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Steuerrecht
16.11.2017
Steuerrecht
FG Münster: GewSt-Hinzurechnung/Organschaft – wirtschaftliche Eingliederung

FG Münster, Urteil vom 13.10.201713 K 951/16 G,F

ECLI:DE:FGMS:2017:1013.13K951.16G.F.00

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Zinsen in den Streitjahren 2000 bis 2002.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag … 1961 gegründete GmbH, […]. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist A..

Gesellschafterin der Klägerin war in den Streitjahren zu 99.4 % die Z. International B.V. mit Sitz in …/Niederlanden (im Folgenden: „Z.I.“). Ein Gewinnabführungsvertrag bestand zwischen der Klägerin und der Z.I. nicht. Die Z.I. hatte eine weitere Tochtergesellschaft, und zwar die Z. Nederland B.V., die ebenfalls ihren Sitz in den Niederlanden hat (im Folgenden: „Z.N.“). Die Z.I. war zu 100 % an der Z.N. beteiligt. Z.N. war damit eine Schwestergesellschaft der Klägerin. Zwischen der Z.I. und der Z.N. bestand eine „fiskale eenheid“ („fiskalische Einheit“) nach niederländischem Recht, welche eine Einkommenszurechnung an Z.I. nach niederländischem Recht bewirkte. Dies war ertragsteuerlich bereits … 1975 von der niederländischen Steuerverwaltung anerkannt worden.

Die Klägerin unterhielt wirtschaftliche Beziehungen zu ihrer Schwestergesellschaft Z.N. Diese stellte … her und lieferte … an die Klägerin. Darüber hinaus hatte Z.N. der Klägerin ein Darlehen gewährt. In den Streitjahren zahlte die Klägerin hierfür Zinsen i.H.v. … DM (… EUR) im Jahr 2000, … DM (… EUR) im Jahr 2001 und … EUR im Jahr 2002 an Z.N.

Die Klägerin gab für alle Jahre Gewerbesteuererklärungen ab und erklärte einen Gewerbeertrag von … DM für 2000 (zuzüglich Entgelte für Dauerschulden von … DM), ./. … DM für 2001 (zuzüglich Entgelte für Dauerschulden von … DM) und … EUR für 2002 (zuzüglich Entgelte für Dauerschulden von … EUR). Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung, welche im Wesentlichen mittlerweile unstreitige Fragen betraf, erließ der Beklagte Änderungsbescheide gemäß § 164 Abs. 2 AO und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Er setzte die Gewerbesteuermessbeträge 2000 und 2002 mit Bescheiden vom 15.1.2007 auf … DM (… EUR) für 2000 und … EUR für 2002 fest. Mit Bescheid vom 21.12.2006 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001 stellte er den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf … DM (… EUR) fest. Am 15.7.2008 erließ er – gestützt auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO – Änderungsbescheide zu den Gewerbesteuermessbeträgen 2000 und 2002 und setzte diese auf … DM (… EUR) für 2000 und … EUR für 2002 fest. Bei den Besteuerungsgrundlagen waren Hinzurechnungen ausgewiesen, und zwar Entgelte für Dauerschulden i.H.v. … DM für 2000, … DM für 2001 und … EUR für 2002. Hiervon berechnete der Beklagte 50 v.H. hinzu, also … DM für 2000, … DM für 2001 und … EUR für 2002. Darin enthalten waren u.a. auch die von der Klägerin an Z.N. gezahlten Zinsen.

Die Klägerin legte gegen die vorgenannten Bescheide Einspruch ein, und zwar mit Schreiben vom 2.1.2007 gegen den Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.2001 und mit Schreiben vom 12.2.2007 gegen die Gewerbesteuermessbescheide 2000 und 2002. Sie begehrte, die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen in Höhe von 50 % der an Z.N. gezahlten Zinsen zu vermindern, mithin um … EUR im Jahr 2000, … EUR im Jahr 2001 und … EUR im Jahr 2002.

Dies begründete sie damit, die Hinzurechnung der Zinsen sei unionsrechtswidrig. Da zwischen Z.N. und Z.I. eine „fiskalische Einheit“ bestehe, sei der Vorgang als Zinszahlung an die Muttergesellschaft Z.I. zu würdigen. Eine Hinzurechnung von Zinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG habe für Zahlungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften zu unterbleiben, wenn die Voraussetzungen für eine gewerbesteuerliche Organschaft vorlägen und die Tochtergesellschaft deswegen gewerbesteuerlich als Betriebsstätte der Muttergesellschaft gelte (§ 2 Abs. 2 GewStG). Zwar lasse das GewStG eine gewerbesteuerliche Organschaft nicht zu, wenn die Muttergesellschaft – wie hier – nicht im Inland ansässig sei. Das Unionsrecht verbiete es jedoch, einer deutschen Tochtergesellschaft beim Vorliegen eines grenzüberschreitenden Mutter-Tochter-Verhältnisses innerhalb der EU Steuervorteile zu versagen, die eine deutsche Tochtergesellschaft mit einer inländischen Muttergesellschaft unter entsprechenden Umständen in Anspruch nehmen könnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – dürften grenzüberschreitende Mutter-Tochter-Verhältnisse innerhalb der EU weder auf der Ebene der Muttergesellschaft noch auf der Ebene der Tochtergesellschaft im Bereich der direkten Steuern ungünstiger behandelt werden als inländische Mutter-Tochter-Verhältnisse (z.B. EuGH-Urteile vom 8.3.2001 C-397/98, C-410/98 „Metallgesellschaft“ und „Hoechst“, Sammlung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – Slg. – 2001 S. I-1727; vom 12.12.2002 C-324/00 „Lankhorst-Hohorst“, Amtsblatt der Europäischen Union – Abl EU – 2003, Nr. C 31, 2; vom 18.9.2003 C-168/01 „Bosal“, ABl EU 2003, Nr. C 264, 8; vom 13.3.2007 C-524/04 „Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation“, ABl EU 2007, Nr. C 95, 5; vom 14.12.2006 C-170/05 „Z.“, ABl EU 2006, Nr. C 331, 9). Dies folge aus dem Diskriminierungsverbot im Bereich der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG (in der Fassung des Amsterdamer Vertrags). Der EuGH habe speziell für Zinsen auch bereits entschieden, dass Art. 43 EG Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates entgegenstehe, welche die Möglichkeit für eine gebietsansässige Gesellschaft beschränkten, Zinsen auf ein Darlehen im Rahmen der Steuer abzuziehen, das von einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Muttergesellschaft (bzw. einer Schwestergesellschaft) gewährt worden sei, während sie eine gebietsansässige Gesellschaft, die von einer ebenfalls gebietsansässigen Muttergesellschaft ein Darlehen erhalten habe, nicht dieser Beschränkung unterwerfe (EuGH-Urteile vom 12.12.2002 C-324/00 „Lankhorst-Hohorst“, Abl EU 2003, Nr. C 31, 2; vom 13.3.2007 C-524/04 „Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation“, ABl EU 2007, Nr. C 95, 5). Das Diskriminierungsverbot gelte auch hinsichtlich gewerbesteuerlicher Hinzurechnungen gemäß § 8 GewStG (EuGH-Urteil vom 26.10.1999 C-294/97 „Eurowings“, ABl EG 2000, Nr. C 20, 6). In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – sei im Übrigen anerkannt, dass nationale Vorschriften auf dem Gebiet der direkten Steuern, soweit sie mit Art. 43 EG unvereinbar seien, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts ohne weiteres unanwendbar seien (z.B. BFH-Urteil vom 9.8.2006 I R 50/05, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 215, 93; Bundessteuerblatt – BStBl – II 2008, 823).

