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Steuerrecht
30.12.2013
Steuerrecht
FG Baden-Württemberg: Besteuerung von Leistungen einer Stiftung beim Destinatär

FG Baden-Württemberg, Entscheidung vom 25.6.2013 - 8 K 3947/11


Sachverhalt


Streitig ist, ob im Jahr 2001 Leistungen einer Stiftung aus Gewinnen, die bei dieser bereits mit 40 % besteuert waren, beim Destinatär zusätzlich nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433) im Halbeinkünfteverfahren zu versteuern sind.


Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Sie sind jeweils Begünstigte (Destinatäre) der von ihnen errichteten Familienstiftungen. Der Kläger ist zugleich Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrats. Die Klägerin ist Mitglied des Stiftungsvorstands. Das Wirtschaftsjahr der Stiftungen entspricht dem Kalenderjahr. Das Stiftungsvermögen besteht im Wesentlichen aus eingebrachten Beteiligungen an in- und ausländischen Unternehmen der X.


Nach § 4 der gleichlautenden Stiftungssatzungen haben die Destinatäre aus dem Jahresüberschuss einen Rechtsanspruch auf Stiftungsleistungen in Höhe eines Viertels des zur Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts erforderlichen Betrags. Der nicht für die Erfüllung des Stiftungszwecks benötigte Teil des Jahresüberschusses ist den satzungsmäßigen Rücklagen zuzuführen. In den dem Streitjahr vorausgehenden Jahren waren jeweils Überschüsse erzielt worden, die neben den Leistungen an die Destinatäre noch Zuführungen zu den satzungsmäßigen Rücklagen ermöglichten. Im Streitjahr selbst erzielten die Stiftungen keinen ordentlichen Jahresüberschuss.


Der Stiftungsaufsichtsrat beschloss am 25. Oktober 2001 Ausschüttungen an die Kläger als Destinatäre der Stiftungen. Die Ausschüttungen in Höhe von XXX DM erfolgten aus den satzungsmäßigen Rücklagen zum 31. Dezember 2000, die hierfür --teilweise-- aufgelöst wurden. Diese unterlagen bei den Familienstiftungen dem zuletzt für das Jahr 2000 geltenden Körperschaftsteuersatz von 40 %.


Die Kläger erklärten die Destinatärleistungen in ihrer Einkommensteuererklärung 2001 vom 2. April 2003 nicht als Einnahmen. Der Beklagte setzte erklärungsgemäß die Leistungen im Einkommensteuerbescheid 2001 vom 28. Juli 2003 zunächst nicht an.


Bei einer bei den Klägern durchgeführten Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, die Destinatärleistungen seien als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG im Halbeinkünfteverfahren (vgl. § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG) zu versteuern, also mit XXX DM. Der Beklagte folgte dem im geänderten Einkommensteuerbescheid 2001 vom 26. Januar 2009.


Mit dem dagegen am 19. Februar 2009 erhobenen Einspruch machten die Kläger geltend, die Besteuerung der Destinatärleistungen sei systemwidrig, da die ausgeschütteten Rücklagen bei der Stiftung bereits einer Steuerbelastung von mindestens 40 % unterlegen hätten und eine zusätzliche Besteuerung der Destinatärleistungen bei den Klägern im Halbeinkünfteverfahren zu einer Gesamtbelastung von über 57 % führen würde. Ein systematisch richtiges Ergebnis ließe sich dadurch herbeiführen, indem man im Jahr 2001 lediglich Ausschüttungen von laufenden Gewinnen unter die wiederkehrenden Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG subsumiere, nicht aber Ausschüttungen aus Rücklagen, die erst ab dem Jahr 2002 von der dann vorrangig anwendbaren Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst würden.


Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2011 als unbegründet zurück. Die Besteuerung der Destinatärleistungen entspreche dem Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG einschließlich der Anwendungsregelung in § 52 Abs. 38 EStG. Die Besteuerung sei im Streitjahr auch unter rechtssystematischen Gesichtspunkten zutreffend. Bis einschließlich des Jahres 2000 seien Destinatärleistungen zur Vermeidung einer Doppelbelastung steuerfrei gewesen, weil die Erträge der Stiftung bereits mit 40 % Körperschaftsteuer belastet waren. Im Streitfall komme es zwar durch die Besteuerung der Destinatärleistungen zu einer insgesamt höheren Tarifbelastung als nach der alten Rechtslage. Nach der vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachten Intention habe jedoch die Verhinderung einer ungerechtfertigten Vergünstigung einen höheren Stellenwert gehabt als die Vermeidung einer höheren Belastung im Ausnahmefall.


