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Steuerrecht
09.07.2015
Steuerrecht
GA Jääskinen: Begriff „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“

GA Jääskinen, Schlussanträge vom 25.6.2015 – C 174/14, Saudaçor – Sociedade Gestora de Recursos e Equipamentos de Saúde dos Açores SA gegen Fazenda Pública, ECLI:EU:C:2015:430

Volltext unter BB-ONLINE BBL2015-1685-2

unter www.betriebs-berater.de

Schlussanträge

In Bezug auf die dritte Frage stellen unter Umständen wie denen des Ausgangsrechtsstreits die „Finanzbeiträge“, die eine öffentliche Einrichtung aufgrund eines Programm-Vertrags „als Gegenleistung für die Erbringung der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen“ an eine zu 100 % von ihr gehaltene, dem Privatrecht unterliegende Aktiengesellschaft zahlt, die Gegenleistung für die von dieser Aktiengesellschaft an diese öffentliche Einrichtung erbrachten Dienstleistungen dar.

In Bezug auf die erste Frage kann der Begriff „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht im Licht des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne der Definition in Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ausgelegt werden.

In Bezug auf die zweite und die vierte Frage kann gemäß der Richtlinie 2006/112 eine Aktiengesellschaft mit ausschließlich öffentlichem Kapital, die nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht nicht in die Organisation der öffentlichen Verwaltung eingegliedert ist, dem Privatrecht unterliegt und nach den allgemeinen Rechtsvorschriften veranlagt und besteuert wird, nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie eingestuft werden.

Aus den Gründen

I – Einleitung

1.         Die vorliegende Rechtssache betrifft die Auslegung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(2), und zwar insbesondere die Auslegung der Begriffs „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“. Dieser Artikel sieht die Befreiung bestimmter Tätigkeiten von Einrichtungen des öffentlichen Rechts von der Mehrwertsteuer vor.

2.         Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Saudaçor – Sociedade Gestora de Recursos e Equipamentos de Saúde dos Açores SA (im Folgenden Saudaçor), ist eine Aktiengesellschaft mit ausschließlich öffentlichem Kapital, deren Gesellschaftskapital zu 100 % von der Região Autónoma dos Açores (im Folgenden: RAA) gehalten wird. Ihre besondere rechtliche Verfassung, die sowohl öffentlich‑rechtliche als auch privatrechtliche Merkmale aufweist, führte dazu, dass das Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) Zweifel an ihrer Einstufung als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 hatte.

3.         Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dieser Bestimmung (früher Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage(3)) ist sehr umfangreich, bezieht sich aber im Wesentlichen auf das zweite kumulative Kriterium in diesem Artikel, und zwar auf die Voraussetzung hinsichtlich der Tätigkeiten und Umsätze, die die Einrichtungen des öffentlichen Rechts „im Rahmen der öffentlichen Gewalt“ ausführen bzw. bewirken. Dagegen wurde der Begriff „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ als solcher weniger oft geprüft.

II – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

1. Richtlinie 2004/18

4.         Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge(4) lautet:

„‚Öffentliche Auftraggeber‘ sind der Staat, die Gebietskörperschaften, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts und die Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen.

Als ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ gilt jede Einrichtung, die

a) zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,

b) Rechtspersönlichkeit besitzt und

c) überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird, hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.

Die nicht erschöpfenden Verzeichnisse der Einrichtungen und Kategorien von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die die in Unterabsatz 2 Buchstaben a, b und c genannten Kriterien erfüllen, sind in Anhang III enthalten. …“

2. Richtlinie 2006/112

5.         Die Richtlinie 2006/112 hat mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer bestehenden Gemeinschaftsvorschriften, insbesondere die Sechste Richtlinie, aufgehoben und ersetzt(5).

6.         Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 sieht vor:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

 …

c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.

7.         Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Als ‚Steuerpflichtiger‘ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.

Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“

8.         Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten in Bezug auf die in Anhang I genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.“

B – Portugiesisches Recht

1. Regelung im Bereich der Mehrwertsteuer

9.         Nach Art. 2 Abs. 2 des portugiesischen Mehrwertsteuergesetzes sind der Staat und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht mehrwertsteuerpflichtig, wenn sie in Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse Umsätze tätigen, selbst wenn sie aus diesem Anlass Gebühren oder sonstige Gegenleistungen erhalten, sofern ihre Steuerbefreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt.

10.       Nach Art. 2 Abs. 3 dieses Gesetzes sind der Staat und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts für Umsätze, die bei bestimmten Tätigkeiten anfallen, stets steuerpflichtig, sofern nicht nachgewiesen ist, dass sie diese Tätigkeiten in unbedeutendem Umfang ausführen.

2. Rechtliche Verfassung von Saudaçor

11.       Saudaçor wurde durch das Decreto Legislativo Regional Nr. 41/2003/A der RAA vom 17. Oktober 2003(6) als Aktiengesellschaft mit ausschließlich öffentlichem Kapital gegründet, wobei ihr Gesellschaftskapital zu 100 % von der RAA gehalten wird. Diese Gründung erfolgte mit dem Ziel der Umwandlung des Instituto de Gestão Financeira da Saúde da Região Autonoma dos Açores (Einrichtung zur finanziellen Verwaltung des Gesundheitsbereichs der RAA) in eine Aktiengesellschaft.

