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Steuerrecht
26.08.2015
Steuerrecht
FG Münster: FG Münster: Schadensersatz für entgangenen Vorstandsposten ist steuerpflichtiger Arbeitslohn

FG Münster, Urteil vom 30.6.2015 – 13 K 3126/13 E,F

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob gewerbliche Verluste aus den Jahren 2002 bis 2004 im Streitjahr 2005 zu berücksichtigen sind und ob und in welchem Umfang eine Schadensersatzzahlung im Streitjahr 2009 steuerpflichtig ist.

Der am …1946 geborene Kläger ist geschieden und wurde in den Streitjahren 2005, 2009 und 2010 allein zur Einkommensteuer veranlagt.

Er war seit dem ….1995 hauptamtliches Mitglied des Vorstandes der X-Bank. Der Dienstvertrag wurde durch die Bank bereits im Jahr 1997 ordentlich mit Wirkung zum 31.3.1999 gekündigt. Für diesen Zeitpunkt war eine Fusion mit einer anderen Bank geplant, wobei der Kläger nach der Fusion eine Vorstandsposition in der fusionierten Bank erhalten sollte.

Das frühere Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, die rechtliche Vorgängerin der heutigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: „BaFin“), forderte die X-Bank mit Bescheid vom 2.6.1998 auf, den Kläger wegen vermeintlich mangelnder fachlicher Eignung als Vorstandsmitglied abzuberufen. In dem Bescheid war ausgeführt, in welcher Weise der Kläger seine Pflichten als Geschäftsführer angeblich verletzt hatte. Die Behörde bezog sich hierbei auf Hinweise und Empfehlungen eines vorausgegangenen Prüfungsberichts sowie auf ihre bereits zuvor geäußerten Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des Klägers, welche dieser angeblich nicht beachtet hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen. Daraufhin kündigte die X-Bank dem Kläger außerordentlich und fristlos am 9.7.1998. In der Folge konnte der Kläger keine Tätigkeiten mehr als Bankvorstand ausüben.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 18.9.2001 stellte das Verwaltungsgericht C. (Az. …) fest, dass der Bescheid des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen rechtswidrig war. Dies begründete es im Wesentlichen damit, das Abberufungsverlangen habe nicht auf der gebotenen umfassenden Sachverhaltsermittlung und -würdigung beruht und habe sich zudem als unverhältnismäßig erwiesen vor dem Hintergrund der Übernahme der Geschäftsleitung erst im April 1995. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Der Kläger nahm daraufhin die BaFin als Rechtsnachfolgerin des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Mit rechtskräftigem Urteil vom 13.7.2006 (Az. …) stellte das Oberlandesgericht G. in zweiter Instanz fest, dass die BaFin verpflichtet war, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm durch den Abberufungsbescheid des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen entstanden waren und künftig entstehen würden. Der Schadensersatz war nach den Urteilsgründen auch nicht durch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit ausgeschlossen, etwa durch Geltendmachung der Bezüge, die dem Kläger aus seinem Anstellungsvertrag mit der Bank bis zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung zum 31.3.1999 zugestanden hätten (82.117,23 EUR). Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

In einem weiteren zivilgerichtlichen Verfahren gegen die BaFin machte der Kläger mit Klageschrift vom 12.12.2007 vor dem Landgericht G. (Az. …) die Höhe des Schadens mit 2.355.367,30 EUR geltend. Maßgeblich für die Höhe des geltend gemachten Schadens war die Überlegung, dass der Kläger nach der Bankenfusion als Vorstand übernommen werden sollte und nur aufgrund des rechtswidrigen Abberufungsverlangens der Rechtsvorgängerin der BaFin nicht übernommen wurde. Zwar war die Übernahme des Klägers als Vorstandsmitglied zum damaligen Zeitpunkt weder vertraglich noch durch die zuständigen Organe der Genossenschaft und des Genossenschaftsverbands rechtsverbindlich festgelegt. Jedoch sei dem Kläger, so sein Vortrag vor dem Zivilgericht, von einem Vertreter des für die Personalentscheidung seinerzeit zuständigen Genossenschaftsverbands D. bereits im Jahr 1997 die Übernahme als Bankvorstand mündlich zugesagt worden. Der rechtsverbindliche Bestellungsakt sei nur noch eine „Formsache“ gewesen (Klageschrift vom 12.12.2007, S. 9 ff). Im Übrigen, so argumentierte der Kläger im Zivilverfahren weiter, sei er nach der ausgebliebenen Übernahme in die fusionierte Bank auch gehindert gewesen, bei einer anderen Bank eine vergleichbare Position zu erlangen, und zwar nur aufgrund des rechtswidrigen Abberufungsverlangens. Hieraus seien ihm – monatsweise aufgelistete – „Verdienstausfallschäden“ für den Zeitraum von August 1998 bis Mai 2011 in Höhe von insgesamt 1.908.901,37 EUR entstanden und ab Juni 2011 eine monatliche „Rente“ von 2.000,- EUR aus einer zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung entgangen, und zwar rechnerisch für 16,26 Jahre (Klageschrift vom 12.12.2007, S. 23 ff.). Zusätzlich sei ein Schaden in Höhe von 60.789,89 EUR aus einem vorzeitigen Verkauf seines selbstgenutzten Eigenheims entstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 12.12.2007 verwiesen.

Die Parteien des Zivilrechtsstreits schlossen am 3.8.2009 einen Prozessvergleich vor dem Landgericht G., wonach die BaFin an den Kläger zum Ausgleich seiner Klageforderung einen Betrag i.H.v. 980.000,- EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.8.2007 zu zahlen hatte. Dieser Betrag setzte sich zusammen

„aus einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 60.789,89 EUR für das im Jahr 2003 von dem Kläger im Wege des Notverkaufs veräußerten Eigenheim, entgangenen Gehaltsansprüchen in Höhe von 600.000,00 EUR sowie entgangenen Rentenansprüchen in Höhe von 319.210,11 EUR. Die Zinsen verteilen sich jeweils anteilig auf die einzelnen Beträge.“

Wegen der Einzelheiten wird auf den Prozessvergleich verwiesen. Die BaFin zahlte den Betrag von 980.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 149.323,68 EUR, zusammen 1.129.323,68 EUR, daraufhin im Jahr 2009 an den Kläger, wobei ein Teilbetrag von 11.961,94 EUR direkt an das Finanzamt ausgezahlt wurde.

In den Jahren nach seiner Abberufung als Bankvorstandsmitglied war der Kläger bis zum Jahr 2005 als Einzelunternehmer tätig. Gegenstand des Gewerbes war laut einer Gewerbeanmeldung die „Finanzierung und Kapitalanlagen / Beratung und Vermittlung“. Zudem war er ab 2002 als Handelsvertreter tätig für den Vertrieb von Öko-Häusern in Stahlkonstruktionsweise.

In seiner für die – hier nicht streitgegenständlichen – Jahre 2002 bis 2004 abgegebenen Steuererklärungen gab der Kläger (in den Jahren 2002 und 2003 zusammen mit seiner früheren Ehefrau) zunächst keine Einkünfte aus einem Einzelunternehmen an, sondern lediglich gewerbliche Beteiligungseinkünfte. Die Bescheide ergingen endgültig und wurden bestandskräftig. Für das Streitjahr 2005 sowie die Folgejahre bis 2008 gab der Kläger überwiegend Steuererklärungen ab. Der Beklagte erließ für diese Jahre endgültige Bescheide, mit denen er die Einkommensteuer jeweils auf … EUR festsetzte, sowie Feststellungsbescheide über den verbleibenden Verlustvortrag.

