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Steuerrecht
23.05.2014
Steuerrecht
FG Köln: Versteuerung und Scheinrenditen

FG Köln, Urteil vom 19.3.2014 – 14 K 2824/13

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob den Klägern in den Streitjahren (2005 bis 2009) aufgrund ihrer Beteiligung an der A in B (A), einer Firma mit den Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika, Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.

Der Kläger erzielte als Rentner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und sonstige Einkünfte, die Klägerin erzielte in den Streitjahren Einkünfte als Finanzberaterin und aus Gewerbebetrieb und als Rentnerin sonstige Einkünfte. Darüber hinaus erzielten die Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung.

Die Kläger beteiligten sich ab dem Jahre 2002 wie folgt an der A:

 

Datum

Betrag Antragsteller

Betrag Antragstellerin

Ablauf Mindestlaufzeit

2002

       

1. Anlage

14. September 2002

2.611 €

2.611 €

30. September 2003

2003

       

2. Anlage

16. September 2003

7.500 €

7.500 €

30. September 2004

2004

       

3. Anlage

21. Juni 2004

12.500 €

12.500 €

30. Juni 2005

2005

       

4. Anlage

22. März 2005

3.500 €

3.500 €

31. März 2006

5. Anlage

4. April 2005

5.000 €

5.000 €

30. Juni 2006

6. Anlage

15. Dezember 2005

 

6.000 €

31. Dezember 2006

2006

       

7. Anlage

9. Februar 2006

 

20.000 €

30. März 2007

8. Anlage

9. August 2006

 

30.000 €

30. September 2007

9. Anlage

8. September 2006

 

30.000 €

30. September 2007

10. Anlage

15. Dezember 2006

 

30.000 €

31. Dezember 2007

2007

       

11. Anlage

28. Januar 2007

 

40.000 €

30. März 2008

12. Anlage

25. Juli 2007

 

20.000 €

30. September 2008

13. Anlage

26. Oktober 2007

 

100.000 €

31. Dezember 2008

Die A wurde im Jahre 2002 nach dem Recht des US-Bundesstaates D als Aktiengesellschaft gegründet. Die Beteiligungen an dieser Gesellschaft wurden in Aussichtstellung hoher Renditen in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben. In den Prospekten und den von den Anlegern unterschriebenen Beitrittserklärungen wurden die Anleger als „Gesellschafter“ bzw. „stille Gesellschafter“ bezeichnet (auf Bl. 54 und 88 der Straf- und Bußgeldakte 1 des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung F (StraFA) und auf Bl. 7 und 16 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 2 wird verwiesen). In neueren Prospekten seit 2009 werden hingegen die Anlagen als Aktienbeteiligungen beworben. Die Anlagegelder sollten in einen Vermögenspool fließen, aus dem u.a. Großbanken Sicherheitskapital für Finanzgeschäfte zur Verfügung gestellt werden sollte. Tatsächlich wurden mit den eingezahlten Anlagegeldern Zins- und Rückzahlungsansprüche von anderen Anlegern befriedigt. Durch jährlich erteilte Abrechnungen, die eine Rendite von 15,5 % auswiesen, wurde den Anlegern der Erfolg des Produktes vorgetäuscht. Im Falle der Kündigung der Anlage wurde die Einlage samt vermeintlich erzielter Rendite gezahlt. Zahlungen erfolgten bis Anfang des Jahres 2010. Es handelte sich um ein sog. Schneeballsystem.

Die steuerlich beratenen Kläger reichten die Steuererklärungen wie folgt ein:

Jahr

Eingang

2005

28. September 2007

2006

4. Juli 2007

2007

22. September 2008

2008

2. September 2009

2009

23. August 2010

Einkünfte aus Kapitalvermögen aus den Beteiligungen an der A erklärten die Kläger nicht.

Mit Schreiben vom 19. Juli 2010 forderte das StraFA die Kläger auf Angaben zu ihren A Beteiligungen zu machen (auf Bl. 31 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 2 und Bl. 19 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 1 wird verwiesen). Sodann wurde den Klägern seitens des StraFA am 26. November 2010 die Einleitung des Steuerstrafverfahrens betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2009 mitgeteilt (Bl. 35-37 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 1 und Bl. 55-57 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 2). Mittels Schreiben vom 23. November 2013 teilte das StraFA den Klägern weiterhin mit, dass es beabsichtige, „geänderte Besteuerungsgrundlagen für 2003 bis 2009 dem zuständigen Festsetzungsfinanzamt“ mitzuteilen (auf. Bl. 58-59 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 2 und Bl. 38-39 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 1).

Beginnend am 23. November 2011 führte das StraFA bei den Kläger gemäß § 208 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Abgabenordnung (AO) eine die Einkommensteuer für die Jahre 2006 bis 2009 betreffende Fahndungsprüfung durch, deren Ergebnis im Bericht vom 27. Juni 2012 über die steuerlichen Feststellungen bei den Klägern festgehalten ist. Danach hat das StraFA folgende Feststellungen getroffen:

Die Kläger hätten sich in Form von typischen stillen Beteiligungen an der Firma A beteiligt. Die Einkünfte aus diesen Beteiligungen seien bisher gegenüber dem Beklagten steuerlich nicht erklärt worden.

Die Geschäftsbeziehungen zur A ergäben sich aus den Anlegerlisten, die zu den Beweismitteln der eidgenössischen Bundesanwaltschaft G (Schweiz) gehörten, die der StraFA über die Staatsanwaltschaft E zur Auswertung zur Verfügung gestellt worden seien. Die darin enthaltenen Daten zur Person und Bankverbindung seien den Antragstellern eindeutig zuzuordnen. Die Tatsache, dass sich die Kläger an der A beteiligt hätten, seien von ihnen nicht bestritten worden. Des Weiteren lägen zu den Anlagen Beitrittserklärungen, Belege über Einzahlungen auf den Treuhandkonten und Schriftverkehr mit A vor.