12.       Nach Art. 2 Abs. 1 des Decreto Legislativo Regional Nr. 41/2003/A besteht die Aufgabe von Saudaçor darin, im Bereich der Gesundheit eine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse zu erbringen. Bei dieser Aufgabe geht es um die Planung und Verwaltung des regionalen Gesundheitssystems und der damit zusammenhängenden Informationssysteme, Infrastrukturen und Einrichtungen sowie um die Durchführung von Arbeiten im Bereich des Baus, der Erhaltung, der Instandsetzung und der Wiederherstellung der Gesundheitseinrichtungen und ‑dienste insbesondere in Regionen, die von Naturkatastrophen betroffen sind, und in Gebieten, die als Risikozonen eingestuft sind.

13.       Art. 3 des Decreto Legislativo Regional Nr. 41/2003/A lautet:

„Im Rahmen ihrer Aufgabe der Erbringung von Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse obliegt es Saudaçor:

a) die zentralisierte Versorgung im regionalen Gesundheitsbereich zu gewährleisten;

b) Güter und Dienstleistungen an die Mitgliedsorganisationen des regionalen Gesundheitssystems [im Folgenden: SRS] zu liefern bzw. zu erbringen;

c) die Gesundheitseinrichtungen entsprechend den Zielen der Versorgungsleistungen, zu denen jede Einrichtung gemäß den von ihr unterzeichneten Verträgen verpflichtet ist, mit finanziellen Mitteln auszustatten;

d) die Regeln und leitenden Grundsätze in Bezug auf die Verwaltung des Haushalts der Gesundheitseinrichtungen festzulegen sowie seine Durchführung nachzuverfolgen;

e) die wirtschaftliche und finanzielle Leitung der Organe und Dienststellen, die zum SRS gehören oder von ihm finanziert werden, zu bewerten und regelmäßige Berichte über die finanzielle Lage und über die Verwaltung der Humanressourcen und materiellen Mittel zu erstellen;

f) die Entwicklung der Informationssysteme für die Einrichtungen im SRS zu fördern;

g) Arbeiten in Bezug auf den SRS durchzuführen, die von öffentlichem Interesse sind;

h) in den jeweils erforderlichen Bereichen den Dienststellen und Einrichtungen des SRS Unterstützung zu leisten.“

14.       Art. 4 Abs. 1 des Decreto Legislativo Regional Nr. 41/2003/A bestimmt, dass Saudaçor „den Bestimmungen des vorliegenden Rechtsakts, den Statuten in seinem Anhang, den für die staatlichen Unternehmen geltenden Rechtsvorschriften des Decreto-lei Nr. 558/99 vom 17. Dezember 1999[(7)] und dem Privatrecht“ unterliegt. Nach Abs. 2 dieses Artikels hat Saudaçor die Regelungen über die Organisation und die Arbeitsweise des Serviço Regional de Saúde der RAA zu befolgen.

15.       Art. 10 des Decreto Legislativo Regional Nr. 41/2003/A sieht vor, dass Saudaçor bei der Durchführung ihrer Aufgaben über dieselben hoheitlichen Befugnisse verfügt wie die RAA, wobei er anschließend beispielhaft einige dieser Befugnisse einschließlich jene der Enteignung aufführt.

16.       Nach Art. 4 Abs. 1 des Decreto Legislativo Regional Nr. 41/2003/A über die Gründung von Saudaçor unterliegt diese Einrichtung der rechtlichen Regelung über die staatlichen Unternehmen gemäß dem Decreto-lei (Gesetzesdekret) Nr. 558/99. Nach Art. 3 des Decreto-lei Nr. 558/99(8) gelten als öffentliche Unternehmen alle nach dem Handelsgesetzbuch gegründeten Gesellschaften, bei denen der Staat oder andere öffentlichen Einrichtungen, getrennt oder gemeinsam, unmittelbar oder unmittelbar, einen beherrschenden Einfluss ausüben, sowie die Einrichtungen in der Form von Unternehmen im Sinne von Kapitel III der Regelung, die als unternehmerische öffentliche Einheiten bezeichnet werden.

17.       Nach Art. 7 des Decreto-lei Nr. 558/99 unterliegen die öffentlichen Unternehmen unbeschadet der gesetzlichen Bestimmungen über regionale(9), interkommunale und gemeindliche öffentliche Unternehmen dem Privatrecht, unter dem Vorbehalt der Bestimmungen dieses Decreto-lei und der Vorschriften über den Erlass der Satzungen dieser Unternehmen. Die öffentlichen Unternehmen werden, unmittelbar oder mittelbar, nach den allgemeinen Rechtsvorschriften veranlagt und besteuert(10).

18.       Saudaçor übt ihre Tätigkeiten im Rahmen von Programm-Verträgen aus, die mit der RAA nach Art. 20 Abs. 1 ihrer Satzung geschlossen werden. In diesen Verträgen werden insbesondere die Dienstleistungen, die von Saudaçor im Bereich der Planung und der Verwaltung des regionalen Gesundheitsdiensts zu erbringen sind, und der als „Finanzbeitrag“ bezeichnete Ausgleich festgelegt, der von dieser Region „als Gegenleistung für die Erbringung der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen“ und der „als ausreichend erachtet wird, um die Betriebskosten von Saudaçor zu decken“, zu zahlen ist.

