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Steuerrecht
30.07.2015
Steuerrecht
Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht: Bei der Beteiligung an mehreren MU ist die Beschränkung des Steuerermäßigungsbetrages jeweils betriebsbezogen zu ermitteln

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 29.10.2014 – 5 K 115/12

Volltext: BB-Online BBL2015-1875-4

unter www.betriebs-berater.de

Leitsatz

1. Die Ermittlung des individuellen Steuerermäßigungsbetrages nach § 35 Abs. 1 EStG, insbesondere unter Berücksichtigung des Höchstbetrages nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG, erfolgt auch bei einer Beteiligung an mehreren Mitunternehmerschaften erst auf der Ebene der Einkommensteuerveranlagung. Lediglich hinsichtlich der in § 35 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 EStG ausdrücklich genannten Größen stellt sich ein Gewinnfeststellungsbescheid für eine Mitunternehmerschaft als Grundlagenbescheid für die Ermittlung des Ermäßigungsbetrages nach § 35 Abs. 1 EStG dar. Ein in einem Gewinnfeststellungsbescheid festgestellter " auf Beteiligungen an anderen Personengesellschaften entfallender, individuell ermittelter Höchstbetrag nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG" entfaltet daher keine Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid.

2. Bei der (unmittelbaren oder mittelbaren) Beteiligung eines Steuerpflichtigen an mehreren der Gewerbesteuer unterliegenden Mitunternehmerschaften oder bei mittelbarer Beteiligung an mehreren Mitunternehmerschaften ist die Beschränkung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG jeweils betriebsbezogen zu ermitteln.

Normen: § 35 Abs 1 S 5 EStG 2002, § 35 Abs 2 EStG 2002, § 35 Abs 3 EStG 2002, § 35 Abs 4 EStG 2002, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002 ... mehr

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG bei mehrstöckigen Mitunternehmerschaften - insbesondere die Beschränkung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG - betriebsbezogen für den einzelnen Gewerbebetrieb oder gesellschafterbezogen zu erfolgen hat. Ferner ist streitig, ob und inwieweit eine gesonderte und einheitliche Feststellung über die auf die Beteiligung an anderen Personengesellschaften entfallenden, individuell ermittelten Höchstbeträge nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG Bindungswirkung für die Einkommensteuerveranlagung hat.

Der Kläger unterlag im Streitjahr (2008) gemäß § 2 AStG der erweiterten beschränkten Steuerpflicht. Er erzielte im Jahr 2008 u. a. Einkünfte aus der Beteiligung an Personengesellschaften. Er war 100%iger Kommanditist der … GmbH & Co. KG (A). Diese wiederum ist zu 64,9 % an der … GmbH & Co. KG (B) beteiligt. Die B wiederum war im Streitjahr als Kommanditistin an der … GmbH & Co. KG (C) beteiligt.

Der Kläger reichte zunächst seine Einkommensteuererklärung für das Streitjahr am 3. Februar 2010 bei dem Beklagten ein. Darin gab er die für 2008 festzusetzenden anteiligen Gewerbesteuermessbeträge mit 280.316 € (B: 205.640,17 €; C: 74.676,11 €) an. Die Summe der Höchstbeträge nach § 35 EStG aus Unterbeteiligungen wurde mit 931.159 € angesetzt.

Der Beklagte korrigierte dies im Einkommensteuerbescheid vom 1. März 2010 im Hinblick auf eine Mitteilung des Finanzamtes … vom 16. Juni 2009 dahingehend, dass der anteilige Gewerbesteuermessbetrag 222.858 € und die anteilig zu zahlende Gewerbesteuer 835.720 € betrage. In der letztgenannten Höhe wurde auch die Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte angesetzt.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12. März 2010 Einspruch ein. Im Laufe des Einspruchsverfahrens erhielt der Beklagte eine Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008 der A, nach der die für den Feststellungszeitraum tatsächlich anteilig zu zahlende Gewerbesteuer aus Beteiligungen an anderen Personengesellschaften 996.753,87 € und die auf Beteiligung an anderen Personengesellschaften entfallende, individuell ermittelten Höchstbeträge (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG) 931.159,52 € betrügen.

Mit Bescheid vom 8. August 2010 änderte der Beklagte hinsichtlich der hier streitigen Frage den Einkommensteuerbescheid daraufhin dahingehend, dass die Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte 931.160 € betrug. In der Begründung hieß es, dass sich gemäß § 35 Abs. 1 EStG der Abzug des Steuerermäßigungsbetrages auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer (maximal das 3,8fache des Gewerbesteuermessbetrages) beschränke bzw. sich die tarifliche Einkommensteuer nur insoweit um das 3,8-fache des Gewerbesteuermessbetrages ermäßige, wie sie anteilig auf die im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünfte entfalle.

