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Steuerrecht
18.01.2018
Steuerrecht
FG Münster: Leitender Angestellter der Konzernmutter, der als Aufsichtsratsmitglied in eine Tochter-AG entsandt wird, als Unternehmer

FG Münster, Urteil vom 26.1.20175 K 1419/16 U

ECLI:DE:FGMS:2017:0126.5K1419.16U.00

Sachverhalt

Streitig ist, ob ein Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft, das Angestellter der Konzernmutter ist und in den Aufsichtsrat einer Tochtergesellschaft entsandt wird, mit seiner Aufsichtsratstätigkeit umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer ist.

Der Kläger war in den Streitjahren 2013 - 2015 leitender Angestellter (Leiter der Organisationseinheit Strategie Konzern) der S Aktiengesellschaft, F. Außerdem war er in den Streitjahren bis zum 2.3.2015 Aufsichtsratsmitglied der E AG, I, einer damals 100%igen Tochter der S Aktiengesellschaft. Gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung der E AG erhält jedes Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine jährliche Festvergütung von 20.000 Euro und im Falle einer nicht ganzjährigen Tätigkeit einen zeitanteiligen Anteil davon (§ 13 Abs. 3 Satzung). Gemäß § 13 Abs. 4 der Satzung werden den Aufsichtsratsmitgliedern die durch die Ausübung ihres Amtes entstehenden Auslagen – einschließlich einer etwaigen auf die Vergütung und den Auslagenersatz entfallenden Umsatzsteuer – erstattet.

Gemäß § 4 Abs. 4 des Anstellungsvertrags zwischen dem Kläger und der S Aktiengesellschaft sind Vergütungen für die Wahrnehmung unter anderem von Aufsichtsratsmandaten in Konzern- und Beteiligungsgesellschaften jährlich der Gesellschaft zu melden und abzuführen. Die Abführung erfolgt jährlich über die Verrechnung bei der Auszahlung der Tantiemen.

Die E AG rechnete gegenüber dem Kläger die Aufsichtsratsvergütung für 2013 mit Gutschrift vom 10.12.2013 unter offenem Umsatzsteuerausweis (netto: 20.000 Euro, Umsatzsteuer 19 %, 3.800 Euro, gesamt: 23.800 Euro) ab. Dieser Gutschrift widersprach der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2014. Der Kläger zahlte die Umsatzsteuer i. H. v. 3.800 Euro im Jahr 2015 an die E AG zurück. Für 2014 rechnete die E AG die Aufsichtsratsvergütung per Gutschrift ohne Umsatzsteuerausweis i. H. v. 20.000 Euro ab. Für den Zeitraum 1.1.2015 - 2.3.2015 rechnete die E AG die Aufsichtsratsvergütung per Gutschrift i. H. v. 3.342,47 Euro ohne Umsatzsteuerausweis ab.

Der Kläger gab für die Streitjahre Umsatzsteuererklärungen ab, mit denen er für 2013 und 2014 jeweils 3.800 Euro Umsatzsteuer und für 2015 533,52 Euro erklärte. Innerhalb der Monatsfrist nach Erklärungsabgabe legte der Kläger jeweils Einsprüche ein, mit denen er geltend machte, seine Aufsichtsratstätigkeit sei nicht unternehmerisch. Am 19.3.2016 gab der Kläger berichtigte Umsatzsteuererklärungen für 2013 und 2014 ab, mit denen er jeweils 3.193,14 Euro erklärte (19 % aus 20.000 Euro). Den geänderten Erklärungen stimmte der Beklagte jeweils zu. Mit Einspruchsentscheidung vom 4.4.2016, auf die wegen des Inhalts verwiesen wird, wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die Klage.