19.       Vor diesem Hintergrund wurde am 23. Juli 2004 für den Zeitraum von 2004 bis 2008 ein erster Programm-Vertrag geschlossen, der einen Gesamtausgleich von 15 905 000 Euro, davon 3 990 000 Euro für das Jahr 2007 und 4 050 000 Euro für das Jahr 2008 vorsah. Für den Zeitraum von 2009 bis 2012 wurde ein zweiter Programm-Vertrag mit Wirkung vom 1. Januar 2009 geschlossen(11), der einen jährlichen Ausgleich von 8 500 000 Euro vorsah. Dieser Betrag wurde durch gemeinsamen Erlass vom 8. März 2010(12) für das Jahr 2009 auf 6 599 147 Euro herabgesetzt. Nach der jeweiligen Klausel 5 dieser beiden Programm-Verträge können diese Beträge geändert werden, wenn sie aufgrund veränderter Umstände für die Durchführung des Programm‑Vertrags offensichtlich nicht ausreichen.

20.       Die Programm-Verträge führen in ihrer jeweiligen Klausel 3 die vertraglichen Verpflichtungen von Saudaçor und in ihrem jeweiligen Anhang III die von Saudaçor erbrachten Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auf. Diese Dienstleistungen von allgemeinem Interesse umfassen drei Gruppen von Dienstleistungen, nämlich die Unterstützung des SRS bei der Planung, die Begleitung und Finanzierung des SRS sowie die Installation, die Verwaltung und die Instandhaltung des Informationssystems und des unterstützenden Informatiksystems für den Gesundheitssektor der RAA.

III – Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

21.       Am 2. März 2011 erstellte die portugiesische Steuerverwaltung einen Entwurf eines Prüfungsberichts, der in Bezug auf die von Saudaçor aufgrund ihrer Tätigkeiten in den Jahren 2007 bis 2010 geschuldete Mehrwertsteuer Berichtigungen in Höhe von insgesamt 4 750 586,24 Euro vorsah.

22.       Nach Anhörung von Saudaçor wurde dieser Prüfungsbericht am 6. April 2011 angenommen.

23.       Diesem in der Vorlageentscheidung angeführten Bericht ist zu entnehmen, dass Saudaçor in den in Rede stehenden Geschäftsjahren die von der RAA als Gegenleistung erhaltenen Beträge als mehrwertsteuerfreie Beihilfen verbuchte. Im Laufe des Verfahrens verzichtete Saudaçor jedoch auf die Einstufung als Beihilfe und wollte als „juristische Person des öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes angesehen werden, mit dem Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie umgesetzt werden soll, dessen Inhalt Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 entspricht.

24.       In diesem Prüfungsbericht vertrat die Steuerverwaltung insbesondere die Ansicht, dass auf Saudaçor in Anbetracht ihrer rechtlichen Verfassung die normale Mehrwertsteuerregelung anzuwenden sei und dass sie nicht die Mehrwertsteuerbefreiung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes beanspruchen könne. Saudaçor habe im Übrigen selbst angenommen, dass sie mehrwertsteuerpflichtig sei, da sie im Rahmen des Vorsteuerabzugs für den Erwerb von Waren und Dienstleistungen einen Gesamtbetrag von 2 300 273,17 Euro geltend gemacht habe, ohne dabei jedoch für die von der RAA erhaltenen Beträge Mehrwertsteuer zu zahlen.

25.       Die Steuerverwaltung nahm Bezug auf die verbindliche Auskunft Nr. 1271 vom 21. März 2006(13), wonach Art. 2 Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes den Ausschluss vom Anwendungsbereich der Steuer unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen auf den Staat und die juristischen Personen des öffentlichen Rechts beschränke. Andere Einrichtungen könnten nicht in diesen Genuss kommen, selbst wenn es sich um öffentliche Unternehmen im Sinne der rechtlichen Regelung für den Bereich der staatlichen Unternehmen handle, wie das vorliegend bei einer Aktiengesellschaft mit ausschließlich öffentlichem Kapital der Fall sei, und zwar auch dann, wenn ihr bestimmte Tätigkeiten übertragen seien, die zur Ausübung von übertragenen hoheitlichen Befugnissen gehörten, die keine Wettbewerbsverzerrung bewirkten.

26.       Im Übrigen beträfen die Dienstleistungen, die Saudaçor im Rahmen der Programm-Verträge im Bereich der Planung und Verwaltung des SRS erbringe, Tätigkeitsbereichs des Privatsektors, was ebenfalls zur Folge habe, dass die Befreiung von der Mehrwertsteuer zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Dies sei beispielsweise der Fall bei der Installation, der Verwaltung und der Instandhaltung des Informatiksystems des Gesundheitssektors einer Region.

27.       Saudaçor wurden anschließend Zahlungsbescheide zugestellt. Am 27. Juli 2011 wurde sie im Rahmen des Steuereinziehungsverfahrens betreffend die Zahlung von Mehrwertsteuer und Verzugszinsen vorgeladen.

