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Wirtschaftsrecht
24.08.2017
Wirtschaftsrecht
OLG München: Beendigung einer Einpersonen-Vor-AG – Vorstandsdienstvertrag mit einem Dritten

OLG München, Urteil vom 8.8.2017 – 7 U 2663/16

Volltext: BB-ONLINE BBL2017-2003-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze

1. Die Einpersonen-Vor-AG endet, wenn der Gründer seinen Gründungswillen endgültig aufgibt. Aus Gründen der Klarheit der Vermögenszuordnung ist die endgültige Aufgabe des Gründungswillens jedoch kein reines Internum. Vielmehr bedarf es für die Beendigung der Vor-AG eines (nicht notwendig rechtsgeschäftlichen) nach außen erkennbaren Anknüpfungspunktes für die Aufgabe des Gründungswillens.

2. In diesem Fall geht das Vermögen der Einpersonen-Vor-AG ipso iure auf den Gründer über, ohne dass es einer Liquidation bedürfte. Aus einem bereits abgeschlossenen Vorstandsdienstvertrag mit einem Dritten ist daher der Gründer berechtigt und verpflichtet.

3. Je nach den Umständen des Falles kann aber eine Anpassung der Laufzeit des Vorstandsdienstvertrages nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen.

AktG § 41. BGB § 313

Sachverhalt-

A. Der Kläger macht gegen den Beklagten Ansprüche auf Vergütung bzw. Schadensersatz aus einem Vorstandsdienstvertrag geltend.

Die Parteien sind Rechtsanwälte. Der Beklagte betreibt und betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum seine Kanzlei in der Rechtsform einer GmbH unter der Firma „L. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH“. Die Parteien kamen ursprünglich über eine Stellenanzeige für die GmbH in Kontakt. In der Folgezeit entwickelten sie das Projekt einer Rechtsanwalts-Aktiengesellschaft mit dem Beklagten als alleinigem Gründer und dem Kläger als alleinigem Vorstand.

Am 21.7.2014 trafen sich die Parteien und die als Aufsichtsräte vorgesehenen Herren Gschöderer und Foidl in den Räumen des Notariats Dr. S, in München. Der Beklagte erklärte zur Urkunde des Notars die Gründung der L. Rechtsanwälte Aktiengesellschaft (Anlage K 4). Die Satzung der Aktiengesellschaft (Anlage K 7) wurde als Anlage zur Gründungsurkunde genommen. Ferner bestellte der Beklagte den ersten Aufsichtsrat der Gesellschaft, bestehend aus sich selbst als Vorsitzenden sowie den Herren G. und F. Der Aufsichtsrat bestellte sodann den Kläger zum ersten Vorstand der Gesellschaft auf die Dauer eines Jahres.

Am selben Tag unterzeichneten der Kläger sowie die drei Mitglieder des Aufsichtsrats in den Räumen des Notariats den als Anlage K 30 vorgelegten Vorstandsdienstvertrag mit der Laufzeit von 1.7.2014 bis zum 30.6.2015. Die Gesellschaft wird darin als „L. Rechtsanwaltsaktiengesellschaft“ bezeichnet. Ob die Unterzeichnung dieses Dienstvertrages kurz vor oder kurz nach der Unterzeichnung der Gründungsurkunde erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig. In der Folgezeit kam es zur Unterzeichnung eines weiteren Vorstandsdienstvertrages (Anlage K 5), der bis auf die Bezeichnung der Gesellschaft als „L. Rechtsanwälte Aktiengesellschaft“ mit dem Vertrag vom 21.7.2014 inhaltsgleich ist und der vom Kläger und vom Beklagten am 29.7.2014, vom Aufsichtsratsmitglied G. am 1.8.2014 und vom Aufsichtsratsmitglied F. am 22.8.2014 unterschrieben wurde.

Eine Einzahlung des Beklagten auf das Grundkapital der Aktiengesellschaft erfolgte nicht. Zu einer Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister kam es nicht. Der Kläger hat keine Zahlungen auf die vereinbarte Vorstandsvergütung erhalten.