In der von der A verwendeten Beitrittserklärung werde die Aufnahme als Gesellschafter mit einer bestimmten Geldeinlage vereinbart. Dies heiße, die Vereinbarung umfasse nicht das Gesellschaftsvermögen der A als Corporation (Aktiengesellschaft -AG-), sie beziehe sich darauf, den Geschäftszweck der A durch die bestimmte Geldeinlage zu unterstützen. In der Beitrittserklärung vom 28. Januar 2007 über 40.000 € sei ausdrücklich die Aufnahme als „Stiller Gesellschafter“ vereinbart worden.

Mit der Anlage bei der A hätten sich die Kläger an einer typischen stillen Gesellschaft gemäß § 230 des Handelsgesetzbuches (HGB) beteiligt und daher im Inland zu versteuernde Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre gültigen Fassung (EStG) erzielt.

Das StraFA qualifizierte die abgeschlossenen Beitrittserklärungen der Kläger als stille Beteiligungen und erfasste folgende Beträge als Zinseinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG:

 

Kläger

Klägerin

2005

3.883 €

3.883 €

2006

5.951 €

6.912 €

2007

6.671 €

25.342 €

2008

7.709 €

57.021 €

2009

8.899 €

61.284 €

Aufgrund dessen erließ der Beklagte am 22. Oktober 2012 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheide und setzte die Einkommensteuer wie folgt fest:

Jahr

Festgesetze

Einkommensteuer

 

2005

848,00 €

2006

3.490,00 €

2007

8.252,00 €

2008

16.642,00 €

2009

17.158,00 €

Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einsprüche ein. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen vor, es lägen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vor. A sei eine amerikanische Firma. Im amerikanischen Recht gäbe es den Begriff der stillen Beteiligung nicht, so dass eine stille Beteiligung an einer amerikanischen Firma nicht möglich sei. Es habe sich um den Kauf von Anteilen von Aktien gehandelt, wie es auch auf den Beitrittserklärungen vermerkt und auf der Rückseite der Beitrittserklärungen nochmals verdeutlicht sei. Ihnen sei von vornherein erklärt worden, dass es sich um Aktieneinkäufe handele und sie seien auch entsprechend der Erklärung von Aktieneinkäufen ausgegangen. Dementsprechend handele es sich um Beteiligungen an einer Körperschaft. Die Beteiligung liege unter der 1 % - Regel, so dass es sich allenfalls um sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 22 Nr. 2 i.V. mit § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG handeln könne, da aber die Veräußerung nicht innerhalb eines Jahres erfolgt sei, seien eventuelle Gewinne steuerfrei. Die Bescheide seien entsprechend aufzuheben und neu zu bescheiden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 15. August 2013 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Mit ihrer Anlage bei der A hätten sich die Kläger an einer typisch stillen Gesellschaft gemäß § 230 HGB beteiligt. Aus dieser Beteiligung seien ihnen in den betreffenden Veranlagungszeiträumen auch im Inland zu versteuernde Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zugeflossen.

Für die Annahme einer stillen Gesellschaft komme es darauf an, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob der – unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde – Vertragswille auf die Merkmale der stillen Gesellschaft gerichtet sei. Die Voraussetzungen für eine stille Beteiligung träfen auch auf die durch die Beitrittserklärung geschlossene Gesellschaft zu. Die Verträge zwischen den Anlegern und der A dienten dem gemeinsamen Zweck, ein Handelsgewerbe durch die nach außen in Erscheinung tretende A zu betreiben. Sie sollte das Geld für Handelsgeschäfte (Bereitstellung kurzfristiger Kapitalgarantien) an einem Kapitalmarkt verwenden, der für Privatanleger nicht zugänglich sein sollte. Der Anleger habe zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks jeweils dadurch beigetragen, dass er der A, zunächst für die Dauer eines Jahres, den Betrag laut Beitrittserklärung als Kapital überlassen habe, mit dem die A ihre Handelsgeschäfte habe betreiben sollen. Dieses Kapital verkörpere zugleich den Gesellschaftsbeitrag sowie die stille Einlage des Anlegers und sei in das Vermögen der A übergegangen. Deren Beitrag zur stillen Gesellschaft habe in der Übernahme der Verpflichtung, die Handelsgeschäfte unter Einsatz des von den Anlegern als stillen Gesellschaftern bereitgestellten Kapitals zu betreiben. Für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses (in der Form einer Risikogemeinschaft) spräche insbesondere, dass den Anlegern eine erhebliche Erfolgsbeteiligung an den durchgeführten Geschäften zugesagt worden sei und sie überdies – bis zur Höhe ihres Anlagekapitals – an den Verlusten aus den getätigten Handelsgeschäften beteiligt gewesen seien. Die Kapitalanlagen hätten daher sowohl erhebliche Gewinnchancen als auch beträchtliche Risiken geborgen, die nicht nur in der Verlustbeteiligung, sondern auch im Fehlen jeglicher Sicherheiten begründet gewesen seien. Eine derartige Risikogemeinschaft, vor allem die Vereinbarung der Verlustbeteiligung, bilde ein typisches Merkmal eines Gesellschaftsverhältnisses. Es sei davon auszugehen, dass sowohl der Anleger als auch die A ein gesteigertes Interesse am Unternehmenserfolg der Gesellschaft gehabt hätten. Dies ergebe sich schon daraus, dass neben der zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Erfolgsbeteiligung von bis zu 15,5 % des Anlagebetrages für den Anleger aus den darüber hinaus gehenden Erträgen nach Abzug von Vertriebs-, Verwaltungs- und sonstigen Kosten auch noch ein Gewinn für die A verbleiben sollte. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Oktober 2008 (VIII R 36/04, BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190), sei der ursprüngliche Vertragswille entscheidend und nicht der angesichts der eingeleiteten Ermittlungen ggf. nachvollziehbare Wunsch, die ursprüngliche Vertragsvereinbarung in der Weise umzudeuten, dass eine Steuerfreiheit auch nach Aufdeckung der bisher in den Steuererklärungen verschwiegenen Sachverhalte eintrete. Zunächst würden die Kläger in den Beitrittserklärungen ausdrücklich als „stille Gesellschafter“ benannt, die die A beauftragten, sie als stille Gesellschafter mit einer darin von den Klägern selbst genau bezifferten Einlage aufzunehmen. Diese Beitrittserklärung enthalte das Angebot an die A zum Abschluss des „auf der Rückseite abgedruckten bzw. angehängten Auszugs aus dem Gesellschaftsvertrag, dessen Kenntnisnahme und Akzeptanz die Kläger mit ihrer Unterschrift als „stille Gesellschafter“ bestätigt hätten. Hieraus ergäbe sich, dass die Kläger als Vertragspartner der A unmittelbar Zugriff auf den Gesellschaftsvertrag, die Anlagebedingungen sowie die gesamte, mit der A geführten Korrespondenz gehabt hätten. Vor diesem Hintergrund seien die Ausführungen des Rechtsanwalts H in dem von den Klägern vorgelegten Schreiben für die rechtliche Würdigung der Beteiligung nicht relevant. Er nehme einerseits auftragsgemäß die rechtlichen Interessen der A wahr und sei andererseits neben weiteren Personen in einem anhängigen Strafverfahren mit angeklagt. Darüber hinaus datiere das Schreiben vom 28. Januar 2011 und sei nicht geeignet, Aufschluss darüber zu geben, von welchen Vorstellungen die Kläger in den maßgeblichen Zeitpunkten ihrer Beitrittserklärung ausgegangen seien.