28.       Saudaçor erhob vor dem Tribunal Administrativo e Fiscal de Ponta Delgada Klage gegen die Bescheide auf Zahlung von Mehrwertsteuer und Verzugszinsen für die Geschäftsjahre 2007 bis 2010, für die von ihr insgesamt 5 157 249,72 Euro gefordert wurden.

29.       Dieses erstinstanzliche Gericht wies diese Klage insbesondere mit der Begründung zurück, dass die Regelung der Mehrwertsteuerbefreiung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht eine Einrichtung wie Saudaçor erfasse, die, auch wenn sie von der RAA gegründet worden sei, eine – von der Region gesonderte – Aktiengesellschaft sei, die den Regeln des Privatrechts unterliege und ihre Aufgaben und Ziele unabhängig verfolge.

30.       Nach Ansicht des mit einem gegen dieses Urteil eingelegten Rechtsmittel befassten vorlegenden Gerichts geht es im vorliegenden Fall in erster Linie um die Frage, ob eine Einrichtung wie Saudaçor sich auf die Regelung der Mehrwertsteuerbefreiung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts gemäß Art. 2 Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes, der inhaltlich mit Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 übereinstimme, berufen könne, und um die Prüfung, ob es sich bei den Beträgen, die in den streitigen Bescheiden auf Zahlung von Mehrwertsteuer aufgeführt seien, um die Übertragung von Haushaltsmitteln zwischen öffentlichen Einrichtungen handle.

31.       In der Rechtsprechung des Gerichtshofs sei zwar eindeutig entschieden worden, dass nur die Tätigkeiten von hoheitlich handelnden Einrichtungen des öffentlichen Rechts von der Mehrwertsteuer befreit seien, doch lasse sich anhand dieser Rechtsprechung nicht feststellen, ob eine Einrichtung wie Saudaçor in Anbetracht ihres rechtlichen Status als eine aus der Umwandlung einer staatlichen Einheit hervorgegangene Aktiengesellschaft unter diesen Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts falle und ob in diesem Zusammenhang die Bedeutung dieses Begriffs – wie von Saudaçor vorgetragen – mit der des Begriffs der Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 übereinstimme.

32.       Da das Supremo Tribunal Administrativo hinsichtlich der Auslegung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 im Zweifel ist, hat es mit Entscheidung vom 12. März 2014 beschlossen, das Ausgangsverfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Kann der Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 vom nationalen Gericht durch Verweisung auf den normativen Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts in Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 ausgefüllt werden?

2. Fällt eine Einrichtung, die die Rechtsform einer Aktiengesellschaft mit ausschließlich öffentlichem Kapital besitzt, die zu 100 % von der Região Autónoma dos Açores gehalten wird, deren Gesellschaftszweck darin besteht, im Bereich des SRS im Hinblick auf dessen Förderung und Rationalisierung Beratungs‑ und Verwaltungstätigkeiten anzubieten, die in Erfüllung von Programm‑Verträgen mit der Região Autónoma dos Açores erbracht werden, und die aufgrund einer Übertragung die Befugnisse besitzt, über die die Região Autónoma – der originär die Verpflichtung obliegt, die öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen zu erbringen – in diesem Bereich verfügt, unter den Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 tätig wird?

3. Kann im Licht dieser Richtlinie die von dieser Gesellschaft empfangene Gegenleistung, die in der Zurverfügungstellung der für die Durchführung dieser Programm‑Verträge erforderlichen finanziellen Mittel besteht, für die Zwecke der Mehrwertsteuerpflicht als Vergütung für erbrachte Dienstleistungen angesehen werden?

4. Falls dies zu bejahen ist, erfüllt diese Gesellschaft dann die Voraussetzungen, um in den Genuss der in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 enthaltenen Bestimmung über die Mehrwertsteuerfreiheit zu gelangen?

33.       Saudaçor, die portugiesische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Europäische Kommission, die sämtlich auch in der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2015 vertreten waren, haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

IV – Würdigung

A – Einleitende Bemerkungen

34.       Vor der Befassung mit den Vorlagefragen werde ich prüfen, in welcher Reihenfolge diese zu behandeln sind. Saudaçor hat vorgeschlagen, die dritte Frage, die dahin geht, ob die von der RAA gezahlte Gegenleistung eine Vergütung für die erbrachten Dienstleistungen darstellt, zuerst zu prüfen. Es handle sich um eine Frage nach der Art ihrer Tätigkeiten, die keine „wirtschaftliche[n]“ Tätigkeiten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 seien.

35.       Die Art. 9 und 13 der Richtlinie 2006/112 gehören zu Titel III („Steuerpflichtiger“) dieser Richtlinie. Dieser Titel III enthält die Regelungen zur Steuerpflichtigkeit im Allgemeinen sowie Sonderfälle wie die Mehrwertsteuergruppe und die Bestimmungen über Einrichtungen des öffentlichen Rechts.

36.       Insoweit weise ich darauf hin, dass Art. 9 der Richtlinie 2006/112 die allgemeine Regel enthält, während Art. 13 eine Befreiungsvorschrift darstellt(14). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt die Anwendung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 die vorherige Feststellung voraus, dass die betreffende Tätigkeit wirtschaftlicher Art ist(15).