Der Gesetzgeber habe die Problematik einer steuerlichen Mehrbelastung durch den Systemwechsel gesehen und in § 27 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) eine Regelung zu deren Abmilderung getroffen. Die Norm sei jedoch nicht auf Stiftungen anzuwenden, denn diese verfügten über kein Einlagekonto i.S. des § 27 Abs. 7 KStG, da es an einem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis zwischen Stiftung und Stifter fehle. Im Übrigen erfasse die Vorschrift ausschließlich die Rückgewähr von Einlagen und nicht wie im Streitfall die Ausschüttung von Gewinnrücklagen.


Mit der am 18. November 2011 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter.


Die im Jahr 2001 zugeflossenen Destinatärleistungen könnten nicht unter das Merkmal „sonstige Bezüge" nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG subsumiert werden, sondern allein unter die --erst ab dem Jahr 2002 anwendbare-- Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Der Begriff der „wiederkehrenden Bezüge" sei im Zusammenhang mit dem Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht teleologisch zu reduzieren. Zwar habe der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 14. Juli 2010 X R 62/08 (BFHE 231, 46) entschieden, dass im Jahr 2001 die grundsätzlich subsidiäre Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG mangels eines Konkurrenzverhältnisses Anwendung finde. Das gelte jedoch ausweislich der Urteilsbegründung nur in den Fällen, in denen die Besteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren systemgerecht wäre. Dem Urteilsfall hätten --anders als im Streitfall-- Ausschüttungen einer Stiftung zugrunde gelegen, die bei der Stiftung nur mit 25 % besteuert worden seien.


Jedenfalls dürften die im Jahr 2001 zugeflossenen Destinatärleistungen bei verfassungskonformer Auslegung der Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 38 EStG nicht besteuert werden. Die Übergangsvorschrift enthalte insofern eine Gesetzeslücke, als sie keine Unterscheidung treffe hinsichtlich der verteilten Gewinne einer Stiftung, die im Jahr des Übergangs zum neuen Körperschaftsteuerrecht den Destinatären zufließen, aber noch der Besteuerung nach altem Körperschaftsteuerrecht unterlegen haben, und solchen Gewinnen, die nach neuem Körperschaftsteuerrecht nur mit 25 % versteuert worden sind. Diese Gesetzeslücke sei im Wege einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend zu schließen, dass der Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 38 EStG in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung gedanklich ein Satz 2 angefügt werde: „Die bisherige Fassung des § 22 Nr. 1 Satz 2 ist letztmals für Bezüge anzuwenden, die der Besteuerung nach der in Satz 1 bezeichneten Fassung des KStG unterlegen haben und die in dem Wirtschaftsjahr zufließen, das in dem Wirtschaftsjahr endet, für den das KStG in der Fassung des Art. 3 des Gesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I, S. 1433) erstmals anzuwenden ist".


Die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung der Übergangsvorschrift ergebe sich aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), da andernfalls Destinatärleistungen einer Stiftung ungerechtfertigt gegenüber Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft benachteiligt würden. Stiftungen seien zwar in das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren nicht einbezogen worden. Der Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren habe sich aber sowohl auf der Ebene der Körperschaft selbst als auch bei den Leistungsempfängern ausgewirkt. Wie bei Kapitalgesellschaften sei bei Stiftungen der Körperschaftsteuersatz auf 25 % gesenkt und die entsprechenden Einkünfte der Destinatäre zur Hälfte steuerpflichtig geworden, während sie bisher nicht der Einkommensteuer unterlegen hätten. Bei Stiftungen sei abrupt vom alten zum neuen System übergegangen worden. Die Stiftung und die Destinatäre hätten sich hierauf nicht in angemessener Zeit einstellen können. Bei vergleichbarer Ausgangslage seien daher Stiftungen und ihre Destinatäre gegenüber Kapitalgesellschaften und deren Gesellschaftern benachteiligt.


