R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
08.09.2014
Steuerrecht
FG Baden-Württemberg: Feststellung des Sonderausweises nach § 29 Abs. 4 i. V. m. § 28 Abs. 1 S. 3 KStG nach Durchführung der Verschmelzung einer Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft (Abwärtsverschmelzung)

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.6.2014 – 3 K 3223/12

Sachverhalt

Streitig ist die Feststellung des Sonderausweises nach § 29 Abs. 4 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nach Durchführung der Verschmelzung einer Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft (Abwärtsverschmelzung).

Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in X. Sie ist im Handelsregister des Amtsgerichts X unter HRB xxx eingetragen. Das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Sie gehört zum Konzern Y, und ist im Bereich der Y tätig.

Zum 31. Dezember 2006 betrug das Nennkapital der Klägerin 1xx.xxx.xxx €. Es war eingeteilt in einen Geschäftsanteil im Nennwert von 1x.xxx.xxx € und zwei Vorzugsgeschäftsanteile ohne Stimmrecht. Letztere entstanden aufgrund von Kapitalerhöhungen, die zur Vermeidung einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Klägerin notwendig geworden waren und jeweils von der A, A (AA --Großmuttergesellschaft--), infolge einer am 23. Dezember 2003 gegenüber der Klägerin abgegebenen Patronatserklärung übernommen worden waren. Die Einlagen waren in bar zu leisten (vgl. Notarverträge vom 16. Dezember 2004, Vertragsakte Bd. 1 Bl. 92 ff. -- Vorzugsgeschäftsanteil in Höhe von 1xx.xxx.xxx €-- und 22. Juni 2006, Vertragsakte Bd. 1 Bl. 124 ff., Bd. 2 Bl. 72 --Vorzugsgeschäftsanteil in Höhe von 1x.xxx.xxx €--). Im Rahmen einer Umstrukturierung des Konzerns kaufte die A B, am 22. Juni 2006 (vgl. Notarverträge vom 22. Juni 2006, Vertragsakte Bd. 1 Bl. 124 ff., 144 ff.) die Geschäftsanteile an der Klägerin für einen Kaufpreis von 1 € (Geschäftsanteil im Nennwert von 1x.xxx.xxx €) bzw. 1xx.xxx € (Vorzugsgeschäftsanteile) und brachte sie am 28. Juni 2006 (vgl. Notarvertrag vom 28. Juni 2006, Vertragsakte Bd. 1 Bl. 169 ff.) im Wege der Sacheinlage in die C GmbH (C GmbH), X, gegen Gewährung eines Geschäftsanteils in Höhe von 1x.xxx € ein. 9x.xxx € wurden in die Kapitalrücklage eingebucht (Vertragsakte Bd. 2 Bl. 1).

Das Stammkapital der C GmbH betrug zum 31. Dezember 2006 1xx.xxx € und wurde von folgenden Anteilseignern gehalten:

A F Holding GmbH                            1xx.xxx €

A G                                                        1.xxx €

A H                                                        1.xxx € und 1x.xxx €

Das steuerliche Einlagekonto der C GmbH nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG belief sich zum 31. Dezember 2006 auf 1x.xxx.xxx €, der Sonderausweis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG auf 0 € (vgl. bestandskräftiger Bescheid zum 31. Dezember 2006 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 21. Dezember 2010 --Rb-Akte Bl. 18--).

Die Gesellschafter der C GmbH beschlossen am 10. August 2007 (Rb-Akte Bl. 13) die Erhöhung des Stammkapitals um 1.xxx.xxx € auf 1.xxx.xxx € zuzüglich eines Aufgeldes von 1x.xxx.xxx €. Die A F Holding GmbH wurde zur Übernahme einer Stammeinlage in Höhe von 1.xxx.xxx € zzgl. eines Aufgeldes von 1x.xxx.xxx € und die A G zur Übernahme einer Stammeinlage in Höhe von 5x.xxx € zzgl. eines Aufgeldes von 4xx.xxx € zugelassen. Die neuen Stammeinlagen waren in bar zu leisten und nahmen ab dem 1. Januar 2007 am Gewinn der C GmbH teil. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 24. August 2007 (Vertragsakte Bd. 2 Bl. 72).