37.       Der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“ in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 steht im Zusammenhang mit Art. 2 dieser Richtlinie, da eine Tätigkeit, soll sie als wirtschaftlich eingestuft werden, gegen Entgelt ausgeführt werden muss. Beschränkt sich die Tätigkeit eines Dienstleistenden ausschließlich darauf, Leistungen ohne unmittelbare Gegenleistung zu erbringen, so fehlt es an einer Besteuerungsgrundlage, und diese Leistungen unterliegen somit nicht der Mehrwertsteuer. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Steuerpflichtigen sind notwendigerweise Tätigkeiten, die mit dem Ziel ausgeübt werden, eine Gegenleistung zu erhalten, oder bei denen eine Gegenleistung nicht ausgeschlossen ist(16).

38.       Der Gerichtshof braucht nach meiner Ansicht daher nur zwei Rechtsfragen zu behandeln, um auf die Fragen des vorlegenden Gerichts sachdienlich antworten zu können.

39.       Die Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit hängt nämlich als Erstes von der Frage ab, ob eine Einrichtung wie Saudaçor als Steuerpflichtiger anzusehen ist, wobei die Antwort auf diese Frage ihrerseits von der Frage abhängt, ob ihre Tätigkeiten wirtschaftlicher Art im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 sind. Um diese Frage zu beantworten, ist zu prüfen, ob die von der RAA gezahlte Vergütung die Gegenleistung für die von Saudaçor erbrachten Dienstleistungen darstellt.

40.       Sollte Saudaçor als steuerpflichtig anzusehen sein, ist als Zweites zu prüfen, ob sie als Einrichtung des öffentlichen Rechts, die die betreffenden Umsätze im Rahmen der öffentlichen Gewalt bewirkt, jedoch nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 von der Mehrwertsteuer befreit ist.

41.       Ich schlage daher vor, die vom Supremo Tribunal Administrativo gestellten Vorlagefragen in dieser Reihenfolge zu beantworten.

42.       Im Übrigen weise ich darauf hin, dass die portugiesische Regierung ihr Vorbringen, dass Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 im Rahmen des Ausgangsverfahrens nicht relevant sei, auf die Aussage gestützt hat, dass Saudaçor, da sie Umsätze bewirkt habe, die es ihr nach eigener Aussage erlaubt hätten, die auf ihre Erwerbsgeschäfte anfallende Mehrwertsteuer abzuziehen, in Bezug auf dieselben Umsätze nicht mehr das Recht auf Mehrwertsteuerbefreiung geltend machen könne. Die portugiesische Regierung hat hierzu auf die Urteile Cantor Fitzgerald International(17) und MDDP(18) verwiesen. Es scheint mir jedoch, dass die Angaben in diesen Urteilen weder unmittelbar auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragen werden können, noch gar für die Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit relevant sind.

43.       Meines Erachtens beruhen der Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 und der Begriff „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 dieser Richtlinie nämlich auf objektiven Umständen. Das Verhalten einer Person, sei sie mehrwertsteuerpflichtig oder nicht, kann die Tragweite und den Anwendungsbereich dieser Bestimmungen nicht ändern(19).

B – Zur wirtschaftlichen Natur der Tätigkeiten von Saudaçor und zu ihrer Mehrwertsteuerpflichtigkeit

44.       Die in der dritten Vorlagefrage zum Ausdruck kommenden Zweifel des vorlegenden Gerichts hinsichtlich der Natur der Leistungen von Saudaçor beruhen auf deren Vorbringen, die von der RAA an sie gezahlten Vergütungen entsprächen einer Zuweisung von Haushaltsmitteln zwischen zwei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die es Saudaçor ermöglichen sollten, im Bereich der Durchführung und der Verwaltung des SRS nicht marktbestimmte Dienstleistungen zu erbringen.

45.       Dagegen hängen die von der RAA an Saudaçor gezahlten Beträge nach Ansicht der anderen Parteien, die Erklärungen abgegeben haben, unmittelbar mit den Dienstleistungen zusammen, zu deren Erbringung Saudaçor gegenüber der RAA verpflichtet ist.

46.       Es sei daran erinnert, dass es die Aufgabe von Saudaçor ist, im Gesundheitsbereich eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu erbringen, die die Planung und Verwaltung des SRS und der zugehörigen Informationssysteme, Infrastrukturen und Einrichtungen sowie die Durchführung von Arbeiten im Bereich des Baus, der Erhaltung, der Instandsetzung und der Wiederherstellung der Gesundheitseinrichtungen und ‑dienste zum Gegenstand hat(20).

47.       Die portugiesische Regierung hat erläutert, dass der Ausgangsrechtsstreit nur die Zahlungen im Sinne der Klausel 2 Buchst. a und der Klausel 5 Abs. 1 sowie der Anhänge I der Programm-Verträge für die Zeiträume 2004 bis 2008 und 2009 bis 2012 für die Dienstleistungen betreffe, zu deren Erbringung sich Saudaçor gegenüber der RAA verpflichtet habe, da die im Ausgangsrechtsstreit angefochtenen Bescheide auf Zahlung von Mehrwertsteuer nur diese Zahlungen beträfen(21). Im Übrigen handle es sich bei den betreffenden Dienstleistungen nur um technische und administrative Unterstützungsleistungen, die häufig als sogenannte „back office“-Dienstleistungen qualifiziert würden.

