R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
20.04.2011
Wirtschaftsrecht
OLG München: Einsicht in Geschäftsunterlagen

OLG München, Beschluss vom 12.4.2011 - 31 Wx 189/10

Leitsatz

Ein wichtiger Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn die Gesellschaft grundsätzlich zur Gewährung der Einsicht in die Bücher und Papiere bereit ist, jedoch vorab die Benennung der Person des Einsichtsnehmenden wie auch derjenigen Unterlagen fordert, die Gegenstand der Einsicht sein sollen, und dabei eine Beeinträchtigung schützenswerter Interessen des Inhabers des Kontrollrechts (hier: Treugeber einer Publikums-KG) nicht ersichtlich ist.

sachverhalt

I. Der Antragsteller ist Treugeberkommanditist der Antragsgegnerin zu 1, einer Publikums-KG. Die Antragsgegnerin zu 2 ist Komplementärin der Antragsgegnerin zu 1.

Nach § 9 des Gesellschaftsvertrages haben die Gesellschafter und Treugeber über das Kontrollrecht des § 166 HGB hinaus das Recht, die Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft durch einen Angehörigen der steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Berufe bzw. einer entsprechenden Gesellschaft auf eigene Kosten einsehen zu lassen.

Mit Schriftsatz vom 26.4.2010 hat der Antragsteller folgenden Antrag gestellt:

"Die Antragsgegner werden verpflichtet, dem Antragsteller Einsicht in die Handelsbücher und Papiere der (...) AG & CO (...) KG (= Beteiligte zu 1), der (...) AG (= Beteiligten zu 2) und der A. und B. Immobilien GbR zur Prüfung der Jahresabschlüsse 2007 und 2008 zu gewähren und diese Bücher und Papiere zur Einsicht vorzulegen. Dem Antragsteller ist es dabei gestattet, sich durch einen Angehörigen der steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Berufe vertreten zu lassen."

Nach Auffassung des Antragstellers stellt die A. und B. Immobilien GbR ein verbundenes Unternehmen der Antragsgegnerin zu 1 dar, so dass sich ihr Einsichtsrecht auch auf diese Gesellschaft beziehe. Der Antragsgegnerin zu 1 erklärte sich grundsätzlich mit der Gewährung des Einsichtsrechts in die Unterlagen und Bücher der Antragsgegnerin zu 1 bereit, forderte aber den Antragsteller dazu auf, vorab die Person, die für ihn das Einsichtsrecht wahrnimmt, wie auch die Unterlagen, die er zur Verifizierung der Jahresabschlüsse benötige, zu benennen. Der Antragsteller ist hingegen der Auffassung, dass ihm dadurch das Einsichtsrecht im Sinne des § 166 Abs. 1 HGB verweigert worden sei. Er trägt des Weiteren vor, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerinnen im hiesigen Verfahren zugleich Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH ist, die nach Prospektangaben sowohl Treuhänderin als auch Mittelverwendungskontrolleurin der Fondsgesellschaft ist; es erscheine daher zweifelhaft, ob er die Interessen der Anleger wahre. Auch dies belege die Voraussetzungen für den Erlass einer gerichtlichen Anordnung nach § 166 Abs. 3 HGB.

Mit Beschluss vom 3.8.2010 wies das Registergericht den Antrag auf Erlass einer gerichtlichen Anordnung zurück, da allein die Verweigerung eines Einsichtsrechts nach § 166 Abs. 1 HGB keinen wichtigen Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB darstelle. Voraussetzung sei vielmehr die Darlegung einer Gefährdung von mitgliedschaftlichen Interessen, eine solche läge jedoch nicht vor. Der hiergegen eingelegten Beschwerde des Antragstellers hat das Registergericht nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

aus den gründen

II. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Dem Antragsteller steht ein außerordentliches Einsichtsrecht nach § 166 Abs. 3 HGB nicht zu.

1. Nach §166 Abs. 3 HGB kann das Gericht auf Antrag eines Kommanditisten die Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere anordnen, wenn wichtige Gründe dafür vorliegen. Das Kontrollrecht des Kommanditisten tritt dabei neben sein Informationsrecht nach § 166 Abs. 1 HGB (Baumbach/Hopt HGB 34. Aufl. § 166 Rn. 8). § 166 Abs. 3 HGB ist auch maßgebend, soweit es um die Kontrollrechte des Kommanditisten in einer kapitalistisch strukturierten GmbH Co. KG geht (OLG München ZIP 2008, 2017/2018 m.w.N.; OLG München NJW-RR 2009, 910). Diese Grundsätze finden auch dann Anwendung, wenn eine AG Komplementärin der KG ist.