Hiergegen legte der Kläger erneut Einspruch mit Schreiben vom 17. August 2010 ein, dem eine korrigierte Einkommensteuererklärung beigefügt war. Hinsichtlich der hier streitigen Frage beantragte der Kläger nunmehr, die Einkommensteuerermäßigung in Höhe von 996.753,87 € anzusetzen. Dazu führte er aus, die Einkommensteuerermäßigung werde doppelt, nämlich durch das 3,8fache des Gewerbesteuermessbetrages sowie durch die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer begrenzt. Entgegen den Ausführungen im BMF-Schreiben vom 24. Februar 2009 zu § 35 EStG müsse die Berechnung der Begrenzung nicht für jeden Gewerbebetrieb getrennt (gesellschaftsbezogen) vorgenommen werden, sondern vielmehr auf der Ebene des Steuerpflichtigen (gesellschafterbezogen) erfolgen. Der in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG definierte Ermäßigungshöchstbetrag beziehe sich nicht auf einzelne Einkunftsquellen. Es handele sich um einen zusammengefassten einheitlichen Betrag, der entsprechend einheitlich berechnet werden müsse. Die gesonderte und einheitliche Feststellung auf Ebene der Gesellschaften sei lediglich formaler Natur. Ein materieller Regelungsgehalt sei darin nicht zu sehen. Das ergebe sich auch aus dem Vergleich zu einer natürlichen Person, die zwei Einzelunternehmen betreibe, bei denen keine gesonderten und einheitlichen Feststellungen erfolgten. Bisher sei die Einkommensteuerermäßigung wie folgt berechnet worden:

B:

3,8-Faches:

205.127,72 x 3,8 = 779.485,34

Maximal Zahlung:

645.776,15

Ermäßigung:

645.776,15

C:

3,8-Faches:

74.676,11 x 3,8 = 283.769,22

Maximal Zahlung:

350.977,72

Ermäßigung: 

283,769,22

Gesamtermäßigung:   929,545,37

Der Ermäßigungsbetrag sei aber wie folgt zu ermitteln:

B/C:  

3,8-Faches: (205.127,72 + 74.676,11) * 3,8 = 1.063.254,56 € 

Maximal Zahlung:

  996.753,87 € (645.776,15 plus 350.977,72)

Als Gesamtermäßigungsbetrag seien daher 996.753,87 € anzusetzen.

Der Beklagte änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid auf der Grundlage des § 164 Abs. 2 AO mit Bescheid vom 4. Oktober 2010. Darin wurde die Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte nunmehr in Höhe von 996.754 € angesetzt.

In Mitteilungen über die geänderte gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der A für das Jahr 2008 vom 9. November 2010, 24. März 2011 und 26. April 2011 des Finanzamtes …, in denen jeweils eine unterschiedlich festgestellte Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb angegeben wurde, wurde die auf Beteiligung an anderen Personengesellschaften entfallenden, individuell ermittelten Höchstbeträge (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG) mit 929.545,37 € angegeben.

Mit hier nunmehr streitigem Bescheid vom 2. Mai 2011 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2008 im Hinblick auf die letzte Mitteilung des Finanzamts … vom 26. April 2011. Die Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte setzte der Beklagte nunmehr mit 929.546 € entsprechend der Mitteilung an.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. Mai 2011 Einspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, dass die Berechnung des Er-mäßigungsvolumens gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG im Rahmen des Ermäßigungshöchstbetrages nicht für jeden Gewerbebetrieb getrennt (betriebsbezogen), sondern zusammengefasst auf Ebene des Steuerpflichtigen (gesellschafterbezogen) zu ermitteln sei. Der Ermäßigungsbetrag werde nicht auf die jeweils dazugehörigen gewerblichen Einkünfte angewendet. Stattdessen werde der Ermäßigungsbetrag der Summe aller gewerblichen Einkünfte gegenübergestellt (§ 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG). Der Ermäßigungsbetrag sei daher auch als Gesamtheit zu ermitteln und nicht getrennt nach den dazugehörigen Gewerbebetrieben. Da der Steuerermäßigungsbetrag ein einheitlicher Betrag sei, könne sich auch die Begrenzung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer nur auf den einheitlich aufsummierten Betrag beziehen. Die Ermäßigung der Einkommensteuer sei anders als die Gewerbesteuer nicht objektbezogen zu ermitteln. Sie sei formell und materiell allein dem Einkommensteuerrecht zuzuordnen.