Eine Rechtfertigung für diese Benachteiligung gebe es, außer dem Gesichtspunkt der Steuervereinfachung, nicht. Sie könne insbesondere nicht darin gesehen werden, dass Stiftungen nicht in das Anrechnungsverfahren einbezogen waren. Stiftungen hätten bis zum Jahr 2000 eine Rechtsposition inne gehabt, die es ihnen ermöglichte, Überschüsse ohne Belastung mit Einkommensteuer an ihre Destinatäre auszukehren. Die bisherige Steuerbefreiung der Destinatäre sei im Ergebnis die stärkste Form der Anrechnung der Körperschaftsteuer gewesen. Die Möglichkeit, wie Kapitalgesellschaften im ersten Jahr nach Inkrafttreten der Neuregelung Altrücklagen steuerfrei auszuschütten, sei zwingend notwendig, um eine dem Gleichheitssatz entsprechende Übergangsregelung für Stiftungen herzustellen.


Die Kläger beantragen,


den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 26. Januar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2011 dahingehend abzuändern, dass die Destinatärleistungen in Höhe von XXX DM nicht als sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG angesetzt werden.


Der Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen.


Den Klägern könne schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es nach deren Auffassung bei einer Gesamtsteuerbelastung von 40 % bliebe. Diese von den Klägern angestrebte Gesamtsteuerbelastung bewege sich aber unterhalb der vom Gesetzgeber für die Veranlagungszeiträume nach dem Systemwechsel bei Anwendung des Spitzensteuersatzes vorgesehenen Maximalbelastung von 49,25 %, die sich durch Addition des Körperschaftsteuersatzes von 25 % und des hälftigen Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer von 48,5 % ergebe (48,5 % / 2 = 24,25 %).


Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Stiftungen und Kapitalgesellschaften bestehe nicht. Da Stiftungen nicht in das Anrechnungsverfahren einbezogen waren, fehle es an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte.


Aus den Gründen


Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 26. Januar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Destinatärleistungen sind im Streitjahr im Halbeinkünfteverfahren zu versteuern.


1. Die Destinatärleistungen sind nach § 22 Nr. 1 EStG steuerbar. Danach sind sonstige Einkünfte auch Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Einkunftsarten gehören.


Die Destinatärleistungen sind als jährlich wiederkehrende Leistungen wiederkehrende Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG. Sie gehörten im Streitjahr nicht zu den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten, insbesondere nicht zu den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG bezeichneten Einkünften aus Kapitalvermögen (BFHUrteil vom 14. Juli 2010 X R 62/08, BFHE 231, 46, unter II.1.a; Orth, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2001, 325, 333, unter 6.2.3).


Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Begriff der „wiederkehrenden Bezüge" nicht im Zusammenhang mit dem Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht teleologisch zu reduzieren, denn die Subsumtion der Destinatärleistungen unter den Begriff der jährlich „wiederkehrenden Bezüge" kann nicht davon abhängen, ob die (wortgetreue) Anwendung der Übergangsvorschriften zu einer nach Meinung der Kläger systemkonformen Besteuerung führt oder nicht.


2. Die Destinatärleistungen sind den Klägern zuzurechnen.


Nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 13 StSenkG sind die Bezüge nicht dem Empfänger zuzurechnen, wenn sie freiwillig oder auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt werden und der Geber unbeschränkt einkommensteuerpflichtig oder unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist. Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG sind dagegen solche Bezüge dem Empfänger zuzurechnen, die von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung gewährt werden.


Im Streitfall erhielten die Kläger Bezüge von einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft, die ihnen zuzurechnen sind.


3. Die Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG ist im Streitjahr anzuwenden.


Nach § 52 Abs. 38 EStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 40 Buchst. p StSenkG (heute: § 52 Abs. 38 Satz 1 EStG) ist § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG erstmals auf Bezüge anzuwenden, die nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse erzielt werden, die die Bezüge gewährt, für das das KStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 1999 (BGBl I 1999, 817), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen vom 14. Juli 2000 (BGBl I 2000, 1034), letztmalig anzuwenden ist.


Auf Stiftungen war das alte KStG letztmals im Jahr 2000 anzuwenden (vgl. § 34 Abs. 1 KStG in der Fassung des StSenkG), so dass § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG erstmals nach dessen Ablauf, mithin seit dem Jahr 2001 (Streitjahr) anzuwenden war (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 2010 X R 62/08, BFHE 231, 46, unter II.1.c, am Ende).


4. Die Anwendung des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG ist nicht durch § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG als lex specialis gesperrt.


Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind steuerbar Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG, die Gewinnausschüttungen i.S. der Nr. 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen i.S. der Nr. 1 gehören (vgl. BFH-Urteil vom 3. November 2010 I R 98/09, BFHE 232, 22, BStBl II 2011, 417).


Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 12 Buchst. a Doppelbuchst. dd StSenkG neu eingeführt. Sie ist nach § 52 Abs. 37 EStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 40 Buchst. n StSenkG erstmals auf Einnahmen anzuwenden, die nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 KStG erzielt werden, für das das KStG in der Fassung des Art. 3 des Gesetzes vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I 2000, 1433) erstmals anzuwenden ist.


Das KStG in der Fassung des StSenkG ist erstmals anzuwenden im Jahr 2001 (vgl. § 34 Abs. 1 in der Fassung des StSenkG), so dass § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG für Leistungen ab dem 1. Januar 2002 gilt. Im Streitjahr 2001 besteht daher keine Gesetzeskonkurrenz, so dass § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG anzuwenden ist (BFH-Urteil vom 14. Juli 2010 X R 62/08, BFHE 231, 46, unter II.1.b).


5. Die Besteuerung der Destinatärleistungen verstößt im Streitfall nicht gegen die Verfassung.


a) Nach der bis zum StSenkG bestehenden Rechtslage (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG in der bis einschließlich für das Jahr 2000 gültigen Fassung) waren dem Empfänger nur solche Bezüge zuzurechnen, die von einer unbeschränkt steuerpflichtigen, von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft außerhalb der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke i.S. der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung gewährt worden sind. Nach der früheren Rechtslage wären die Stiftungsleistungen nicht den Klägern zuzurechnen und damit von ihnen nicht zu versteuern gewesen, da die Stiftungen nicht von der Körperschaftsteuer befreit waren. Es wäre dann bei einer Gesamtsteuerbelastung von 40 %, erhoben als Körperschaftsteuer auf der Ebene der Stiftungen, geblieben (vgl. die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 EStG: BT-Drucks. 10/1636, S. 58).


Die Neuregelung durch das StSenkG führt dagegen dazu, dass im Jahr 2001 (Streitjahr) nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG Leistungen einer Stiftung aus Gewinnen, die bei dieser bereits einer Körperschaftsteuer von 40 % unterlegen haben („Altgewinne"), beim Destinatär zusätzlich im Halbeinkünfteverfahren zu versteuern sind. Die Gesamtsteuerbelastung beträgt bei der Ausschüttung von „Altgewinnen" bei einem Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 48,5 % --vereinfachend ohne Berücksichtigung von weiteren Steuern oder Zuschlägen-- somit 54,55 %. Zur Körperschaftsteuer von 40 % bei der Stiftung kommt die Einkommensteuer beim Destinatär von 14,55 % hinzu, wobei --entgegen der Berechnung des Beklagten-- zur Ausschüttung auf die Destinatäre nur der Gewinn der Stiftung nach Abzug der Körperschaftsteuer zur Verfügung steht (100 ./. 40 = 60 / 2 = 30 x 48,5 % = 14,55 %). Die Gesamtbelastung bei der Ausschüttung von „Altgewinnen" liegt oberhalb der Gesamtbelastung von 43,13 % bei der Ausschüttung von bei der Stiftung mit 25 % vorbelasteten „Neugewinnen", die beim Destinatär zusätzlich mit 18,18 % besteuert werden (100 ./. 25 = 75 / 2 = 37,50 x 48,5 % = 18,18 %).


Die von den Klägern aufgeworfene Frage der systematisch richtigen Gesamtsteuerbelastung stellt sich entsprechend für Gewinnausschüttungen ab dem Jahr 2002 nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, da auch die dazu ergangene Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 37 EStG nicht zwischen „Altgewinnen" und „Neugewinnen" unterscheidet.


b) Die Besteuerung der Destinatärleistungen diskriminiert die Kläger nicht gegenüber Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften und verletzt damit nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).


Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt. Ausnahmen von dem jedenfalls für die Ertragsteuern und damit auch für die Körperschaftsteuer geltenden Gebot gleicher Besteuerung bei gleicher Ertragskraft bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Bei der Bestimmung der Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber gerade bei der Umstrukturierung komplexer Regelungssysteme stets einen besonders weiten Spielraum bei der Ausgestaltung der Übergangsvorschriften einräumt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17. November 2009 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1, BGBl I 2010, 326, Tz. 45 m.w.N.).