Mit Schreiben vom 14.11.2014 (Anlage K 18) bzw. 2.2.2015 (Anlage K 26) kündigte Rechtsanwältin K. namens des Beklagten den Vorstandsdienstvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (14.11.2014) bzw. wegen behaupteter verbotener Konkurrenztätigkeit des Klägers (2.2.2015). Die Voraussetzungen einer formalen Wirksamkeit dieser Kündigungen (Zugang, Vollmacht) sind zwischen den Parteien streitig. Am 4.2.2015 (Anlage B 5 = K 28) kündigte der Kläger seinerseits das Dienstverhältnis wegen Nichtzahlung der vereinbarten Vergütung.

Der Kläger hat beantragt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 53.719,26 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz per anno aus 7.470,89 € seit 1.8.2014, aus weiteren 7.470,89 € seit 1.9.2014, aus weiteren 7.470,89 € seit 1.10.2014, aus weiteren 7.470,89 € seit 1.11.2014, aus weiteren 7.470,89 € seit 1.12.2014, aus weiteren 7.470,89 € seit 1.1.2015, aus weiteren 7.470,89 € seit 1.2.2014 sowie aus weiteren 1,324,03 € seit 5.2.2015 zu bezahlen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.931,42 € zuzüglich Zinsen in Höhe vom 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz per anno aus 6.047,86 € seit 1.3.2015, sowie aus weiteren 7.470,89 € seit 1.4.2014, aus weiteren 7.470,89 € seit 1.5.2015, aus weiteren 7.470,89 € seit 1.6.2015 sowie aus weiteren 7.470,89 € seit 1.7.2014 zu bezahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten vom 11.11.2014 den Dienstvertrag vom 29.7./22.8.2014 nicht beendet hat.

IV. Es wird festgestellt, dass die Kündigung des Beklagten vom 2.2.2015 den Dienstvertrag vom 29.7./22.8.2014 nicht beendet hat.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat den Zahlungsanträgen des Klägers stattgegeben und seine Feststellungsanträge (mangels Feststellungsinteresses) abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Der Kläger nimmt die Abweisung der Feststellungsanträge hin. Mit seiner zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung auch der klägerischen Zahlungsanträge. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

 

Aus den Gründen

B. Die Berufung hat zum Teil Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die vereinbarte Vergütung aus dem Vorstandsdienstvertrag vom 21.7.2014 zu bezahlen. Die Laufzeit des Vertrages bedarf jedoch der Anpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, so dass im Ergebnis die Vergütung vom Vertragsbeginn am 1.7.2014 bis einschließlich Dezember 2014 als geschuldet anzusehen ist.

I. Der Vorstandsdienstvertrag vom 21.7.2014 kam wirksam zwischen dem Kläger und der L. Rechtsanwälte Aktiengesellschaft in Gründung zustande.

1. Mit der notariellen Beurkundung der Gründung der L. Rechtsanwälte Aktiengesellschaft am 21.7.2014 kam eine sog. Vor-AG zustande (vgl. Heidinger, in: Spindler / Sitz, AktG, 3. Aufl., § 41 Rz. 25 ff; Drygala, in: Schmidt / Lutter, AktG, § 41 Rz. 4 f.; Körber, in: Bürgers / Körber, AktG, 4. Aufl., § 41 Rz. 5; Hüffer / Koch, AktG, 12. Aufl., § 41 Rz. 4). Es handelt sich um eine juristische Person eigener Art, die - nach allgemeiner Ansicht jedenfalls für mit der Gründung zusammenhängende Rechtsgeschäfte - rechtsfähig ist und insoweit durch ihre (aktienrechtlichen) Organe, also Vorstand und Aufsichtsrat vertreten wird (vgl. Z.B. Heidinger, a.a.O Rz. 27, 55; Drygala, a.a.O. Rz. 6; Körber a.a.O. Rz. 11). Die Tatsache, dass es sich um eine Einpersonengründung handelte, rechtfertigt keine andere Beurteilung (vgl. die Nachweise bei Hüffer / Koch, a.a.O. Rz,17 a ff.).

Die Vor-AG konnte einen Vorstandsdienstvertrag mit dem Kläger schließen (vgl. BGH, Urteil vom 14.6.2004 - II ZR 47/02, zitiert nach juris, dort Rz.7 ff.). Dies gilt auch dann, wenn man ihr nur (Teil-)Rechtsfähigkeit für Gründungsgeschäfte zubilligen wollte. Denn ein Vorstandsdienstvertrag fällt nach Auffassung des Senats in diese Kategorie. Dies ergibt sich aus Folgendem.

