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Wirtschaftsrecht
14.01.2015
Wirtschaftsrecht
BMJV : Eckpunkte zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte vorgestellt

Bundesjustizminister Heiko Maas hat am 13.1.2015 beim Neujahrsempfang des Deutschen Anwaltvereins in Berlin Eckpunkte zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte vorgestellt.

„Wir haben uns entschlossen eine Regelung zur Altersversorgung der Syndikusanwälte auf den Weg zu bringen“, sagte Maas. „Wir werden das Berufsrecht ändern und dadurch Rechtssicherheit schaffen, damit Syndikusanwälte auch künftig Mitglied in den anwaltlichen Versorgungswerken bleiben können.“

Nach den Eckpunkten zur Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte soll die Bundesrechtsanwaltsordnung wie folgt geändert werden:

1. Es soll eine – bisher fehlende – berufsrechtliche Regelung für die Tätigkeit angestellter Rechtsanwälte geschaffen werden (vgl. § 58 StBerG).

 

2. Es wird geregelt, dass der Rechtsanwalt den Rechtsanwaltsberuf als Angestellter eines anderen Rechtsanwalts, eines Angehörigen eines sozietätsfähigen Berufs oder einer Berufsausübungsgemeinschaft (§ 59a BRAO) ausüben darf.

 

3. Die Doppelberufstheorie wird aufgegeben. Es wird geregelt, dass der Rechtsanwalt, der den Rechtsanwaltsberuf als Angestellter anderer als der in Nummer 2 genannten Personen ausübt, anwaltlich tätig ist. Die Rechtsberatungsbefugnis beschränkt sich in diesem Falle auf die Beratung und Vertretung des Arbeitgebers des Rechtsanwalts (= Legaldefinition Syndikusanwalt).

 

4. Die anwaltliche Tätigkeit des Unternehmensjuristen für seinen Arbeitgeber soll zulassungspflichtig und mit der Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer verbunden sein. Die Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer ist erforderlich, damit die Befreiungsmöglichkeit von der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Denn nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 SGB VI besteht die Befreiungsmöglichkeit nur für eine Beschäftigung, wegen der kraft gesetzlicher Verpflichtung ein Beschäftigter Mitglied einer berufsständischen Kammer ist.

 

5. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts kann sich auf die Tätigkeit als Syndikusanwalt beschränken. Eine – daneben ausgeübte – Tätigkeit als niedergelassener Rechtsanwalt ist zulässig, aber nicht notwendig.

 

6. Die anwaltliche Tätigkeit des Syndikusanwalts umfasst die Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers (mit Ausnahme der unter den Nummern 10 und 11 genannten). Die Anwendbarkeit des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) wird ausgeschlossen. Erstattungsrechtlich werden Kosten für den Syndikusanwalt so behandelt wie Kosten für sonstige Vertreter des Unternehmens. Die Abgrenzung zu nichtanwaltlichen Tätigkeiten erfolgt nach denselben Grundsätzen wie beim niedergelassenen Rechtsanwalt (vgl. § 3 BRAO).

 

7. Nichtanwaltliche Tätigkeiten darf der Syndikusanwalt sowohl innerhalb als auch außerhalb des Syndikus-Anstellungsverhältnisses nach den allgemein geltenden Grundsätzen für zweitberufliche Tätigkeiten ausüben (unvereinbare Tätigkeiten gemäß § 7 Nummer 8, § 14 Absatz 2 Nummer 8 BRAO).

 

8. Für alle Fälle der Anstellung (Nummern 2 und 3) wird geregelt, dass die anwaltliche Unabhängigkeit durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werden darf.

 

9. Mit dem Zulassungsantrag des Syndikusanwalts muss der Anstellungsvertrag vorgelegt werden, aus dem sich ergeben muss, dass die anwaltliche Unabhängigkeit gewährleistet ist (Nummer 8). Die Zulassung als Syndikusanwalt wird im Rechtsanwaltsverzeichnis erfasst.

 

10. Ein gerichtliches Vertretungsverbot soll künftig für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des Syndikus-Anstellungsverhältnisses gelten, soweit in zivil- und arbeitsrechtlichen Verfahren ein Anwaltszwang besteht. Das Vertretungsverbot innerhalb des Anstellungsverhältnisses ist in diesen Fällen erforderlich, um ein Ungleichgewicht zwischen den Prozessparteien zu verhindern: Denn ein solches träte ein, wenn eine Einzelperson oder kleine und mittlere Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung einen Rechtsanwalt bezahlen müssten, für den zudem noch die Mindestgebührenregelungen des RVG (Unterschreitungsverbot) gelten würden, während große Unternehmen sich durch den eigenen Syndikus vertreten lassen und so ihr Kostenrisiko verringern könnten.