Der Kläger meint, er habe die Aufsichtsratstätigkeit im Rahmen seiner nichtselbstständigen Haupttätigkeit als leitender Angestellter der S Aktiengesellschaft ohne gesonderte Vergütung ausgeübt. Er habe bei seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied kein Unternehmerrisiko getragen, denn aufgrund des Arbeitsvertrags mit der S Aktiengesellschaft sei er von jeglichem Erwerbsrisiko freigestellt, aber andererseits auch nicht am Erfolg beteiligt, weil er die Aufsichtsratsvergütung abzuführen gehabt habe.

Der Kläger habe auch keine Unternehmerinitiative gehabt, denn seine Tätigkeit habe in einem engen ursächlichen Zusammenhang mit seiner nichtselbständigen Haupttätigkeit gestanden. Die OFD Frankfurt/M verneine in einer Rundverfügung vom 4.4.2014 die Selbständigkeit von Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft, die als Aufsichtsratsmitglieder tätig sind. Diese Maßstäbe müssten auch im privatrechtlichen Bereich angewendet werden. Sowohl bei Beamten wie bei Arbeitnehmern bestünden Weisungsrechte des Dienstherrn/Arbeitgebers (§ 35 S. 2 Beamtenstatusgesetz, § 106 Gewerbeordnung). Die Aufsichtsratstätigkeit eines Anteilseignervertreters werde nicht aufgrund eigener Entscheidung des Arbeitnehmers übernommen, sondern als zusätzliche Aufgabe im Rahmen des Angestelltenverhältnisses. Der Arbeitgeber habe aufgrund seiner Mehrheit in der Hauptversammlung auch jederzeit die Möglichkeit, den Arbeitnehmer als Aufsichtsrat abzuberufen.

Der Kläger sei in das Unternehmen der S Aktiengesellschaft eingegliedert, denn er war deren Arbeitnehmer. Die Eingliederung umfasse auch die Entsendung des Klägers in den Aufsichtsrat der E AG. Ohne seine abhängige Beschäftigung bei der S Aktiengesellschaft oder einer anderen Tochtergesellschaft wäre es dem Kläger unmöglich gewesen, die Tätigkeit als Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat der E AG aufzunehmen und auszuüben.

Der Kläger sei aufgrund seines Arbeitsverhältnisses zur S Aktiengesellschaft auch weisungsgebunden gewesen (§ 106 Gewerbeordnung). Zwar unterliege er nicht Weisungen der Gesellschaft, deren Geschäftsführung er als Aufsichtsratsmitglied überwachen sollte (E AG). Der Kläger habe aber den Weisungen der S Aktiengesellschaft unter besonderer Berücksichtigung deren Stellung als Alleingesellschafterin der E AG unterlegen. Der Kläger habe einen Auftraggeber und Dienstherrn gehabt, nach dessen Weisungen und dessen Willen er in seiner Hauptbeschäftigung als leitender Angestellter und damit untrennbar verbunden in seiner Nebentätigkeit als Aufsichtsratsmitglied zu handeln gehabt habe.

Der Kläger habe auch nicht nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen gehandelt, denn er sei auf arbeitsvertraglicher Grundlage in den Aufsichtsrat entsandt worden. Es liege daher keine Beteiligung am Markt vor. Der Kläger habe sich nicht in einem Konkurrenzverhältnis zu anderen Bewerbern befunden und seine Tätigkeit auch nicht aus freiem Ermessen ausgeübt, sondern ausgerichtet an den Unternehmens- und Konzerninteressen der S Aktiengesellschaft. Es fehle auch an einer Einnahmeerzielungsabsicht des Klägers, denn er habe seine Aufsichtsratsvergütung abführen müssen.

Die Grundsätze der BFH-Urteile vom 27.7.1972, V R 136/71 und vom 2.10.1986, V R 68/78 seien auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Der Kläger sei nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft gewesen, in deren Aufsichtsrat er tätig gewesen sei, sondern Arbeitnehmer der Alleingesellschafterin der beaufsichtigten Gesellschaft. Der Kläger sei auch nicht aufgrund selbstbestimmter Wahl und freier Annahme zum Aufsichtsratsmitglied bestellt worden, sondern aufgrund der Initiative seines Arbeitgebers und aus der Verpflichtung aus seinem Arbeitsvertrag. In den BFH-Fällen habe es auch keine Abführungspflicht im Hinblick auf die Aufsichtsratsvergütungen gegeben.

