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Steuerrecht
23.09.2010
Steuerrecht
BFH: EuGH-Vorlage zum Begriff der „Ansässigkeit" des Steuerpflichtigen

BFH, Entscheidung vom 30.6.2010 - XI R 5/08

Leitsatz

Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist ein Steuerpflichtiger bereits dann ein „im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger2 i. S. des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, wenn er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland hat, oder muss als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass er seinen privaten Wohnsitz nicht im Inland hat?

Tatbestand

(1) I. Sachverhalt

(2) Der Kläger) ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen des HR. Die Beteiligten streiten darum, ob HR Steuerschuldner für die von ihm erbrachten Dienstleistungen (Gestellung von Personal an inländische Unternehmen) ist, oder ob insoweit der jeweilige Leistungsempfänger Steuerschuldner ist.

(3) HR hatte im Streitjahr 2002 an zwei Standorten in Österreich (S und F) ein Gewerbe mit der Bezeichnung „Überstellungs-, Administrations- und Fahrdienst" angemeldet. Er überließ von ihm beschäftigte Arbeitnehmer an Speditionen mit Sitz im Raum N (Deutschland) für Fahrtätigkeiten in ganz Deutschland.

(4) HR hatte seinen privaten Wohnsitz jedenfalls bis zum 1.7.2002 in O in Deutschland. Er meldete seinen privaten Wohnsitz an diesem Tag nach Österreich um. Nach den Feststellungen des Hauptzollamts M hielt er sich auch nach seiner Abmeldung noch häufig in Deutschland bei seiner Lebensgefährtin in O auf.

(5) Das österreichische Finanzamt S erteilte HR eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Dieser rechnete seine Leistungen gegenüber den deutschen Speditionsbetrieben netto mit dem Zusatz "Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG beim Leistungsempfänger" ab.

(6) Das FA war der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger gemäß § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 des im Streitfall anzuwendenden Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) nicht vorgelegen hätten. HR sei kein im Ausland ansässiger Unternehmer, da er seinen privaten Wohnsitz im Streitjahr im Inland gehabt habe. Das FA setzte die Umsatzsteuer gegenüber HR fest.

(7) Das FG gab der Klage statt. Es entschied nach einer Beweisaufnahme, HR habe seinen Unternehmenssitz im Streitjahr 2002 in Österreich gehabt. § 13b UStG sei unter Berücksichtigung von Art. 21 Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) gemeinschafts-rechtskonform dahin auszulegen, dass es für die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen im Ausland allein auf den Unternehmenssitz ankomme, wenn - wie im Streitfall - ein solcher vorhanden und ein daneben im Inland bestehender privater Wohnsitz in diesem Fall ohne Bedeutung sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 729 veröffentlicht.

(8) Das FA macht zur Begründung seiner Revision geltend, das FG habe gegen den eindeutigen Wortlaut des nationalen Gesetzes verstoßen. Denn nach § 13b Abs. 4 UStG sei ein Unternehmer nicht im Ausland ansässig, wenn er seinen Wohnsitz im Inland habe.

(9) Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

(10) Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Aus den Gründen

(11) II. Der Senat legt dem EuGH die im Tenor bezeichneten Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.

(12) 1. Die maßgeblichen Vorschriften und Bestimmungen

(13) a) Nationales Recht

(14) § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG bestimmt:

(15) „(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

(16) 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt."

(17) § 3a UStG bestimmt:

(18) „(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der §§ 3 b und 3 f an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, so gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) ...

(19) (3) Ist der Empfänger einer der in Absatz 4 bezeichneten sonstigen Leistungen ein Unternehmer, so wird die sonstige Leistung abweichend von Absatz 1 dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, so ist statt dessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Ist der Empfänger einer der in Absatz 4 bezeichneten sonstigen Leistungen kein Unternehmer und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Absatz 2 bleibt unberührt.

(20) (4) Sonstige Leistungen im Sinne des Absatz 3 sind:

...

(21) 7. die Gestellung von Personal;

..."

(22) § 13b UStG bestimmt:

(23) „(1) Für folgende steuerpflichtige Umsätze entsteht die Steuer mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats:

(24) 1. Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers;

...