Diese Erwägungen würden, so die Klägerin in ihrer Einspruchsbegründung vom 20.8.2007, auch für das Streitjahr 2002 gelten. Dem Klagebegehren stehe nicht entgegen, dass ab diesem Jahr die gewerbesteuerliche Organschaft bei inländischen Mutter-Tochter-Verhältnissen einen Gewinnabführungsvertrag voraussetze und dieser im Streitfall nicht vorliege. Denn auch ein Gewinnabführungsvertrag könne, um die gewünschten steuerlichen Wirkungen zu erzielen, gemäß § 2 Abs. 2 GewStG (ab 2002) i.V.m. § 18 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – nur mit einer im Inland ansässigen Muttergesellschaft abgeschlossen werden. Auch hierdurch werde jedoch Art. 43 EG verletzt. Der EuGH habe klar entschieden, dass ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliege, wenn bei inländischen Verhältnissen ein steuerlicher Vorteil in Anspruch genommen werden könne, während diese Möglichkeit bei grenzüberschreitenden Verhältnissen nicht gegeben sei (EuGH-Urteile vom 8.3.2001 C-397/98, C-410/98 „Metallgesellschaft“ und „Hoechst“, Slg. 2001 S. I-1727, Tz. 76).

Demgegenüber erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 8.2.2013, sie sehe von ihrem Einspruchsbegehren hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen für das Jahr 2002 ab und beschränke es auf die Übertragung des zum 31.12.2001 festgestellten Gewerbeverlustes auf das Jahr 2002. Dies begründete sie damit, dass die formellen und materiellen Voraussetzungen eines Gewinnabführungsvertrags im Jahr 2002 nicht vorgelegen hätten. Mit Schriftsatz vom 2.10.2015 nahm sie dann jedoch ihr ursprüngliches Begehren für das Jahr 2002 wieder auf und erklärte, sie habe im vorherigen Schriftsatz den Einspruch nicht zurückgenommen. Die Begründetheit der Einsprüche ergebe sich nun aus dem EuGH-Urteil vom 2.9.2015 C 386/14 „Groupe Steria“ (ABl EU 2015, Nr. C 354, 10). Nach dieser Entscheidung dürften Mitgliedstaaten – abgesehen von der Übertragung von Verlusten innerhalb einer Organschaftsstruktur –Steuervorteile nicht den inländischen Gesellschaften des steuerlichen Konzerns vorbehalten und sie in grenzüberschreitenden Situationen ausschließen. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit des Art. 49 AEUV. Vor dem Hintergrund dieser EuGH-Entscheidung sei die bisherige BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 7.12.2011 I R 30/08, BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507 und vom 17.9.2014 I R 30/13, BFHE 247, 260, BStBl II 2017, 726) als „überholt“ anzusehen. Daraus folge, dass Deutschland verpflichtet sei, den Steuervorteil des Unterbleibens der Hinzurechnung von Zinszahlungen nach § 8 GewStG innerhalb eines steuerlichen Konzerns zu gewähren, und zwar ohne Rücksicht auf den inländischen oder ausländischen Sitz der Konzerngesellschaft (hier: Z.N.), die das Darlehen an die gebietsansässige Darlehensnehmerin (hier: die Klägerin) gewährt habe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 8.3.2016 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Dies begründete er damit, auf Kreditgewährungen zwischen Schwestergesellschaften außerhalb eines Organkreises finde § 8 Nr. 1 GewStG Anwendung, weil jede Schwestergesellschaft ihren Gewerbeertrag selbst zu versteuern habe. Anders als innerhalb eines inländischen gewerbesteuerlichen Organkreises komme es nicht zu einer Zusammenrechnung der erhaltenen und der gezahlten Entgelte für Dauerschulden bei der Ermittlung des Gewerbeertrags. Da im Streitfall zwischen der Klägerin und der Z.N. kein Organkreis bestanden habe, komme es allein deshalb zu einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG. Der Auslandssachverhalt sei im Streitfall ohne Bedeutung, da auch zwischen inländischen Schwestergesellschaften, die keinen Organkreis bildeten, eine Hinzurechnung der gezahlten Zinsen erfolgen müsse. Somit werde der vorliegende Sachverhalt nicht anders behandelt als ein Sachverhalt mit zwei inländischen Schwestergesellschaften; ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot liege nicht vor.

Unabhängig hiervon sei eine Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen gem. § 8 Nr. 1 GewStG aber nach der Rechtsprechung des BFH unionsrechtlich nicht zu beanstanden (BFH-Urteil vom 7.12.2011 I R 30/08, BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507). Für das Streitjahr 2002 sei zusätzlich zu beachten, dass der ab diesem Veranlagungszeitraum für eine Organschaft gesetzlich vorausgesetzte Gewinnabführungsvertrag im Streitfall nicht vorliege.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 30.3.2016 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.