 

Dagegen soll sich die faktische Lage in zivil- und arbeitsrechtlichen Verfahren ohne Anwaltszwang nicht ändern. Bereits heute können Unternehmensmitarbeiter ihren Arbeitgeber als sonstige Vertreter in diesen Verfahren vertreten. Künftig können sie diese Vertretung als Syndikusanwälte vornehmen.

 

Generell soll künftig zudem die Vertretung des Arbeitgebers durch Syndikusanwälte in verwaltungs-, finanz- und sozialgerichtlichen Verfahren zulässig sein. Die in zivil- und arbeitsgerichtlichen Verfahren vorgenommene Differenzierung zwischen Verfahren mit und ohne Anwaltszwang kann hier nicht vorgenommen werden. Auch in Verfahren, in denen Anwaltszwang besteht, können sich Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts durch eigene Beschäftigte vertreten lassen, so dass kein Ungleichgewicht zwischen den Prozessparteien entstehen kann.

 

Das RVG soll für diesen Fall nicht anwendbar sein, weil es auf die selbständige Tätigkeit eines niedergelassenen Rechtsanwalts abstellt, der Syndikusanwalt dagegen für seine Tätigkeit im Rahmen des Anstellungsverhältnisses bezahlt wird.

 

11. Für die Verteidigung in Straf- und Bußgeldverfahren, die gegen seinen Arbeitgeber oder Mitarbeiter des Unternehmens in Unternehmensangelegenheiten geführt werden, soll für den Syndikusanwalt ein generelles Vertretungsverbot gelten (auch soweit der Syndikusanwalt als niedergelassener Rechtsanwalt tätig wird). In Angelegenheiten des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts ist das Vertretungsverbot als Verteidiger des Arbeitgebers im Hinblick auf § 53 Absatz 1 Nummer 2, § 97 Absätze 1 bis 3, § 100c Absatz 6 und § 160a StPO und das Gebot der effektiven Strafverfolgung geboten (insbesondere in Anbetracht der unter Nummer 13 dargelegten Gefahr der „Verschiebung“ von Beweismitteln). Das Verbot der Verteidigung auch von Mitarbeitern des Unternehmens in Unternehmensangelegenheiten ist im Hinblick auf §§ 30, 130 OWiG erforderlich, da hiernach von Mitarbeitern begangene unternehmensbezogene Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zugleich den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit gegen das Unternehmen bzw. dessen Inhaber begründen können.

 

12. Für die Berufspflichten des Syndikusanwalts gelten die allgemeinen Regelungen (insbesondere Unabhängigkeit, Verschwiegenheit, Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, Berufshaftpflichtversicherung, Handakten, Fachanwaltschaft). Bereichsspezifische Konkretisierungen kann die Satzungsversammlung bei der BRAK durch Satzung in der Berufsordnung treffen kann.

 

13. Für Syndikusanwälte soll eine Geltung der in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 (Zeugnisverweigerungsrecht), § 97 Absätze 1 bis 3 (Beschlagnahmeverbot), § 100c Absatz 6 (Verbot der Wohnraumüberwachung) und § 160a (Einschränkung von Ermittlungsmaßnahmen) StPO für das Strafprozessrecht geregelten Anwaltsprivilegien, die gegen einen als Zeugen in Betracht kommenden Rechtsanwalt gerichtete strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen erschweren oder diesen entgegenstehen, ausgeschlossen werden.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt das verfassungsrechtliche Gebot einer effektiven Strafverfolgung hervorgehoben, das Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet. Die durch Strafverfolgungsmaßnahmen bezweckte Aufklärung von Straftaten und ihr Beitrag zur Durchsetzung der Strafgesetze können durch Zeugnisverweigerungsrechte oder vergleichbare verfahrensrechtliche Beschränkungen der Strafverfolgung empfindlich berührt werden (u. a. BVerfG v. 12. Oktober 2011 – 2 BvR 236/08 u. a.- Rn. 249).

 

Eine Einbeziehung der Syndikusanwälte in den Anwendungsbereich der §§ 97 und 160a StPO würde die Gefahr hervorrufen, dass Unternehmen Beweismittel zum Syndikusanwalt verschieben könnten, um sie dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen.

 

Schließlich muss die von den Ermittlungsbehörden vorzunehmende Bewertung des Vorliegens eines Beweiserhebungsverbots anhand äußerlich einfach feststellbarer Kriterien (niedergelassene Tätigkeit gegenüber Beschäftigungsverhältnis) möglich sein.

Eine Unterscheidung der Tätigkeit des Syndikusanwalts für das Unternehmen zwischen "Rechtsberatung" und "sonstiger geschäftliche Beratung" stellte kein Kriterium dieser Art dar.

(PM BMJV vom 13.1.2015)

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