Um zur Aktiengesellschaft zu erstarken, bedarf die Vor-AG der Eintragung ins Handelsregister (§ 41 Abs. 1 S. 1 AktG). Hierzu bedarf es der Anmeldung der Gesellschaft, bei welcher der Vorstand mitzuwirken hat (§ 36 Abs. 1 AktG). Der organschaftliche Akt der Bestellung eines Vorstandes ist daher in der Gründungsphase nicht nur möglich, sondern sogar zwingend erforderlich (vgl auch § 30 Abs. 4 AktG). Da dem somit erforderlichen Vorstand nicht angesonnen werden kann, ohne Regelung seines Dienstverhältnisses zur Gesellschaft tätig zu werden (so auch BGH, Urteil vom 14.6.2004, a.a.O. Rz. 12), fällt damit auch der Abschluss eines Vorstandsdienstvertrages in den Kreis der im Gründungsstadium möglichen Rechtsgeschäfte einer Vor-AG.

2. Der Vorstandsdienstvertrag vom 21.7.2014 kam zwischen dem Kläger und der Vor-AG wirksam zustande.

a) Die Vor-AG wird - wie die spätere Aktiengesellschaft - gegenüber dem Vorstand nach § 112 AktG durch den Aufsichtsrat vertreten (vgl. auch BGH, Urteil vom 14.6.2004, a.a.O.  Rz. 8). Der Vorstandsdienstvertrag wurde von allen drei Aufsichtsratsmitgliedern einschließlich des Beklagten unterschrieben.

Zu Unrecht wendet der Beklagte ein, dass es an einer wirksamen Einberufung des Aufsichtsrats und an einer wirksamen Beschlussfassung gefehlt habe. Die Unterschriften unter den Vorstandsdienstvertrag erfolgten in den Räumen des Notariats in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Gründungsakt und der ersten Aufsichtsratsbestellung. Zu diesem Zweck waren der Kläger als potentieller Vorstand, der Beklagte als Gründer und potentieller Aufsichtsratsvorsitzender und die weiteren potentiellen Aufsichtsratsmitglieder F. und G. zusammen gekommen, um die mit der Gründung zusammenhängenden Angelegenheiten (Beurkundung, Aufsichtsratsbestellung, Vorstandsbestellung, Vorstandsdienstvertrag) zu erledigen. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für eine leere und auch durch die Formenstrenge des Aktienrechts nicht gebotene Förmelei, wenn für die Bestellung des Vorstandes und den Abschluss des Vorstandsdienstvertrages noch eine förmliche Einberufung des Aufsichtsrats (§ 110 AktG) und ein förmlich protokollierte Beschluss (§ 108 AktG) gefordert würde.

b) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht offen gelassen, ob der Vorstandsdienstvertrag kurz vor oder kurz nach der Beurkundung der Aktiengesellschaft unterschrieben wurde. Nach Auffassung des Senats stellen sich beide Akte als einheitliches Geschehen im Rahmen des Gründungsvorgangs dar und sind daher aus rechtlicher Sicht zeitgleich erfolgt. Es entspräche weder dem Willen der Beteiligten noch wäre es aus Gründen der Rechtsklarheit erforderlich, die Wirksamkeit des Vorstandsdienstvertrages von der Zufälligkeit abhängig zu machen, welches der beiden Dokumente (Gründungsakt, Vorstandsdienstvertrag) kurz vor dem anderen unterschrieben wurde.

c) Der Wirksamkeit des Vertrages steht nicht entgegen, dass er auf eine L. Rechtsanwaltsaktiengesellschaft lautet, während sich die Gründungsurkunde auf eine L. Rechtsanwälte Aktiengesellschaft bezieht. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Vertragschließenden den Vertrag zwischen dem Kläger und der an diesem Tag gegründeten Gesellschaft zustande bringen wollten: falsa demonstratio non nocet.