Ergänzend zu ihrer Einspruchsbegründung trägt sie vor, in den Jahren 2000 und 2001 hätten die gesetzlichen Voraussetzungen für eine gewerbesteuerliche Organschaft bestanden, da die Klägerin finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in die Z.I. eingegliedert gewesen sei. Damit trete von Rechts wegen – ohne Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags – eine gewerbesteuerliche Organschaft ein. Der BFH habe auch im Fall einer ausländischen Muttergesellschaft für gewerbesteuerliche Zwecke die grenzüberschreitende Organschaft unter Berücksichtigung des Diskriminierungsverbotes aus einem Doppelbesteuerungsabkommen mit allen Folgen anerkannt (BFH-Urteil vom 9.2.2011 I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106). Der hierzu von der Finanzverwaltung herausgegebene Nichtanwendungserlass vom 27.12.2011 (BStBl I 2012, 119) sei für das Gericht unmaßgeblich. Dem abkommensrechtlichen Diskriminierungsverbot sei dasjenige nach Art. 43 EG gleichzustellen.

In den Jahren 2000 und 2001 sei die Klägerin wirtschaftlich in die Z.I. eingegliedert gewesen, weil ein umfassender Austausch von Waren zwischen der Klägerin und der Z.N. stattgefunden habe. Aufgrund der „fiskalischen Einheit“ würden die Mutter- und die Schwestergesellschaft nach niederländischem Recht wie ein einziges Unternehmen behandelt. Daher genüge es für die wirtschaftliche Eingliederung, dass ein Warenaustausch zwischen den Schwestergesellschaften stattfinde. Dieser werde der Muttergesellschaft zugerechnet. Im Übrigen sei die Z.I. als geschäftsleitende Holding anzusehen, wodurch sich ebenfalls die wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin begründen lasse. Aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH ergebe sich, dass eine Holding bereits dann als geschäftsleitende Holding anzusehen sei, wenn sie – wie im Streitfall – zu 100 % an der Tochtergesellschaft beteiligt sei (z.B. EuGH-Urteil vom 117.2013 C-440/11 P „Portielje“, ABl EU 2013, Nr. C 252, 9, Tz. 40 ff; EuG-Urteil vom 11.7.2014 T-543/08, ABl EU 2014, Nr. C 292, 25, Tz. 42 ff). Zudem sei die Z.I. aber auch deshalb als geschäftsleitend zu qualifizieren, weil sie mithilfe durchgängiger Steuerungs- und Überwachungsinstrumente ihre … Tochtergesellschaften einheitlich und zielorientiert führe, um Verbundvorteile zu nutzen und damit Bestand und wirtschaftlichen Erfolg des Konzerns dauerhaft zu sichern. Weitere Aufgaben der Muttergesellschaft seien die Finanzierung der Tochtergesellschaften, ggf. durch Bürgschaften, die Übernahme des Cashmanagements, die Überlassung von eingetragenen Warenzeichen an die Tochtergesellschaften (gegenüber der Klägerin konkret die IR-Marken Nr. 000001, 000002, 00003, 000004, 000005 und 000006) sowie der Abschluss gruppendeckender Versicherungsverträge.

Für das Jahr 2002 gelte im Ergebnis dasselbe, da die sich aus § 2 Abs. 2 GewStG i.V.m. § 18 KStG ergebende Beschränkung, einen Gewinnabführungsvertrag mit der Wirkung einer gewerbesteuerlichen Organschaft nur mit einer im Inland ansässigen Muttergesellschaft abschließen zu können, gegen das Diskriminierungsverbot verstoße (EuGH-Urteile vom 8.3.2001 C-397/98 und C-410/98 „Metallgesellschaft“, Tz. 103-107, und „Hoechst“, Slg. 2001 S. I-1727; vom 12.12.2006 C-446/04 „Test Claimants in the FII Group Litigation“, ABl EU 2006, Nr. C 331, 5). Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot liege bereits deshalb vor, weil die Möglichkeit inländischer Gruppenstrukturen, für eine gewerbesteuerliche Organschaft zu optieren, in grenzüberschreitenden Gruppenstrukturen nicht bestünde. Im Übrigen habe die Muttergesellschaft einer (nahezu) 100 %-Tochtergesellschaft auch ohne Gewinnabführungsvertrag Anspruch auf die Abführung des Gewinns der Tochtergesellschaft. Im Streitfall sei der Gewinn des Jahres 2002 auch tatsächlich an die Muttergesellschaft abgeführt worden, so dass die Vorgaben eines Gewinnabführungsvertrags praktisch beachtet worden seien. Die Bedeutung einer Gewinnabführung habe der BFH auch jüngst in seinem Beschluss vom 26.4.2016 I B 77/15, (Sammlung amtlich nicht veröffentlichte Entscheidung des BFH – BFH/NV – 2016, 1177) herausgestellt.

Insgesamt könne, so die Klägerin, die Klage nicht mit dem Hinweis auf die BFH-Urteile vom 17.9.2014 I R 30/13 (BFHE 247, 260, BStBl II 2017, 726) und vom 7.12.2011 I R 30/08 (BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507) abgewiesen werden. Vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils vom 2.9.2015 C-386/14 „Groupe Steria“ (ABl EU 2015, Nr. C 354, 10) könne diese BFH-Rechtsprechung keinen Bestand mehr haben und sei „überholt“. Aus dieser EuGH-Entscheidung ergebe sich, dass auch einzelne Aspekte innerhalb des Konsolidierungsprozesses zwischen den Mitgliedstaaten herausgegriffen werden dürften und jeder einzelne Aspekt für sich allein europarechtskonform sein müsse. Demnach dürfe es bei keinem einzelnen Aspekt zu einer Diskriminierung kommen. Für jeden Aspekt sei gesondert zu beurteilen, ob ein Mitgliedstaat den im Rahmen einer Organschaft zu gewährenden steuerlichen Vorteil in grenzüberschreitenden Situationen verweigern könne (vgl. Rz. 28 des EuGH-Urteils vom 2.9.2015 C-386/14). Der BFH habe sich in den vorbezeichneten Entscheidungen demgegenüber noch von der Vorstellung leiten lassen, aus dem EuGH-Urteil vom 25.2.2010 C-337/08 „X-Holding“ (ABl EU 2010, Nr. C 100, 3) könne abgeleitet werden, dass verschiedene Aspekte der Ergebniskonsolidierung, welche zu der Benachteiligung einer gebietsfremden Tochtergesellschaft gegenüber einer gebietsansässigen führten, von der Rechtfertigung umfasst seien, dass die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren sei (BFH-Urteil I R 30/08 unter II.4.b,aa der Gründe). Gerade diese Annahme sei aber vom EuGH nun ausdrücklich verworfen worden in Rz. 27 des EuGH-Urteils vom 2.9.2015 C-386/14. Insofern könne man gegen die Anwendung das „Groupe Steria“-Urteils auf den Streitfall auch nicht einwenden, dass es im dortigen Fall nicht um eine gewerbesteuerliche Fragestellung gegangen sei. Der BFH müsse vielmehr seine Rechtsprechung ändern, da ein abweichendes EuGH-Urteil vorliege (zur Notwendigkeit der Rechtsprechungsänderung bei geänderter EuGH-Rechtsprechung: EuGH-Urteil vom 19.4.2016 C-441/14 „Dansk Industri“, ABl EU 2016, Nr. C 211, 12, Tz. 34 ff).