Wegen der Einzelheiten des klägerseitigen Vortrags wird auf die Schriftsätze vom 9.5.2016 und 13.10.2016, jeweils mit Anlagen, verwiesen.

Der Kläger beantragt,

              die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2013, 2014 und 2015 in Gestalt der               Einspruchsentscheidung vom 4.4.2016 aufzuheben,

              hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

              die Klage abzuweisen.

Er nimmt Bezug auf seine Einspruchsentscheidung.

Die Sache ist am 26.1.2017 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Es wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet. Die Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehenden Steueranmeldungen (§ 168 AO) des Klägers sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Die Aufsichtsratsvergütungen sind vom Beklagten zu Recht als umsatzsteuerrechtliches Entgelt berücksichtigt worden (dazu I.). Auch der Höhe nach sind die Bescheide nicht zu beanstanden (dazu II.).

I. Der Kläger hat die Aufsichtsratstätigkeit als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 UStG ausgeübt. Die von der E AG dafür gezahlten (Brutto)Entgelte stellen steuerpflichtige Entgelte im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG dar.

Aufsichtsratstätigkeiten stellen nach bisheriger Rechtsprechung sonstige Leistungen dar, die selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht betrieben werden (im Ergebnis ebenso: BFH-Urteile vom 20.8.2009, V R 32/08, BStBl II 2010, 88; FG Hamburg, Urteil vom 25.7.2006, 3 K 66/06, EFG 2007, 453). Die im Streitfall vom Kläger angeführten Besonderheiten führen nicht dazu, dass seine Aufsichtsratstätigkeit als unselbständige Tätigkeit zu qualifizieren ist.

1) Der Kläger war nicht unselbstständig im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, denn er war im Hinblick auf seine Aufsichtsratstätigkeit weder in die S Aktiengesellschaft, noch in die E AG so eingegliedert, dass er den Weisungen der vorgenannten Gesellschaften zu folgen verpflichtet war.

Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nichtselbständig ausgeübt, soweit eine natürliche Person einem Unternehmen so eingegliedert ist, dass sie den Weisungen des Unternehmens zu folgen verpflichtet ist. Eine Weisungsgebundenheit des Klägers im Hinblick auf seine Aufsichtsratstätigkeit ist gemäß § 111 Abs. 5 Aktiengesetz i. V. m. § 116 Aktiengesetz ausgeschlossen. Gemäß § 111 Abs. 5 Aktiengesetz, wonach die Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt höchstpersönlich wahrzunehmen haben, schließt zwar nicht ausdrücklich, aber doch sinngemäß die Unterwerfung unter den Willen anderer aus. Für die Weisungsfreiheit spricht auch die jedes Aufsichtsratsmitglied persönlich treffende Verantwortlichkeit und Haftung gemäß § 116 Aktiengesellschaft i. V. m. § 93 Aktiengesetz (BGH Urteile vom 5.6.1975, II ZR 23/74, BGHZ 64, 325, 331; vom 15.11.1982, II ZR 27/82, BGHZ 85, 293, 295; vom 25.2.1982, II ZR 123/81, BGHZ 83, 106, 113; vom 26.3.1984, II ZR 171/83, BGHZ 90, 38 , 398).