Der Beklagte erließ am 23. Juni 2011 einen weiteren nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem er die Einkommensteuer auf … € festsetzte. Der hier in Rede stehende Steuerermäßigungsbetrag blieb unverändert.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2012 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus, dass das für die Besteuerung der B zuständige Finanzamt … mit Feststellungsbescheid vom 26. April 2011 festgestellt habe, dass die Steuerermäßigung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer in Höhe von 929.545,37 € begrenzt sei. Da es sich bei der Feststellung um einen Grundlagenbescheid nach § 35 Abs. 3 EStG handele, entfalte er für den Einkommensteuerbescheid Bindungswirkung. Die tarifliche Einkommensteuer sei somit zutreffend gerundet um 929.546 € gemindert worden. Unabhängig davon ergebe sich aus einem BMF-Schreiben vom 24. September 2009 zu § 35 EStG, dass bei einem Steuerpflichtigen, dem als Einzelunternehmer, als unmittelbarer oder mittelbarer Mitunternehmer Gewinne aus mehreren Gewerbebetrieben zuzurechnen seien, die jeweiligen Gewerbesteuermessbeträge für jeden Gewerbebetrieb und für jede Mitunternehmerschaft getrennt zu ermitteln, mit dem Faktor 3,8 zu vervielfältigen und auf die zu zahlende Gewerbesteuer zu begrenzen seien. Diese betriebsbezogene Betrachtungsweise resultiere aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, der an die Merkmale des Gewerbebetriebs anknüpfe und deren objektbezogene Ermäßigungsbedingung für die Berechnung des Ermäßigungsbetrages nach § 35 EStG vorrangig sei. Sie entspreche auch dem Gesetzeszweck, nach dem die gewerbesteuerliche Belastung nicht vollständig kompensiert werden solle.

Der Kläger hat am 2. Juli 2012 Klage erhoben.

In Ergänzung seines außergerichtlichen Vortrags macht er geltend:

Hier relevante Grundlagenbescheide seien der Feststellungsbescheid des Finanzamts … vom 26. April 2011 für die A sowie der Feststellungsbescheid für 2008 des Finanzamts … vom 2. Februar 2011 für die B. In der Einspruchsbegründung weise der Beklagte unzutreffend auf einen Feststellungsbescheid der B hin, zitiere aber das Datum des Bescheids für die A.

Aus der Systematik und dem Wortlaut des § 35 EStG ergäben sich keine Hinweise auf die betriebsbezogene Berechnung, die vom Finanzamt praktiziert werde. Aus dem Aufbau der Vorschrift ergebe sich, dass die eigentliche Berechnung der Steuerermäßigung in Abs. 1 geregelt sei. In Abs. 2 Satz 1 sowie Satz 4 und 5 sowie in Abs. 3 und 4 sei lediglich die Feststellungstechnik der Mitunternehmerschaften geregelt. Bei mehrstöckigen Mitunternehmerschaften - wie im vorliegenden Fall - seien gemäß § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG anteilige Gewerbesteuermessbeträge aus der Beteiligung der Untergesellschaft in die entsprechende Feststellung der Obergesellschaft einzubeziehen. Das Wort „einbeziehen“ deute dabei darauf hin, dass bei der Obergesellschaft jeweils ein Betrag festzustellen sei. Aus diesen Vorschriften folge daher, dass die für die Berechnung der Steuerermäßigung festzustellende Beträge auf Ebene der Obergesellschaft in einem Betrag zusammenzufassen seien. Auch der Wortlaut des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG, der von der Ermittlung der Steuerermäßigung nach Abs. 1 spreche, gehe eindeutig von einer einzigen Ermittlung der Steuerermäßigung aus, nicht von verschiedenen betriebsbezogenen Ermittlungsschritten. Festzustellen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG seien der Betrag des Gewerbesteuermessbetrages, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil. Eine Berechnung im Sinne von Abs. 1 des § 35 EStG erfolge an dieser Stelle jedoch noch nicht. Die Ermittlungen der Steuerermäßigung gemäß § 35 Abs. 1 EStG erfolge nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut einmalig auf der Ebene der einkommensteuerpflichtigen natürlichen Person. Lediglich auf dieser Ebene könne die tarifliche Einkommensteuer ermäßigt werden. Korrespondierend werde auch nur ein einziger Ermäßigungshöchstbetrag ermittelt und der Abzug eines einzigen Steuerermäßigungsbetrages auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt. Es entspreche dieser Systematik, dass der Ermäßigungsbetrag gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG auch die „Summe der positiven gewerblichen Einkünfte des Steuerpflichtigen“ umfasse und sich nicht auf einzelne gewerbliche Einkunftsquellen beziehe. Auch rein technisch könne die Ermittlung nur auf der Ebene der einkommensteuerpflichtigen natürlichen Person erfolgen. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urteil vom 27. September 2006 X R 25/04, BStBl. II 2007, 694). Die zwischenzeitlichen Änderungen des § 35 EStG hätten an dieser Systematik nichts geändert. Auch aus der Gesetzesbegründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 lasse sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Es sei Zielsetzung des Gesetzgebers gewesen, eine aufkommensgerechtere Behandlung zwischen Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften zu erreichen. Hier werde nicht zwischen einstöckigen und mehrstöckigen bzw. zwischen einer und mehreren Beteiligungen an Personengesellschaften differenziert. Auch aus der Formulierung in § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ergäbe sich nichts anderes. Zwar beginne der Satz in Nr. 1 mit dem Plural („Einkünften aus gewerblichen Unternehmen“) und wechsele danach in den Singular („für das Unternehmen festgesetzter Steuermessbetrag“). Der letzte durch ein Semikolon abgetrennte Halbsatz (Abs. 2 Satz 5 ist entsprechend anzuwenden) mache aber deutlich, dass die Ermittlung eines („alle festgesetzten Steuermessbeträge einbeziehenden“) Gesamtbetrags zu erfolgen habe.