3. Auf den erneut mit dem selben Inhalt, aber nunmehr unter der richtigen Firma L. Rechtsanwälte Aktiengesellschaft geschlossenen Vorstandsdienstvertrag vom 29.7./1.8./22.8.2014 kommt es somit nicht an. Aber auch dieser wäre wirksam.

a) Der Vertrag trägt die Unterschriften des Klägers und aller drei Aufsichtsratsmitglieder. Da die Satzung der Gesellschaft in § 16 Abs. 1 S. 2 die schriftliche Beschlussfassung im Umlaufverfahren vorsieht, konnte der Vertrag auch auf diese Weise geschlossen werden.

b) Unzutreffend ist der Einwand des Beklagten, dass bei der Unterschrift des letzten Aufsichtsratsmitglieds am 22.8.2014 die Vor-AG nicht mehr bestand und folglich auch nicht wirksam vertreten werden konnte.

Eine Vor-AG kann auf zwei Arten enden. Mit Eintragung ins Handelsregister endet sie als solche und erstarkt zur Aktiengesellschaft (vgl. z.B. Heidinger, a.a.O. Rz. 23). Sie endet aber auch mit endgültigem Scheitern der Eintragung, weil dann ihr Zweck nicht mehr erreicht werden kann (Heidinger, a.a.O. Rz, 41; im Ergebnis ebenso, aber mit anderer Begründung Pentz, in Münchener Kommentar zum AktG, § 41 Rz. 41). Neben dem Fall der bestandskräftigen Ablehnung der Eintragung (vgl. z.B. Pentz, a.a.O.) ist dies anzunehmen, wenn der oder die Gründer ihren Gründungs- bzw. Eintragungswillen endgültig aufgeben (Heidinger, a.a.O. Rz. 41; Körbers, a.a.O. Rz. 44).

Diese endgültige Aufgabe des Gründungswillens ist jedoch bei der Einpersonen-AG ein reines Internum, welches aus Gründen der Klarheit der Vermögenszuordnung eines in irgend einer Form (nicht notwendig rechtsgeschäftlich) nach außen zu Tage tretenden Anknüpfungspunktes bedarf, um die Rechtsfolge der Beendigung der Vor-AG auszulösen. Einen solchen Anknüpfungspunkt sieht der Senat erst im Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 27.8.2014 (Anlage K 10). In welchem der Beklagte die Aufgabe des Eintragungswillens kundtut. Noch im Schreiben vom 20.8.2014 (Anlage K 6) hat der Beklagte zwar erwogen, das Projekt zu stoppen, war hierzu aber noch nicht endgültig entschlossen, wie sich daraus ergibt, dass er den Kläger aufforderte, seine Arbeit aufzunehmen, anderenfalls er sich um Ersatz kümmern werde. Auch aus dem Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 26.8.2014 (Anlage K 11) ergibt sich keine endgültige Aufgabe des Gründungswillens, weil dort zwar einerseits vom Entschluss, das Projekt zu stoppen, die Rede ist, andererseits aber „eine Lösung am runden Tisch“ gesucht werden sollte. Auf der Basis des vorliegenden Prozessstoffes ist daher davon auszugehen, dass die Vor-AG am 22.8. noch existierte und verpflichtet werden konnte.

II. Die Vor-AG endete wie dargestellt am 27.8.2014 durch (nach außen dokumentierte) Aufgabe des Eintragungswillens seitens des Beklagten als Alleingründer. Damit fiel das Vermögen der Vor-AG ipso iure dem Beklagten als alleinigem Gründer an, ohne dass es eines Liquidationsaktes bedurft hätte (MünchKomm / Pentz, a.a.O. Rz. 81; im Ergebnis ebenso Heidinger, a.a.O. Rz. 127; Körber, a.a.O. Rz. 44; Hüffer / Koch, a.a.O., rz. 17 d). Das hat zur Folge, dass ab dem 27.8.2014 der Beklagte aus dem Vorstandsdienstvertrag berechtigt und verpflichtet war, also dem Kläger die vereinbarte Vergütung schuldete.