Die Weisungsfreiheit des Klägers ist auch nicht dadurch eingeschränkt, dass die Gesellschaft, an der der Kläger als Aufsichtsrat tätig war, eine abhängige Tochtergesellschaft des Arbeitgebers des Klägers war. Der Überwachungsauftrag des Aufsichtsrats in einer abhängigen Gesellschaft ist nicht anders zu sehen, als in einer unabhängigen Gesellschaft. Auch hier muss das Aufsichtsratsmitglied im Wesentlichen die Leitungsmaßnahmen des Vorstands überwachen. Dabei ist er dem Gesellschafts- und nicht dem Konzerninteresse verpflichtet. Des Weiteren muss das Aufsichtsratsmitglied prüfen, ob das herrschende Unternehmen die konzernrechtlichen und/oder vertraglichen Grenzen zulässiger Einflussnahme einhält. Die vorgenannten Kontrollpflichten und -aufgaben des Aufsichtsrats schließen es aus, dass er den Weisungen des Vorstands der Muttergesellschaft oder der Tochtergesellschaft unterliegt (siehe zum Ganzen: Drygala in Schmidt/Lutter, AktG Kommentar, 3. Aufl. 2015, § 111 AktG Rn. 30).

Zwar ist die Wahl zum Aufsichtsratsmitglied des Klägers bei der E AG nach dem Vortrag des Klägers, an dem der Senat keine Zweifel hat, maßgeblich durch seine leitende Tätigkeit bei der Muttergesellschaft verursacht. Der Senat verkennt nicht, dass die Muttergesellschaft faktisch eine Einflussmöglichkeit auf den Kläger hatte und von dieser wahrscheinlich auch Gebrauch gemacht hat. Die Muttergesellschaft hat den Kläger gemäß § 101 Abs. 2 Aktiengesetz in den Aufsichtsrat entsandt und hatte gemäß § 103 Abs. 2 Aktiengesetz auch die Möglichkeit, ihn jeder Zeit wieder abzuberufen und durch ein anderes Mitglied zu ersetzen. Für die Frage einer Weisungsunterworfenheit einer Tätigkeit kommt es jedoch nicht darauf an, dass der Anweisende die Person, die die Tätigkeit ausüben soll, auswählt und austauschen kann. Maßgeblich ist die Ausführung der Aufsichtsratstätigkeit selbst. Hierauf kann der Entsendungsberechtigte in rechtlich zulässiger Weise keinen Einfluss nehmen.

Ob die Auffassung der OFD Frankfurt/M. in ihren Verfügungen vom 4.4.2014 und 4.10.2013, Az. S 7100 A - 287 - St 110, im Hinblick auf die Selbstständigkeit von in Aufsichtsräte entsandten Beamten und anderen Mitarbeitern von Gebietskörperschaften rechtlich haltbar ist, kann hier dahinstehen. Der Kläger gehört nicht zu dem in den vorgenannten Verfügungen genannten Personenkreis. Darüber hinaus sind norminterpretierende Verwaltungsverfügungen, die als solche keine Rechtsnormqualität besitzen, für die Gericht nicht bindend (ständige Rechtsprechung, sh. z. B.: BFH Zwischenurteil v. 16.12.2014, X R 47/13, BFH/NV 2015, 793).

2) Der Kläger hat seine Aufsichtsratstätigkeit auch gegen Entgelt gemäß § 10 UStG ausgeführt. Gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 UStG ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Der Kläger hat seine Leistung als Aufsichtsratsmitglied an die E AG erbracht. Diese hat dafür Zahlungen geleistet, die das Entgelt im Sinne von § 10 UStG darstellen.

3) Die Abführungspflicht im Hinblick auf die Aufsichtsratsvergütung gemäß § 4 Abs. 4 Anstellungsvertrag lässt die Einnahmeerzielungsabsicht des Klägers nicht entfallen. Maßgeblich ist das Verhältnis zwischen dem Kläger und der E AG. Die Abführungspflicht betrifft hingegen das Verhältnis des Klägers zu seinem Arbeitgeber. Nach der Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, ist es für ein umsatzsteuerliches Leistungsverhältnis grundsätzlich unerheblich, ob dem Leistenden der wirtschaftliche Erfolg verbleibt. Selbst ein Strohmann, der ein Rechtsgeschäft ausschließlich für Rechnung eines Hintermannes abschließt, ist umsatzsteuerrechtlich als Unternehmer zu behandeln. Ob der nach außen Auftretende wirtschaftlich am Erfolg des zwischen ihm und dem Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäfts teilhat, ist unerheblich (BFH Beschluss vom 31.1.2002, V B 108/01, BStBl II 2004, 622; Nieders. Finanzgericht, Urteil v. 22.2.2007, 5 K 230/02, DStRE 2008, 300).