Mit Notarvertrag vom 22. August 2007 (vgl. Vertragsakte Bd. 1 Bl. 193) wurde die C GmbH (übertragende Gesellschaft) auf die Klägerin (übernehmende Gesellschaft) im Wege einer Verschmelzung durch Aufnahme gemäß §§ 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 S. 1, 46 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) verschmolzen. Die Übernahme des Vermögens erfolgte im Innenverhältnis mit Wirkung zum 1. Januar 2007, 0.00 Uhr (Verschmelzungsstichtag gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG). Eine Kapitalerhöhung wurde nicht durchgeführt. Als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens erhielten die bisherigen Gesellschafter der C GmbH mit Wirksamwerden der Verschmelzung kostenfrei und mit Dividendenberechtigung ab dem Verschmelzungsstichtag den Geschäftsanteil und die Vorzugsgeschäftsanteile (abgesehen von kleinen Rundungsdifferenzen) im gleichen Verhältnis ihrer bisherigen Geschäftsanteile an der C GmbH. Der Verschmelzung wurde die Bilanz der C GmbH zum 31. Dezember 2006 zugrundegelegt (vgl. A. IV. des Verschmelzungsvertrags).

Am 12. November 2007 hat die Klägerin rückwirkend zum 1. Januar 2007 einen Ergebnisabführungsvertrag mit ihrer Mehrheitsgesellschafterin, der A F Holding GmbH, geschlossen (Vertragsakte Bd. 2 Bl. 149 ff., 93).

Im Rahmen einer im Jahr 2010 bei der Klägerin für die Jahre 2005 bis 2008 durchgeführten Außenprüfung ermittelte der Prüfer das steuerliche Einlagekonto und den Sonderausweis zum 31. Dezember 2006. Insoweit abweichend von der am 29. Januar 2010 beim Beklagten (dem Finanzamt --FA--) eingereichten geänderten Erklärung zur gesonderten Feststellung (Feststellungsakte Bl. 23) führte er eine Anpassung an das Nennkapital des übernehmenden Rechtsträgers (hier: die Klägerin) nach § 29 Abs. 4 KStG unter Verwendung des positiven steuerlichen Einlagekontos durch und stellte den verbleibenden Betrag als Sonderausweis fest (vgl. Anlage 10 zum Bp-Bericht vom 21. Oktober 2010).

Das FA folgte der Auffassung des Prüfers in dem nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erlassenen Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG vom 16. Dezember 2010. Das steuerliche Einlagekonto wurde nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG auf 0 €, das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG (Sonderausweis) auf 1xx.xxx.xxx € festgestellt.

Der von der Klägerin fristgerecht erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2012 führte das FA aus, dass nach § 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 KStG bei einer sog. Abwärtsverschmelzung der Muttergesellschaft auf die Tochtergesellschaft das Nennkapital der übertragenden Gesellschaft und zusätzlich das Nennkapital der übernehmenden Gesellschaft als in vollem Umfang nach § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG herabgesetzt gelte. Nach § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG mindere sich der Bestand des Einlagekontos des Übernehmers anteilig im Verhältnis des Anteils des übertragenden Rechtsträgers am Übernehmer, im Fall einer Beteiligung zu 100 v.H. also um 100 v.H. Anschließend sei das Nennkapital der Klägerin als Übernehmerin unter Verwendung des steuerlichen Einlagekontos wieder anzupassen. Dieses werde auf 0 € gemindert. Der verbleibende Restbetrag sei als durch Umwandlung von Rücklagen entstandenes Nennkapital nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG auszuweisen. Eine Kapitalerhöhung sei nicht zu berücksichtigen, da eine solche nach dem Verschmelzungsvertrag nicht vorgenommen worden sei. Die fiktive Anpassung des Nennkapitals werde auch nicht davon beeinflusst, wie die früheren Anteilseigner der Klägerin die vor der Verschmelzung durchgeführten Kapitalerhöhungen erbracht hätten. Die im Jahr 2007 beschlossenen und durchgeführten Einzahlungen auf die Kapitalerhöhung bei der C GmbH würden im Jahr 2007 bei der Entwicklung des steuerlichen Einlagekontos der Klägerin berücksichtigt.