Mit Schreiben vom 1.6.2010 reichte der Kläger geänderte Anlagen GSE zu seinen Einkommensteuererklärungen 2002 bis 2008 ein. Er erläuterte, die Einkünfte aus seiner gewerblichen Tätigkeit, dem Vertrieb von Öko-Stahlhäusern, „aus Unwissenheit“ und „irrtümlich“ nicht bereits zuvor erklärt zu haben. So seien Verluste entstanden, und zwar in Höhe von 38.506,- EUR (2002), 54.190,- EUR (2003) und 162.977,- EUR (2004). Entsprechend sei auch der verbleibende Verlustvortrag festzustellen. Im Jahr 2005 sei allerdings im Zuge der Aufgabe des Gewerbebetriebs ein Gewinn in Höhe von 149.749,- EUR aus dem Verkauf eines Öko-Stahlhauses entstanden. In den Jahren 2006 bis 2008 habe er noch nachträgliche Betriebsausgaben (Zinsen) in Höhe von jeweils ca. 10.000,- EUR getragen. Der Beklagte lehnte den Erlass von Änderungsbescheiden für den Zeitraum 2002 bis 2004 mit Bescheid vom 19.07.2010 ab, da Festsetzungsverjährung eingetreten sei bzw. die früheren Bescheide bereits bestandskräftig und nicht mehr änderbar seien. Der Bescheid vom 19.7.2010 enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einer „Stellungnahme“ vom 12.8.2010, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.

Der Beklagte führte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung für die Einkommensteuer der Jahre 2005 bis 2007, 2009 und 2010 durch. Die Prüfung war am 15.10.2010 angeordnet worden. In seinem Prüfungsbericht vom 3.12.2012 gelangte der Prüfer zu dem Ergebnis, die geltend gemachten gewerblichen Verluste der Jahre 2002 bis 2004 könnten mangels einschlägiger Korrekturvorschrift steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden. Der gewerbliche Gewinn aus der Veräußerung des Öko-Stahlhauses im Jahr 2005 sei hingegen zu berücksichtigen und der Einkommensteuerbescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO – zu ändern. Die für die Jahre 2006 bis 2008 geltend gemachten nachträglichen Betriebsausgaben könnten erklärungsgemäß anerkannt werden.

Im Jahr 2009 sei die von der BaFin gezahlte Entschädigung in Höhe von 1.059.270,- EUR als Arbeitslohn zu berücksichtigen. Dieser Betrag setze sich zusammen aus einer Entschädigung für entgangene Gehaltsansprüche i.H.v. 600.000,- EUR, für entgangene Rentenansprüche i.H.v. 319.210,11 EUR sowie auf diese beiden Beträge entfallende Zinsen in Höhe von 140.060,46 EUR. Der Betrag unterliege gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – der Einkommensteuer, wobei eine ermäßigte Besteuerung nach § 24 Nr. 1a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG zur Anwendung komme. Nur soweit es sich bei dem Auszahlungsbetrag der BaFin um einen „echten“ Schadensersatz gehandelt habe, nämlich in Höhe von 60.789,89 EUR für den Notverkauf des Eigenheims zuzüglich der darauf entfallenden Zinsen von 9.262,54 EUR, unterliege dieser nicht der Einkommensteuer. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht verwiesen.

Der Beklagte schloss sich der Auffassung seines Prüfers an und erließ am 8.2.2013 Änderungsbescheide gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO für die Jahre 2005 und 2009 sowie einen Erstbescheid für das Jahr 2010. Er setzte die Einkommensteuer auf 45.810,- EUR (2005), 399.470,- EUR (2009) und 85,- EUR (2010) fest. Für das Jahr 2009 legte er einen Bruttoarbeitslohn von 1.059.270,- EUR zugrunde und zog hiervon (nur) den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920,- EUR ab; zudem berücksichtigte er in dem Bescheid einen Verlustabzug von 63,- EUR. Das zu versteuernde Einkommen unterwarf er dem ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 EStG. Mit weiteren Bescheiden stellte er den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31.12.2005 und auf den 31.12.2009 jeweils mit 0,- EUR fest. Im letztgenannten Bescheid wies er den im Steuerbescheid für 2009 verbrauchten Verlustabzug mit 63,- EUR aus.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 25.2.2013 Einspruch u.a. gegen die genannten Einkommensteuerfestsetzungen sowie gegen die Verlustfeststellungen ein. Seinen Einspruch begründete er damit, die gewerblichen Verluste aus den Jahren 2002 bis 2004 seien zu berücksichtigen. Es sei keine Festsetzungsverjährung eingetreten und die Bescheide seien trotz Bestandskraft antragsgemäß zu korrigieren, weil es sich bei der Einreichung der geänderten Einkommensteuererklärungen mit Schreiben vom 1.6.2010 um eine Selbstanzeige gemäß § 371 AO gehandelt habe. Daher seien Verlustfeststellungsbescheide für die Jahre 2002 bis 2004 zu erlassen, so dass auch der Einkommensteuerbescheid 2005 als Folgebescheide zu ändern sei.

Im Übrigen handle es sich bei der Entschädigungszahlung der BaFin nicht um Arbeitslohn. Die BaFin als Rechtsnachfolgerin der früheren Aufsichtsbehörde des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers sei diesem gegenüber schadensersatzpflichtig gewesen. Der Schadensausgleich führe, da er sich innerhalb des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs des Klägers halte, nicht zu einem Lohnzufluss. Die Leistung sei nicht „für eine Beschäftigung“ i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG gezahlt worden, es handle sich nicht um die Frucht einer Arbeitsleistung. Vielmehr sei ein im Privatvermögen des Klägers entstandener Schaden ausgeglichen worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26.8.2013 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2009 auf 377.975,- EUR herab, weil die vereinnahmten Zinsen nicht bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen seien, sondern der Abgeltungssteuer unterlägen. Als Bruttoarbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erfasste er nun 919.210,- EUR abzüglich eines Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920,- EUR, zusammen 918.290,- EUR. Einen weiteren Abzug aufgrund von Versorgungsbezügen nahm er bei diesen Einkünften nicht vor. Nach Abzug u.a. eines Verlustvortrags von 63,- EUR betrug das zu versteuernde Einkommen 908.027,- EUR. Hierauf wandte er den ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 EStG an. Wegen der Einzelheiten der Änderung wird auf die Berechnung in der Anlage zur Einspruchsentscheidung verwiesen. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück.

In den Gründen der Einspruchsentscheidung führte der Beklagte aus, eine gesonderte Feststellung für die Jahre 2002 bis 2004 aufgrund des Antrags vom 1.6.2010 könne wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr ergehen. Eine verlängerte Festsetzungsfrist auf 10 Jahre wegen Steuerhinterziehung gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO komme nicht in Betracht, da bei der Entstehung von Verlusten begrifflich keine Steuerhinterziehung vorliege. Er – der Beklagte – habe eine Änderung für die Jahre 2002 bis 2004 daher zutreffend abgelehnt.