4) Der Kläger hat sich mit seiner Aufsichtsratstätigkeit am Markt beteiligt. Nach der BFH-Rechtsprechung kann ein Steuerpflichtiger als Unternehmer ungeachtet dessen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen, dass er nur für einen einzigen Vertragspartner tätig wird. Zwar sprechen Geschäftsbeziehungen mit mehreren, womöglich ständig wechselnden Kunden im Allgemeinen deutlicher für das erforderliche Teilhaben am Marktgeschehen, sie sind aber kein unerlässliches Erfordernis. Dies folgt daraus, dass die Merkmale des § 2 Abs. 1 UStG den „typischen“ Unternehmer im Blick haben, der als Händler, Produzent oder Dienstleistender seine Leistungen „am Markt“ erbringt. Die Eigenschaft als Marktteilnehmer wird indes nicht in Frage gestellt, wenn - in atypischen Fällen - die Leistungen an einen einzigen Abnehmer erbracht werden. Vielmehr sind die Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit in dem Sinne typusbezogen auszulegen, dass alle nachhaltigen und selbständigen Tätigkeiten von Dienstleistenden steuerlich erfasst werden (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 29.10.1997 X R 183/96, BFHE 184, 355, BStBl II 1998). Aus diesem Grunde hat die Rechtsprechung - zum Teil inzident - Geschäftsbeziehungen zu einem einzigen Vertragspartner als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausreichen lassen, so z.B. bei Versicherungsvertretern, die nur für ein einziges Versicherungsunternehmen tätig werden (BFH-Urteil vom 26.10.1977 I R 110/76, BFHE 123, 507, BStBl II 1978, 137); ferner in den Fällen eines Fremdenführers, der nur für ein Touristikunternehmen arbeitet (BFH-Urteil vom 09.07.1986 I R 85/83, BFHE 147, 245, BStBl II 1986, 851) und einer Anlageberaterin, die im Auftrag einer Bank im Wesentlichen nur einen Kunden betreut (BFH-Urteil vom 02.09.1988 III R 58/85, BFHE 154, 332, BStBl II 1989, 24). Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr wurde ferner bejaht bei der Tätigkeit als Pilot für eine Fluggesellschaft (BFH-Urteil in DStR 2002, 1389), bei der Arbeit als Rundfunkermittler für einen Auftraggeber (BFH-Urteil vom 02.12.1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534), beim Abschluss eines Montagevertrages mit einem einzigen Geschäftsherrn (BFH-Urteil vom 24.01.1990 X R 44/88, BFH/NV 1990, 798), bei der gewerblichen Tätigkeit als Werbedame (BFH-Urteil vom 14.06.1985 VI R 150152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661), als Bauleiter (BFH-Urteile vom 22.01.1988 III R 43-44/85, BFHE 152, 345, BStBl II 1988, 497; vom 12.10.1989 IV R 118-119/87, IV R 118/87, IV R 119/87, BFHE 158, 413, BStBl II 1990, 64), als Software-Berater (BFH-Urteil vom 24.08.1995 IV R 60-61/94, BFHE 178, 364, BStBl II 1995, 888) oder als Telefonverkäufer (BFH-Urteil vom 14.12.1988, X R 34/82, BFH/NV 1989, 541). Im Hinblick auf das Gesetzesziel, die Verbraucherversorgung zu besteuern, darf es keinen Unterschied ergeben, ob die Leistungen mehreren Interessenten angeboten oder von vornherein nur gegenüber einem Abnehmer erbracht werden. Auch das UStG geht in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG dem Grunde nach von einer Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern aus.