Hiergegen richtet sich die am 1. Oktober fristgerecht erhobene Klage. Zur Begründung lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen, dass der nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG bei Kapitalerhöhungen zu bildende Sonderausweis nach Ansicht des Gesetzgebers ausdrücklich nicht den Teil des Nennkapitals erfassen solle, der aus Einlagen der Anteilseigner stamme. Die verschmelzungsbedingt angeordnete fiktive Herab- und anschließende Wiederheraufsetzung des Nennkapitals ändere nichts an der Finanzierung der vorhandenen Kapitalteile durch Einlagen der Gesellschafter. Nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sei im Anschluss an eine Kapitalerhöhung ein Sonderausweis zu bilden, sofern das Nennkapital hiernach auch Beträge enthalte, die ihm durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen zugeführt worden seien. Danach sei ein Sonderausweis nicht zu bilden, sofern die Nennkapitalerhöhung zwar aus sonstigen Rücklagen gespeist werde, diese jedoch aus Einlagen der Anteilseigner stammten. Im Streitfall ergebe sich aus der Zusammensetzung des Eigenkapitals der Klägerin, dass die für die durch (§ 29 Abs. 4 KStG) fingierte Umwandlung in Nennkapital relevanten (durch § 29 Abs. 1 KStG fingierten) Rücklagen aus Einlagen der Gesellschafter stammten. Auch der bloße Verweis des § 29 Abs. 4 KStG auf § 28 Abs. 1 und 3 KStG vermöge eine derartige Einschränkung der Ausnahme für Gesellschaftereinlagen mangels entsprechender gesetzlicher Regelung nicht zu bewirken. § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG stelle die für die Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG relevante „Einlagequalität“ der durch § 29 Abs. 1 KStG fingierten Rücklagen nicht in Frage. Sonstige Rücklagen seien nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG gerade diejenigen Rücklagen, die sich nicht im Einlagekonto widerspiegelten. Der Anwendungsbereich von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG werde nicht durch einen zeitlichen oder personellen Bezug eingeschränkt. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift solle die Umwandlung von Rücklagen, die aus Einlagen stammen, allgemein nicht zur Bildung eines Sonderausweises führen. § 29 Abs. 4 KStG ordne die (vollumfängliche) Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG und nicht eine entsprechende Anwendung an. Eine entsprechende Anwendung hätte einer expliziten gesetzlichen Anordnung bedurft.

Ohne Bedeutung sei der von den aktuellen Gesellschaftern für die Anteile an der Klägerin bezahlte Kaufpreis für die Frage, ob auf Ebene der Beteiligungsgesellschaft durch Feststellung eines Sonderausweises eine Auskehrung bzw. Kapitalherabsetzung als eine Ausschüttung von Gewinnrücklagen zu qualifizieren sei. Diese Unterscheidung sei bedeutsam, weil sich hieran entscheide, ob spätere Auskehrungen des Nennkapitals der Kapitalertragsteuer i. H. von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag unterlägen und ob künftige Einlagen der Gesellschafter unter entsprechender Kürzung des Einlagekontos mit diesem zu verrechnen seien, so dass bis zum vollständigen Verbrauch des Sonderausweises auch künftige Einlagen nicht mehr steuerfrei zurück gezahlt werden könnten.

Die Klägerin beantragt, den Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG vom 16. Dezember 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung von 3. September 2012 dahingehend zu ändern, dass kein Sonderausweis ausgewiesen und gesondert festgestellt wird; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hält an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest und führt ergänzend aus, dass die Anteilseigner (der C GmbH) für den Erwerb der erhöhten Anteile nach Verschmelzung selbst keine Aufwendungen erbracht hätten und auch nicht im Rahmen der Verschmelzung hätten erbringen müssen. Das vorherige Stammkapital der Klägerin sei der C GmbH und nicht deren Gesellschaftern direkt zuzurechnen gewesen. Diese seien erst durch die Verschmelzung zu Gesellschaftern der Klägerin geworden. Daher sei es auch gerechtfertigt, dass die teilweise Rückzahlung von Stammkapital der aus der Verschmelzung hervorgegangenen Klägerin an die Gesellschafter, die diese Stellung aufgrund der Verschmelzung ohne eigene Leistung erhalten hätten, versteuert werde.

Am 5. Juni 2014 fand die mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen. Dem Senat haben bei der Entscheidung die vom FA übersandten Steuerakten (Gerichtsakte Bl. 69) vorgelegen. Die Vertragsakten der C GmbH wurde beigezogen (Gerichtsakte Bl. 70).

Aus den Gründen

I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin macht mit ihrer Klage geltend, durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO). Die vorliegend angefochtene gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellt einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der eine selbständige Beschwer entfalten kann (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 2013 I R 35/11, BStBl II 2013, 560). Im Streitfall geht es um die Richtigkeit der Ermittlung des durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen entstandenen Nennkapitals nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG (Sonderausweis) nach der Verschmelzung einer Mutter- auf die Tochtergesellschaft. Die Feststellung des Sonderausweises berührt bereits zum Feststellungszeitpunkt die Rechtsstellung der Klägerin, da sie beispielsweise nach § 28 Abs. 3 KStG bis zur Höhe des festgestellten Sonderausweises keine positiven Bestände im steuerlichen Einlagekonto ausweisen darf.

