlegung - im Handelsregister fällt die Gebühr nach Nr. 1504 GV zur HRegGebV an. 

GNotKG § 58, HRegGebV § 1, Nr. 1501, 1504 GV

Sachverhalt

I. Die Beschwerdeführerin (eine Kommanditgesellschaft) beantragte beim Registergericht die Eintragung der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift.

Die Eintragung wurde antragsgemäß am 26.11.2015 vorgenommen. Mit Kostenrechnung vom 26.11.2015 wurde der Beschwerdeführerin dafür eine Kostenrechnung gestellt, in der die Eintragung unter Bezugnahme auf § 58 Abs. 1 GNotKG i. V. m. § 1 HRegGebV i. V. m. Nr. 1501 GV mit 60 € angesetzt wurde.

Dagegen legte die Beschwerdeführerin Erinnerung ein. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei der Änderung einer inländischen Geschäftsanschrift um eine Angelegenheit ohne wirtschaftliche Bedeutung handelt, so dass nur eine Gebühr von 30 € gemäß § 58 Abs. 1 GNotKG i. V. m. § 1 HRegGebV i. V. m. Nr. 1504 GV gerechtfertigt sei. Mit Beschluss vom 3.2.2016 wies das Registergericht die Erinnerung zurück und ließ zugleich die Beschwerde wegen grundsätzlicher

Bedeutung der Frage des Kostenansatzes betreffend die Änderung der Geschäftsanschrift zu. Es ist der Auffassung, dass die im Zuge des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.8.2008, in kraft getreten am 1.11.2008, neugeregelte Eintragung der inländischen Geschäftsanschrift und die Gesetzesbegründung hierzu (vgl. BT-Drs. 16/6140 S. 35/36, 43) die Bedeutung der inländischen Geschäftsanschrift und insofern deren wirtschaftliche Bedeutung belegen. Aus § 105 Abs. 5 GNotKG ließen sich keine gegenteilige Schlüsse ziehen, da die Anmeldung der Geschäftsanschrift als solche keine der in der Gesetzesbegründung aufgezeigten Folgen nach sich ziehe. Außerdem nehme der Notar lediglich eine Unterschriftsbeglaubigung vor. Der Anmeldungsinhalt unterliege rechtlicher Prüfung. Zudem handele es sich insoweit um eine Wertvorschrift, hingegen werden für Handelsregistereintragungen Festgebühren nach der Handelsregisterverordnung erhoben.

Aus den Gründen

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, da sich die zu entscheidende Frage in einer Vielzahl von Einzelfällen stellen wird, so dass die Sache gemäß § 81 Abs. 6 S. 2 GNotKG auf den Senat zur Entscheidung zu übertragen war.

2. Die aufgrund der Zulassung durch das Amtsgericht zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Bei der Änderung einer inländischen Geschäftsanschrift handelt es sich um eine Angelegenheit ohne wirtschaftliche Bedeutung, so dass nur ein Gebührenansatz gemäß Nr. 1504 HRegGebV gerechtfertigt ist.

a) Maßgeblich für den (im Vergleich zu Nr. 1501 HRegGebV reduzierten) Gebührenansatz gemäß Nr. 1504 HRegGebV ist, dass die Eintragung eine Tatsache betrifft, die ohne wirtschaftliche Bedeutung ist.

aa) Die Ausführungen des OLG Karlsruhe betreffend die Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift zur Eintragung im Register durch den Prokuristen sowie des OLG Düsseldorf betreffend die Verhängung eines Zwangsgeldes wegen Nichtanmeldung einer geänderten Geschäftsanschrift für eine UG, legen den Schluss nahe, dass die Änderung der Geschäftsanschrift als solche eine Angelegenheit darstellt, der wirtschaftliche Bedeutung zukommt:

Nach OLG Karlsruhe (NJW-RR 2015, 94/95) sei die im Register geführte Geschäftsanschrift für die Gesellschaft von weitreichender organisatorischer Bedeutung, so dass ihre Anmeldung ein Grundlagengeschäft betrifft. Nach OLG Düsseldorf (NJW-RR 2015, 421) sei die Angabe einer Geschäftsanschrift insofern von Bedeutung, da diese für Dritte - auch online - einsehbar sei und über diese Anschrift wirksam zugestellt werden könne. Damit sei es der Gesellschaft insbesondere nicht möglich, durch die Nichtanmeldung der geänderten Geschäftsanschrift sich dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.

bb) Das OLG Köln (FGPrax 2015, 281) hat für die Eintragung einer Änderung der inländischen Geschäftsanschrift einer GmbH (ohne gleichzeitige Sitzverlegung) den Gebührentatbestand nach Nr. 2502 GV zur HRegGebV als einschlägig angesehen, da es sich hierbei um eine Angelegenheit ohne wirtschaftliche Bedeutung handeln würde. Insofern hat es maßgeblich darauf abgestellt, dass sich aus der Gesetzesbegründung zu § 105 GNotKG (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts - BTDrs. 17/11471 S. 184) ergäbe, dass die Anmeldung der Änderung einer Anschrift einer inländischen Gesellschaft durch den Notar eine Angelegenheit ohne wirtschaftliche Bedeutung darstelle, und diese Wertung auch auf die Gebühren des Registerrechts übertragbar sei.