Im Streitfall fehlt es bereits an einer vergleichbaren Ausgangssituation der Destinatäre von Stiftungen und Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften. Kapitalgesellschaften und ihre Anteilseigner wurden von 1977 bis Ende 2000 nach dem Körperschaftsteueranrechnungsverfahren besteuert (§§ 27 bis 43 KStG a.F.). Es sah auf der Ebene der Körperschaft zwei Steuersätze vor. Der von der Körperschaft einbehaltene und nicht ausgeschüttete Gewinn wurde zunächst mit dem Thesaurierungssatz von (zuletzt) 40 % besteuert (§ 23 Abs. 1 KStG a.F.). Wurde der Gewinn später ausgeschüttet, verringerte sich die Körperschaftsteuer auf 30 % (§ 27 Abs. 1 KStG a.F.). Auf der Ebene der Anteilseigner erfolgte dann die Besteuerung der Ausschüttung mit seinem individuellen Einkommensteuersatz und die von der Kapitalgesellschaft entrichtete Körperschaftsteuer wurde auf die Einkommensteuer angerechnet (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG a.F.), um eine Doppelbelastung durch Körperschaftsteuer und Einkommensteuer zu vermeiden. Bei Gewinnthesaurierung entstand bis zum Zeitpunkt der Ausschüttung des belasteten Eigenkapitals auf der Ebene der Gesellschaft ein Körperschaftsteuerminderungspotential, das sich nach der Höhe dieser Steuersatzdifferenz bestimmte. Um bei Ausschüttungen angesichts der in der Vergangenheit unterschiedlichen Körperschaftsteuersätze den jeweiligen Erstattungsbetrag bestimmen zu können, musste die entsprechende Vorbelastung des zur Ausschüttung kommenden Eigenkapitals bekannt sein. Im System des Anrechnungsverfahrens geschah dies durch eine die Vorbelastung wiedergebende Gliederung des „verwendbaren Eigenkapitals" (§ 29 KStG a.F.). Das Eigenkapital der Gesellschaften wurde in verschiedene „Eigenkapitaltöpfe" gegliedert, je nach Vorbelastung durch die Thesaurierungsbesteuerung (§ 30 KStG a.F.). Durch das Anrechnungsverfahren wurde sichergestellt, dass die ausgeschütteten Gewinnen von Kapitalgesellschaften im Ergebnis beim Anteilseigner mit deren individuellen Einkommensteuersatz besteuert wurden.


Stiftungen und deren Destinatäre waren demgegenüber von vornherein nicht in das Anrechnungsverfahren eingebunden. Die Anwendung des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens und damit die Verpflichtung zur Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals nach § 30 KStG a.F. war in § 27 KStG a.F. zunächst nur für Kapitalgesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG vorgesehen. Durch § 43 KStG a.F. wurde das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren auf sonstige unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften ausgedehnt, deren Leistungen bei den Empfängern zu den Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG gehörten. Nicht zum Kreis der sonstigen Körperschaften im Sinne des § 43 KStG a.F. gehörten somit rechtsfähige und nichtrechtsfähige Stiftungen, da ihre Auskehrungen bei den Destinatären nicht zu Kapitalerträgen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG führten.


Bei Stiftungen existierte folglich keine den Kapitalgesellschaften vergleichbare Eigenkapitalstruktur. Stiftungen hatten demgemäß keinen Anspruch auf Feststellung eines Körperschaftsteuerguthabens (vgl. auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Oktober 2011 10 K 3397/09, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 174, zur Unzulässigkeit der Feststellung eines Körperschaftsteuerguthabens bei Stiftungen). Ihnen konnte im Zuge des Übergangs vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren --anders als bei Kapitalgesellschaften (vgl. BVerfG-Beschluss vom 17. November 2009 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1, BGBl I 2010, 326)-- kein Körperschaftsteuerminderungspotential verloren gehen, weil es von vornherein keines gab. Die frühere Rechtslage stellte Destinatäre von unternehmenstragenden Stiftungen sogar besser als Anteilseigener von Kapitalgesellschaften, da es aufgrund der Nichtbesteuerung von Destinatärleistungen bei einer Gesamtsteuerbelastung von 40 % verblieb, obwohl die Erträge letztlich natürlichen Personen zugute kamen. Der Senat vermag den Klägern daher nicht darin zu folgen, dass die Steuerbefreiung der Destinatäre im Ergebnis die stärkste Form der Anrechnung der Körperschaftsteuer gewesen sei, denn Gesellschafter von Kapitalgesellschaften wurden im Ergebnis mit Einkommensteuer (Spitzensteuersatz im Streitjahr 48,5 %), Destinatäre von Stiftungen nur mit der bei der Stiftung erhobenen Körperschaftsteuer (Steuersatz 40 %) belastet. Erst mit der Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren werden Stiftungen und ihre Destinatäre mit Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern gleichgestellt.


c) Das Begehren der Kläger läuft vielmehr darauf hinaus, dass ausgeschüttete Gewinne weiterhin beim Destinatär nicht besteuert werden sollen.