(25) (2) In den in Absatz 1 genannten Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.

(3) ...

(26) (4) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der weder im Inland noch auf der Insel Helgoland oder in einem der in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird. Ist es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfüllt, schuldet der Leistungsempfänger die Steuer nur dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein Unternehmer im Sinne des Satzes 1 ist.

..."

(27) b) Unionsrecht

(28) Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG in der im Streitjahr geltenden Fassung lautet:

(29) „(1) Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

(30) (2) Es gilt jedoch

...

(31) e) als Ort der folgenden Dienstleistungen, die an außerhalb der Gemeinschaft ansässige Empfänger oder an innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Landes des Dienstleistenden ansässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort:

...

(32) - Gestellung von Personal,

..."

(33) Art. 21 der Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 2000/65/EG lautet:

(34) „(1) Im inneren Anwendungsbereich schuldet die Mehrwertsteuer:

(35) a) der Steuerpflichtige, der eine steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen durchführt bzw. eine steuerpflichtige Dienstleistung erbringt, mit Ausnahme der unter den Buchstaben b) und c) genannten Fälle.

(36) Wird die steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen bzw. die steuerpflichtige Dienstleistung von einem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen bewirkt bzw. erbracht, so können die Mitgliedstaaten gemäß den von ihnen festgelegten Bedingungen vorsehen, dass der Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung von Gegenständen bzw. der steuerpflichtigen Dienstleistung die Steuer schuldet;

(37) b) der steuerpflichtige Empfänger einer in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e) genannten Dienstleistung oder der Empfänger einer in Artikel 28b Teile C, D, E und F genannten Dienstleistung, der im Inland für Zwecke der Mehrwertsteuer erfasst ist, wenn die Dienstleistung von einem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wird;

..."

(38) 2. Rechtliche Würdigung

(39) a) Nationales Recht

(40) Bei einer wortlautgemäßen Auslegung der Vorschriften des nationalen Rechts ist HR jedenfalls für seine in der Zeit bis zum 1.7.2002 im Inland ausgeführten Umsätze der Steuerschuldner.

(41) Gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Unternehmer der Steuerschuldner.

(42) § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG setzt voraus, dass die Leistung im Inland ausgeführt wird. Nach § 3a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Nr. 7 UStG wird die Dienstleistung „Gestellung von Personal" an dem Ort ausgeführt, an dem der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Im Streitfall hat HR das Personal an Unternehmer überlassen, die ihre Unternehmen im Inland betrieben haben. Die Leistungen des HR wurden daher im Inland ausgeführt und sind in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig.

(43) Nach § 13b Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG schuldet bei sonstigen Leistungen eines „im Ausland ansässigen Unternehmers" der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Ein „im Ausland ansässiger Unternehmer" ist nach § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG nur ein solcher Unternehmer, der weder im Inland noch in bestimmten anderen - im Streitfall nicht relevanten - Gebieten einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Mit dieser Vorschrift wollte der deutsche Gesetzgeber Art. 21 der Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht umsetzen (vgl. zu Art. 14 der Gesetzesbegründung vom 7.9.2001 zum Steueränderungsgesetz 2001 BTDrs- 14/6877, 34 f.).

(44) Da HR jedenfalls bis zum Juli 2002 einen Wohnsitz im Inland hatte, war er insoweit kein „im Ausland ansässiger Unternehmer" i. S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 UStG.

(45) Danach schuldete nach den Vorschriften des nationalen Rechts zumindest für die Zeit bis Juli des Streitjahres 2002 HR und nicht der jeweilige Leistungsempfänger die Steuer.

(46) b) Unionsrecht

(47) aa) Die Regelungen des nationalen Rechts über den Ort der Leistung (§ 3a Abs. 3 i. V. m. § 3a Abs. 4 Nr. 7 UStG) führen nach Auffassung des Senats im Streitfall zum selben Ergebnis wie das Unionsrecht (Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG). Danach hat HR seine Leistungen in Deutschland erbracht.