Vor diesem Hintergrund habe die Klägerin ein konkretes und dringendes Interesse an einem Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV. Inzwischen habe nämlich auch das höchste niederländische Steuergericht dem EuGH in zwei Verfahren Vorabentscheidungsfragen vorgelegt (Rechtssachen C-398/16 und C-399/16). Zur Erlangung eines möglichst effektiven Rechtsschutzes müsse das vorliegende Verfahren gleichzeitig mit den beiden niederländischen Vorabentscheidungsverfahren behandelt werden, um dem EuGH möglichst viele Varianten von im Rahmen von inländischen Organschaftsstrukturen gewährten steuerlichen Vorteilen unterbreiten zu können.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Gewerbesteuermessbescheide vom 15.1.2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 15.7.2008 für 2000 und 2002 und den Bescheid vom 21.12.2006 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.3.2016, zu ändern und den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 auf … EUR und für 2002 auf … EUR zu vermindern sowie den Gewerbeverlust für 2001 auf … EUR zu erhöhen,

hilfsweise,

das vorliegende Verfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV vorzulegen und die Vorabentscheidungsfragen entsprechend dem Schriftsatz vom 22.6.2016, Seite 13, zu formulieren,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung.

Im Übrigen lägen im Streitfall die Voraussetzungen einer gewerbesteuerlichen Organschaft – unabhängig von dem ausländischen Sitz der Muttergesellschaft – nicht vor. Für die Jahre 2000 und 2001 sei die wirtschaftliche Eingliederung nicht nachgewiesen. Für das Jahr 2002 fehle es an einem Ergebnisabführungsvertrag. Zudem sei die grenzüberschreitende Gruppenstruktur der Klägerin und ihrer niederländischen Muttergesellschaft bzw. Schwestergesellschaften nicht uneingeschränkt mit einer inländischen gewerbesteuerlichen Organschaft vergleichbar. Aus diesem Grund habe der BFH im Urteil vom 7.12.2011 I R 30/08 (BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507) die Hinzurechnung von Zinsen aus einem Darlehen einer in den Niederlanden ansässigen Muttergesellschaft unionsrechtlich nicht beanstandet.

Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Zinsen im Streitfall an eine Schwestergesellschaft gezahlt worden seien. In diesem Sachverhalt komme es nicht zu einer Doppelbesteuerung, weil die an die Schwestergesellschaft gezahlten Zinsen nicht bei der Mutter- oder Tochtergesellschaft doppelt erfasst worden sein könnten (vgl. BFH-Urteil vom 30.10.2014 IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227; BFH-Beschluss vom 29.7.2004 I B 69/03, BFH/NV 2005, 72). Ansonsten würde es im Falle der Nichthinzurechnung zu einer Besserstellung von ausländischen Sachverhalten gegenüber den inländischen Sachverhalten kommen.

Der Berichterstatter des Senats hat am 20.1.2017 einen Erörterungstermin durchgeführt. Die Beteiligten haben in diesem Termin übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf das Terminprotokoll verwiesen.

Aus den Gründen

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO – ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist unbegründet.

I.

Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide und der angefochtene Verlustfeststellungsbescheid sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat zu Recht die an Z.N. gezahlten Entgelte für Schulden hälftig in Höhe von … EUR im Jahr 2000, … EUR im Jahr 2001 und … EUR gem. § 8 Nr. 1 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet.

1)              Es kann dahinstehen, ob die Klage hinsichtlich des Streitjahres 2002 bereits deshalb unbegründet ist, weil die Klägerin möglicherweise mit Schriftsatz vom 8.2.2013 ihr diesbezügliches Einspruchsbegehren zurückgenommen hat. Mit Schriftsatz vom 2.10.2015 hat sie jedoch bestritten, den Einspruch zurückgenommen zu haben. Im Übrigen hat der Beklagte über den Einspruch auch für das Jahr 2002 entschieden.

Die beschriebene Auslegungsfrage kann dahinstehen, weil die Klage für das Jahr 2002 jedenfalls in materieller Hinsicht unbegründet ist.

2)              Die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 GewStG lagen in allen Streitjahren vor.

Gemäß § 8 GewStG (in der in den Streitjahren anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 19.5.1999, Bundesgesetzblatt – BGBl I 1999, 1010, im Folgenden: „GewStG 1999“) werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb bestimmte Beträge wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Hierzu gehören gemäß § 8 Nr. 1 GewStG 1999 die Hälfte der Entgelte für Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen.

Eine Schuld dient nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals, wenn ihr Gegenwert das Betriebskapital länger als ein Jahr verstärkt (z.B. BFH-Urteile vom 31.5.2005 I R 73/03, BFHE 211, 43, BStBl II 2006, 134;vom 16.12.2009 IV R 48/07, BFHE 228, 408, BStBl II 2010, 799; vom 7.12.2011 I R 30/08, BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507).

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es sich bei den für die Jahre 2000 bis 2002 hinzugerechneten Zinsen, welche die Klägerin an die Z.N. gezahlt hat, um Dauerschuldzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG 1999 handelt. Die Darlehen wurden für länger als ein Jahr überlassen und im Streitzeitraum nicht zurückgezahlt. Damit dienten sie der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals.

Darüber hinaus ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Beklagte die Höhe der gezahlten Zinsen zutreffend zugrunde gelegt sowie hiervon die Hälfte in nicht zu beanstandender Weise berechnet hat.