Ein wichtiger Grund im Sinne von § 166 Abs. 3 HGB liegt vor, wenn das Informationsrecht des Kommanditisten aus § 166 Abs. 1 HGB nicht für eine sachgemäße Ausübung der Mitgliedschaftsrechte ausreicht und wegen Gefährdung der Interessen des Kommanditisten eine Regelung getroffen werden muss (BayObLG NZG 2003, 25/26 m.w.N.). Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung konkreter Umstände, aus denen sich Erforderlichkeit und Bedeutung der beantragten, über den Rahmen des § 166 Abs. 1 HGB hinausgehenden Information ergeben (OLG München NJW-RR 2009, 910). Solche Umstände hat der Antragsteller nicht dargetan.

a) Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt ein wichtiger Grund nicht deswegen vor, weil die Antragsgegnerin zu 1 keine Einsicht in die Bücher und Papiere für zwei aufeinanderfolgende Jahresabschlüsse (Kalenderjahre 2007 und 2008) gewährt hat. Es erscheint bereits fraglich, ob solch ein Fall per se bereits einen wichtigen Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 darstellen kann (bejahend: Ensthaler/Fahse HGB <2007> § 166 Rn. 32; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Weipert HGB <2008> § 166 Rn. 41; Baumbach/Hopt/Hopt HGB <2010> § 166 Rn. 9: in der Regel; verneinend: MüKo/HGB/Grunewald <2007> § 166 Rn. 32; Röhricht/ von Westphalen/ von Gerkan/ Haas a.a.O. § 166 Rn. 20; Schlegelberger/Martens HGB <1986> § 166 Rn. 26; offenlassend: BayObLG NJW-RR 1991, 1444: regelmäßig). Diese Frage muss auch vorliegend nicht abschließend entschieden werden, da ihr keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt. Denn entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die Antragsgegnerin zu 1 weder eine solche Einsichtnahme verhindert noch verzögert. Im Gegenteil: sie hat sich vielmehr grundsätzlich dazu bereiterklärt. Die Aufforderung der Antragsgegnerin zur vorherigen Benennung der Person, die das Einsichtsrecht des Antragstellers wahrnimmt, wie auch der Unterlagen, die Gegenstand der Einsicht sein sollen, ist hierbei nicht schädlich. Eine solche Benennung dient der organisatorischen Umsetzung des auch von der Antragsgegnerin zu 1 nicht in Abrede gestellten Einsichtsrechts des Antragstellers. Durch eine solche Verfahrensweise wird die organisatorische wie auch zeitliche Belastung der Gesellschaft, die eine solche Einsichtnahme im Sinne des § 166 Abs. 1 HGB mit sich bringt, in Grenzen gehalten. Zugleich dient sie einer zügigen Umsetzung des Einsichtsrechts des Antragstellers vor Ort und ist daher auch zu dessen Nutzen. Dass eine solche vorherige Benennung der Person oder der Unterlagen, in die Einsicht genommen werden soll, schützenswerte Interessen des Antragstellers beeinträchtigt oder sein Einsichtsrecht unzumutbar erschwert oder verhindert, ist weder hinreichend vorgetragen noch sind Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Weshalb der Antragsteller dennoch nicht gewillt ist, die Person des Einsichtnehmenden der Gesellschaft vorab zu nennen, erschließt sich daher dem Senat nicht.

b) Auch liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB nicht bereits in der von dem Antragsteller geschilderten Personenidentität des Verfahrensbevollmächtigten. Hinreichende Tatsachen, die aufgrund dieser Personenidentität eine konkrete Gefährdung seiner Interessen belegen, wurden vom Antragsteller darüber hinaus nicht dargelegt. Insofern erschöpft sich sein Sachvortrag in der Schilderung einer abstrakten Gefährdungslage. Ein solche ist jedoch für das außerordentliche Informationsrecht im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB nicht ausreichend.

2. Es erscheint angemessen, dass der Beschwerdeführer die durch sein erfolgloses Rechtsmittel verursachten Kosten erstattet (§ 84 FamFG). Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO. Den Geschäftswert hat der Senat auf 10.000 € festgesetzt.

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 70 FamFG).

stats