Im Laufe des Verfahrens sind der Feststellungbescheid 2008 für die B mit Bescheiden vom 21. Februar 2014 und vom 22. Juli 2014 geändert worden. Der Feststellungbescheid für die A ist mit Bescheiden vom 19. Juni, 4. August und 19. September 2014 geändert worden. Im Bescheid für die B vom 22. Juli 2014 wurde nunmehr für die A ein anteiliger Gewerbesteuermessbetrag aus Beteiligungen an anderen inländischen Personengesellschaften - hier C - in Höhe von 73.753,19 € und insoweit eine tatsächlich anteilig zu zahlende Gewerbesteuer der Mitunternehmerschaft in Höhe von 440.041,47 € festgestellt. Ferner wurde für die A ein anteiliger Gewerbesteuermessbetrag bei der B von 204.702,41 € und eine tatsächlich anteilige zu zahlende Gewerbesteuer von 634.577,46 € festgestellt. Im Feststellungsbescheid für die A vom 19. September 2014 werden auf Beteiligungen an anderen Personengesellschaften entfallende, individuell ermittelte Höchstbeträge (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG) in Höhe von 914.839,58 € festgestellt.

Nach Auswertung der entsprechenden Mitteilungen über die o. g. Änderungsbescheide hat der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2008 für den Kläger mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 geändert. Die Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte hat der Beklagte nunmehr in Höhe von 914.840 € angesetzt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid für 2008 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 2. Mai 2011, geändert durch Bescheid für 2008 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 23. Juni 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2012 und des nachfolgenden Änderungsbescheides vom 6. Oktober 2014 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung einer Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte in Höhe von … € festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend: Sowohl in der Klagerwiderung als auch in der Einspruchsentscheidung sei der Beklagte irrtümlich davon ausgegangen, dass es sich bei dem Feststellungsbescheid des Finanzamts … vom 26. April 2011 um den Bescheid für B handele, dem Kläger die Einkünfte also direkt über die B zuzurechnen seien und nicht mittelbar über die A. Dies führe jedoch zu keinem anderen Ergebnis. Der Feststellungsbescheid für die A stelle einen Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerfestsetzung des Klägers dar und entfalte hinsichtlich der Begrenzung der Steuerermäßigung auf die tatsächlich zu zahlende Einkommensteuer Bindungswirkung. Die vom Finanzamt durchgeführte betriebsbezogene Begrenzung der Steuerermäßigung, die aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer resultiere, entspreche sowohl dem Gesetzeszweck als auch der Gesetzessystematik. Die betriebsbezogene Betrachtungsweise müsse sich auch im Feststellungsverfahren widerspiegeln.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Steuerakten des Beklagten (Einkommensteuerakten, Rechtsbehelfsakte) Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 vom 2. Mai 2011, geändert durch Bescheid vom 23. Juni 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2012 und des nachfolgenden Änderungsbescheides vom 6. Oktober 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die von dem Beklagten im maßgeblichen letzten Änderungsbescheid vom 6. Oktober 2014 angesetzte Höhe des Steuerermäßigungsbetrages für gewerbliche Einkünfte in Höhe von 914.840 € ist nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich zwar – entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamtes – nicht bereits aus einer Bindungswirkung des Gewinnfeststellungsbescheides 2008 für die A, soweit dort die „auf Beteiligungen an anderen Personengesellschaften entfallenden, individuell ermittelten Höchstbeträge (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG)“ mit 914.839,58 € festgestellt wurden (dazu unter I.). Das Finanzamt hat jedoch unabhängig von einer Bindungswirkung des Gewinnfeststellungsbescheides in diesem Punkt den Steuerermäßigungsbetrag für gewerbliche Einkünfte nach § 35 Abs. 1 zutreffend im Hinblick auf die Begrenzung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG betriebsbezogen ermittelt (dazu unter II.).