3)              Die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 GewStG 1999 verletzt nicht das unionsrechtliche Primärrecht in Gestalt der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und einiger damit zusammenhängender Rechtsakte – EG – (ABl EG 2002, Nr. C-325, 1, jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – AEUV –, ABl EU 2008, Nr. C-115, 47).

a)              Nach Art. 43 Satz 1 EG sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der dem Art. 43 Abs. 1 EG folgenden Bestimmungen verboten. Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 Abs. 2 EG die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Abs. 2 EG, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen. Gem. Art. 48 Abs. 1 EG stehen für die Anwendung dieses Kapitels die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind. Als Gesellschaften gelten gem. Art. 48 Abs. 2 EG die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Ungleichbehandlung zwischen gebietsansässigen und gebietsfremden Gesellschaften nur dann mit den Vertragsbestimmungen über die Niederlassungsfreiheit vereinbar, wenn sie entweder Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind – wobei die Vergleichbarkeit eines grenzüberschreitenden Sachverhalts mit einem innerstaatlichen Sachverhalt unter Berücksichtigung des mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgten Ziels zu prüfen ist –, oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (z.B. EuGH-Urteil vom 12.6.2014 C-39-41/13 „SCA Group Holding“, ABl EU 2014, Nr. C 282, 282/9).

Eine Ungleichbehandlung in diesem Sinne käme im Streitfall dann in Betracht, wenn Entgelte für Schulden, die eine gebietsansässige Tochtergesellschaft (die Klägerin) an ihre gebietsfremde Muttergesellschaft (Z.I.) entrichtet, gewerbesteuerlich gemäß § 8 Nr. 1 GewStG hinzugerechnet werden, während dieselben Entgelte, würden sie an eine gebietsansässige Muttergesellschaft entrichtet, nicht hinzugerechnet werden müssten. Letzteres wäre der Fall, wenn zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft eine gewerbesteuerliche Organschaft bestehen würde. Die Organgesellschaft wird im Gewerbesteuerrecht nämlich als Betriebsstätte des Organträgers behandelt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, Abschnitt 41 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbesteuerrichtlinien – GewStR – 1998). Gem. Abschnitt 41 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1998 unterbleiben Hinzurechnungen nach § 8 GewStG innerhalb der Organschaft, soweit die Hinzurechnungen zu einer doppelten steuerlichen Belastung führen. Ist hingegen die Muttergesellschaft nicht gebietsansässig, besteht diese Möglichkeit wegen des in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, Abschnitt 41 Abs. 1 Satz 1 GewStR vorgesehenen Inlandsbezugs nicht.

b)              Im Streitfall kommt es nicht zu einer Ungleichbehandlung im vorstehend beschriebenen Sinne, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine gewerbesteuerliche Organschaft unabhängig von der Gebietsansässigkeit der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft nicht vorlagen.

aa)              In den Streitjahren 2000 und 2001 lag eine gewerbesteuerliche Organschaft gem. § 2 Abs. 2 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Nr. 1 des KStG in der Fassung des Gesetzes vom 22.4.1999 (BGBl I 1999, 817 – im Folgenden: „KStG 1999“) nicht vor.

§ 2 Abs. 2 GewStG 1999 hat für die Erhebungszeiträume 2000 und 2001 folgende Regelung: Ist eine Kapitalgesellschaft in ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen in der Weise eingegliedert, dass die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 bis 3 KStG erfüllt sind, so gilt sie als Betriebsstätte des anderen Unternehmens. Für den Erhebungszeitraum 2001 verwies § 2 Abs. 2 GewStG 1999 (in der Fassung des Gesetzes vom 23.10.2000, BGBl I 2000, 1433 zusätzlich auf das KStG in der Fassung des Gesetzes vom 22.4.1999 (BGBl. I 1999, 817). § 14 KStG 1999 regelt die Voraussetzungen für eine Aktiengesellschaft als Organgesellschaft. Gem. § 14 Nr. 1 KStG 1999 muss der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen und unmittelbar in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung). Gem. § 14 Nr. 2 KStG 1999 muss die Organgesellschaft von dem in Nr. 1 bezeichneten Zeitpunkt an ununterbrochen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein. Gem. § 14 Nr. 3 KStG 1999 muss der Organträger eine unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person oder eine nicht steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 KStG 1999 mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland oder eine Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sein.

Da § 2 Abs. 2 GewStG 1999 lediglich auf die Nr. 1 bis 3 des § 14 KStG 1999 verweist, ist der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags, wie ihn § 14, 1. Halbsatz KStG 1999 für die körperschaftsteuerliche Organschaft auch in den Jahren 2000 und 2001 vorsieht, nicht erforderlich.

Im Streitfall fehlt es an einer wirtschaftlichen Eingliederung, und zwar sowohl an einer Eingliederung der Klägerin in die Z.I. als auch an einer Eingliederung der Z.N. in die Z.I.

(1)              Wirtschaftlich eingegliedert ist die Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers nach ständiger Rechtsprechung des BFH, wenn das herrschende Unternehmen (Organträger) eigene gewerbliche Zwecke verfolgt, denen sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann (z.B. Urteile vom 17.9.2003 I R 98/01, BFH/NV 2004, 808; vom 7.8.2002 I R 83/01, BFH/NV 2003, 345, jeweils m.w.N.; vom 9.2.2011 I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn das beherrschende Unternehmen eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die durch den Betrieb der Organgesellschaft gefördert wird und die im Rahmen des Organkreises nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden. Eine eigene gewerbliche Tätigkeit der Organträgergesellschaft kann auch darin bestehen, dass sie als sog. geschäftsleitende Holding die einheitliche Leitung über mehrere Organgesellschaften ausübt und diese damit zu einer wirtschaftlichen Einheit, die neben die einzelnen Unternehmen tritt, zusammenfasst. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Obergesellschaft die Qualifikation einer geschäftsleitenden Holding nicht schon dann zukommt, wenn die Konzernleitung mittels Personalunion in der Geschäftsleitung durch einen die verschiedenen Konzerngesellschaften beherrschenden Gesellschafter wahrgenommen wird. Vielmehr muss anhand äußerer Merkmale erkennbar sein, dass die Konzernleitung durch die Obergesellschaft selbst ausgeübt wird (BFH-Urteile vom 17.9.2003 I R 98/01, BFH/NV 2004, 808 m.w.N.; vom 9.2.2011 I R 54, 55/10, BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106).