48.       Zur Herabsetzung des Finanzbeitrags für das Jahr 2009 durch den Erlass vom 8. März 2010 hat die portugiesische Regierung ausgeführt, es handle sich dabei um die Berichtigung eines gewichtigen Fehlers im Programm-Vertrag für die Jahre 2009 bis 2012(22) und nicht um eine einseitige Festsetzung der an Saudaçor zu zahlenden Vergütung durch die RAA, wobei Saudaçor im Übrigen über einen eigenen und unabhängigen Verwaltungsrat sowie über alle Verhandlungs- und Vertragsbefugnisse verfüge.

49.       Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112 jede Tätigkeit eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden und insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen als „wirtschaftliche Tätigkeit“ anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung zeigen diese Festlegungen klar, dass sich der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit auf einen weiten Bereich erstreckt und dass es sich dabei um einen objektiv festgelegten Begriff handelt, da die Tätigkeit an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, betrachtet wird. Somit wird eine Tätigkeit im Allgemeinen als wirtschaftlich angesehen, wenn sie nachhaltig ist und gegen ein Entgelt ausgeübt wird, das derjenige erhält, der die Leistung erbringt(23).

50.       Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Möglichkeit, einen Umsatz als Umsatz gegen Entgelt einzustufen, nur das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Daher wird eine Dienstleistung nur dann gegen Entgelt erbracht und ist nur dann steuerbar, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet(24).

51.       Dass die Tätigkeit eines Wirtschaftsteilnehmers in der Wahrnehmung von Aufgaben besteht, die aus Gründen des Gemeinwohls durch Gesetz zugewiesen und geregelt werden, ist unerheblich(25). Daher kann eine von der öffentlichen Hand im allgemeinen Interesse geleistete Zahlung das Entgelt für eine Dienstleistung im Sinne der Richtlinie 2006/112 darstellen. Der Begriff der Dienstleistung hängt nicht davon ab, welchen Zweck derjenige, der die Leistung abgilt, mit dieser verbindet. Entscheidend ist allein die Natur der eingegangenen Verpflichtung, so dass eine solche Verpflichtung, damit sie unter das gemeinsame Mehrwertsteuersystem fällt, einen Verbrauch implizieren muss(26).

52.       Im Übrigen ist für die Annahme einer gegen Entgelt erbrachten Dienstleistung im Sinne der Richtlinie 2006/112 nicht einmal erforderlich, dass die Gegenleistung für diese Leistung unmittelbar von deren Empfänger erbracht wird. Sie kann auch von einem Dritten erbracht werden(27). Das ist im Ausgangsrechtsstreit jedoch nicht der Fall, da Empfänger der von Saudaçor erbrachten Dienstleistungen die RAA ist, eine für das SRS der Azoren verantwortliche öffentlich‑rechtliche Einrichtung, die die Zahlungen bewirkt und zu deren Gunsten diese Dienstleistungen erbracht werden.

53.       Schließlich ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass, wenn die in Rede stehende Dienstleistung durch die dauerhafte Bereitschaft des Dienstleisters gekennzeichnet ist, die benötigten Leistungen zum gegebenen Zeitpunkt zu erbringen, für die Feststellung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dieser Leistung und der empfangenen Gegenleistung nicht nachgewiesen zu werden braucht, dass sich eine Zahlung auf eine individualisierte, gezielte Dienstleistung bezieht(28).

54.       Meines Erachtens ergibt sich aus den Programm-Verträgen, die ausdrücklich einen Ausgleich „als Gegenleistung für die Erbringung der im Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen“ vorsehen, ohne Weiteres, dass es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Zahlungen durch die RAA und den von Saudaçor erbrachten Dienstleistungen von allgemeinem Interesse gibt. Ich erinnere daran, dass eine von der öffentlichen Hand im allgemeinen Interesse geleistete Zahlung nicht die Möglichkeit ausschließt, sie als Gegenleistung für eine Dienstleistung im Sinne der Richtlinie 2006/112 anzusehen(29).

55.       Im Übrigen stellt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Berücksichtigung der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dar. Um den Erfordernissen der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen, sind, da die vertragliche Situation grundsätzlich die wirtschaftliche und geschäftliche Realität der Transaktionen widerspiegelt, die einschlägigen Vertragsbestimmungen gewöhnlich ein Umstand, der zu berücksichtigen ist, es sei denn, dass sich herausstellt, dass diese Vertragsbestimmungen eine rein künstliche Gestaltung darstellen, die die wirtschaftliche und geschäftliche Realität der Transaktionen nicht widerspiegelt(30). Das scheint im Ausgangsverfahren nicht der Fall zu sein. Die Vertragsbestimmungen können daher als Beurteilungskriterium berücksichtigt werden.