Gemäß § 11 Abs. 1 EStG seien die Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen seien. Neben der Auszahlung könne auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen sei, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht werde, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung stehe. Hierfür müsse der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen. Darüber hinaus könne von einem Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 EStG auch in Fällen der Schulumschaffung einer Altforderung ausgegangen werden. Dies gelte dann, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstelle, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruhe. Bei dem Anleger, der in Kenntnis der Mindestlaufzeit von 12 Monaten die Kündigungsfrist von drei Monaten vor Ende der Laufzeit verstreichen ließe und so eine Verlängerung (Reinvestition von Anlagebetrag und Kapitalertrag) um ein weiteres Jahr eintreten ließe, sei eine Novation im Sinne der Rechtsprechung anzunehmen. Im Streitfall seien die „Renditen“ durch jährliches Anschreiben mitgeteilt und den Klägern gutgeschrieben worden. Im Falle der Kündigung der Anlage seien die Einlagen samt vermeintlich erzielter „Rendite“ bis Anfang des Jahres 2010 und somit in den Streitjahren gezahlt worden. Insofern sei in den hier interessierenden Veranlagungszeiträumen von einem Zufluss auch bei den Anlegern auszugehen, die keine Auszahlungen der Kapitalerträge erhalten hätten. Auch hätten die Kläger als Anleger ihr Recht, ihre Beteiligungen nach Ablauf eines Jahres kündigen zu können und – je nach Wunsch – ihre Einlage plus Rendite oder auch nur die Rendite bzw. einen anderen Teilbetrag ausgezahlt zu bekommen, nicht wahrgenommen. In der Konsequenz bedeute dies, dass sie sich folglich für die mit der Nichtkündigung verbundenen Wiederanlage zur Erzielung weiterer hoher Renditen entschieden hätten (Novation) und der A somit erneut die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Anlagebeträge einschließlich der Renditenbeträge eingeräumt hätten. Dies stehe dem Zufluss der Renditen i.S: von § 11 Abs. 1 EStG nicht entgegen.

Novation und Gutschrift in den Büchern des Gläubigers stellten getrennt voneinander zu prüfende Zuflusstatbestände dar, von denen jeder für sich genommen zu einem Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 8 Abs. 1 EStG führen könne, soweit die weiteren Voraussetzungen erfüllt seien, dass der Gläubiger, wenn er sich im Zeitpunkt der Novation oder der Gutschrift in den Büchern für eine Auszahlung entschieden habe, tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Leistungserfolg in Gestalt der Vereinnahmung des gutgeschriebenen Betrages ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen. Der Schuldner dürfe also nicht zahlungsunfähig gewesen sein. Als Zahlungsunfähigkeit in diesem Sinne sei auch das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu berichtigen. Dies sei vor dem „Zusammenbruch“ des Schuldners im Regelfall zu verneinen, so lange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt worden sei. Nach Kenntnis des Beklagten seien in den Fällen der Kündigung einer Anlage die Einlagen einschließlich der „Rendite“ bis Anfang des Jahres 2010 zurückgezahlt worden. Hieraus ergebe sich, dass die A bis Anfang des Jahres 2010 und somit auch in den hier relevanten Streitjahren zahlungsfähig gewesen sei. Überdies führten auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Gutschriften aus Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen sei. Dies sei bei der A bis Anfang des Jahres 2010 der Fall gewesen. Vor diesem Hintergrund sei nicht davon auszugehen, dass der BFH in dem nun anhängigen Revisionsverfahren (VIII R 25/12) eine andere Rechtsauffassung vertreten werde.

Das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (DBA USA) hier Art. 11 Abs. 1, ordne an, dass Zinsen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person als Nutzungsberechtigter beziehe, nur in diesem Staat besteuert werden könnten. Dabei bedeutet der in diesem Artikel verwendete Ausdruck. „Zinsen“ Einkünfte aus Forderungen jeder Art. Hieraus ergebe sich, dass die im Streitfall aufgrund der Anlagen/stillen Beteiligungen bei der A erzielten „Renditen“ zulässiger Weise im Inland und im Rahmen der hier bestrittenen Einkommensteuerfestsetzungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen seien. Auch soweit es sich um Dividenden handeln sollte, stünde Art. 10 Abs. 1 DBA USA der Besteuerung im Inland nicht entgegen.