b) Der Senat teilt die letztgenannte Auffassung, dass die (bloße) Eintragung einer Änderung der inländischen Geschäftsanschrift im Handelsregister eine Tatsache ohne wirtschaftliche Bedeutung darstellt und demgemäß im Falle einer Kommanditgesellschaft die Gebühr nach Nr. 1504 GV zur HRegGebV anfällt.

aa) Der Gesetzgeber hat in § 105 Abs. 5 GNotKG die Anschriftenänderung „für das Unternehmen" als Angelegenheit ohne wirtschaftliche Bedeutung eingeordnet. Nr. 1502 GV zur HRegGebV enthält den Zusatz „für das Unternehmen" jedoch nicht. Dies ließe einen Umkehrschluss als denkbar erscheinen, dass es sich bei der Anmeldung der Anschriftenänderung (als solche) durch das Unternehmen bzw. den Notar um eine Angelegenheit ohne wirtschaftliche Bedeutung handelt, bei der Eintragung der Anmeldung in das Handelsregister jedoch um eine solche mit wirtschaftlicher Bedeutung, weil über das Unternehmen hinaus auch die Allgemeinheit betroffen ist.

Ein solcher Umkehrschluss ist jedoch nicht überzeugend. Es finden sich schon keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber die Anmeldung und Eintragung der Anschriftenänderung gebührenrechtlich unterschiedlich handhaben wollte. Vielmehr spricht der geringe Prüfungs- und Eintragungsaufwand seitens des Registergerichts bei der Anmeldung einer Anschriftenänderung dafür, dass es sich insoweit um eine Angelegenheit ohne wirtschaftliche Bedeutung handelt. Dieser wird mit einer entsprechend herabgesetzten Gebühr Rechnung getragen (Korintenberg/Thamke GNotKG 19. Auflage <2015> § 58 GNotKG Anh. HRegGebV Nr. 2502 GV Rn.

4). Des Weiteren können nach Ansicht des Senats auch die Erwägungen des Gesetzgebers bei der Neuregelung des Kostenrechts berücksichtigt werden. Insoweit ist in der Gesetzesbegründung zu § 105 Abs. 5 GNotKG ausgeführt, „In Folge der Einordnung als Anmeldung ohne wirtschaftliche Bedeutung für das Unternehmen ist die Eintragung einer solchen Änderung auch unzweifelhaft dem Gebührentatbestand der Nummer 2502 in Verbindung mit den Nummern 2500 und 2501 des Gebührenverzeichnisses der Handelsregistergebührenverordnung zuzuordnen." (BTDrs. 17/11471, S. 184). Aus diesen Ausführungen ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die Tätigkeit des Notars (Anmeldung) mit deren Vollzug durch das Registergericht mittels Eintragung gleichgesetzt hat und durch die ausdrückliche Verknüpfung mit der Nummer 2502 als „Tatsache ohne wirtschaftliche Bedeutung" bewertet hat.

bb) Entgegen der Auffassung des Registergerichts kommt der Eintragung der Geschäftsanschrift in das Register nicht bereits deswegen wirtschaftliche Bedeutung zu, weil es nunmehr im Rahmen des MoMiG als eintragungspflichtige Tatsache ausgestaltet wurde und so die Nichtanmeldung mittels Zwangsgeld durchgesetzt werden kann, und die Angabe der Adresse für die Dritte im Rechtsverkehr bedeutsam ist (z. B. Zustellung; Zwangsvollstreckung).

Aus der Eintragungspflicht einer Tatsache folgt im Umkehrschluss noch nicht zwingend deren wirtschaftliche Bedeutung per se, wie gerade die Gebühren in Nr. 1504, Nr. 2502 GV zur HRegGebV belegen. Vielmehr muss bei einer eintragungspflichtigen Tatsache zusätzlich deren wirtschaftliche Bedeutung hinzukommen. Die Ausführungen des Gesetzgebers zu der Aufnahme der Eintragung der Geschäftsanschrift in das Handelsregister rechtfertigen lediglich die Aufnahme der Geschäftsanschrift im Rahmen des MoMiG, nicht aber deren gebührenrechtliche Bewertung. Diese ist autonom durch die jeweiligen Kostengesetze zu bestimmen. Diese ist durch das GNotKG erfolgt.

c) Die Ausführungen des Gesetzgebers im Rahmen der Gesetzesbegründung zu § 105 GNotKG und dessen Verknüpfung mit Nr. 2502 GV zur HRegGebV gelten für Nr. 1504 GV zur HRegGebV in gleicher Weise. Die Nr. 2502 GV zur HRegGebVO und Nr. 1504 GV zur HRegGebV regeln die gleiche eintragungspflichtige Tatsache und unterscheiden sich nur darin, dass sie unterschiedliche Gesellschaftsformen betreffen.

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; § 81 Abs. 8 GNotKG.

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