(2)              Der Senat kann nicht feststellen, dass diese Voraussetzungen im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Z.I. erfüllt sind.

Die Z.I. entfaltet nach der Darstellung der Klägerin keine eigene gewerbliche Tätigkeit. Sie soll zwar nach der Darstellung der Klägerin bestimmte Finanzierungsaufgaben für ihre Tochtergesellschaften übernehmen, eingetragene Warenzeichen an die Tochtergesellschaften überlassen sowie gruppendeckende Versicherungsverträge abschließen. Aus der Darstellung der Klägerin ergibt sich aber nicht, dass die Z.I. hierfür auch Einnahmen von den Tochtergesellschaften erzielt. Ohne Entgelte handelt es sich aber lediglich um eine kostenlose Überlassung, wodurch die Z.I. nicht selbst gewerblich tätig wird.

Vielmehr sind die Tochtergesellschaften der Z.I. operativ tätig. So bezieht die Klägerin die von ihr vertriebenen … nicht von der Z.I., sondern von der Z.N., welche die … herstellt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt es für die Annahme einer eigenen gewerblichen Tätigkeit der Z.I. nicht, dass ein Warenaustausch zwischen den Schwestergesellschaften stattfindet. Dieser kann der Muttergesellschaft nicht aufgrund der „fiskalischen Einheit“ zugerechnet werden. Die Zurechnung ist vielmehr eine Rechtsfolge der Organschaft, nicht deren Voraussetzung. Die Klägerin unterliegt einem Zirkelschluss, wenn sie die wirtschaftliche Eingliederung mit der „fiskalischen Einheit“ nach niederländischem Recht begründet.

Der Senat kann auch nicht feststellen, dass Z.I. als eine geschäftsleitende Holding anzusehen ist. Anders als die Klägerin meint, genügt nach der zitierten BFH-Rechtsprechung nicht bereits die bloße beherrschende Beteiligung der Z.I. an der Klägerin. Daran vermag auch die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des EuGH bzw. EuG nichts zu ändern, da die von der Klägerin zitierten Urteile (EuGH-Urteil vom 117.2013 C-440/11 P „Portielje“, ABl EU 2013, Nr. C 252, 9, Tz. 40 ff; EuG-Urteil vom 11.7.2014 T-543/08, ABl EU 2014, Nr. C 292, 25, Tz. 42 ff) zum Wettbewerbsrecht ergangen sind und nicht zur Gewerbesteuer.

Nach der unter (1) beschriebenen Rechtsprechung des BFH genügt es für die Annahme einer geschäftsleitenden Holding auch nicht, dass die verschiedenen Konzerngesellschaften denselben beherrschenden Gesellschafter haben und dieser die Geschäftsleitungsfunktionen übernimmt. Daher genügen „durchgängige Steuerungs- und Überwachungsinstrumente“, welche die Klägerin vorbringt – ohne diese Instrumente näher zu beschreiben – nicht, um eine geschäftsleitende Holding zu begründen. Dafür, dass die Konzernleitung durch die Obergesellschaft selbst ausgeübt wird, vermag der Senat hingegen keine äußeren Merkmale zu erkennen. Hierfür genügt nicht die Finanzierung der Tochtergesellschaften – ggf. durch Bürgschaften oder Cashmanagements –, zumal diese im Streitfall nicht durch die Muttergesellschaft Z.I., sondern durch die Schwestergesellschaft Z.N. durchgeführt wurde. Auch die Überlassung von eingetragenen Warenzeichen und der Abschluss gruppendeckender Versicherungen qualifizieren die Tätigkeit der Z.I. nicht als Konzernleitung, da es sich insoweit nicht um konzernleitende Maßnahmen handelt.

(3)              Darüber hinaus kann der Senat auch nicht feststellen, dass die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung zwischen der Z.I. und der Z.N. erfüllt sind.

Die gewerbesteuerliche Zurechnung von Entgelten für Schulden, welche eine Schwestergesellschaft an eine andere Schwestergesellschaft zahlt, könnte – vorbehaltlich der Frage des Inlandsbezugs – nur dann gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, Abschnitt 41 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1998 unterbleiben, wenn beide Schwestergesellschaften demselben Organkreis angehören. Dazu muss auch die das Entgelt empfangende Schwestergesellschaft (hier Z.N.) demselben Organkreis angehören.

Eine wirtschaftliche Eingliederung der Z.N. in die Z.I. ergibt sich nicht allein aus der Anerkennung einer „fiskalischen Einheit“ nach niederländischem Recht. Daraus ist nämlich nicht zu erkennen, ob die Voraussetzungen für eine eigene gewerbliche Tätigkeit der Z.I. oder zumindest für eine Qualifizierung der Z.I. als geschäftsleitende Holding nach der unter (1) zitierten Rechtsprechung des BFH vorliegen. Diese Voraussetzungen müssten aber vorliegen, da ansonsten die Möglichkeit bestünde, dass eine nicht gebietsansässige Muttergesellschaft wegen geringerer Voraussetzungen der Konzernzugehörigkeit nach ausländischem Recht sogar bevorzugt würde gegenüber gebietsansässigen Muttergesellschaften.

Die Klägerin hat hierzu nicht näher vorgetragen, obwohl der Beklagte ausdrücklich bestritten hat, dass die grenzüberschreitende Gruppenstruktur der Klägerin und ihrer niederländischen Muttergesellschaft bzw. Schwestergesellschaften mit einer inländischen gewerbesteuerlichen Organschaft vergleichbar sei.

bb)              Auch im Streitjahr 2002 lag – unabhängig von der Frage der Gebietsansässigkeit – keine gewerbesteuerliche Organschaft gem. § 2 Abs. 2 GewStG in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858 – im Folgenden: „GewStG 2002“) vor.