Hiergegen haben die Kläger fristgerecht Klage erhoben. Zu deren Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, sie seien als Gesellschafter bzw. Aktionäre benannt worden. Insoweit seien sie Aktionäre der A. Die Geschäftstätigkeit der A habe darin bestanden, dass diese aus ihrem Vermögenspool heraus Geschäfte getätigt und den Wert der Aktie gesteigert habe. So seien jährlich Mitteilungen verschickt worden, welche den Wert der Aktien mit teilweise 15,5 % oder 17,5 % ermittelt hätten. Sie hätten dies so verstanden, dass ihre Investitionen als Aktionäre in der Wertsteigerung der Aktie steige und damit auch ihr Vermögen, so dass ihre Aktienbeteiligung wertvoller werde. So sei auch seitens der A bei der Beitrittserklärung formuliert worden, dass die Unterzeichnenden Gesellschafter würden und Einlagen erbrächten. Auch die jährlichen Informationen hätten sie als Beteiligte bezeichnet und von Beteiligungen hinsichtlich ihrer Investitionen gesprochen. Die Beteiligung in Form einer stillen Gesellschaft sei in den USA so nicht möglich. Es handele sich daher um einen Aktienerwerb. Diese Aktien seien über mehrere Jahre gehalten worden, so dass dies kein zu versteuerndes Einkommen darstelle. Der Vertrag bezeichne ihre Investitionen als Beteiligungen, ohne genaue Rechtsform. Für eine Aktienbeteiligung sei auch erklärbar, weshalb von Kursen, Kursentwicklungen und Steigerung der Werte dieser „Beteiligung“ gesprochen worden sei. Zum Zeitpunkt der Investition sei die A bereits nicht mehr zur Leistung fähig gewesen, da sie lediglich Zinsverpflichtungen anderer Schuldner bedient habe. Ein Zufluss könne daher nicht angenommen werden. Von einem Zufluss könne zwar bei einer Novation ausgegangen werden. Diese müsse jedoch im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers liegen und damit dessen Verfügungsmacht über die Altforderung indizieren. Die Schuld sei aber im ausschließlichen Interesse des Schuldners bestehen geblieben, was lediglich eine Stundung der ursprünglichen Schuld zur Folge habe. Wichtig sei, dass alleinig A ein wirtschaftliches Interesse daran habe, dass die vermeintliche Verfügungsmacht nicht im Wege der Auszahlung ausgeübt worden sei. Den Klägern sei suggeriert worden, dass ihnen im Falle der Kündigung ein Totalverlust drohe. Das überwiegende Interesse für die Nichtauszahlung habe beim Schuldner gelegen. Eine tatsächliche Verfügungsgewalt habe es insoweit nicht gegeben. Aus dem Empfängerhorizont habe es tatsächlich keine Wahl gegeben als zu hoffen, dass sich die drohende Gefahr nicht verwirkliche.

Sie seien von Aktienerwerben ausgegangen. Die A habe dies in ihren Anschreiben auch so bezeichnet. Auf die Schreiben vom 22. September 2011, 16. Februar 2011, 25. Februar 2011, 22. September 2011, 4. Oktober 2010 Bl. 73 bis 83 der FG-Akte wird verwiesen. Ein weiteres Bestätigungsschreiben habe sie am 5. Oktober 2011 erreicht, darin seien sie belehrt worden, wie mit dem Fragenkatalog der Staatsanwaltschaft E umzugehen sei. Darin sei das Aussageverweigerungsrecht erläutert worden und dabei erläutert worden, dass sie keine Gesellschafter, sondern Aktionäre seien und ihnen daher kein Aussageverweigerungsrecht zustehe. Privatpersonen könnten nicht unterscheiden zwischen stiller Gesellschaft, Gesellschaftsanteilen und Beteiligungen durch Aktien. Das amerikanische Gesellschaftsrecht sei höchstwahrscheinlich nur für amerikanische Anlageberater nachvollziehbar. Darüber hinaus sei ihnen von den A-Beratern stets gesagt worden, dass es sich um Aktienbeteiligungen handele. Sie seien daher immer von einem Aktienerwerb ausgegangen.

Auch aus dem Briefkopf der A lasse sich nicht erschließen, dass es sich um stille Gesellschaftbeteiligungen handele. Eine stille Gesellschaftsbeteiligung heiße in der offiziellen Übersetzung „silent society participation. Dies sei eben nicht so deklariert und Investitionen und Anlagen würden üblicherweise durch Aktienbeteiligungen getätigt.

Darüber hinaus übersandten sie die erste Seite eines Prospekts sowie einen Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der A in Kopie. Auf Bl. 100 und 101 der FG-Akte wird verwiesen. Sowohl objektiv wie auch subjektiv müsse vom Empfängerhorizont aus von einem Aktienerwerb ausgegangen werden.

Darüber hinaus übersandten sie Schreiben der A vom 10. Juli 2011 und 8. Oktober 2011, die von einem Aktienrückkauf sprächen. Auf Bl. 104 bis 106 der FG-Akte wird verwiesen.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2009 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Beteiligung der A i.H.v.

 

Kläger

Klägerin

2005

3.883 €

3.883 €

2006

5.951 €

6.912 €

2007

6.671 €

25.342 €

2008

7.709 €

57.021 €

2009

8.899 €

61.284 €

gemindert werden und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen,

hilfsweise die Revision zuzulassen

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Hierzu verweist er auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, grundsätzlich komme es für die Annahme einer stillen Gesellschaft darauf an, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt hätten und ob der – unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde – Vertragswille auf die Merkmale der stillen Gesellschaft gerichtet sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei der ursprüngliche Vertragswille entscheidend und nicht der angesichts der eingeleiteten Ermittlungen ggf. nachvollziehbare Wunsch, die ursprüngliche Vertragsvereinbarung in der Weise umzudeuten, dass eine Steuerfreiheit auch nach Aufdeckung der bisher in den Steuererklärungen verschwiegenen Sachverhalte eintrete. Die von der A verwendeten Beitrittsformulare seien grundsätzlich wortgleich bis auf den Begriff „Gesellschafter“ bzw. „Stiller Gesellschafter“. Diese Tatsache habe bei der Beurteilung der Frage, welcher Vertragsgenstand durch die Beitrittserklärung erfasst werde, eine wichtige Bedeutung, zumal im Gegensatz dazu in keiner Beitrittserklärung ausdrücklich der „Verkauf von Aktien (Anteilen)“ vereinbart worden sei.