(48) bb) Zweifel an der Übereinstimmung des deutschen Gesetzes mit dem Gemeinschaftsrecht bestehen jedoch insoweit, als nach dem deutschen Gesetz für die Verlagerung der Steuerschuld das Merkmal des „im Ausland ansässigen Unternehmers" (§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) nicht erfüllt ist, wenn der Unternehmer zwar den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland, aber einen privaten Wohnsitz im Inland hat (§ 13b Abs. 4 UStG).

(49) Dagegen schuldet nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. b  1. Alternative der Richtlinie 77/388/EWG die Mehrwertsteuer der steuerpflichtige Empfänger einer in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG genannten Dienstleistung (bereits dann), wenn „die Dienstleistung von einem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wird".

(50) cc) Der Begriff des „im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen" wird in Art. 21 der Richtlinie 77/388/EWG nicht definiert. Da sich die Ansässigkeit auf einen im Ausland gelegenen Ort bezieht, und Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ausdrücklich auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG Bezug nimmt, hält der Senat es für naheliegend, wenn auch nicht für zwingend, bei der Auslegung des Merkmals des „im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen" die Regelung in Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG heranzuziehen. Im Schrifttum wird hingegen die Auffassung vertreten, dass die in Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG enthaltene Ortsbestimmung bei der Auslegung von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG aus systematischen Gründen keine Bedeutung hat (vgl. Haberland, UR 2008, 575 ff.).

(51) Nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG ist der Ort der Ansässigkeit des Leistungsempfängers der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort. Danach kommt es auf den Wohnort des Leistungsempfängers nur dann an, wenn er über keinen Unternehmenssitz verfügt (so auch Stadie, in: Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 13b Rz 28).

(52) Soweit Art. 1 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6.12.1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige - das Merkmal des „nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen" definiert, kann dahingestellt bleiben, ob dem Bedeutung für die Auslegung des Begriffs des im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen i. S. des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG beigemessen werden kann (dies verneinend Haberland, UR 2008, 575 ff.; Mößlang, in: Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 13b Rz 15). Denn auch diese Bestimmung enthält eine mit Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG vergleichbare Regelung, wonach auf den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung oder nur „in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung" auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort abzustellen ist. Das Gleiche gilt für die Definition des „nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen" in Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17.11.1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige.

(53) Die Annahme, dass die Dienstleistung bereits dann von „einem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen erbracht" wird, wenn der Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland liegt, unabhängig davon, wo sich der private Wohnsitz befindet, dient auch einer einfachen Rechtsanwendung. Dem Leistungsempfänger, der zu Recht davon ausgeht, dass der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland hat, werden Nachforschungen über dessen privaten Wohnsitz erspart.

(54) 3. Die vorgelegte Frage zur Auslegung des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ist entscheidungserheblich.

(55) Der Klage wäre stattzugeben, wenn bei der Auslegung des Merkmals der „von einem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen" erbrachten Dienstleistung ausschließlich von Bedeutung wäre, ob sich der Sitz des Unternehmens im Ausland befindet, es also auf das Innehaben eines inländischen Wohnsitzes nicht ankäme. In diesem Fall verstieße die in § 13b Abs. 4 UStG getroffene Regelung gegen das Gemeinschaftsrecht und wäre nicht anzuwenden. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG wäre im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht dahin auszulegen, dass HR ein im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger wäre. Damit wäre gemäß § 13b Abs. 2 UStG nicht HR, sondern der jeweilige Leistungsempfänger Steuerschuldner hinsichtlich der von HR ausgeführten Dienstleistungen.

(56) Wenn hingegen das Innehaben eines inländischen Wohnsitzes der Annahme der Ansässigkeit im Ausland entgegenstünde, wäre das deutsche Gesetz unionsrechtskonform. Dann wäre die Klage zumindest teilweise wegen der Umsätze abzuweisen, die der Kläger bis zum Juli des Streitjahres 2002 ausgeführt hat. Ggf. wäre die Klage nach einer weiteren Sachverhaltsaufklärung über das Innehaben eines Wohnsitzes von HR im Inland in der zweiten Jahreshälfte auch insgesamt abzuweisen.

(57) 4. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 i. V. m. § 74 der Finanzgerichtsordnung.

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