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Wirtschaftsrecht
17.03.2015
Wirtschaftsrecht
EU-Kommission: Finanzkommissar Hill – künftig weniger neue Bankenregulierung

Bei seinem Antrittsbesuch in Frankfurt a. M. hat EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill angekündigt, die Bankenregulierung der letzten Jahre auf ihre Effekte für Wachstum und Beschäftigung abzuklopfen.

"Wir brauchen einen Realitätscheck", sagte Hill am 17.3.2015 beim Frankfurt Finance Summit. Es werde in den kommenden Jahren nicht mehr so eine hohe Anzahl von Regulierungen geben. Gleichzeitig müssten neue Gefahren erkannt werden: So werde er bis zum Herbst Vorschläge vorlegen, wie große Nichtbanken-Akteure an den Finanzmärkten bei einer Schieflage geordnet abgewickelt werden sollten – zum Beispiel die für die Derivatemärkte bedeutsamen Abwicklungshäuser (Zentrale Gegenparteien, CCPs).

Hill war am Vormittag zunächst beim Finanztag der Süddeutschen Zeitung zu Gast und hielt dann eine Keynote-Rede beim Frankfurt Finance Summit. "Regulierung war notwendig, um die Gefahren für die Finanzstabilität in der Krise einzudämmen", sagte der für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion zuständige Kommissar bei seinem ersten Besuch am Finanzplatz Frankfurt. "Aber heute gibt es ein neues Risiko für die Finanzstabilität, und zwar den Mangel an Jobs und Wachstum. Es ist also an der Zeit, die Auswirkungen der Regulierung zu überprüfen."
Er werde sicher nicht die gesamte hart erkämpfte Regulierung der letzten Jahre über Bord werfen, sagte Hill. "Aber ich denke schon, wenn die Regeln die Möglichkeiten des Finanzsektors einschränken, Kredite zu vergeben und zu investieren, dann sollten wir bereit sein, uns diese Regeln noch einmal anzuschauen."

Ein zweiter Realitätscheck sei mit Blick auf neue Gefahrenquellen vonnöten. Deshalb strebe er einen raschen Abschluss der laufenden Gesetzgebungsverfahren für Geldmarktfonds, Referenzzinssätze und Strukturreformen bei Banken an, ebenso bis zum Herbst ein Abwicklungsregime für zentrale Gegenparteien.

Hill warb für sein zentrales Projekt einer Kapitalmarktunion zur Schaffung tiefer und besser integrierter Kapitalmärkte in den 28 Mitgliedstaaten der EU. Die Kapitalmarktunion soll die Rolle der Banken, insbesondere der Sparkassen und Genossenschaftsbanken bei der Unternehmensfinanzierung ergänzen, nicht ersetzen, sagte Hill in Frankfurt. "Es geht darum, europäische Lösungen zu schaffen, nicht amerikanische nachzuahmen. Europas Banken werden natürlich weiter eine entscheidende Rolle spielen. Ich bin sicher, dass viele Unternehmen weiter den Großteil ihrer Finanzierung über Bankkredite bekommen werden", sagte Hill.   

In Deutschland funktioniert die Finanzierung durch Banken weit besser als in vielen anderen Teilen Europas, in denen kleine und mittlere Unternehmen und Start-Ups einfach kein Geld von Banken bekommen, um zu wachsen. "Aber sogar hier in Deutschland könnte es helfen, andere Finanzierungswege zu eröffnen", sagte Hill. "Denken Sie an all die vielversprechenden Technologiefirmen, die in die USA abwandern, da sie dort bessere Finanzierungsmöglichkeiten haben – es gibt sogar eine deutsche Schule im Silicon Valley, die sich um die Familien all dieser Unternehmer kümmert. Wie Kanzlerin Merkel schon sagte: Wo sind die deutschen, die europäischen Googles, Apples und Facebooks?"

(PM EU-Kommission vom 17.3.2015)

 

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