I.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich die Rechtmäßigkeit des Ansatzes der Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte nach § 35 EStG vorliegend nicht aus einer Bindungswirkung eines bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheides für die A vom 19. September 2014. Zwar sind darin die „auf Beteiligungen an anderen Personengesellschaften entfallenden, individuell ermittelten Höchstbeträge (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG)“ in Höhe von 914.839,58 €, mithin gerundet der von dem Beklagten im streitgegenständlichen Änderungsbescheid vom 6. Oktober 2014 angesetzte Betrag von 914.840 €, festgestellt worden. Diese dort getroffene Feststellung entfaltet jedoch für den Einkommensteuerbescheid des Klägers keine Bindungswirkung.

Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl. II 2005, 679 m. w. N.) bedürfen abgestufte (mehrstufige) Steuerverwaltungsverfahren zwingend gesetzlicher Regelungen. Der Rechtsgrund der Bindungswirkung ist immer das Gesetz. Die Bindung muss durch das Gesetz ausdrücklich angeordnet sein. Besteuerungsgrundlagen werden in Einklang damit nach § 179 Abs. 1 AO durch Feststellungsbescheid nur dann gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. Die damit gebotene und unverzichtbare Rechtsgrundlage kann nicht durch allgemeine Zweckmäßigkeitserwägungen oder vergleichbare sinnvolle Überlegungen ersetzt werden. Der Geltungsanspruch des Feststellungsbescheides ist mithin auf den gesetzlich geregelten Gegenstand des Feststellungsverfahrens begrenzt (vgl. auch BFH, Urteil vom 8. November 2005 VIII R 11/02, BFHE 211, 277, BStBl. II 2006, 253).

Ausgehend hiervon entfaltet die o. g. getroffene Feststellung im Gewinnfeststellungsbescheid für die A keine Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid des Klägers. Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG sind bei Mitunternehmerschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrages, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer oder auf die persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Bei dieser Feststellung sind anteilige Gewerbesteuer-Messbeträge, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen (§ 35 Abs. 2 Satz 5 EStG). Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG sind für die Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages, die Feststellung des Anteils an dem festzusetzenden Gewerbesteuer-Messbetrag nach Abs. 2 Satz 1 und die Festsetzung der Gewerbesteuer Grundlagenbescheide. Nach § 35 Abs. 4 EStG gelten für die Aufteilung und die Feststellung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer bei Mitunternehmerschaften i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 die Abs. 2 und 3 des § 35 EStG entsprechend.

Nach diesen Vorschriften ist aber lediglich der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrages, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer oder auf die persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Anteil gesondert festzustellen, und nur insoweit sind die Gewinnfeststellungsbescheide Grundlagenbescheide für die Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG, die ansonsten auf der Ebene des Gesellschafters, d. h. im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Mitunternehmers, durchzuführen ist. Nur hinsichtlich dieser in den Vorschriften des § 35 Abs. 2 bis 4 EStG ausdrücklich und abschließend genannten Punkte entfalten die Gewinnfeststellungsbescheide und die darin getroffenen Feststellungen mithin Bindungswirkungen für den Einkommensteuerbescheid bzw. bei mehrstöckigen Personengesellschaften für den Gewinnfeststellungsbescheid der Obergesellschaft. Die Ermittlung des Steuerermäßigungsbetrages nach § 35 Abs. 1 EStG erfolgt dagegen - soweit nicht ausdrücklich hinsichtlich bestimmter Berechnungsfaktoren die Notwendigkeit einer Feststellung und die Wirkung eines Grundlagenbescheides gesetzlich angeordnet worden sind - auf der Ebene der Einkommensteuerveranlagung. Daraus ergibt sich, dass die Ermittlungen des individuellen Höchstbetrages unter Beachtung der verschiedenen Begrenzungen aus § 35 Abs. 1 EStG (3,8fache des Gewerbesteuer Messbetrages, des Ermäßigungshöchstbetrages in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG und die Beschränkung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG) auf der Ebene des Gesellschafters erfolgt. Soweit in dem Gewinnfeststellungsbescheid für die A vom 19. September 2014 oder in auf vorheriger Ebene erlassenen Gewinnfeststellungsbescheiden auch ein auf „Beteiligungen an anderen Personengesellschaften individuell ermittelter Höchstbetrag“ nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG festgestellt wurde, entfaltet diese Feststellung daher, da sie außerhalb des gesetzlich angeordneten Feststellungsbereichs ergangen ist, - unabhängig von etwaigen Zweckmäßigkeitsüberlegungen - keine Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid.

II.

Der von dem Beklagten im letzten Änderungsbescheid vom 6. Oktober 2014 angesetzte Steuerermäßigungsbetrag für gewerbliche Einkünfte in Höhe von 914.840 € ist zutreffend ermittelt worden.

Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34 f, 34 g und 35 a EStG, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag), bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG um das 3,8fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags. Der Ermäßigungshöchstbetrag ist nach der in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG enthaltenen Formel durch das Verhältnis der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte zur Summe aller positiven Einkünfte zu ermitteln; dieses Ergebnis wird mit der geminderten tariflichen Steuer multipliziert. Ferner ist der Abzug des Steuerermäßigungsbetrages gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt. Die letztgenannte Regelung Vorschrift ist erstmals für das Streitjahr 2008, mithin auch auf den Streitfall anzuwenden (§ 52 Abs. 50 a Satz 1 EStG).

Für die hier maßgebliche und zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die in § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG normierte Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer bei einer Beteiligung eines Steuerpflichtigen an mehreren der Gewerbesteuer unterliegenden Mitunternehmerschaften oder bei mittelbarer Beteiligung an mehreren Mitunternehmerschaften in der Weise erfolgt, dass die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer aller Einkunftsquellen summiert (gesellschafter- oder unternehmerbezogene Betrachtungsweise) oder für jeden (mittelbaren) Mitunternehmeranteil gesondert ermittelt und als Begrenzung jeweils dem 3,8 fachen des anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrages nach §35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gegenübergestellt wird (betriebsbezogene Betrachtungsweise), enthält § 35 EStG keine ausdrückliche Regelung. In der Rechtsprechung und in der Literatur werden hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten (für betriebsbezogene Berechnung: FG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014 4 K 4048/12 E, EFG 2015, 49; Michel DStR 2011, 611; Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 35 Rz 41, Danelsing in Blümich, EStG, § 35 Rz 39; Gosch in Kirchhof, EStG, 12. Aufl. § 35 Rz 13; BMF-Schreiben vom 24. Februar 2009 IV C 6-S 2296-a/08/10002, BStBl. I 2009 440; DStR 2009 481 Rz 10 sowie vom 25. November 2010, IV C 6-S 2296-a/09/10001 , BStBl. I 2010 1312, DStR 2010, 2461, Rz 10; für unternehmer- bzw. gesellschafterbezogene Betrachtungsweise: Cordes, DStR 2010, 1416; Lewedag in Hermann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 35 EStG Rz 23).

Nach Auffassung des Senats ist zur Berechnung der Begrenzung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG eine betriebsbezogene Betrachtungsweise zu Grunde zu legen.

1. Allerdings ergibt sich dies noch nicht aus einer Wortlautauslegung des § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG. Soweit in dieser Vorschrift eine Begrenzung des Abzugs auf die „tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer“ normiert wird, können aus dieser insoweit offenen Formulierung keine Rückschlüsse auf eine entweder betriebs- oder gesellschafter- bzw. unternehmerbezogene Betrachtungsweise hergeleitet werden (vgl. FG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014, 4 K 4048/12 E, EFG 2015, 49). Auch können nach Auffassung des Senats weder aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG noch aus der Formulierung in § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit der Begrenzung des Abzugs auf „das 3,8fache des … festgesetzten anteiligen Gewerbesteuermessbetrages“ Rückschlüsse auf die Art der Ermittlung der Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG gezogen werden. Zutreffend weist insoweit Michel (DStR 2011, Seite 611, 612) darauf hin, dass § 35 Abs. 1 EStG insoweit drei unterschiedliche, jeweils voneinander unabhängige Berechnungsfaktoren enthält. Dies sind der Ermäßigungsbetrag gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG, der relative einkommensteuerliche Ermäßigungshöchstbetrag gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG, wonach nur der Teil der tariflichen Einkommensteuer gemindert werden soll, der auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb entfällt, sowie die Begrenzung auf die tatsächlich gezahlte Gewerbe-steuer in § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG. Sowohl bei der Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG (Ermäßigungshöchstbetrag) als auch bei der Begrenzung auf das 3,8fache des Gewerbesteuer-Messbetrages nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG handelt es sich um eigenständige Begrenzungen des Ermäßigungsbetrages, die unabhängig von der Begrenzung des auch erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Vorschrift aufgenommenen und erstmals im Streitjahr anzuwendenden § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG normiert wurden. Dementsprechend ist auch das von dem Kläger zur Stützung seiner Rechtsauffassung herangezogene Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27. September 2006 (X R 25/04, BFHE 2015, 176, BStBl. II 2007, 694) im Streitfall nicht einschlägig. Danach wird zwar die Einkommen-steuer, anders als die Gewerbesteuer, nicht betriebsbezogen berechnet, können bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens die Ergebnisse mehrerer sachlich selbständiger Betriebe saldierend zusammengefasst werden und widerspräche es der Systematik des Einkommensteuerrechts, den Ermäßigungshöchstbetrag nach § 35 EStG betriebsbezogen zu berechnen. Diese Entscheidung bezog sich jedoch auf die Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrages nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG, der - anders als die Begrenzungen nach § 35 Abs. 1 Satz Nr. 2 und Satz 5 EStG, die auf gewerbesteuerliche Größen rekurrieren (Gewerbesteuer-Messbetrag und tatsächliche gezahlte Gewerbe-steuer) - eindeutig mit der Bezugnahme auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb eine Grenze durch eine einkommensteuerliche Größe zieht; hieraus kann daher nicht auf die Notwendigkeit einer bestimmten Art der Ermittlung der Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG geschlossen werden (vgl. Michel, DStR 2011, 611, 612 f.). Darüber hinaus ist auch ohnehin die hier streitige Frage, ob eine betriebs- oder unternehmerbezogene Betrachtung vorzunehmen ist, sowohl für die Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG als auch für die Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG irrelevant, da beide Betrachtungsweisen bei diesen Begrenzungsgrößen zu demselben Ergebnis führten (vgl. FG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014 4 K 4048/12 E, EFG 2015, 49).