Dass der Kläger in der Folgezeit keine Vorstandsdienste leistete und dies auch nicht konnte, da die Gesellschaft, zu deren Vorstand er bestellt war, nicht mehr existierte, ändert nach dem Rechtsgedanken des § 615 BGB an seinem grundsätzlich bestehenden Vergütungsanspruch nichts. Unmöglichkeit im Rechtssinne (§§ 275, 326 BGB) liegt nicht vor. Der Kläger hätte seinem nunmehrigen Vertragspartner, also dem Beklagten Dienste leisten können. Insoweit ist die Lage nicht substantiell anders als bei einem wirksam als Organ abberufenen Vorstand (vgl. § 80 Abs. 3 S. 5 AktG). Als Reaktion auf das Scheitern der Gründung kommt nur eine Anpassung der Vertragslaufzeit nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht (dazu unten IV.).

III. Die von Rechtsanwältin K. namens des Beklagten ausgesprochenen Kündigungen des Vorstandsdienstvertrages vom 4.11.2014 bzw. 2.2.2015 gingen mangels Kündigungsgrundes ins Leere. Auf die Frage der formellen Wirksamkeit dieser Kündigungen kommt es daher nicht an.

1. Die Kündigung vom 4.11.2014 wurde auf § 313 BGB gestützt. Hiernach ist eine Kündigung aber nur als ultima ratio möglich, wenn eine Vertragsanpassung ausscheidet (§ 313 Abs. 3 S. 1, 2 BGB). Vorliegend kommt jedoch eine Vertragsanpassung in Form einer zeitlichen Anpassung des befristeten Dienstverhältnisses in Betracht (dazu unten IV.).

2. Die Kündigung vom 2.2.2015 wurde auf § 626 BGB wegen Konkurrenztätigkeit des Klägers gestützt. Zwar enthält § 8 Abs. 1 des Vorstandsdienstvertrages ein Wettbewerbsverbot. Nach den Feststellungen im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils nahm der Kläger eine selbständige anwaltliche Tätigkeit erst nach seiner eigenen Kündigung im Februar 2015 auf. Zu dieser Zeit war eine Konkurrenz zur Vor-AG nicht mehr möglich, da diese nicht mehr existierte. Da der Vertrag nunmehr zwischen dem Kläger und dem Beklagten bestand, war dem Kläger also verboten, dem Beklagten Konkurrenz zu machen. Dies war schon deshalb unmöglich, weil der Beklagte als natürliche Person nicht als selbständiger Rechtsanwalt tätig ist (sondern nur als Geschäftsführer der Leipold Rechtsanwälte GmbH). Gegenüber der GmbH als eigenständiger Rechtspersönlichkeit enthält der Vorstandsdienstvertrag kein Konkurrenzverbot.

Im übrigen ging die Kündigung vom 2.2.2015 nach den Ausführungen sogleich unter IV. auch aus zeitlichen Gründen ins Leere.

IV,  Der Vertrag zwischen den Parteien endete nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage am 31.12.2014.

1. Die Vetragschließenden gingen bei Vertragsschluss davon aus, dass die Aktiengesellschaft durch Eintragung ins Handelsregister entstehen oder zumindest die Vorgesellschaft fortbestehen würde. Denn ansonsten hätte der Abschluss des Vorstandsdienstvertrages keinen Sinn gemacht. Mit dem Ende der Vor-AG haben sich damit die dem Vertrag zugrunde gelegten Umstände schwerwiegend geändert und ist damit die Geschäftsgrundlage für den Vorstandsdienstvertrag im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB entfallen.

2. Das Risiko des Scheiterns der Gründung fiel dabei in die Risikosphäre beider Parteien.

a) Naturgemäß war es dem Beklagten als alleinigem Gründer unbenommen, das Projekt nach seinem Belieben zu stornieren, allerdings nur um den Preis der Tatsache, dass er aus bereits eingegangenen Verbindlichkeiten der Vor-AG nunmehr selbst verpflichtet war.