Die Entschädigungszahlung in Höhe von 919.210,- EUR im Jahr 2009 sei zutreffend als steuerpflichtige Einnahme gemäß § 24 Nr. 1a EStG i.V.m. § 19 EStG erfasst worden, da die Zahlung Ersatz für entgangene Einnahmen darstelle. Denn es habe sich um eine Abgeltung von erlittenen bzw. zu erwartenden Einnahmeausfällen gehandelt. Dies ergebe sich auch aus der zivilprozessualen Klageschrift des Klägers, in der er monatsgenau die ihm entgangenen Gehaltsansprüche bis zum Jahr 2011 aufgelistet habe. Dasselbe gelte für die entgangenen Rentenansprüche. Auch der Umstand, dass die Entschädigung von einem Dritten gezahlt worden sei, ändere nichts an der Steuerpflicht der Zahlung.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 27.9.2013 Klage erhoben, mit der er sein Klagebegehren weiter verfolgt. Die Klage bezieht sich nach einer teilweisen Rücknahme noch auf die Einkommensteuer 2005, 2009 und 2010 sowie auf die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2009.

Der Beklagte hat am 3.11.2014 einen Bescheid erlassen, mit dem er den Erlass von Verlustfeststellungsbescheiden für die Jahre 2002 bis 2004 abgelehnt hat. Der Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Seine Klage begründet der Kläger damit, die Verluste aus den Jahren 2002 bis 2004 seien anzuerkennen und bei der Veranlagung im Jahr 2005 zu berücksichtigen, weil die Festsetzungsfrist wegen einer Steuerhinterziehung auf zehn Jahre verlängert sei. Denn da der Sachverhalt im Rahmen der Selbstanzeige umfassend dargelegt worden sei, könne nicht auf den Grundsatz der Teilverjährung abgestellt werden. Es müssten auch die Gewinne des Jahres 2005 in die Betrachtung einbezogen werden. Im Übrigen könnten die Verluste der Jahre 2002 bis 2004 gemäß § 177 Abs. 1 AO mit dem Gewinn des Jahres 2005 kompensiert werden.

Bei dem aufgrund des Vergleichs vom 3.8.2009 ausgezahlten Betrag handle es sich nicht um eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a i.V.m. § 19 EStG. Zwar könnten grundsätzlich sowohl Zahlungen aufgrund einer Amtshaftung als auch Zahlungen von Dritten zu einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG führen. Dies sei im Streitfall aber nicht anzunehmen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – seien Leistungen Dritter nur im Zusammenhang mit Arbeitsleistungen und nur in Ausnahmefällen als Entschädigung anzusehen; ansonsten seien sie steuerfrei (BFH-Urteil vom 24.10.1990 X R 161/88, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 162, 329, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1991, 337).

Zur Annahme einer Steuerpflicht müsse ein unmittelbarer innerer Zusammenhang dergestalt bestehen, dass die Zahlung im weitesten Sinne „Gegenleistungscharakter zur Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft“ aufweise. Ein einfacher sachlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit genüge nicht. Insbesondere seien Zuwendungen Dritter nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst, wenn sie auf eigenen, unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen zu dem Steuerpflichtigen beruhten (BFH-Urteil vom 24.10.1990 X R 161/88). Im Streitfall sei der Schadensersatz der BaFin als eine auf einer eigenen öffentlich-rechtlichen Beziehung beruhende Leistung eines Dritten für Folgen unrechtmäßigen staatlichen Handelns anzusehen. Es handle sich nicht um eine Leistung des Arbeitgebers für entgehende Einnahmen aus dem damaligen Arbeitsverhältnis, sondern um eine Schadensersatzleistung aufgrund eines Amtshaftungsanspruchs gegenüber einer außerhalb des Arbeitsverhältnisses stehenden Aufsichtsbehörde. Dies habe eine eigene öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung zwischen der BaFin und dem Kläger eröffnet. Hierdurch fehle es an einem qualifizierten inneren Zusammenhang zwischen Dienstverhältnis und Zuwendung im Sinne der BFH-Rechtsprechung. Diese Entkopplung vom Dienstverhältnis sei auch der entscheidende Unterschied etwa zu einem anderen in der Rechtsprechung entschiedenen Fall (FG Köln, Urteil vom 2.6.2004 7 K 735/02, EFG 2004, 1604; Revision: BFH-Urteil vom 6.9.2006 XI R 38/04, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2007, 408), in dem zwar ein Amtshaftungsanspruch zu einer steuerpflichtigen Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG geführt habe, der Amtshaftungsanspruch aber aus dem Dienstverhältnis selbst gefolgt sei.

Weiterhin seien auch die vom BFH bereits entschiedenen „Versicherungsfälle“, bei denen ein Steuerpflichtiger etwa aufgrund einer Körperverletzung durch einen Dritten Ersatz von einer Versicherung für entgangene oder entgehende Einnahmen erhalte (z.B. BFH-Urteil vom 21.1.2004 XI R 40/02, BFHE 205, 129, BStBl II 2004, 716), mit dem Streitfall nicht vergleichbar. In den „Versicherungsfällen“ sei der Ersatz steuerbar, weil ein unmittelbarer innerer Zusammenhang zwischen den entgehenden Einkünften und der Ausgleichszahlung bestehe. Hieran fehle es im Streitfall, weil die Zahlung der BaFin nicht eine „Gegenleistung für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit“ oder eine „Gegenleistung für eine verminderte Erwerbsfähigkeit“ sei. Der Rechtsgrund der Zahlung sei vielmehr ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff gewesen, durch den ein eigenes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis entstanden sei, welches den Aspekt der Kompensation für den Verdienstausfall überlagere.

Darüber hinaus sei bei der Beurteilung einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG zu unterscheiden zwischen derjenigen Zahlung, die der Kläger für den Zeitraum bis zur ordentlichen Kündigung zum 31.3.1999 geltend gemacht habe (82.117,23 EUR), und dem darüber hinausgehenden Betrag von 837.092,77 EUR. In Höhe des letztgenannten Betrags komme – neben den obigen Erwägungen – nach der Rechtsbrechung des BFH eine Steuerpflicht als Entschädigung auch deshalb nicht in Betracht, weil die Zahlung dafür geleistet worden sei, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen worden sei (BFH-Urteil vom 10.7.2008 IX R 84/07, BFH/NV 2009, 130). Bezüglich des erstgenannten Betrags sei weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger durch den Prozessvergleich vom 3.8.2009 nur 41, 6 % des eingeforderten Betrags erhalten habe.

Unabhängig davon sei aber auch dieser Betrag, den er für den Zeitraum bis zur ordentlichen Kündigung erhalten habe, nicht gem. § 24 Nr. 1a EStG steuerpflichtig, weil die Zahlung nicht Folge einer „Zwangslage“ des Klägers gewesen sei. Er habe die ordentliche Kündigung nämlich freiwillig „mit-initiiert“ und akzeptiert, weil ihm von Anfang an in Aussicht gestellt worden sei, dass er nach der geplanten Fusion der X-Bank eine Vorstandsposition in einer fusionierten Bank erhalten sollte. Das Merkmal der „Zwangslage“ sei aber ein konstitutives Merkmal der Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG.