2. Eine systematische Auslegung der Vorschrift des § 35 EStG spricht für eine betriebsbezogene Betrachtungsweise. Eine solche Auslegung des § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG entspricht insbesondere dem Objektcharakter der Gewerbesteuer. Zwar handelt es sich bei den Regelungen in § 35 EStG zur Ermittlung der Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte um einkommensteuerliche Vorschriften. Die Bezugnahme in § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG wie auch in § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG auf gewerbesteuerliche Größen (tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer sowie Gewerbesteuermessbetrag bzw. anteiliger Gewerbesteuermessbetrag) legt jedoch bei der Ermittlung und Begrenzung des Ermäßigungsbetrages eine objekt- und damit betriebsbezogene Betrachtungsweise nahe. Die drei in § 35 EStG enthaltenen Rechengrößen bestehen, ungeachtet der Zusammenfassung in einem Absatz, - wie oben ausgeführt - auch unabhängig voneinander. Die Ermittlung des Er-mäßigungshöchstbetrages nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG wird durch die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer nicht beeinflusst; der Ermäßigungshöchstbetrag wird ausschließlich nach der in § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG festgelegten Formel berechnet. Die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt lediglich den Abzug des Ermäßigungsbetrages nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG (vgl. Michel, DStR 2011, 611, 613). Vor diesem Hintergrund spricht die Saldierung der Einkünfte aus den verschiedenen gewerblichen Einkunftsquellen im Rahmen der Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrages nach § 35 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht für eine unternehmerbezogene Betrachtungsweise im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG.

Ein gesetzlicher Hinweis auf eine unternehmerbezogene Betrachtungsweise ergibt sich schließlich nach Auffassung des Senats auch nicht dadurch, dass nach § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG bei einer Feststellung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 anteilige Gewerbesteuermessbeträge, die aus einer Beteiligung aus einer Mitunternehmerschaft stammen, „einzubeziehen“ sind und gemäß § 35 Abs. 4 EStG für die Aufteilung und Feststellung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer § 35 Abs. 2 und 3 EStG entsprechend gilt. Zum einen gilt diese Regelung der „Einbeziehung“ festgestellter anteiliger Gewerbesteuermessbeträge bzw. tatsächlich zu zahlender Gewerbesteuer lediglich für mehrstöckige Mitunternehmerschaften. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber insofern durch diese Spezialregelung insgesamt auch etwa für die Beteiligung an mehreren unterschiedlichen Mitunternehmerschaften eine bestimmte Art der Berechnung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG regeln wollte. Zum anderen bedeutet aus Sicht des Senats der in der Vorschrift des § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG verwandte Begriff des „ Einbeziehens“, auf den § 35 Abs. 4 EStG auch für die Feststellung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer bei Mitunternehmerschaften Bezug nimmt, nicht notwendigerweise eine Aufsummierung der jeweils bei den Mitunternehmerschaften tatsächlich anteilig zu zahlenden Gewerbesteuer in einem Betrag im Gewinnfeststellungsbescheid der Obergesellschaft. Vielmehr kann eine Einbeziehung in das Feststellungsverfahren auch in der Weise erfolgen, dass etwa die für die Unterpersonengesellschaft festgestellte tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer in dem Gewinnfeststellungsbescheid der Obergesellschaft noch einmal gesondert festgestellt wird (vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 35 Rz 62).