56.       Im vorliegenden Fall deutet auch nichts darauf hin, dass der Beitrag, den Saudaçor erhalten hat, offensichtlich nicht dem tatsächlichen Wert der erbrachten Dienstleistung entspricht(31). Vielmehr kann die Höhe des Beitrags gemäß den Programm-Verträgen geändert werden, wenn sich herausstellen sollte, dass er im Hinblick auf die Ausführung dieses Programm-Vertrags nicht ausreichend ist. Mir scheint, dass es im Lauf der Jahre 2007 bis 2010 keine Änderungen dieser Art zur Anhebung der Beträge gab. Dagegen erfolgte die Änderung des Finanzbeitrags für das Jahr 2009 in Form einer Herabsetzung dieses Beitrags in einer Situation, in der die von Saudaçor bereits in Rechnung gestellten Beträge zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Programm-Vertrags für das betreffende Jahr nahezu 2 Mio. Euro niedriger waren als der Betrag, der in dem im Jahr 2010 unterzeichneten Programm-Vertrag vorgesehen war.

57.       Die Tätigkeiten von Saudaçor, die in Dienstleistungen der Planung, der Verwaltung und der Beratung bestehen, sind von Dauer, und Saudaçor erhält eine Vergütung als Gegenleistung für ihre Dienstleistungen. Daher haben die in Rede stehenden Tätigkeiten von Saudaçor einen wirtschaftlichen Charakter und stellen deshalb entgeltlich erbrachte Dienstleistungen dar. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Saudaçor keineswegs Leistungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit für die in den Azoren ansässigen Personen erbringt. Diese Leistungen werden von den Mitgliedseinrichtungen des SRS erbracht.

58.       Da die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden von Saudaçor erbrachten Dienstleistungen als Leistungen wirtschaftlicher Art zu beurteilen sind, ist Saudaçor als mehrwertsteuerpflichtig im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 anzusehen. Daher ist der Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 auszulegen, um prüfen zu können, ob Saudaçor als Einrichtung des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt handelt, gleichwohl von der Mehrwertsteuer befreit sein kann.

C – Zur Möglichkeit, die in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 vorgesehene Steuerbefreiung auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten von Saudaçor anzuwenden

1.  Zur Unerheblichkeit des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne der Richtlinie 2004/18 für die Auslegung von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112

59.       Im Ausgangsverfahren hat Saudaçor vorgeschlagen, aus Gründen der inneren Systemkohärenz den Begriff „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 im Licht des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 auszulegen. Der Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts sei im Unionsrecht ein Querschnittsbegriff. Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine solche Auslegung zulässig ist.

60.       Ich stimme mit der portugiesischen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie mit der Kommission überein, dass eine solche Auslegung aus nachfolgend dargestellten Gründen nicht vorgenommen werden kann.

61.       Es ist darauf hinzuweisen, dass die Art. 9 und 13 der Richtlinie 2006/112 der Mehrwertsteuer einen sehr weiten Anwendungsbereich zuweisen. Der Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass sich aus der Systematik und dem Zweck der Richtlinie 2006/112 sowie der Stellung, die Art. 13 dieser Richtlinie in dem von der Sechsten Richtlinie geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystem einnimmt, ergibt, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterliegt(32).

62.       Tatsächlich wollte der Unionsgesetzgeber den Anwendungsbereich der Behandlung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Nichtsteuerpflichtige begrenzen, damit diese Grundregel eingehalten wird(33). Das Ziel von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 besteht daher allein darin, die Ausübung von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen der öffentlichen Gewalt erbracht werden, von der Mehrwertsteuer zu befreien, mit Ausnahme von Situationen, in denen die Befreiung zu „größeren Wettbewerbsverzerrungen“ führen würde(34).

63.       Art. 13 ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs als eine Befreiungsregelung betrachtet worden, bei deren Prüfung der Gesamtzusammenhang des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems zu beachten ist(35). Daher ist Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 als Abweichung von der allgemeinen Regel der Besteuerung jeder Tätigkeit wirtschaftlicher Art eng auszulegen(36). Das gilt zweifellos auch für die Auslegung des Begriffs „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1.

64.       Dagegen ist unter Berücksichtigung der Ziele der unionsrechtlichen Bestimmungen zur Koordinierung der Verfahren der Vergabe der öffentlicher Aufträge, und insbesondere der beiden Ziele der Öffnung für den Wettbewerb und der Transparenz, der Begriff „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 weit und funktionell zu verstehen(37).

65.       Es ist festzustellen, dass die Bedeutungen einerseits des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ für die Zwecke der Richtlinie 2004/18 und andererseits des Begriffs „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ für die Zwecke der Richtlinie 2006/112 nicht miteinander übereinstimmen, da die Ziele dieser beiden Richtlinien sehr unterschiedlich sind. Wie die portugiesische Regierung vorgetragen hat, würden nämlich die Ziele des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigt, wenn es für die Zwecke dieser Steuer möglich wäre, den Begriff „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ so weit auszulegen, wie dies aus funktionellen Gründen zur Beachtung der Regeln über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen bei der „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ in der Richtlinie 2004/18 erfolgt. Eine solche Angleichung würde nämlich zu einer ungerechtfertigten Befreiung wirtschaftlicher Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer führen, die von den Personen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts im Sinne von Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 ausgeführt werden.

66.       Hinzu kommt, dass sich der Unionsgesetzgeber, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs zu Recht festgestellt hat, bewusst dafür entschieden hat, in der Richtlinie 2006/112 nicht auf den in der Richtlinie 2004/18 enthaltenen Begriff „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ Bezug zu nehmen. Denn in anderen Fällen hat der Unionsgesetzgeber, wenn es ihm angebracht erschien, einen Zusammenhang zwischen zwei unionsrechtlichen Instrumenten herzustellen, den Weg gewählt, die in der Richtlinie 2004/18 verwendete Definition mittels einer Querverweisung zu übernehmen(38).