5) Es greift auch keine Steuerbefreiung zu Gunsten des Klägers ein. Die hier allein in Betracht kommende Befreiung gemäß § 4 Nr. 26 UStG (ehrenamtliche Tätigkeiten) ist nicht einschlägig. Die von der E AG gezahlte Vergütung i. H. v. jährlich 20.000 Euro kann nicht mehr als angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis i. S. v. § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG angesehen werden. Darüber hinaus ist die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied in einer Aktengesellschaft weder in einem Gesetz als ehrenamtlich benannt, noch im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet (sh. dazu: BFH Urteil vom 20.8.2009, V R 32/08, BStBl II 2010, 88, zur Tätigkeit im Aufsichtsrat einer Volksbank).

II. Die Höhe der in den angefochtenen Bescheiden berücksichtigten Umsätze ist nicht zu beanstanden. Die Rückzahlung der 3.800 Euro durch den Kläger an die E AG führt nicht zu einer Umsatzsteuer-Berichtigung nach § 17 UStG im Jahr 2015.

Das Entgelt für die Leistungen des Klägers als Aufsichtsratsmitglied bei der E AG ist in § 13 Satzung E AG geregelt. Der Senat legt diese Regelung als Nettopreisvereinbarung aus. Grundsätzlich enthält ein vereinbartes Entgelt zwar auch die auf die Leistung entfallende Umsatzsteuer. Das gilt aber nicht, wenn etwas anderes vereinbart wurde (BGH Urteil vom 14.1.2000, V ZR 416/97, WM 2000, 915 m. w. Nachweisen). Im Streitfall ergibt sich aus § 13 der Satzung der E AG, dass dem Aufsichtsratsmitglied eine Vergütung von 20.000 Euro pro Jahr zustehen soll (§ 13 Abs. 1 Satzung) und dass eine etwaige auf die Vergütung und den sonstigen Auslagenersatz entfallende Umsatzsteuer von der E AG zusätzlich zu zahlen ist (§ 14 Abs. 4 Satzung). Hieraus schließt der Senat, dass die Vertragsparteien eine etwaig anfallende Umsatzsteuer auf die E abwälzen wollten. Das haben die Vertragsparteien auch selbst so gesehen, denn ansonsten wäre die Auszahlung der Aufsichtsratsvergütung nach Widerspruch des Klägers gegen die Abrechnung per Gutschrift mit offenem Umsatzsteuerausweis nicht vermindert worden. Der Widerspruch des Klägers gegen die Abrechnung unter offenem Umsatzsteuerausweis mit der Folge, dass nur noch die „Nettovergütung“ ausgezahlt worden ist, ist somit nicht als konkludente Vereinbarung einer Entgeltsminderung nach § 17 Abs. 1 UStG zu sehen.

Selbst wenn im Widerspruch des Klägers vom 16.12.2014 gegen eine Abrechnung mit offenem Umsatzsteuerausweis das Angebot zur Minderung der vereinbarten Aufsichtsratsvergütung zu sehen wäre, wäre keine Berichtigung des Umsatzes nach§ 17 UStG vorzunehmen. Zwar hat der Kläger im Jahr 2015 Euro 3.800 an die E AG erstattet. Er hat für den Leistungszeitraum 2013 bis 16.12.2014 aber gar keinen zu hohen Umsatz versteuert, so dass für eine „Berichtigung“ kein Raum ist (im Ergebnis ebenso: FG Nürnberg, Urteil v. 8.6.2010, 2 K 1121/2009, juris, für Berichtigung wegen Forderungsausfalls eines gar nicht versteuerten Umsatzes).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Für eine Revisionszulassung bestehen keine Gründe i. S. v. § 115 Abs. 2 FGO.

 

 

 

 

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