Soweit --wie im Streitfall-- belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine „unechte" Rückwirkung vor. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BGBl I 2010, 1296, Tz. 57 f. m.w.N.).


Im Streitfall wollte der Gesetzgeber bereits im Jahr 2001 Destinatärleistungen im Halbeinkünfteverfahren besteuern. Ausweislich der Gesetzesbegründung käme es zu ungerechtfertigten Begünstigungen, wenn es bei der bisherigen Nichtbesteuerung beim Empfänger bliebe, während die Körperschaftsteuerbelastung der nicht befreiten Körperschaft nur noch 25 % betrage (BT-Drucks. 14/2683, S. 115, wortgleich BT-Drucks. 14/3074). Die Gesetzesbegründung befasst sich zwar nicht mit der Problematik der Ausschüttung von „Altgewinnen" einer Stiftung. Lediglich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages führt in seiner Beschlussempfehlung zu --einer nicht Gesetz gewordenen-- Fassung des § 52 Abs. 38 EStG (BT-Drucks. 14/3366, S. 47, 122) aus, dass Bezüge von einer Körperschaft, deren Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht, beim Empfänger erst dann im Halbeinkünfteverfahren steuerpflichtig sein sollen, wenn die Leistende mit 25 % der Körperschaftsteuer unterliegt. Die tatsächlich durchgeführte schrittweise Einführung der § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG (ab dem Jahr 2001) und § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG (ab dem Jahr 2002) zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber auch im Streitjahr nicht mehr an der Gesamtsteuerbelastung von 40 % festhalten wollte. Er wollte Besteuerungslücken schließen, aber nicht neue schaffen (so BFH-Urteil vom 14. Juli 2010 X R 62/08, BFHE 231, 46, unter II.2.a, wo anders als im Streitfall Mittel ausgeschüttet wurden, die bei der Stiftung nur mit 25 % besteuert waren). Der Gesetzgeber hat für „Altgewinne" von Stiftungen --im Gegensatz zu Körperschaftsteuerguthaben von Kapitalgesellschaften-- überdies keine eigene Übergangsregelung geschaffen, weil es für Stiftungen kein entsprechendes Anrechnungsverfahren mit der Feststellung von Körperschaftsteuerguthaben gab, das es in ein neues System zu überführen galt.


d) Ob der Beklagte gehalten sein könnte, die im Vergleich zur Gesamtsteuerbelastung bei der Ausschüttung von „Altgewinnen" bis zum Jahr 2000 (40 %) und von „Neugewinnen" ab dem Jahr 2002 (43,18 %) bestehende überschießende Gesamtsteuerbelastung von 54,55 % im Jahr 2001 im Wege einer sachlichen Billigkeitsregelung zurückzunehmen, hat der Senat in diesem Rechtsstreit nicht zu entscheiden.


6. Die Hälfte der Destinatärleistungen ist nach § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG steuerfrei. Gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung sind die Hälfte der Bezüge i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG steuerfrei, soweit diese von einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse stammen. § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG war im Streitjahr anwendbar. Wegen einer fehlenden ausdrücklichen Anwendungsvorschrift ist § 3 Nr. 40 Buchst. i EStG nach der allgemeinen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG vom 1. Januar 2001 an anzuwenden (BFH-Urteil vom 14. Juli 2010 X R 62/08, BFHE 231, 46, unter II.1.d).


Die Ausschüttungen von XXX DM sind damit in Höhe von XXX DM zu besteuern.


7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


8. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Es ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob im Jahr 2001 Leistungen einer Stiftung aus Gewinnen, die bei dieser bereits mit 40 % besteuert waren, beim Destinatär zusätzlich nach § 22 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Buchst. a EStG im Halbeinkünfteverfahren zu versteuern sind.

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