Keine Rolle spielen in diesem Zusammenhang die vom Beklagten gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe. Der Kläger war als Vorstand verpflichtet, vom Beklagten die Einzahlung des Grundkapitals einzufordern (vgl. auch § 48 AktG). Auch hat er zu Recht auf seine Insolvenzantragspflicht hingewiesen, da die Vor-AG vor Einzahlungen auf das Grundkapital vermögenslos war und bereits Verbindlichkeiten (jedenfalls aus dem Vorstandsdienstvertrag) bestanden. Schließlich hatte er als Vorstand die Gesellschaft in eigener Verantwortung, also unabhängig von Weisungen des Beklagten zu leiten (§ 76 Abs. 1 AktG). Dass der Beklagte sich hierdurch möglicherweise in „seiner eigenen“ Kanzlei „entmachtet“ fühlte, ändert nichts daran, dass die Aufgabe des Eintragungswillens zunächst in seine Risikosphäre fällt.

b) Allerdings fällt das Scheitern der Gründung auch in die Risikosphäre des Klägers. Denn er hat sich als Organ einer im Werden befindlichen juristischen Person bestellen lassen, ohne sicher sein zu können, ob die Gründung erfolgreich zum Abschluss kommen würde (in diese Richtung auch - in anderem Zusammenhang - BGH, Urteil vom 22.6.2004, a.a.O. Rz. 13). Dieser Befund rechtfertigt zwar keinen vollständigen Wegfall der Vergütungsansprüche des Klägers ab dem Erlöschen der Vor-AG, erlaubt es aber, ihn am Risiko des Scheiterns der Gründung zu beteiligen.

3. Aufgrund der dargestellten Risikoverteilung und der Tatsache, dass für Vorstandsdienste kein Raum mehr war, ist dem Beklagten das unveränderte Festhalten am Vorstandsdienstvertrag nicht zuzumuten. Hätten die Parteien an die Möglichkeit des Scheiterns der Gründung gedacht, hätte dies redlicherweise einen der dargestellten Risikoverteilung Rechnung tragenden Niederschlag in dem Vorstandsdienstvertrag gefunden. Bei der hiernach gebotenen Vertragsanpassung hat sich der Senat an der Regelung des § 621 Nr. 4 BGB orientiert. Er sieht eine den Interessen beider Vertragsparteien am ehesten gerecht werdende Regelung der Laufzeit des befristeten Vertrages in der gesetzgeberischen Wertung, für welchen Zeitpunkt die ordentliche Kündigung eines unterstellt unbefristeten Dienstverhältnisses möglich gewesen wäre.

In § 3 Abs. 1 des Dienstvertrages ist die Vergütung nach Jahren bemessen. Hiernach hätte ein unbefristetes Dienstverhältnis binnen sechs Wochen zum Quartalsende gekündigt werden können. Da die Gründung der AG mit Aufgabe des Eintragungswillens am 27.8.2014 scheiterte, ergibt sich somit ein Ende des Dienstvertrages zum 31.12.2014.

V. Auf dieser Basis ergibt sich für Juli bis einschließlich Dezember 2014, also für sechs Monate die zuerkannte Vergütung.

1. Das Landgericht bemisst die vertraglich vereinbarte monatliche Vergütung, ausgehend von einem Jahresbruttogehalt von 80.000,- € (§ 3 Abs. 1 des Vertrages) und der Tatsache, dass dem Kläger zusätzlich die Krankenversicherungskosten (§ 3 Abs.2 ) sowie ein angemessener Dienstwagen (§ 5) zustanden, mit 7.470,89 €. Berufungsangriffe gegen diesen - auch in sich schlüssigen - Ansatz finden sich nicht, so dass er auch vom Senat zugrunde gelegt wird. Dies ergibt für sechs Monate den zuerkannten Hauptsachebetrag.

2. Anderweitige Verdienste muss sich der Kläger nicht nach § 615 S. 2 BGB anrechnen lassen. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts im unstreitigen Tatbestand nahm der Kläger eine Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt erst nach seiner eigenen Kündigung, also im Jahr 2015 und damit nach dem Zeitraum, für den er vom Beklagten Vergütung verlangen kann, auf. Damit kommt es auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob er insoweit Gewinne erzielt hat, nicht an.

3. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 BGB. Die Vergütung des Klägers war nach § 3 Abs. 1 des Dienstvertrages in monatlichen Raten zum Monatsende zu bezahlen. Damit kam der Beklagte jeweils am Ersten des Folgemonats mit der jeweiligen Rate in Verzug.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Dabei ist der Senat mit dem Landgericht davon ausgegangen, dass den erstinstanzlichen Feststellungsanträgen des Klägers gegenüber den Zahlungsanträgen kein eigenständiger, für das Maß des Obsiegens relevanter Wert beizumessen war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalles.

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