Zwar gebe es im amerikanischen Gesellschaftsrecht keine gesetzliche Regelung zur stillen Gesellschaft wie nach dem § 230 HGB. Gleichwohl gebe es auch nach amerikanischem Recht die Möglichkeit sich als Investor mit Fremdkapital an dem Geschäftsbetrieb einer Aktiengesellschaft zu beteiligen und diesen zu fördern, ohne aktiv in das Geschäftsgeschehen einzugreifen. Es bestehe Vertragsfreiheit und insofern sei es der A durchaus gestattet, Verträge abzuschließen, die inhaltlich der stillen Gesellschaft des deutschen Handelsrechts entsprächen, auch wenn diese Vertragsgestaltung als Rechtsform dort gesetzlich nicht vorgesehen sei. Nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen der A-Beteiligungen, insbesondere der Beitrittserklärungen, der Beratungsverträge, der Beratungsprotokolle sowie der jährlichen Mitteilungen an die Anleger, sei nicht erkennbar, dass es sich hierbei um eine Aktienbeteiligung gehandelt haben solle. Die objektiven Anzeichen, nach denen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Aktien haben verkauft werden sollen und der Käufer auch davon hätte ausgehen müssen, hätten die Kläger bislang nicht dargelegt. Auch die Behauptung, dass die A dem Anleger auf Anfrage immer wieder bestätigt habe, dass es sich um eine Aktienbeteiligung handele, sei ohne Substanz. Fakt sei, dass entsprechende Bestätigungen im Einzelfall erst zu einem Zeitpunkt nachweisbar seien, zu dem die Qualifizierung der Beteiligung und die daraus resultierenden steuerlichen Konsequenzen bereits von der Finanzverwaltung thematisiert worden seien.

Darüber hinaus sprächen die nachfolgend genannten Indizien gegen eine Aktienbeteiligung. Auch wenn nicht jeder Umstand für sich allein genommen ein zwingender Grund gegen eine Aktienbeteiligung sein möge, lasse die Gesamtbetrachtung keinen anderen Schluss zu als den, dass die Anteilsinhaber keine Aktionäre der A geworden seien.

Zunächst sei in dem verwendeten Beitrittserklärungsvordruck ausdrücklich von „Stiller Gesellschafter“ die Rede. Der vorgebrachten Argumentation, dass es sich bei der Beteiligung um Aktien handele, sei entgegen zu halten, dass

1. Aktienurkunden nicht haben vorgelegt werden können und keine Depotsammelverwahrung ersichtlich sei,

2. die Beteiligung nicht an Dritte habe veräußert werden könne,

3. die Einhaltung der in den USA (D) geltenden Formvorschriften (insbesondere die ordnungsgemäße Führung eines Aktienregisters) bisher nicht habe belegt werden können,

4. Anteile zu jeder Zeit zum Nennwert hätten erworben werden können,

5. sich das Stammkapital der A nicht laufend erhöht habe (einem Stammkapital von zuletzt 10 Mio.US $ stehe eine Vermögensbeteiligung der Anleger von rund 104 Mio. EUR gegenüber) und

6. ein Auskunftsersuchen in die USA ergeben habe, dass tatsächlich keine Aktien ausgegeben worden seien.

Letztlich dürfe in diesem Zusammenhang nicht unbeachtet bleiben, dass die Klägerin sich aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit als Finanzberaterin in der Materie – Kapitalanlagen etc. – durchaus auskenne. Auch ausweislich der vorliegenden Einkommensteuererklärungen tätige sie schon immer Anlagen diverser Art, um Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass sich die Kläger über Art und Inhalt der hier stritten Anlage – die Beteiligungen an der A – sehr wohl bewusst gewesen seien.

Daran ändere sich auch nichts durch die im Schriftsatz vom 13. November 2013 enthaltenen Ausführungen und die mit Schreiben vom 14. November 2013 eingereichte einzelne Kopie einer Seite einer Broschüre, sowie der beigefügten Übersetzung eines Auszuges aus dem Gesellschaftvertrag der A aus der englischen in die deutsche Sprache. Dem stünden die von den Klägern persönlich unterzeichneten, nach ihrem Inhalt klaren und schriftlichen Beitrittserklärungen als maßgebliche vertragliche Vereinbarungen entgegen. Sowohl dem Prospektmaterial als auch dem Gesellschaftsvertrag könne nicht entnommen werden, ab wann diese gölten. Nach den Feststellungen des StraFA seien die Prospekte der A überarbeitet worden. Die Geldanlagen seit ca. 2009 seien als „Aktienbeteiligungen“ bezeichnet worden. Diese neu aufgelegten Prospekte seien für den Streitfall nicht entscheidungserheblich. Die Übersetzung des Gesellschaftsvertrages sei nicht amtlich. Auch liege der vollständige Gesellschaftsvertrag weder im Original noch in einer amtlichen Übersetzung vor. Darüber hinaus handele es sich bei der eingereichten Kopie offenbar um ein Schriftstück des Rechtsanwalts H, der wiederum nicht nur die Vertriebsorganisation A rechtlich beraten und die Interessen der A wahrgenommen habe. So habe er u.a. die seinerzeitig abgeschlossenen Verträge der A im Hinblick auf die damals aktuelle Rechtsprechung geprüft und das Ergebnis der A mitgeteilt. Rechtsanwalt H müsse sich zudem in dem anhängigen Strafverfahren verantworten.

Aus den Gründen

37

Die Klage ist unbegründet.

38

1. Die Erfassung der Einnahmen der Kläger aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und die damit verbundene Festsetzungen der Einkommensteuern in den Einkommensteuerbescheiden vom 22. Oktober 2012 für die Jahre 2005 bis 2009 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

39

a) Die Erfassung der Einnahmen der Kläger aus der Beteiligung als stille Gesellschafter i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist rechtmäßig.

40

aa) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, es sei denn, dass der Gesellschafter oder Darlehensgeber als Mitunternehmer anzusehen ist.

41

Eine stille Gesellschaft setzt nach dem Handelsgesetzbuch den vertraglichen Zusammenschluss zwischen einem Unternehmensträger (Inhaber eines Handelsgeschäfts) und einem anderen voraus, kraft dessen sich der andere ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage an dem Unternehmen beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält (BFH-Urteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190). Da die stille Gesellschaft nur als Innengesellschaft existiert und nach außen hin nicht in Erscheinung tritt, muss die Einlage nach § 230 HGB so geleistet werden, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht; die Einlage wird daher kein Gesamthandsvermögen. Ferner erfordert die stille Gesellschaft einen gemeinsamen Zweck, was bedeutet, dass das gemeinsame Streben zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Vordergrund stehen muss. Mit der Einigung auf den gemeinsamen Zweck werden die gemeinsamen Vorstellungen der Parteien über Grundlagen und Ziele des Vertrages zum Vertragsinhalt erhoben (BFH-Urteil in BFHE 233, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.).