Aus dem gleichen Grund seien auch die gezahlten Verzugszinsen nicht steuerbar. Bei dem Prozessvergleich habe es sich insgesamt um einen Schadensersatz gehandelt, der außerhalb der Einkunftsarten des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG zugeflossen sei. Die Steuerpflicht der Zinsen sei nach der zu Grunde liegenden Forderung zu qualifizieren.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Einkommensteuerbescheide und den Verlustfeststellungsbescheid vom 8.2.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.8.2013 zu ändern und die Einkommensteuer der Jahre 2005, 2009 und 2010 jeweils mit 0,- EUR festzusetzen sowie den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31.12.2009 auf 63,- EUR festzustellen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Nach seiner Auffassung ist die Einkommensteuerfestsetzung 2005 rechtmäßig, da für die Jahre 2002 bis 2004 die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist abgelaufen sei. Eine Verlängerung der Frist auf zehn Jahre komme nur in Betracht, soweit die Steuer hinterzogen worden sei. In den Jahren 2002 bis 2004, auf die allein abzustellen sei, sei es jedoch nicht zu einer Steuerverkürzung gekommen. Auch die Voraussetzungen des § 177 AO seien nicht erfüllt, da der Einkommensteuerbescheid 2005 keinen materiellen Fehler aufweise, der kompensiert werden könnte.

Im Jahr 2009 sei die Entschädigungszahlung steuerbar gem. § 24 Nr. 1a EStG, da sie eindeutig als Ersatz für entgangene Einnahmen gezahlt worden sei, wie sich bereits aus dem an das Landgericht G. gerichteten Klageschriftsatz des Klägers vom 12.12.2007 ergebe. Auf Seite 23 dieses Schriftsatzes liste der Kläger seine monatlichen Verdienstausfallschäden seit August 1998 detailliert auf. Auch aus dem Prozessvergleich vom 3.8.2009 ergebe sich ausdrücklich, dass die Entschädigung für entgangene Gehalts- und Rentenansprüche gezahlt worden sei. Hierbei sei unerheblich, dass die Entschädigung von einem Dritten, hier der BaFin, gezahlt worden sei (vgl. BFH-Urteil vom 6.9.2006 XI R 38/04, BFH/NV 2007, 408). Denn § 24 Nr. 1a EStG erfasse jeden Ersatz für entgehende Einnahmen, gleich von wem dieser gezahlt werde. Es komme vielmehr darauf an, wofür der Ersatz gezahlt werde. Für eine Steuerpflicht nach § 24 Nr. 1a EStG genüge es daher, wenn zwischen den Parteien des Zivilprozesses klar sei, dass die Entschädigung für entgangene Lohneinnahmen gezahlt werde, auch wenn noch kein konkreter Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei. So habe es jüngst auch das FG Nürnberg im Urteil vom 2.7.2009 7 K 328/08 bestätigt.

Der Kläger könne auch aus dem vom ihm genannten BFH-Urteil vom 24.10.1990 X R 161/88 nichts Gegenteiliges folgern, da im dortigen Fall eine Gewerkschaft Unterhaltsbeträge an ihre Mitglieder als Streikkompensation ausgezahlt hatte und eine konkrete Verbindung zum Arbeitsverhältnis des Gewerkschaftsmitglieds – anders als im Streitfall – nicht bestanden habe. Im Streitfall sei hingegen der dem Kläger tatsächlich entgangene Arbeitslohn ersetzt worden. Es bestehe daher der erforderliche Zusammenhang und die „innere Verknüpfung“ zwischen Arbeitsverhältnis und Leistung.

Anders als der Kläger meine sei auch nicht zu unterscheiden zwischen derjenigen Zahlung, die der Kläger für den Zeitraum bis zur ordentlichen Kündigung zum 31.3.1999 geltend gemacht habe (82.117,23 EUR), und dem darüber hinausgehenden Betrag. Denn schadenstiftendes Ereignis sei allein das Abberufungsverlangen der Bankaufsicht vom 2.6.1998 gewesen. Nur dieses unrechtmäßige Abberufungsverlangen habe den Grund für den nachfolgenden Verdienstausfall dargestellt. Daran ändere die vorherige ordentliche Kündigung nichts. Vielmehr sei allein durch die fristlose Kündigung die bisherige Grundlage des Erfüllungsanspruchs beendet worden. Der Kläger habe schließlich selbst vorgetragen, dass die ordentliche Kündigung lediglich aufgrund der anstehenden Fusion der Volksbanken erfolgt sei; die weitere Tätigkeit in der fusionierten Volksbank sei ihm hingegen erst durch die unrechtmäßige Abberufung unmöglich geworden. Nach der Rechtsprechung des BFH sei aber Schadensersatz, der infolge einer schuldhaft verweigerten Wiedereinstellung zufließe, als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG zu behandeln (BFH-Urteil vom 6.7.2005 XI R 46/04, BFHE 210, 498, BStBl II 2006, 55).

Im Übrigen habe der Kläger die Entschädigungszahlung nicht deshalb bekommen, weil er keinen neuen Vertrag habe abschließen können, sondern weil ihm durch den unrechtmäßigen Abberufungsbescheid die weitere Erzielung von Einkünften in seinem Berufsfeld bei einer anderen Bank verwehrt worden sei. Der BFH habe aber entschieden, dass Schmerzensgeld wegen einer Rufschädigung als steuerpflichtige Einnahme gemäß § 24 Nr. 1a EStG einzuordnen sei (BFH-Urteil vom 16.11.2005 XI R 32/04, GmbH-Rundschau – GmbHR – 2006, 389). Daher sei im Streitfall auch das BFH-Urteil vom 10.7.2008 IX R 84/07 (BFH/NV 2009, 130) nicht einschlägig, da es einen anders gelagerten Sachverhalt betroffen habe. In der dortigen Fallgestaltung habe sich der BFH nicht mit der Steuerbarkeit von Entschädigungsleistungen befasst, sondern lediglich mit der Frage, ob es sich um einen laufenden oder ermäßigt zu besteuernden Arbeitslohn gehandelt habe. Eine generelle Aussage, dass die für das Nichtzustandekommen eines Vertrags gezahlten Beträge grundsätzlich nicht steuerpflichtig seien, sei der Rechtsprechung hingegen nicht zu entnehmen.

Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, er habe sich nicht in einer „Zwangssituation“ befunden, weil er an der ordentlichen Kündigung selbst mitgewirkt habe. Das schädigende Ereignis sei nämlich nicht die ordentliche Kündigung, sondern die Abberufung durch die Bankenaufsicht und die daraus resultierende fristlose Kündigung gewesen. Insofern habe eindeutig eine „Zwangslage“ bestanden.

Die Auffassung des Antragsstellers, auch die gezahlten Prozesszinsen seien steuerfrei, sei nicht nachvollziehbar, da § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. auch Zinsen aus Kapitalforderungen jeder Art zähle. Dazu gehörten auch Prozess- und Verzugszinsen (BFH-Urteile vom 8.4.1986 VIII R 260/82, BStBl II 1986, 557; vom 24. 5. 2011 VIII R 3/09, BStBl II 2012, 254).

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

Aus den Gründen

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Die zulässige Klage hat überwiegend keinen Erfolg.

I.