§ 2 Abs. 2 GewStG 2002 hat folgende Regelung: Ist eine Kapitalgesellschaft Organgesellschaft im Sinne der §§ 14, 17 oder 18 KStG, so gilt sie als Betriebsstätte des Organträgers. § 14 KStG in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858 – im Folgenden: „KStG 2002“) bezieht sich auf eine Organgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (§ 14 Abs. 1 KStG 2002) und einen Organträger mit Geschäftsleitung im Inland (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG 2002). § 18 Satz 1 KStG 2002 enthält darüber hinaus folgende Regelung für ausländische Organträger: Verpflichtet sich eine Organgesellschaft, ihren ganzen Gewinn an ein ausländisches gewerbliches Unternehmen, das im Inland eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung unterhält, abzuführen, so ist das Einkommen der Organgesellschaft den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften aus der inländischen Zweigniederlassung zuzurechnen, und wenn weitere in § 18 Satz 1 Nr. 1 und 2 KStG 2002 genannte Voraussetzungen erfüllt sind.

Die Klägerin hat jedoch – zwischen den Beteiligten unstreitig – keinen Gewinnabführungsvertrag mit der Z.I. abgeschlossen und durchgeführt.

Der BFH hat allerdings darauf hingewiesen, dass ein Gewinnabführungsvertrag mit einer deutschen Tochter-GmbH zivilrechtlich auch mit einem ausländischen Unternehmen als beherrschendem Gesellschafter abgeschlossen werden könne und einem solchen Vertrag auch keine Vorschriften des niederländischen Rechts entgegenstünden (BFH-Urteil vom 7.12.2011 I R 30/08, BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507, unter II.4.b,bb der Gründe).

Die Klägerin kann daher im Streitjahr 2002 allein wegen des fehlenden Gewinnabführungsvertrags nicht so behandelt werden, als wenn sie eine Organgesellschaft wäre.

Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Organschaft zwischen der Klägerin und der Z.I. unabhängig von der Notwendigkeit eines Inlandsbezugs gem. § 14 KStG 2002 oder einer im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung gem. § 18 KStG 2002 anzuerkennen wäre, kommt es im Streitfall daher nicht an. Die Voraussetzungen einer Organschaft sind jedenfalls deshalb nicht erfüllt, weil kein Gewinnabführungsvertrag zwischen der Klägerin und der Z.I. abgeschlossen und durchgeführt wurde. Die tatbestandliche Voraussetzung des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrags knüpft auch nicht an den Ort der Niederlassung der Kapitalgesellschaften an und kann daher nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit verstoßen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es weiterhin nicht darauf an, ob der Gewinn des Jahres 2002 der Klägerin tatsächlich an die Muttergesellschaft abgeführt worden ist, so dass die Vorgaben eines Gewinnabführungsvertrags praktisch beachtet worden seien. Für die Abführung des Gewinns besteht nämlich – anders als es die Klägerin darstellt – kein Anspruch der Muttergesellschaft. Vielmehr kann sich ein solcher Anspruch erst aus einem Gewinnabführungsvertrag ergeben. Die Argumentation der Klägerin würde dazu führen, dass die Voraussetzungen des § 14 KStG – auch sogar in Inlandssachverhalten – ausgehebelt würden und die Organschaft allein durch die tatsächliche Gewinnabführung zustande käme. Dies würde jedoch dem Gesetz widersprechen. Nichts anderes ergibt sich aus dem von der Klägerin zitierten BFH-Beschluss vom 26.4.2016 I B 77/15 (BFH/NV 2016, 1177), dem tatbestandlich ein Gewinnabführungsvertrag zugrunde lag.

c)              Unabhängig von den Ausführungen unter b) lag ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 i.V.m. Art. 48 aber auch deshalb nicht vor, weil nach der Rechtsprechung des BFH die hälftige Hinzurechnung der Zinsen aus Darlehen einer in den Niederlanden ansässigen Muttergesellschaft zum Gewinn einer Kapitalgesellschaft gemäß § 8 Nr. 1 GewStG nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit verstößt (BFH-Urteil vom 7.12.2011 I R 30/08, BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507).

aa)              Nach Auffassung des BFH im zitierten Urteil liegt in der gegenüber der Tochtergesellschaft vorzunehmenden Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG weder eine unionsrechtswidrige Diskriminierung im Vergleich zu einer Kapitalgesellschaft mit im Inland ansässiger Muttergesellschaft noch eine unionsrechtswidrige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. Der BFH führt hierzu aus (BFH-Urteil vom 7.12.2011 I R 30/08, BFHE 236, 159, BStBl II 2012, 507, unter II.4.b,aa der Gründe): In seinem Urteil zur Verlustverrechnung bei der niederländischen Gruppenbesteuerung vom 25.2.2010 C-337/08 "X-Holding" (Slg. 2010, I-1215) habe der EuGH unter dem Aspekt der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten eine Regelung eines Mitgliedstaats als gerechtfertigt angesehen, nach der Muttergesellschaften steuerliche Einheiten nur mit gebietsansässigen, nicht aber mit gebietsfremden Tochtergesellschaften bilden könnten. Auch wenn dieses EuGH-Urteil mit der Verlustverrechnung nur einen einzelnen Aspekt der laufenden Ergebniskonsolidierung zwischen Konzernunternehmen betreffe, sei daraus nach Dafürhalten des BFH auch abzuleiten, dass andere Aspekte der Ergebniskonsolidierung ebenfalls von der Rechtfertigung umfasst seien (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.2010 I R 79/09, BFHE 231, 529). Die Tochtergesellschaft dürfte, so der BFH, deshalb gehindert sein, sich den Hinzurechnungsverzicht zur Vermeidung einer steuerlichen Doppelbelastung als einzelnes Element des Konsolidierungsprozesses herauszugreifen und dessen Nichtanwendung außerhalb eines Organkreises als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit zu kritisieren.

Der BFH hat in einem weiteren Urteil bestätigt, dass die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG 1999 nicht gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit verstößt (BFH-Urteil vom 17.9.2014 I R 30/13, BFHE 247, 260, zu dem umgekehrten Fall einer inländischen Muttergesellschaft mit ausländischer Tochtergesellschaft).

bb)              Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus Rz. 27 des EuGH-Urteils vom 2.9.2015 C-386/14 „Groupe Steria“ (ABl EU 2015, Nr. C 354, 10) nichts Gegenteiliges.