II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. In dem angefochtenen Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG ist der Sonderausweis in zutreffender Höhe ausgewiesen worden.

1. Nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sind bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln die Teile des Nennkapitals getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen, die ihm durch Umwandlung von sonstigen Rücklagen mit Ausnahme von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen zugeführt worden sind (Sonderausweis). Der Sonderausweis ist nach § 28 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 27 Abs. 2 KStG zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres gesondert festzustellen. Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt. Dabei handelt es sich um eine steuerliche Nebenrechnung außerhalb der Bilanz. Zweck dieser Regelung ist es, die sachgerechte Besteuerung des Anteilseigners sicherzustellen und insbesondere zu verhindern, dass Gewinnrücklagen in Nennkapital umgewandelt und nach anschließender Kapitalherabsetzung steuerfrei an die Anteilseigner ausgekehrt werden (vgl. z.B. Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer Kommentar, § 28 Rz. 3; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 28 Rz. 13; Frotscher/Maas, KStG, § 28 Rz. 10; Streck/Binnewies, KStG, 8. Aufl., Rz. 2).

2. In § 29 KStG sind die Folgen einer Umwandlung i.S. von § 1 UmwG auf das Nennkapital, den Bestand des Sonderausweises und den Bestand des steuerlichen Einlagekontos geregelt. Die gesetzliche Regelung sieht die Ermittlung der jeweiligen Beträge in einer steuerlichen Sonderrechnung in 3 Stufen vor (vgl. z.B. Dötsch, a.a.O. § 29 Rz. 6 f. und 9; Hauswirth in Lademann, KStG, § 29 Anm. 1).

a) Für die 1. Stufe bestimmt § 29 Abs. 1 KStG, dass das Nennkapital der übertragenden Körperschaft und in Fällen --wie dem Streitfall-- einer sog. Abwärtsverschmelzung der Mutter- auf die Tochtergesellschaft auch das Nennkapital der übernehmenden Körperschaft als in vollem Umfang nach § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG herabgesetzt gilt. Dabei handelt es sich, da handelsrechtlich eine Kapitalherabsetzung nicht erfolgt (vgl. Frotscher, a.a.O., § 29 Rz. 16), um eine steuerliche Fiktion („gilt“). Auf die fiktive Kapitalherabsetzung findet § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG entsprechende Anwendung, d.h. ein bisher bestehender Sonderausweis wird beseitigt und der übersteigende Betrag dem steuerlichen Einlagekonto gutgeschrieben (vgl. Dötsch, a.a.O., § 29 Rz. 11 f.; Frotscher, a.a.O., § 29 Rz. 22 f.).

b) In der 2. Stufe ist nach § 29 Abs. 2 Satz 1 KStG der Bestand des steuerlichen Einlagekontos der übertragenden Körperschaft dem steuerlichen Einlagekonto der übernehmenden Körperschaft hinzuzurechnen. Bei einer Abwärtsverschmelzung mindert sich nach § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG zudem der Bestand des Einlagekontos des Übernehmers im Verhältnis des Anteils des übertragenden Rechtsträgers am Übernehmer.

Für den Streitfall bedeutet dies, dass zum einen der zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitige Bestand des steuerlichen Einlagekontos der C GmbH in Höhe von 1x.xxx.xxx € (1x.xxx.xxx € lt. Bescheid vom 21. Dezember 2010 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zum 31. Dezember 2006 zzgl. 1xx.xxx € Gutschrift des Nennkapitals nach § 29 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG) dem steuerlichen Einlagekonto der Klägerin hinzuzurechnen ist. Zum andern ist die nach § 29 Abs. 1 i.V. mit § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG in Höhe des Nennkapitals der Klägerin erfolgte Gutschrift auf dem steuerlichen Einlagekonto der Klägerin gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG anteilig im Verhältnis des Anteils der C GmbH an der Klägerin, d.h. um 100 v.H., zu mindern.