Die Klage bezüglich des Einkommensteuerbescheids 2005 ist unbegründet.

Der Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 2005 vom 8.2.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.8.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Kläger kann sein Begehren, dass gewerbliche Verluste der Jahre 2002 bis 2004 anerkannt werden, nicht im Verfahren über die Einkommensteuer 2005 verfolgen.

Die Anerkennung der Verluste der Jahre 2002 bis 2004 kann nicht Gegenstand des Einkommensteuerbescheids 2005 sein, da es sich bei diesem Bescheid hinsichtlich der Verluste aus Vorjahren um einen Folgebescheid handelt. Vielmehr ist gemäß § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibe Verlustvortrag gesondert festzustellen. Die Feststellung erfolgt durch Feststellungsbescheid gemäß § 179 Abs. 1 AO. Dieser Grundlagenbescheid ist dann gem. § 351 Abs. 2 AO Gegenstand des Rechtsbehelfs.

Jedoch hat der Beklagte am 3.11.2014 einen Bescheid erlassen, mit dem er den Erlass von Verlustfeststellungsbescheiden für die Jahre 2002 bis 2004 abgelehnt hat. Der Bescheid ist – zwischen den Beteiligten unstreitig – bestandskräftig geworden. Daher kann der Kläger eine Anerkennung der von ihm geltend gemachten Verluste der Jahre 2002 bis 2004 bereits aus diesen verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr erreichen. Es kann dahinstehen, ob insoweit eine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Weitere Einwendungen gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 hat der Kläger nicht erhoben. Eine Rechtswidrigkeit des Bescheids kann nicht festgestellt werden. Der Beklagte konnte rechtmäßigerweise aufgrund der am 1.6.2010 eingereichten geänderten Steuererklärung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO einen Änderungsbescheid für 2005 erlassen und den erklärten Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 149.749 EUR bei den gewerblichen Einkünften erfassen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

II.

Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 ist nur teilweise begründet.

Der – ebenfalls in nicht zu beanstandender Weise auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützte – Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 2009 vom 8.2.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.8.2013 ist nur insoweit rechtswidrig, als bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von den Versorgungsbezügen der Werbungskosten-Pauschbetrag, der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag nicht abgezogen worden sind. Im Übrigen hat der Beklagte die Zahlung der BaFin aber zu Recht als ermäßigt zu besteuernde Abfindung i.S.d. § 24 Nr. 1a i.V.m. § 34 EStG erfasst.

1) Die Zahlung der BaFin in Höhe von 919.210,- EUR für entgangene Lohn- und Renteneinkünfte ist bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.

a) Eine Steuerpflicht der 919.210,- EUR ergibt sich allerdings nicht allein aus § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und unter welcher Bezeichnung oder Form sie gewährt werden, § 2 Abs.1 Satz 2 Lohnsteuerdurchführungsverordnung – LStDV –). Nach der Rechtsprechung des BFH wird ein Vorteil lediglich dann "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn er nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteile 11.5.2011 VI R 65/09, BFHE 234, 20, BStBl II 2011, 946; vom 24.10.1990 X R 161/88, BFHE 162, 329, BStBl II 1991, 337; vom 2.2.1990 VI R 15/86, BFHE 159, 513, BStBl II 1990, 472 m.w.N.). Wird der Vorteil dem Arbeitnehmer nicht von seinem Arbeitgeber, sondern von einem Dritten zugewendet, ist Arbeitslohn nur dann anzunehmen, wenn sich die Zuwendung für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (z.B. BFH-Urteile vom 10.5.2006 IX R 82/98, BFHE 213, 487, BStBl II 2006, 669;vom 19.6.2008 VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826; vom 20.11.2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382; vom 18.12.2008 VI R 8/06, BFH/NV 2009, 382, und VI R 49/06, BFHE 224, 103, BStBl II 2009, 820; vom 18.10.2012 VI R 64/11, BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184). Die Zuwendung ist hingegen nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst, wenn sie auf eigenen, unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Dritten beruht (BFH-Urteile vom 24.10.1990 X R 161/88, BFHE 162, 329, BStBl II 1991, 337; vom 24.1.2001 I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; vom 17.6.2009 VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69, m.w.N.; vom 18.10.2012 VI R 64/11, BFHE 239, 270, BStBl II 2015, 184).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, weil die Zahlung der BaFin nicht als Gegenleistung für eine Arbeitsleistung des Klägers gezahlt wurde, sondern als Schadensersatz für den rechtswidrigen Verwaltungsakt der Rechtsvorgängerin der BaFin vom 2.6.1998 und die darauf folgende außerordentliche Kündigung der X-Bank. Der Kläger war infolge der Abberufung nicht mehr für seinen früheren Arbeitgeber tätig. Er hat daher seine individuelle Arbeitskraft nicht mehr zur Verfügung gestellt und hierfür keine Gegenleistung erhalten.

Vielmehr wurde der Schadensersatz von einem Dritten zugewendet, der BaFin, wobei aber zwischen einer Arbeitsleistung des Klägers und dieser Zuwendung kein Veranlassungszusammenhang bestand. Denn die Zuwendung beruhte auf einer eigenen, unmittelbaren rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Beziehung zwischen dem Kläger und dem Dritten, nämlich der mit Urteil des Oberlandesgerichts G. vom 13.7.2006 festgestellten Schadensersatzpflicht der BaFin nach Amtshaftungsgrundsätzen, die in dem weiteren, mit Klageschriftsatz vom 12.12.2007 eingeleiteten Zivilgerichtsverfahren der Höhe nach konkretisiert wurde. Dieses Urteil stellte eine neue und vom früheren Dienstverhältnis zu unterscheidende rechtliche bzw. wirtschaftliche Grundlage dar. Es bestand kein Veranlassungszusammenhang, weil die Zuwendung auf Amtshaftungsgrundsätzen und nicht etwa auf arbeitsrechtlichen oder anderen vertraglichen Erwägungen beruhte.

b) Die Zahlung der BaFin in Höhe von 919.210,- EUR ist jedoch als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a i.V.m. § 19 Abs. 1 EStG steuerpflichtig.

Gem. § 24 Nr. 1a EStG gehören zu den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die gewährt worden sind als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen.

Eine Entschädigung liegt vor, wenn die bisherige Grundlage für den Erfüllungsanspruch weggefallen ist und der an die Stelle der bisherigen Einnahmen getretene Ersatzanspruch auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruht (BFH-Urteil vom 8.4.2014 IX R 28/13, BFH/NV 2014, 1514; vom 10. 9. 2003 XI R 9/02, BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349, m.w.N.). Sie muss deshalb unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt sowie dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen (BFH-Urteil vom 25.8.2009 IX R 3/09, BFHE 226, 261, BStBl II 2010, 1030; vom 10.7.2008 IX R 84/07, BFH/NV 2009, 130). Demgegenüber sind Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtlich Erfüllungsleistungen des ursprünglichen Schuldverhältnisses sind, keine Ersatzleistungen i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG (BFH-Urteile vom 16.11.2005 XI R 32/04, GmbHR 2006, 389; vom 6.7.2005 XI R 46/04, BFHE 2010, 498, BStBl II 2006, 55). Im Streitfall beruhte die Zahlung der BaFin auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage, nämlich dem Prozessvergleich vor dem Landgericht G. vom 3.8.2009.