42

In den Beitrittserklärungen der A (auf Bl. 54 und 88 der Straf- und Bußgeldakte 1 des StraFA und auf Bl. 7 und 16 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 2 wird verwiesen) wird die A beauftragt die Beitretenden mit einer bestimmten Einlage als stillen Gesellschafter aufzunehmen. Gleichzeitig wurde ein Gesellschaftsvertrag zum Abschluss angeboten und darauf hingewiesen, dass nach dem Eingang der Beteiligungssumme auf dem Gesellschaftskonto das Beteiligungsverhältnis begründet wird. Die Anlagegelder sollten in einen Vermögenspool fließen, aus dem u.a. Großbanken Sicherheitskapital für Finanzgeschäfte zur Verfügung gestellt werden sollte. Damit betrieb die A auch ein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 Abs. 2 HGB. Die Antragsteller haben zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks dadurch beigetragen, dass sie der A Kapital überließen, mit dem die A ihr Handelsgeschäft betreiben sollte. Dieses Kapital verkörpert zugleich den Gesellschafterbeitrag sowie die stille Einlage der Antragsteller und ging in das Vermögen der A über. Den Antragstellern wurde eine Rendite von 15,5 % in Aussicht gestellt, gleichzeitig waren sie bis zur Höhe ihres Anlagekapitals an den Verlusten aus den Handelsgeschäften der A beteiligt. Die Kapitalanlagen boten daher erheblich Gewinnchancen aber auch beträchtlich Risiken bis hin zum Totalverlust der Anlage. Eine derartige Risikogemeinschaft vor allem die Vereinbarung der Verlustbeteiligung, bildet ein typisches Merkmal eines Gesellschaftsverhältnisses. Es kommt nicht darauf an, ob die sich als Folge daraus ergebenden Kotrollrechte des § 233 Abs. 1 HGB auch tatsächlich ausgeübt werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 233, 166, BStBl II 2009, 190).

43

Selbst wenn aber die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks nach der Aktenlage nicht abschließend beurteilt werden kann, da die Beitrittserklärungen in den Akten des StraFA nicht „den auf der Rückseite abgedruckten bzw. angehängten Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag“ der A enthalten, so legen jedoch die Beitrittserklärungen der Antragsteller, die im Zuge der Fahndungsprüfung getroffenen Feststellungen und die über das Internet publizierten Ermittlungsergebnisse der Schwerpunktstaatsanwaltschaft E zum „Geschäftsmodell“ der A die Annahme einer stillen Gesellschaftsbeteiligung nahe. Dabei kommt der Formulierung in den Beitrittserklärungen aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass für die Abgrenzung der Tatbestände des § 20 zu § 23 EStG darauf abzustellen ist, wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus der Sicht des Kapitalanlegers bei objektiver Betrachtung darstellt, erhebliche Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739; VIII R 81/03, BFHE 209, 438, BStBl II 2005, 746).

44

Aus der Sicht des Kapitalanlegers bei objektiver Betrachtung stellte sich das Rechtsgeschäft im Streitfall als stille Beteiligung dar. So werden die Antragsteller in der Beitrittserklärung als stille Gesellschafter benannt, die die A beauftragen, sie als stille Gesellschafter mit einer Einlage aufzunehmen. Der Vordruck sieht sodann von den Antragstellern einzufügende Angaben zur Höhe ihrer Beteiligungssumme vor und enthält das Angebot an die A zum Abschluss des „auf der Rückseite abgedruckten bzw. angehängten Auszuges aus dem Gesellschaftsvertrag“, dessen Kenntnisnahme und Akzeptanz die Antragsteller mit ihrer nachfolgende Unterschrift als „stille Gesellschafter“ bestätigten. Welchen Inhalt der Gesellschaftsvertrag hatte und ob er den jeweiligen Beitrittserklärungen tatsächlich beigefügt war, vermag der Senat nicht festzustellen. Denn der von den Klägern eingereichten Kopie „Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der A und Allgemeine Informationen“ ist nicht zu entnehmen, dass diese im Rahmen der von den Klägern unterschriebenen Beitrittserklärungen beigefügt waren. Zwar hat die A ab dem Jahre 2009 in neueren Prospekten die Anlagen als Aktienbeteiligungen beworben, die Kläger beteiligten sich jedoch in den Jahren 2002 bis 2007 an der A. Gegen eine Aktienbeteiligung der Kläger spricht darüber hinaus, dass keine Aktienurkunden durch die Kläger vorgelegt wurden, eine Depotsammelverwahrung nicht ersichtlich ist, die ordnungsgemäße Führung eines in D, USA erforderlichen Aktienregisters (stock-ledger) nicht gegeben war, sich das Stammkapital der A nicht laufend erhöht hat, denn einem Stammkapital von 10 Mio. US $ stand eine weitaus höhere Vermögensbeteiligung der Anleger gegenüber, welche nach den Ermittlungen der StraFA über 90 Mio. EUR betrug (Bl. 46 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 1). Auch ein Auskunftsersuchen nach den Vorschriften des Steuerabkommens über Ertragsteuern zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland, betreffend die Vernehmung des C, der gemäß des „Secretary“ of State der „Director“ der A in K (USA) ist hat ergeben, dass tatsächlich keine Aktien ausgegeben wurden, denn ausweislich des Vernehmungsprotokolls räumt C in diesem ein, dass er der einzige Hauptaktionär ist und Aktien derzeit nicht veräußert würden (auf Bl. 96 bis 103 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 1 wird verwiesen).