3. Auch eine historische Auslegung spricht für die betriebsbezogene Betrachtungsweise (so auch FG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014 4 K 4048/ 12 E, EFG 2015, 49; Michel, DStR 2011, 611, 613). In der Begründung des Gesetzentwurfs zur Einführung des § 35 EStG heißt es bereits ausdrücklich:

„Die Ermäßigung wird für jeden Gewerbebetrieb getrennt ermittelt“ (BT-Drucks. 14/2638, Seite 116). Auch wenn die damalige gesetzliche Regelung noch keine Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer enthielt und die Ermäßigung lediglich auf das 1,8fache des Gewerbesteuermessbetrags beschränkt war, wird hierdurch eine vom Gesetzgeber gewollte betriebsbezogene Betrachtungsweise deutlich (vgl. FG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014 4 K 4048/12 E, EFG 2015, 49). Auch die Begründung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008, mit dem die Begrenzung in § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG gesetzlich verankert wurde, spricht für die betriebsbezogene Betrachtungsweise. Dort heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs: „Den Höchstbetrag bildet die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer des Unternehmens“ (BT- Drucksache 16/4841, Seite 65, 1. Spalte).

4. Schließlich spricht auch eine am Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung für die betriebsbezogene Betrachtungsweise. Durch den Ermäßigungsbetrag nach § 35 EStG soll die kumulierte Belastung von Einkommensteuer und Gewerbesteuer gemildert werden. Der Gesetzgeber hat durch die in § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG vorgenommene Pauschalierung der Ermäßigung jedoch bewusst in Kauf genommen, dass kein vollständiger Ausgleich der gewerbesteuerlichen Belastung bewirkt wird. Dies wird bereits durch die Begrenzung der Ermäßigung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG auf das 3,8fache des Messbetrages deutlich; es kann lediglich zu einer vollständigen Entlastung bei Hebesätzen bis zu 400 % kommen (vgl. FG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014 4 K 4048/12 E, BFH-Urteil vom 23. April 2008 X R 32/06, BStBl. II 2009 7, BFHE 221, 102). Bei niedrigeren Hebesätzen wird die Gewerbesteuerbelastung demnach zwar voll kompensiert. Mit der Beschränkung auf die tatsächlich zu zahlende Steuer durch § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG sollten jedoch Steuerspareffekte bei niedrigen Hebesätzen ausgeschlossen werden und eine „aufkommensgerechtere Behandlung insbesondere zwischen Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften erreicht werden“ (so die Gesetzesbegründung zu § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG in BT-Drs. 16/4841, S. 65). Diesem Ziel entspricht die betriebsbezogene Betrachtungsweise. Ziel der neu hinzugekommen Begrenzung des Ermäßigungsbetrags in § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG war es jedenfalls nicht, durch Zusammenfassung der Rechengrößen für gewerbesteuerlich selbständige Betriebe eine vollständige oder jedenfalls größere Entlastung als bei einer Einzelbetrachtung der jeweiligen Betriebe zu erreichen (vgl. Michel, DStR 2011, 611, 613). Die unternehmensbezogene Betrachtungsweise führte auch zu nicht sachgerechten Ungleichbehandlungen. So würden Steuerpflichtige, die mehrere Gewerbebetriebe oder gewerbliche unmittelbare oder mittelbare Beteiligungen in Gemeinden mit unterschiedlich hohen Hebesätzen unterhalten, gegenüber solchen Steuerpflichtigen privilegiert, die ihren Betrieb oder ihre Betriebe in lediglich einer Gemeinde haben. Es ergäbe sich auch eine Privilegierung hinsichtlich der Höhe des Steuerermäßigungsbetrages eines Unternehmers mit zwei selbständigen Gewerbebetrieben oder Beteiligungen in unterschiedlichen Gemeinden gegenüber Einzelunternehmern in den jeweiligen Gemeinden (Michel, DStR 2011, Seite 611, 613, FG Münster, Urteil vom 24. Oktober 2014 4 K 4048/12 E, EFG 2015, 49). Auch ausgehend von dem oben beschriebenen Zweck der Regelung in § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG sind keine Gründe für derartige, mit der unternehmerbezogenen Betrachtungsweise einhergehenden Ungleichbehandlungen ersichtlich.

5. Bei der danach zu Grunde zu legenden betriebsbezogenen Betrachtungsweise hat der Beklagte den Ermäßigungsbetrag zutreffend wie folgt ermittelt:

 

Beteiligung

      

anteiliger Gewerbe- steuer- messbetrag

      

3,8facher Gewerbe- steuer- messbetrag

      

tatsächliche anteil. Gewerbe- steuer

      

Steuer- ermässigung

 

73.753,90 €

 

280.262,12 €

 

440.753,19 €

 

280.262,12 €

 

204.702,41 €

 

776.197,15 €

 

634.577,46 €

 

634.577,64 €

Summe 

 

        

 

        

 

        

 

914.839,58 €

Der ermittelte Betrag ergibt – gerundet – den von dem Beklagten angesetzten Steuerermäßigungsbetrag vom 914.840 €.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, da die hier streitige Frage bislang nicht obergerichtlich geklärt und von grundsätzlicher Bedeutung ist.

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