Zuwendungen dieser Art werden durch § 24 Nr. 1 EStG derjenigen Einkunftsart zugewiesen, zu der die weggefallenen Einnahmen im Falle ihrer Erzielung gehört hätten (BFH-Urteil vom 8.11.2007 IV R 30/06, BFH/NV 2008, 546). Dies gilt auch, wenn der Ersatz für die entgehenden Einnahmen von einem Dritten gezahlt wird (BFH-Urteile vom 8.11.2007 IV R 30/06, BFH/NV 2008, 546; vom 21.1.2004 XI R 40/02, BFHE 205, 129, BStBl II 2004, 716). § 24 EStG schafft daher keine neue Einkunftsart, sondern ergänzt die in den Vorschriften über die einzelnen Einkunftsarten getroffenen Regelungen über den Umfang der sachlichen Steuerpflicht bzw. der persönlichen Zurechnung der Einkünfte (BFH-Urteil vom 11.2.2015 VIII R 4/12, Der Betrieb – DB – 2015, 1382; Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 24 EStG Rz. 3; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 14. Auflage, § 24 Rz. 3). Die Vorschrift bewirkt damit eine Erweiterung des Einkunftsbegriffs, indem auch Surrogate in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einbezogen werden (Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 24 EStG Rz. 10).

Jedoch ist in Rechtsprechung nicht einheitlich geklärt, ob mit dem Begriff der „entgehenden Einnahmen“ i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG auch solche zu verstehen sind, die dafür geleistet werden, dass infolge des schadenstiftenden Ereignisses kein neuer Vertrag abgeschlossen werden kann. Während in seiner neueren Rechtsprechung der IX. Senat des BFH diese Frage verneint (dazu aa), hat der XI. Senat des BFH in älterer Rechtsprechung die Frage bejaht (dazu bb). Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des XI. Senats an (dazu cc).

aa) (1) Nach der neueren Rechtsprechung des IX. Senats des BFH handelt es sich nicht um eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG, wenn sie dafür geleistet wird, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen wird; denn sie gelte keine entgangenen oder entgehenden Einnahmen ab (BFH-Urteil vom 10.7.2008 IX R 84/07, BFH/NV 2009, 130 mit Verweis auf BFH-Urteil vom 22.4.2008 IX R 83/07, BFH/NV 2008, 1473 zum Begriff der Abfindung i.S.d. § 3 Nr. 9 EStG a.F.). In Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 10.9.2003 XI R 9/02 (BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349), wonach eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG auch dann vorliege, wenn bereits bei Beginn des Dienstverhältnisses ein Ersatzanspruch für den Fall der betriebsbedingten Kündigung oder Nichtverlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart werde, sei nämlich keine solche Entschädigung anzunehmen, wenn sie während eines noch laufenden befristeten Dienstverhältnisses dafür vereinbart und geleistet werde, dass das Dienstverhältnis vertragsgemäß auslaufe und nicht verlängert werde (BFH-Urteil vom 10.7.2008 IX R 84/07, BFH/NV 2009, 130). Eine Entschädigung komme dann nicht in Betracht, wenn sie deshalb geleistet werde, weil wegen Nichtabschlusses eines neuen Vertrages keine neue Verdienstmöglichkeit eröffnet werde. Demgegenüber sei von einer – tarifbegünstigt zu besteuernden – Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG auszugehen, wenn sie für die Beendigung eines laufenden Vertrags mit der Konsequenz eines dann zu entschädigenden Verdienstausfalls geleistet werde (BFH-Urteil vom 10.7.2008 IX R 84/07, BFH/NV 2009, 130; vgl. BFH-Urteil vom 22.4.2008 IX R 83/07, BFH/NV 2008, 1473, wonach keine Abfindung i.S.d. § 3 Nr. 9 EStG a.F. vorliege, wenn die Zahlung wegen der Nichtbegründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bezahlt werde). Ob der IX. Senat des BFH mit dieser Rechtsprechung von der früheren Rechtsprechung des BFH – namentlich der unter bb) beschriebenen Rechtsprechung des XI. Senats – abweichen oder diese fortentwickeln wollte, ergibt sich aus den beiden Entscheidungen vom 10.7.2008 IX R 84/07 und vom 22.4.2008 IX R 83/07 allerdings nicht.

(2) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung des IX. Senats des BFH wäre im Streitfall die Zahlung der BaFin nur in Höhe von 25.809,45 EUR als steuerpflichtige Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG anzusehen; in der übrigen Höhe von 893.400,55 EUR (919.210,- EUR abzüglich 25.809,45 EUR) wäre sie nicht steuerbar.

In Höhe eines Teilbetrags von 893.400,55 EUR würde nämlich keine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG vorliegen, weil der Vertrag des Klägers mit der X-Bank bereits zum 31.3.1999 ordentlich gekündigt war. Der genannte Betrag wurde dafür geleistet, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen worden war, so dass eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG nach der beschriebenen Rechtsauffassung des IX. Senats des BFH ausgeschlossen wäre.

Denn die Geltendmachung des Schadensersatzes durch den Kläger ergab sich aus der Überlegung, dass dieser nach der geplanten Bankenfusion als Vorstand übernommen werden sollte, was aufgrund des rechtswidrigen Abberufungsverlangens nicht geschehen konnte. Seine Bestellung zum Vorstandsmitglied war jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht rechtsverbindlich festgelegt, sondern lediglich mündlich zugesagt. Da es an dem rechtsverbindlichen Bestellungsakt fehlte, erhielt der Kläger die Zahlung in der bezeichneten Höhe nicht für die Aufhebung eines abgeschlossenen Vertrags, sondern für den Nichtabschluss eines neuen Vertrags. Dasselbe gilt für die Erwägung, dass der Kläger aufgrund des rechtswidrigen Abberufungsverlangens keine vergleichbare Position bei einer anderen Bank mehr erlangen konnte, worauf er ebenfalls seinen Schadensersatzanspruch stützte.

Lediglich in Höhe von 25.809,45 EUR beruhte die Schadensersatzzahlung auf der Nichterfüllung eines bereits abgeschlossenen Vertrags und wäre damit – nach der Rechtsauffassung des IX. Senats des BFH – als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG anzusehen. Hierauf wäre der ermäßigte Steuersatz gem. § 34 EStG anzuwenden.

Zwar beliefen sich die offenen Bezüge des Klägers bis zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung auf 82.117,23 EUR. Allerdings hat der Kläger im Zivilverfahren als „Verdienstausfallschaden“ für sämtliche entgangenen Gehaltsansprüche ursprünglich einen Betrag von 1.908.901,37 EUR zuzüglich Zinsen als Schadensersatz geltend gemacht. Hiervon erhielt er nach dem Wortlaut des Prozessvergleichs lediglich 600.000,- EUR, mithin eine Quote von 31,43 %. Vor diesem Hintergrund ist der Betrag von 82.117,23 EUR, der als Ersatz für den bereits abgeschlossenen Vertrag geltend gemacht wurde, nur in Höhe dieser Quote, mithin in Höhe von 25.809,45 EUR, als Entschädigung für einen bereits abgeschlossenen Vertrag gezahlt worden.

(3) Anders als der Beklagte meint, ist das Urteil vom 10.7.2008 IX R 84/07 im Streitfall mit den dargestellten Folgen einschlägig.

