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Wirtschaftsrecht
01.12.2016
Wirtschaftsrecht
OLG Köln: : Befreiung der GmbH-Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB durch Gesellschaftsvertrag – keine Erstreckung auf Liquidatoren

OLG Köln, Beschluss vom 21.9.2016 – 2 Wx 377/16

Volltext: BB-ONLINE BBL2016-2963-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsatz

Die gesellschaftsvertragliche Regelung über die Befreiung der GmbH-Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB lässt sich nicht auf den (geborenen) Liquidator erstrecken. Die Regelungen des Gesellschaftsvertrages hinsichtlich der Geschäftsführung lassen sich auch dann nicht auf die Liquidation übertragen, wenn die bisherigen Geschäftsführer als geborene Liquidatoren tätig werden.

Sachverhalt

Am 23.5.2016 fasste der alleinige Gesellschafter der Antragstellerin, Herr Dr. K. einen „Gesellschafterbeschluss“, der auszugsweise folgenden Inhalt hatte:

„…. beschließt die Gesellschafterversammlung einstimmig, die Gesellschaft zum 30. Juni 2016 aufzulösen. Zum alleinvertretungsberechtigten Liquidator wird der bisherige Geschäftsführer J. K. bestellt. Er ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. …“

In dem Gesellschaftsvertrag vom 24.1.2006 ist unter § 5 (Geschäftsführung und Vertretung) bestimmt, dass durch Gesellschafterbeschluss allen oder einzelnen Geschäftsführern die alleinige Vertretungsbefugnis übertragen werden und ferner allen oder einzelnen Geschäftsführern Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden kann.

Mit Antrag vom 13.6.2016 ist die Auflösung der Gesellschaft, die Abberufung des Geschäftsführers und die Bestellung des Liquidators nebst Vertretungsregelung zur Eintragung in das Handelsregister beim AG Aachen angemeldet worden. Beigefügt war der Gesellschafterbeschluss vom 23.5.2016. Mit Schreiben vom 15.6.2016 hat das Registergericht darauf hingewiesen, dass im Gesellschaftsvertrag die ausdrückliche Befreiungsmöglichkeit des Liquidators gemäß § 181 BGB ebenso wenig wie die entsprechende Ermächtigung der/des Gesellschafter(s) zur Befreiung durch Beschlussfassung enthalten sei. Die Antragstellerin hat ihren Antrag mit Schriftsatz vom 24.6.2016 unter Berufung auf das OLG Zweibrücken (Beschluss v. 6.7.2011 – 3 W 62/11) aufrechterhalten bzw. dahingehend klargestellt, dass beantragt worden ist,

„Zur Vertretungsberechtigung wird angemeldet:

Der Liquidator, Herr Steuerberater J. K., ist stets einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.“

Der Rechtspfleger des Registergerichts hat den Antrag vom 13.6.2016 in der Fassung vom 24.6.2016 mit Beschluss vom 25.8.2016 zurückgewiesen. Der gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde hat der Rechtspfleger nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt.   Gegen diesen am 31.8.2016 zugestellten Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtige der Antragstellerin mit am 6.9.2016 beim Registergericht eingegangenem Schriftsatz vom 4.9.2016 Beschwerde eingelegt. Die statthafte Beschwerde hatte in der Sache keinen Erfolg.

Aus den Gründen

II. … Der Eintragungsantrag ist unbegründet; die beantragte Eintragung der Befreiung des Liquidators von den Beschränkungen des § 181 BGB auf der Grundlage des Antrages vom 13.6./24.6.2016 kann nicht erfolgen.

Die Frage, ob die satzungsmäßige Ermächtigung der Gesellschafter, den oder die Geschäftsführer von diesen Beschränkungen zu befreien, in dem Sinne ausgelegt werden kann, dass sie auch als Ermächtigung ausreicht, den oder die Liquidatoren durch Gesellschafterbeschluss von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, wird zwar nicht einheitlich beantwortet.

Soweit sich die Antragstellerin auf dem Beschluss des OLG Zweibrücken vom 6.7.2011 (3 W 62/11) beruft, trifft es zu, dass das OLG Zweibrücken mit dem vorgenannten Beschluss davon ausgegangen ist, die vorgenannte Frage sei zu bejahen. Zur Begründung hat das OLG Zweibrücken ausgeführt, dass nach Sinn und Zweck einer Satzungsbestimmung, die der Gesellschafterversammlung die Möglichkeit eröffnet, die Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, regelmäßig davon auszugehen sei, dass sich diese Ermächtigung auf die gesetzlichen Vertreter schlechthin und damit auch auf die Liquidatoren beziehen soll, zumal die Gesellschafter bei ihrer erforderlichen Beschlussfassung die durch die Liquidation veränderte Sach-und Interessenlage berücksichtigen könnten (so auch: Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 68 Rn. 4). Eine andere Auslegung sei deshalb nur dann geboten, wenn die Satzung eine Erstreckung auf die Liquidatoren ersichtlich ausschließen wolle (vgl. OLG Zweibrücken a.a.O.). Dafür ergeben sich auch im vorliegenden Fall nach Wortlaut und Regelungszusammenhang des Gesellschaftsvertrages keine Anhaltspunkte.

Der BGH hat jedoch mit Urteil vom 27.10.2008 (II ZR 255/07 [BB-Entscheidungsreport Kern, BB 2009, 127]) ausgesprochen, dass mit der Liquidation jede gesellschaftsvertragliche Vertretungsregelung, auch eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB endet (vgl. auch Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 68 Rn. 5; Baumbach/Hueck, GmbHG, 20 Aufl. 2013, § 68 Rn. 4). Eine Vermutung der Fortgeltung sei nicht gerechtfertigt, weil sich durch die Auflösung der Gesellschaft der Gesellschaftszweck geändert habe und nach Beendigung der Geschäftstätigkeit für die Gesellschafter nicht mehr die jederzeitige Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Vordergrund stehe, sondern der Schutz der Gesellschaft, ihrer Gläubiger und/oder der der Mitgesellschafter höher zu bewerten sei (vgl. BGH a.a.O.).

Dementsprechend hat das OLG Frankfurt in seinem Beschluss vom 13.10.2011 (20 W 95 / 11) zunächst einen Gesellschafterbeschluss erfordert, mit dem die Satzung entsprechend abgeändert werde. Mit dem Auflösungsbeschluss der Gesellschafter trete nämlich eine derartige Zäsur in der Ausrichtung der Gesellschaft ein, dass neue Regelungen auch zur organschaftlichen Stellung ihrer gesetzlichen Vertreter erforderlich seien; so hätten die Liquidatoren darauf hinzuarbeiten, dass die Gesellschaft durch die Liquidation ihres Vermögens ihr rechtliches Ende finde, d. h. laufende Geschäfte zu beendigen, Verpflichtung zu erfüllen, Forderungen einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen. Daher müsse dem Liquidator entweder eine direkte satzungsmäßige generelle Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden, oder es müsse eine abstrakte generelle Befreiungsmöglichkeit von diesen Beschränkungen in der Satzung geschaffen werden, die erst dann wiederum Grundlage einer Befreiung durch einen nachfolgenden einfachen Gesellschafterbeschluss sein könne (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; s. a. OLG Hamm, Beschluss v. 6.7.2010, 15 Wx 281/09).

Dem schließt sich auch der Senat an.

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