45

Auch die von den Klägern eingereichten Schreiben vom 22. September 2011, 16. Februar 2011, 25. Februar 2011, 22. September 2011, 4. Oktober 2010, 10. Juli 2011 und 8. Oktober 2011, die von Aktien und Aktienrückkäufen sprechen, sind nicht geeignet den Beweis dafür zu erbringen, dass die Kläger Aktien erworben haben. Sie stammen alle aus einer Zeit in der der A die Ermittlungsmaßnahmen der StraFA bekannt waren und aufgrund derer die A ihre Prospekte änderte und die Anlagen als Aktienbeteiligungen bewarb. Aufgrund der Datierung der Schreiben sind diese darüber hinaus auch nicht geeignet, Aufschluss darüber zu geben, von welchen Vorstellungen die Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Beitrittserklärung ausgegangen sind. Das jeweilige Rechtsgeschäft stellte sich aufgrund der Beitrittserklärung aus der Sicht des Kapitalanlegers bei objektiver Betrachtung daher nicht als Aktienerwerb, sondern als stille Beteiligung dar.

46

Es wäre darüber hinaus Sache der Kläger gewesen, die als Vertragspartner der A unmittelbaren Zugriff auf den Gesellschaftsvertrag, die Anlagebedingungen und die gesamte mit ihr oder ihren Anlageberatern geführten Korrespondenz haben müssten, wegen der größeren Beweisnähe und der gegen ihre Rechtsauffassung sprechenden Beweismittel, dem Gericht sämtliche Beweismittel - insbesondere sämtliche sie betreffenden Beitrittserklärungen - zur Verfügung zu stellen. Dies haben die Kläger jedoch unterlassen.

47

bb) Die den Klägern von der A gutgeschriebenen und von ihnen stehen gelassenen, d.h. wiederangelegten (Schein-)Renditen führen zu Kapitaleinkünften i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 Alternative 1 EStG in den Jahren 2005 bis 2009. Denn auch Renditen aus Gutschriften aus sog. „Schneeballsystemen“ können zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, führen. (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Urteile vom 22. Juli 1997 VIII R 12/96, BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761; VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767; vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00, BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190; vom 16.März 2010 VIII R 4/07, BStBl II 2014,147).

48

Nach dieser ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Einnahmen gem. § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt werden oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch die Hingabe eines gedeckten Schecks führt zum Zufluss des entsprechenden Geldbetrages (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767 unter II.2.a. der Gründe; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, unter II.4.b.aa. der Gründe).

49

Ebenso kann eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (BFH-Urteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, unter II.4.b.bb. der Gründe, m.w.N.).

50

Ein Zufluss kann zudem durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger des Inhalts bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In dieser Schuldumwandlung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommen-steuerlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch tatsächliche Zahlung beglichen (Zufluss beim Gläubiger) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte (Wiederabfluss des Geldbetrages beim Gläubiger). Der zuletzt beschriebene lange Leistungsweg wird durch die Novationsvereinbarung lediglich verkürzt, indem auf den überflüssigen Umweg der Aus- und Rückzahlung des Geldbetrages verzichtet wird.

51

Von einem Zufluss des aufgrund der Altforderung geschuldeten Betrags kann in derartigen Fällen der Schuldumschaffung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht (vgl. Urteile vom 17. Juli 1984 VIII R 69/84, BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48 unter 2.d. der Gründe; in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.2.a.bb der Gründe; in BFHE 233, 166, BStBl II 2009, 190, unter II.4.b.cc. der Gründe). Für die Beantwortung der Frage, ob dies zutrifft, kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (vgl. BFH-Urteile in vom 19. Juni 2007 VIII R 63/03, BFH/NV 2008, 194; in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.2.a.bb. der Gründe, m.w.N.; in BFHE 233, 166, BStBl II 2009, 190, unter II.4.b.cc. der Gründe).

52

cc) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist ein Zufluss der gutgeschriebenen „Renditen“ i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Alternative 1 EStG bei den Klägern nicht nur im Falle der Auszahlung, sondern auch im Zeitpunkt der Gutschrift und Wiederanlage zu bejahen.

53

Die „Renditen“ wurden den Klägern per Abrechnung mitgeteilt und ihnen gutgeschrieben. Im Falle der Kündigung der Anlage wurden die Einlagen samt vermeintlich erzielter „Rendite“ zumindest bis Anfang des Jahres 2010 und damit auch in den Jahren 2005 bis 2009 gezahlt. Bei Nichtkündigung wurde das Geld neu angelegt, womit an die Stelle des alten Schuldverhältnisses ein neues Schuldverhältnis trat, was dem Zufluss der Renditen i.S. von § 11 Abs. 1 EStG nicht entgegen steht. In der Wahl der Wiederanlage lag zivilrechtlich eine Novation.

54

Die Kläger haben die ihnen zu Gebote stehende freie Wahl der Kündigung mit Auszahlung der Renditen und der Nichtkündigung verbunden mit der Wiederanlage im eigenen Interesse – um fortan weitere hohe Renditen erzielen zu können – im Sinne der letztgenannten Alternative ausgeübt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 184, 24, BStBl II 1997, 761, m.w.N.; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190).

55

Ohne Belang ist, dass die Kläger möglicherweise diese Wahl nicht getroffen hätten, wenn ihnen das tatsächliche Verhalten der A bekannt gewesen wäre. Entscheidend ist allein, dass die A es den Klägern freistellte, statt der Wiederanlage die Auszahlung der gutgeschriebenen „Renditen“ zu verlangen, und ihnen damit die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Renditebeträge eingeräumt hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190).

56

dd) Die A wäre für den Fall, dass die Kläger statt der Wiederanlage der „Renditen“ deren Auszahlung gewählt hätte, zu den entsprechenden Zahlungen auch bereit und fähig gewesen.