Zwar hatte die vom BFH im Urteil vom 10.7.2008 IX R 84/07 vertretene Rechtsauffassung im dortigen Fall zur Folge, dass die streitigen Einkünfte aus der Beendigung eines Vorstandsanstellungsvertrags als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 EStG und – mangels Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG – auch nicht mit dem begünstigten Steuersatz gemäß § 34 EStG, mithin regulär zu versteuern waren. Diese unterschiedliche Rechtsfolge führt aber nicht dazu, dass das BFH-Urteil vom 10.7.2008 IX R 84/07 im Streitfall unbeachtlich wäre. Denn der BFH definiert im beschriebenen Urteil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Nr. 1a EStG. Ob die Rechtsfolge dieser Rechtsprechung – wie im dort entschiedenen Fall – eine Besteuerung der gemäß § 19 EStG steuerpflichtigen Einkünfte mit dem regulären oder dem ermäßigten Steuertarif ist oder – wie im hier vorliegenden Fall – mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 19 EStG eine anteilige Nichtsteuerbarkeit, ist für die tatbestandliche Anwendung der zitierten Rechtsprechung unerheblich. Denn § 24 Nr. 1 EStG hat eine Doppelwirkung, indem er zum einen – wie ausgeführt – die Regelungen über den Umfang der sachlichen Steuerpflicht der Einkünfte ergänzt, zum anderen aber den ermäßigten Steuertarif gemäß § 34 Abs. 1 EStG eröffnet. Die Vorschrift darf aber allein aufgrund dieser Doppelwirkung nicht im Tatbestand unterschiedlich ausgelegt werden, je nachdem, welche Wirkung sie entfaltet. Vielmehr ist der Tatbestand des § 24 Nr. 1 EStG einheitlich auszulegen unabhängig von der damit verbundenen Rechtsfolge.

bb) Demgegenüber steht es nach der früheren Rechtsprechung des XI. Senats des BFH der Annahme einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG nicht entgegen, dass eine Zahlung dafür geleistet wird, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen wird.

Hierzu hat der XI. Senat des BFH den sog. Grundsatz der Einheitlichkeit der Entschädigung entwickelt. Sind hiernach in einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mehrere in sachlicher und/oder zeitlicher Hinsicht unterschiedliche Entschädigungsleistungen für künftig entgehende Einnahmen zugesagt, sind diese grundsätzlich einheitlich zu beurteilen als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG (BFH-Urteile vom 16.11.2005 XI R 32/04, GmbHR 2006, 389; vom 16.6.2004 XI R 55/03, BFH/NV 2004, 1705; vom 14.5.2003 XI R 12/00, BFHE 203, 38, BStBl II 2004, 449; vgl. auch Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 14. Auflage, § 24 Rz. 5). Die Gesamtentschädigung umfasst hiernach nicht nur die im Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindung, sondern auch einen darüber hinausgehenden Betrag wie etwa ein „Schmerzensgeld“ für eine Rufschädigung durch den früheren Arbeitgeber (BFH-Urteil vom 16.11.2005 XI R 32/04, GmbHR 2006, 389). Auch in seinem Urteil vom 6.9.2006 hat der XI. Senat des BFH eine Schadensersatzzahlung, die ein Arbeitgeber im Rahmen eines laufenden Dienstverhältnisses dafür leisten musste, dass er die Neuanstellung seines Arbeitnehmers bei einem anderen Arbeitgeber verhindert hatte, als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG gewertet (BFH-Urteil vom 6.9.2006 XI R 38/04, BFH/NV 2007, 408).

In ähnlicher Weise hat der XI. Senat des BFH einen Ersatzanspruch, der bereits bei Beginn des Dienstverhältnisses u.a. für den Fall der Nichtverlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart wurde, als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG angesehen (BFH-Urteil vom 10.9.2003 XI R 9/02, BFHE 204, 65, BStBl II 2004, 349). Ebenso hat er einen Schadensersatz beurteilt, der einem Steuerpflichtigen infolge einer schuldhaft verweigerten Wiedereinstellung zugeflossen war (BFH-Urteil vom 6.7.2005 XI R 46/04, BFHE 210, 498, BStBl II 2006, 55). In beiden Fällen handele es sich um einen vertraglichen Schadensersatzanspruch aus dem Dienstverhältnis und nicht etwa um die „Erfüllung“ der sich aus dem Dienstvertrag ergebenden Vergütungsansprüche, die zu Einkünften gem. § 19 EStG geführt hätten.

Diese Rechtsprechung hat der XI. Senat des BFH nicht nur auf vertragliche Ersatzansprüche angewandt, sondern auch auf deliktische. So sind Entschädigungen wegen einer Körperverletzung aufgrund eines Unfalls steuerpflichtig gem. § 24 Nr. 1a EStG, soweit sie entgangene oder entgehende Einnahmen aufgrund der verminderten Erwerbsfähigkeit ersetzen; dies gelte auch, wenn der Ersatz von einem Dritten wie etwa der Versicherung des Unfallverursachers gezahlt werde (BFH-Urteil vom 21.1.2004 XI R 40/02, BFHE 205, 129, BStBl II 2004, 716).

Die beschriebene Rechtsprechung des XI. Senats des BFH hat im Ergebnis auch in der Rechtsprechung der Finanzgerichte Niederschlag gefunden. So hat das FG Nürnberg mit Urteil vom 2.7.2009 7 K 328/08, juris (Urteil gegenstandslos nach Zulassung der Revision, Az. des BFH: IX B 167/09, IX R 13/10) eine Schadensersatzzahlung als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG angesehen, die von der Versicherung eines Unfallverursachers gezahlt worden war, weil der Geschädigte aufgrund der Unfallfolgen keinen neuen Arbeitsvertrag abschließen konnte. Nach Auffassung des FG Nürnberg – das sich allerdings mit der gegenteiligen Rechtsauffassung des IX. Senats des BFH nicht befasst hat – genügte für die Annahme einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG ein Zusammenhang mit einer beabsichtigten, aber noch nicht aufgenommenen nichtselbstständigen Arbeit. Es komme nicht darauf an, ob die Tätigkeit schon begonnen worden sei. Entscheidend für die Annahme einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG sei lediglich, dass die Zahlung nicht auf der bisherigen Rechtsgrundlage erfolge, was sonst zu laufenden Einkünften führen würde.

Unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des XI. Senats des BFH ist die Zahlung der BaFin in Höhe von 919.210,- EUR in voller Höhe als Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG anzusehen.

cc) Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des XI. Senats des BFH an.

Gem. § 24 Nr. 1a EStG gehören zu den Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die gewährt worden sind als Ersatz u.a. für „entgehende“ Einnahmen. Nach Auffassung des erkennenden Senats handelt es sich auch bei einer Zahlung, die dafür geleistet wird, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen wird, um „entgehende“ Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG. Denn dem Geschädigten „entgehen“ Einnahmen durch den Nichtabschluss eines Vertrags. Nach dem Wortlaut des § 24 Nr. 1a EStG gehören daher solche „entgehenden“ Einnahmen zu dem tatbestandlichen Anwendungsbereich der Vorschrift.