Sinn und Zweck der in § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG vorgesehenen Minderung des Einlagekontos des Übernehmers im Fall einer Abwärtsverschmelzung ist es, die Zurechnung fiktiver Bestände im Einlagekonto des übernehmenden Rechtsträgers zu verhindern (vgl. Antweiler in Ernst & Young, KStG, § 29 Rz. 37, 62; Blümich/Danelsing, KStG, § 29 Rz. 12) bzw. die Entstehung virtueller Bestände, d.h. von Beständen, die nur in der steuerlichen Sonderrechnung und nicht auch tatsächlich in der Steuerbilanz vorhanden sind und somit für die Finanzierung von steuerfreien, weil aus dem Einlagekonto finanzierten Ausschüttungen zur Verfügung stünden, beim steuerlichen Einlagekonto zu vermeiden (vgl. Dötsch, a.a.O., § 29 Rz. 21). Mit der Verschmelzung fallen die Person des Einlegenden und des Einlageempfängers zusammen. Für die Beibehaltung des bei der Tochtergesellschaft vor der Verschmelzung auszuweisenden eigenen steuerlichen Einlagekontos besteht kein Anlass mehr. Dieses kann nicht länger als Einlage eines anderen Rechtsträgers gewertet werden (Antweiler, a.a.O., § 29 Rz. 62 ff.; s.a. Dötsch, a.a.O., § 29 Rz. 27: Zusammenfallen der beiden Beteiligungsebenen rechtfertigt den Untergang des steuerlichen Einlagekontos der Tochtergesellschaft). Im Verhältnis der Anteile der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft erwirbt die übernehmende Tochtergesellschaft kein Vermögen, was durch die Minderung des steuerlichen Einlagekontos des übernehmenden Rechtsträgers berücksichtigt wird (Frotscher, a.a.O., § 29 Rz. 34, 35).

Die Minderung des steuerlichen Einlagekontos der Tochtergesellschaft hat nach der gesetzlichen Regelung in § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG unabhängig davon zu erfolgen, ob die Einlagen von dem übertragenden Rechtsträger oder früheren Anteilseignern erbracht wurden. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob das Beteiligungskonto des übertragenden Rechtsträgers und das steuerliche Einlagekonto der übernehmenden Tochtergesellschaft deckungsgleich sind. In Fällen wie dem Streitfall, in denen die (übertragende) Muttergesellschaft die Beteiligung (wegen der bei der Klägerin angefallenen Verluste) zu einem erheblich unter dem Nennwert des Stammkapitals der Klägerin liegenden Preis erwerben konnte, hat dies zur Folge, dass in Höhe der Differenz zwischen Beteiligungskonto des übertragenden Rechtsträgers und Einlagekonto des übernehmenden Rechtsträgers die Einlagen früherer Anteilseigner im Zuge der Verschmelzung „vernichtet“ werden und eine steuerneutrale Ausschüttung an die neuen (nach Verschmelzung) Anteilseigner der Klägerin nicht mehr möglich ist.

Eine einschränkende Auslegung des Wortlautes oder eine teleologische Reduktion von § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG ist nach Auffassung des Senats nicht geboten. Eine mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht mehr zu vereinbarende steuerliche Benachteiligung der neuen Anteilseigner liegt nicht vor. Denn der ihnen zuzurechnende --aus dem ehemaligen steuerlichen Einlagekonto der C GmbH stammende-- Teil des steuerlichen Einlagekontos der Klägerin nach Verschmelzung bleibt ihnen erhalten. Darüber hinaus besteht jedoch keine Notwendigkeit, bei einer Abwärtsverschmelzung auch die Einlagen früherer Anteilseigner im steuerlichen Einlagekonto der Tochtergesellschaft zu erhalten und die neuen Anteilseigner dadurch zu begünstigen, dass ihnen auch diese wie „eigene“ Einlagen (mit der Möglichkeit einer späteren steuerfreien Ausschüttung) zugerechnet werden, obwohl sie hierfür keine Leistungen erbracht haben. In der Literatur wird dies --soweit ersichtlich-- auch nicht gefordert. Einzig Dötsch erwägt eine Begrenzung der in § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG vorgeschriebenen Kürzung auf den Teil des Einlagekontos, der aus Einlagen des an der Umwandlung beteiligten Rechtsträgers stammt, (de lege ferenda) als „sachgerechte Lösung“ (Dötsch, a.a.O., § 29 Rz. 32; für § 29 Abs. 2 Satz 2 KStG; vgl. auch Hauswirth in Lademann, § 29 Rz. 23 „überschießende Wirkung“ der Korrektur nach § 29 Abs. 2 Satz 2 KStG).

c) In einem letzten Schritt hat die (tatsächliche) Anpassung des Nennkapitals der übernehmenden Gesellschaft an das Nennkapital lt. Handelsregister zu erfolgen. § 29 Abs. 4 KStG ordnet hierzu an, dass diese Anpassung nach der vorhergehenden Anwendung von § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG wie eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln unter Anwendung von § 28 Abs. 1 und 3 KStG abgewickelt wird (so z.B. Dötsch, a.a.O., § 29 Rz. 45 ff.; Frotscher, a.a.O., § 29 Rz. 53; Binnewies, a.a.O., § 29 Rz. 52; Hauswirth, a.a.O. § 29 KStG Rz. 32). Der Gesetzgeber fingiert hier eine Umwandlung von Rücklagen unabhängig davon ob solche handelsrechtlich tatsächlich vorliegen oder nicht (Antweiler, a.a.O. § 29 Rz. 113).