57

Nach den Feststellungen des StraFA hat die A bis einschließlich Anfang 2010 die „Renditen“ und Einlagen bedient. Angesichts der damit in den Streitjahren anzunehmenden unbedingten Leistungsbereitschaft der A spielt es keine Rolle, ob diese tatsächlich entsprechende Netto-Wertzuwächse in Höhe der den Anlegern gutgeschriebenen Renditebeiträge erwirtschaftet hatte und daher zivilrechtlich zu entsprechenden Leistungen verpflichtet war oder nicht (vgl. BFH-Urteile vom 21. Juli 1987 VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224 ; in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646; BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190). Zwar setzt der Zufluss eines Geldbetrages im Falle dessen bloßer Gutschrift in den Büchern des Schuldners im Regelfall voraus, dass insoweit eine eindeutige und unbestrittene Leistungsverpflichtung des Schuldners besteht, diesem also insbesondere kein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (vgl. BFH-Urteile vom 16. November 1993 VIII R 33/92, BFHE 174, 322, BStBl II 1994, 632, BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190). Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Schuldner erkennbar auf zivilrechtliche Einwendungen und Einreden gegen die Forderung des Gläubigers nicht berufen will (BFH-Urteile vom 10. Juni 1975 VIII R 71/71, BFHE 116, 333, BStBl II 1975, 847; vom 6. April 1993 VIII R 68/90, BFHE 172, 25, BStBl II 1993, 825; in BFHE 2223, 166, BStBl II 2009, 190). So liegt es im Streitfall. Die A schrieb den Anlegern „Renditen“ gut und zahlte diese bis einschließlich Anfang 2010 nach Eintritt der vereinbarten Fälligkeit an die Anleger aus oder räumte ihnen im Wege der Novation neue (Kapital-) Forderungen ein, unabhängig davon, ob sie zu diesen Leistungen zivilrechtlich verpflichtet war oder nicht.

58

ee) Die A war in den maßgeblichen Wiederanlagezeitpunkten zur Auszahlung der gutgeschriebenen „Renditen“ auch fähig gewesen.

59

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein Zufluss sowohl in den Fällen bloßer Gutschrift des betreffenden Betrages in den Büchern des Schuldners als auch in den Fällen der Novation grundsätzlich nur anzunehmen, wenn der Schuldner – hier also die A – in dem betreffenden Zeitpunkt zur Zahlung des Betrages in der Lage gewesen wäre, also nicht zahlungsunfähig war (z.B. BFH-Urteile vom 22. Mai 1973 VIII R 97/70, BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815, betreffend Buchgutschrift; in BFH/NV 1988, 224, 225, unter I.2.b der Gründe, betreffend Novation; in BFHE 233, 166, BStBl II 2009, 190). Als Zahlungsunfähigkeit in diesem Sinne ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu berichtigen (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 194, m.w.N.; vom 8. Mai 2007 VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249; in BFHE 233, 166, BStBl II 2009, 190). Dies ist vor dem „Zusammenbruch“ des Schuldners im Regelfall zu verneinen, so lange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt wurde (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 2249, m.w.N.; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190).

60

Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass die A in den Zeitpunkten der Auszahlungen und der jeweiligen Wiederanlagen bis Anfang des Jahres 2010 zahlungsfähig war. Dies folgt daraus, dass die A nach den Feststellungen des StraFA bis Anfang 2010 den Auszahlungsverlangen hinsichtlich gekündigter Kapitalanlagen einschließlich der „Renditen“ nachkam.

61

b) Auch aus den Regelungen des Abkommens zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und der Bundesrepublik Deutschland 1989/2008 (DBA USA) ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein Besteuerungsrecht der USA. Art. 11 Abs. 1 DBA USA sieht vielmehr im Grundsatz vor, dass Zinsen, die eine in einem Vertragsstaat – hier in Deutschland – ansässige Person als Nutzungsberechtigter bezieht, nur in diesem Staat – also Deutschland – besteuert werden, wobei nach der abkommensrechtlichen Bestimmung des Begriffs „Zinsen“ Einkünfte aus Forderungen jeder Art erfasst werden (Art. 11 Abs. 2 DBA USA).

62

c) Der Beklagte war auch befugt, die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2009 zu ändern.

63

aa) Die Steuerbescheide durften nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden, weil die Tatsachen und Beweismittel betreffend die Einkünfteerzielung der Kläger gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus deren A Beteiligungen dem Beklagten nachträglich durch die Ermittlungsmaßnahmen des StraFA bekannt geworden sind.

64

bb) Darüber hinaus durfte der Beklagte die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2009 ändern, weil die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen war.

65

Die Änderung einer Steuerfestsetzung ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist.

66

Die Festsetzungsfrist beträgt für die Einkommensteuer grundsätzlich vier Jahre, § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuerklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 AO später beginnt. Beginnen die Zollfahndungsämter oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind, § 171 Abs. 5 Satz 1 AO. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist, § 171 Abs. 5 Satz 2 AO.

67

Die steuerlich beratenen Kläger reichten die Steuererklärungen für das Jahr 2005 am 28. September 2007, für das Jahr 2006 am 4. Juli 2007, für das Jahr 2007 am 22. September 2008, für das Jahr 2008 am 2. September 2009 und für das Jahr 2009 am 23. August 2010 ein. Gleichwohl durften sämtliche Änderungen mit Einkommensteuerbescheiden vom 22. Oktober 2012 erfolgen, da die Festsetzungsfrist in den Jahren 2007 bis 2009 noch nicht abgelaufen war und im Jahr 2006 die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 5 Satz 2 AO eingreift. Den Klägern ist am 26. November 2010 (Bl. 35-37 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 1 und Bl. 55-57 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 2) die Einleitung des Steuerstrafverfahrens mitgeteilt worden und damit vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist. Darüber hinaus greift für die Jahre 2005 und 2006 auch die Ablaufhemmung des § 175 Abs. 5 Satz 1 AO ein, da das StraFA gegenüber den Klägern sowohl für das Jahr 2005 als auch für das Jahr 2006 betreffend die Anlagen der A der Kläger bei diesen ausweislich der Schreiben vom 19. Juli 2010 Ermittlungen durchgeführt hat, in dem es die Kläger aufforderte sich u.a. über die Dauer und Höhe ihrer A-Beteiligungen zu erklären (auf Bl. 31 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 2 und Bl. 19 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 1 wird verwiesen). Auch aus dem Schreiben vom 23. November 2013, mit dem das StaFA den Klägern mitteilte, dass es beabsichtigte „geänderte Besteuerungsgrundlagen für 2003 bis 2009 dem zuständigen Festsetzungsfinanzamt“ mitzuteilen (auf. Bl. 58-59 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 2 und Bl. 38-39 der Straf- und Bußgeldakte des StraFA 1 wird verwiesen), geht hervor, dass Gegenstand der Ermittlungen auch die Besteuerung der A-Beteiligungen für das Jahr 2005 war.

68

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

69

3. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

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