Der erkennende Senat sieht auch keinen Grund für eine einengende Auslegung des Wortlauts des § 24 Nr. 1a EStG oder für eine teleologische Reduktion. Denn nach Auffassung des Senats sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Wortlaut des § 24 Nr. 1a EStG entgegen dem gesetzgeberischen Ziel zu weit gefasst wäre.

Vielmehr wäre zu befürchten, dass es zu Zufälligkeiten der Besteuerung kommen könnte, wenn man bei der Anwendung des § 24 Nr. 1a EStG darauf abstellen würde, ob im Zeitpunkt eines schadenstiftenden Ereignisses ein Vertrag bereits abgeschlossen war und infolge der Schädigung nicht fortgesetzt werden kann, oder ob der Vertrag noch nicht abgeschlossen war und es infolge der Schädigung auch nicht mehr zum Vertragsabschluss kommt. In beiden Situationen – Abbruch eines bestehenden Vertrags oder Nichtabschluss eines neuen Vertrags – liegen „entgehende“ Einnahmen vor, die nach denselben Grundsätzen besteuert werden müssten.

Daher handelt es sich nach Auffassung des erkennenden Senats auch bei Zahlungen, die – wie im Streitfall – dafür geleistet werden, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen wird, um Entschädigungen für „entgehende“ Einnahmen i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG.

dd) Nach der Rechtsprechung des BFH setzt das Vorliegen einer Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1a EStG weiterhin das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal voraus, dass der Ausfall der Einnahmen entweder von dritter Seite veranlasst worden ist oder, wenn er vom Steuerpflichtigen selbst oder mit dessen Zustimmung herbeigeführt worden ist, dieser unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand. Diesem Erfordernis liegt die Überlegung zugrunde, dass die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG nur in den Fällen gerechtfertigt ist, in denen sich der Steuerpflichtige in einer Zwangssituation befindet und sich dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen nicht entziehen kann (st. Rspr., BFH-Urteile vom 11.1.2005 IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044; vom 14.12.2004 XI R 12/04, BFH/NV 2005, 1251; vom 24.10.1990 X R 161/88, BFHE 162, 329, BStBl II 1991, 337).

Im Streitfall war der Ausfall der Einnahmen von dritter Seite veranlasst, weil der Ausfall sowohl auf die ordentliche Kündigung zum 31.3.1999 als auch auf den rechtswidrigen Bescheid der Rechtsvorgängerin der BaFin vom 2.6.1998 und die daraufhin erfolgte Kündigung durch die X-Bank zurückzuführen ist. Auf die Frage, ob der Kläger unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand, kommt es unter dieser Voraussetzung somit nicht an.

c) Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2009 ist jedoch insoweit rechtswidrig, als von den Versorgungsbezügen weitere Abzüge in Höhe von insgesamt 3.066,- EUR zu berücksichtigen sind.

Der Kläger hat im Streitjahr 2009 Versorgungsbezüge in Höhe von 319.210,11 EUR erhalten. Versorgungsbezüge sind gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG u.a. Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze. Entsprechend den Ausführungen unter II.1.b) gehören hierzu gemäß § 24 Nr. 1a EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgehende Einnahmen, hier für die Versorgungsbezüge gewährt werden.

Im Streitfall setzte sich die streitige Zahlung der BaFin nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Prozessvergleichs vom 3.8.2009 u.a. auch aus „entgangenen Rentenansprüchen in Höhe von 319.210,11 EUR“ zusammen, da der Kläger am 3.5.2011 das 65. Lebensjahr erreicht hatte. Hierbei handelt es sich um Versorgungsbezüge.

Gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1b EStG steht dem Kläger dementsprechend ein zusätzlicher Werbungskostenpauschbetrag von 102 EUR zu, der bislang nicht berücksichtigt wurde.

Darüber hinaus ist der Versorgungsfreibetrag gemäß § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG mit dem Höchstbetrag von 2.280 EUR, bezogen auf das Jahr 2011 zu berücksichtigen. Denn von einem Versorgungsbezug, der zum Abzug eines Versorgungsfreibetrags berechtigt, ist auch dann auszugehen, wenn anstelle eines monatlichen Versorgungsbezugs eine Kapitalauszahlung oder Abfindung an den Versorgungsempfänger gezahlt wird (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 184). Für die Höhe des Freibetrags ist das Jahr des Versorgungsbeginns zu Grunde zu legen (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 184). Im Streitfall hat der Kläger ausweislich seiner Klageschrift vom 12.12.2007 die Schadensersatzzahlung für entgangene Rentenansprüche für den Zeitraum ab Juni 2011 erhalten. Als Versorgungsbeginn ist deshalb das Jahr 2011 anzunehmen.

Entsprechend diesen Maßstäben ist darüber hinaus ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag i.H.v. 684 EUR gemäß § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG abzuziehen.

Die Summe der drei vorgenannten Beträge beträgt 3.066,- EUR.

d) Der Beklagte hat darüber hinaus auf das zu versteuernde Einkommen in rechtmäßiger Weise den ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1a EStG angewandt.

2) Der Einkommensteuerbescheid 2009 ist rechtmäßig, soweit Zinsen in Höhe von 140.060,46 EUR erfasst und dem gesonderten Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG unterworfen wurden.

Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist.

Hierbei kommt es nicht darauf an, aus welchem Rechtsgrund der Kapitalstamm überlassen wurde und ob die Zahlung des Kapitalstamms an den Zinsgläubiger steuerpflichtig ist oder nicht. Auch im Falle einer steuerfreien Kapitalüberlassung oder Kapitalrückzahlung sind die Zinsen steuerpflichtig, sie teilen also nicht das Schicksal der Forderung (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 20 Rz. 100). Aus diesem Grund sind Prozesszinsen stets steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 25.10.1994 VIII R 79/91, BStBl II 1995, 121; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 20 Rz. 103).

Der Beklagte hat auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen zutreffend in der Einspruchsentscheidung den Steuertarif gem. § 32d Abs. 1 EStG angewandt.

III.

Die Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31.12.2009 vom 8.2.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.8.2013 ist unbegründet.

Der Beklagte hat den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer rechtmäßigerweise auf 0,- Euro festgestellt.

Nach den Ausführungen unter II. sind die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 2009 von bislang 919.210,- EUR um 3.066,- EUR zu vermindern. Da der Beklagte in seiner Anlage zur Einspruchsentscheidung über die Einkommensteuerfestsetzung 2009 einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 909.626,- EUR angesetzt hat, muss hiervon nach wie vor der verbleibende Verlustvortrag in Höhe von 63,- EUR abgezogen werden. Damit verbleibt ein Verlustvortrag auf den 31.12.2009 von 0,- Euro.

IV.

Ebenso ist die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 8.2.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.8.2013 unbegründet.

Der Kläger hat seine Klage gegen diesen Bescheid mit dem noch zu berücksichtigenden Verlustvortrag aus dem Jahr 2009 begründet. Dieser ist aber nach den Ausführungen unter III. zutreffenderweise im Jahr 2009 abgezogen worden. Andere Gründe, die auf eine Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheids 2010 schließen lassen könnten, hat der Kläger nicht vorgebracht und sie sind auch nicht ersichtlich.

V.

Die Entscheidung, die Berechnung der festzustellenden Beträge auf den Beklagten zu übertragen, beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Der Beklagte ist nur zu einem geringen Teil unterlegen.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

 

 

 

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