Der EuGH hat in diesem Urteil entschieden, dass Art. 49 AEUV dahin auszulegen sei, dass er Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zur Konzernbesteuerung entgegenstehe, wonach bei der Muttergesellschaft eines steuerlichen Konzerns die Hinzurechnung eines Anteils für Ausgaben und Aufwendungen, der pauschal auf 5 % des Nettobetrags der Dividenden, die sie von den in den steuerlichen Konzern einbezogenen gebietsansässigen Gesellschaften erhalte, festgelegt sei, neutralisiert werde, während ihr nach diesen Rechtsvorschriften eine solche Neutralisierung für diejenigen Dividenden versagt werde, die von ihren Tochtergesellschaften an sie ausgeschüttet werden, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig seien und die, wenn sie gebietsansässig wären, objektiv für die Wahl der Konzernbesteuerung in Betracht kämen. Unter Rz. 27 und 28 ist der EuGH in seinem Urteil vom 2.9.2015 auch auf sein Urteil zur Verlustverrechnung bei der niederländischen Gruppenbesteuerung vom 25.2.2010 C-337/08 "X-Holding" (ABl EU 2010, Nr. C 100, 3) eingegangen. Demnach lasse sich aus dem Urteil „X Holding“ nicht ableiten, dass jede unterschiedliche Behandlung von Gesellschaften eines steuerlichen Konzerns und von Gesellschaften, die einem solchen Konzern nicht angehören, mit Art. 49 AEUV vereinbar sei. Der Gerichtshof habe in diesem Urteil nämlich nur das Sitzerfordernis als Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Regelung zur Konzernbesteuerung geprüft und entschieden, dass dieses Erfordernis in Anbetracht dessen gerechtfertigt gewesen sei, dass eine solche Regelung die Übertragung von Verlusten innerhalb des steuerlichen Konzerns ermögliche. In Bezug auf andere Steuervorteile als die Übertragung von Verlusten innerhalb des steuerlichen Konzerns sei daher gesondert zu prüfen, ob ein Mitgliedstaat diese Vorteile den Gesellschaften eines steuerlichen Konzerns vorbehalten und sie daher in grenzüberschreitenden Situationen ausschließen könne.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann hieraus jedoch nicht abgeleitet werden, dass die unter aa) zitierte Rechtsprechung des BFH „überholt“ ist.

Aus dem EuGH-Urteil vom 2.9.2015 C-386/14 „Groupe Steria“ ergibt sich nämlich lediglich, dass in Bezug auf „andere Steuervorteile als die Übertragung von Verlusten innerhalb des steuerlichen Konzerns“ „gesondert zu prüfen“ sei, ob ein Mitgliedstaat diese Vorteile in grenzüberschreitenden Situationen ausschließen könne. Damit hat der EuGH nicht – anders als es offenbar die Klägerin versteht – das Ergebnis festgelegt, solche Vorteile seien in grenzüberschreitenden Situationen stets zu gewähren. Allein wegen dieser ergebnisoffenen Formulierung durch den EuGH ist die Rechtsprechung des BFH nicht „überholt“.

Darüber hinaus lag der Rechtssache C-386/14 des EuGH ein Sachverhalt zugrunde, in dem nur eingehende Dividenden, die von gebietsansässigen Muttergesellschaften bezogen wurden, von dem Steuervorteil nicht umfasst waren, so dass die Steuerhoheit ein und desselben Mitgliedstaats betroffen war (EuGH-Urteil vom 2.9.2015 C-386/14 „Groupe Steria“, ABl EU 2015, Nr. C 354, 10, Rz. 29). So ist es aber gerade nicht im hier vorliegenden Streitfall. Hier betrifft die Hinzurechnung von Entgelten für Schulden die inländische Steuerhoheit, während die Besteuerung der Zinsen beim Empfänger die Steuerhoheit der Niederlande betrifft.

Nach Auffassung des Senats gibt es daher keinen Anlass, von der unter aa) beschriebenen Rechtsauffassung des BFH abzuweichen, wonach unter dem Aspekt der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten die hier streitigen Aspekt der laufenden Ergebniskonsolidierung zwischen Konzernunternehmen gerechtfertigt sind.

cc)              Aus diesen Gründen führen auch die übrigen von der Klägerin zitierten Entscheidungen des EuGH nicht zu einem anderen Ergebnis in der Sache, zumal die übrigen von der Klägerin zitierten EuGH-Entscheidungen nicht eine Hinzurechnung von Entgelten für Schulden gemäß § 8 Nr. 1 GewStG 1999 betrafen.

Auch aus dem von der Klägerin zitierten BFH-Urteil vom 9.2.2011 I R 54, 55/10 (BFHE 232, 476, BStBl II 2012, 106) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Im dortigen Fall ging es um die Anerkennung einer ausländischen Gesellschaft als Organträgerin, welche der BFH im Ergebnis anerkannt hat. Allein aufgrund der möglichen Anerkennung einer ausländischen Gesellschaft als Organträgerin ergibt sich jedoch nicht, dass eine Hinzurechnung von Entgelten für Schulden gemäß § 8 Nr. 1 GewStG 1999 rechtswidrig ist. Im Übrigen hat der BFH seine Entscheidung mit dem aus einem Doppelbesteuerungsabkommen folgenden Diskriminierungsverbot begründet, nicht hingegen mit dem Unionsrecht.

II.

Aus diesen Gründen sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Organschaft in allen Streitjahren nicht vorlagen.

Für die Jahre 2000 und 2001 handelt es sich zudem um ausgelaufenes Recht. Eine zu klärende Rechtsfrage hat regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sie – wie im Fall des § 2 Abs. 2 GewStG 1999 – ausgelaufenes Recht betrifft. In einem solchen Fall müssen besondere Gründe vorliegen, die ausnahmsweise eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 13.12.2012 X B 211/11, BFH/NV 2013, 546 m.w.N.). Eine Rechtsfrage, die ausgelaufenes Recht betrifft, hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie sich entweder mit Blick auf eine Nachfolgeregelung oder in einer nicht ganz unerheblichen Zahl noch anhängiger Verfahren stellt (so BFH-Beschlüsse vom 13.12.2012 X B 211/11, BFH/NV 2013, 546; vom 26.10.2011 IV B 96/10, BFH/NV 2012, 285). Dies ist hier nicht der Fall, da die gewerbesteuerliche Organschaft seit dem Erhebungszeitraum 2002 den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags voraussetzt. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Rechtsfrage eine nicht ganz unerhebliche Zahl noch anhängiger Verfahren betreffen würde.

 

 

 

 

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