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG ist hierzu zunächst das steuerliche Einlagekonto zu verwenden. Reicht dieses --wie im Streitfall-- nicht aus, bedeutet dies, dass in Höhe des übersteigenden Betrags zwangsläufig auch die sonstigen Rücklagen ganz oder teilweise als umgewandelt gelten. Diese sind nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG in der Feststellung des Sonderausweises zu erfassen (allgemeine Meinung: vgl. z.B. Antweiler, a.a.O. § 29 Rz. 120; Dötsch, a.a.O., § 29 Rz. 50; Frotscher, a.a.O., § 29 Rz. 53; Binnewies, a.a.O.,§ 29 Rz. 52; Hauswirth, a.a.O. § 29 KStG Rz. 32).

d) Die Ermittlung des festgestellten Sonderausweises in Höhe von 1xx.xxx.xxx € erfolgte nach Maßgabe dieser Regelungen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffende Darstellung in der Anlage zum Änderungsbescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG vom 16. Dezember 2010 und der Einspruchsentscheidung von 3. September 2012 Bezug genommen, der der Senat folgt (§ 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

3. Soweit die Klägerin meint, dass die Bildung eines Sonderausweises daran scheitere, dass sämtliche durch die fiktiven Kapitalherabsetzung entstehenden sonstigen Rücklagen der Klägerin aus Einlagen der (früheren) Anteilseigner stammen und dieser Umstand nach dem Wortlaut von § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG eine abweichende Ermittlung des festzustellenden Sonderausweises erfordere, übersieht sie, dass die für Kapitalveränderungen bei Umwandlungen gegenüber § 28 Abs. 1 KStG speziellere Vorschrift des § 29 KStG in Abs. 4 ausdrücklich vorschreibt, dass die Anwendung von § 28 Abs. 1 und 3 KStG für die Anpassung des Nennkapitals nach der gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG bei Abwärtsverschmelzungen vorzunehmenden Minderung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos des Übernehmers erfolgen soll.

In der Literatur wird der Verwendung der beiden Begriffe „steuerliches Einlagekonto“ in § 28 Abs. 1 Satz 1 KStG und „von aus Einlagen der Anteilseigner stammenden Beträgen“ in § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG keine materielle Bedeutung für die Höhe des zu bildenden Sonderausweises beigemessen (vgl. Dötsch, a.a.O. § 28 Rz. 27 „überflüssiger Satzteil“; Hauswirth, a.a.O., § 28 Rz. 20) oder diese auf den Fall einer fehlerhaften bestandskräftigen Feststellung nach § 27 KStG beschränkt (so Streck/Binnewies, a.a.O., § 28 Rz. 18).

Im Streitfall führte die nach § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG vorzunehmende Minderung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos des Übernehmers zu der Differenz zwischen dem Nennkapital des übernehmenden Rechtsträgers lt. Handelsregister und seinem nach Maßgabe von § 29 KStG weiterentwickelten steuerlichen Einlagekonto. Die von der Klägerin vertretene Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG lässt außer Acht, dass hiermit im Ergebnis die nach § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG vorzunehmende Minderung des steuerlichen Einlagekontos der Klägerin unterlaufen und das Nennkapital der Klägerin nach Verschmelzung unter Verwendung der „fiktiven“ oder „virtuellen“ Einlagen gebildet würde, deren Entstehung mit der nach § 29 Abs. 2 Satz 3 KStG vorzunehmenden Minderung gerade verhindert werden sollte.

III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung abschließend angeführten Gründe vorliegt. Ein Allgemeininteresse an der Klärung der von der Klägerin aufgeworfenen streitigen Rechtsfrage liegt nicht vor, da diese aus dem Gesetz klärbar ist und auch in der Literatur --soweit ersichtlich-- keine von der Entscheidung des Senats abweichende Auffassung vertreten wird.

stats