67.       Daher ist der Begriff „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 nur im Hinblick auf die Systematik und den Zweck dieser Richtlinie sowie die Stellung, die diese Bestimmung in dem von der Sechsten Richtlinie geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystem einnimmt, auszulegen(39).

2. Zur Auslegung des Begriffs „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ und zur entsprechenden rechtlichen Einordnung von Saudaçor

68.       Was die zweite und die vierte Vorlagefrage betrifft, geht es dabei im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 im Kern um die Frage, ob es sich, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs vorträgt, um einen eigenständigen Begriff des Unionsrechts oder vielmehr um eine stillschweigende Verweisung auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten handelt.

69.       Ich weise zunächst darauf hin, dass der Unionsgesetzgeber sich dafür entschieden hat, diesen Begriff im Rahmen der Richtlinie 2006/112 nicht zu definieren und, wie ich bereits in Nr. 66 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, keine Verweisung auf den Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts, wie er u. a. in der Richtlinie 2004/18 enthalten ist, vorzunehmen.

70.       Der Begriff „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ stand bereits in Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie, dessen Wortlaut dem von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 entspricht. Dieser frühere Artikel führte in seiner deutschen Fassung „Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ auf.

71.       Auch die deutsche und die englische Fassung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 und von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie haben einen übereinstimmenden Wortlaut. In der deutschen Fassung lautet die Aufzählung „Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ und in der englischen „states, regional and local government authorities and other bodies governed by public law“.

72.       Es ist allerdings anzumerken, dass sich die verschiedenen Sprachfassungen nicht vollständig gleichen, da die französische Fassung neben den sonstigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts („autres organismes de droit public“) vier Ebenen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts nennt, während die deutsche und die englische Fassung nur drei aufführen. Was die anderen ursprünglichen Sprachfassungen dieses Artikels anbelangt, führen die dänische und die italienische Fassung wie die französische vier Arten von Einrichtungen auf, während die niederländische Fassung fünf Arten aufzählt: „de Staat, de regio’s, de gewesten, de provincies, de gemeenten en de andere publiekrechtelijke lichamen“.

73.       In der Begründung des Vorschlags für die Sechste Richtlinie(40) wurde nicht erläutert, welche Überlegung der Erstellung dieser Auflistung zugrunde lag, jedoch ist festzustellen, dass mehrere Sprachfassungen(41) des ursprünglichen Vorschlags der Sechsten Richtlinie vor dem Erlass dieser Richtlinie geändert wurden, um das Wort „sonstige“ hinzuzufügen(42).

74.       Angesichts der sprachlichen Unterschiede sowie des Vorhandenseins des Wortes „sonstige“ in der Auflistung erscheint es mir klar zu sein, dass diese Liste den Zweck hat, nicht abschließend die Einrichtungen aufzuführen, die nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 von der Mehrwertsteuer befreit werden können. Daher sind die Staaten, Länder und Gemeinden nur Beispiele für Einrichtungen, für die eine Befreiung vorgesehen werden kann.

75.       Ich bin daher der Auffassung, dass der Begriff „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ in der in Rede stehenden Vorschrift nur den Zweck hat, deren beispielhaften Charakter kenntlich zu machen. Die sprachlichen Unterschiede in Bezug auf die Zahl und die Bezeichnung der Organe oder Einrichtungen, die von der Mehrwertsteuer befreit werden können, bestätigt dies.

76.       Daher scheint mir die Auflistung in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 hinsichtlich des Begriffs „sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ implizit auf das Recht der Mitgliedstaaten zu verweisen.

77.       Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Begriff der Einrichtung des öffentlichen Rechts ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts sei. Hinge dieser Begriff allein von den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ab, könnte ihm eine zu große Tragweite verliehen werden. Die Einstufung einer Einrichtung als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne des nationalen Rechts sei zwar nicht ohne Bedeutung, sie sei aber nicht entscheidend.

78.       Zwar scheint die Rechtsprechung des Gerichtshofs diese Ansicht der Regierung des Vereinigten Königreichs auf den ersten Blick zu bestätigen. Nach Ansicht des Gerichtshofs kann nämlich, auch wenn die Einordnung einer Einrichtung als Einrichtung des öffentlichen Rechts durch das Verwaltungsrecht eines Mitgliedstaats sicherlich für die Bestimmung seiner Behandlung für die Zwecke der Mehrwertsteuer relevant ist, diese Einordnung nicht als entscheidend angesehen werden, wenn die tatsächliche Natur und das Wesen der von dieser Einrichtung ausgeübten Tätigkeit zeigen, dass die strengen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regelung der Steuerbefreiung nicht erfüllt sind(43).

79.       Diese Rechtssache Kommission/Spanien betraf jedoch einen Fall, in dem die Einordnung einer Einrichtung als Einrichtung des öffentlichen Rechts durch das nationale Recht nicht der Natur dieser Einrichtung und auch nicht den von dieser Einrichtung tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten gleichstand, da die in Rede stehenden Wirtschaftsteilnehmer nicht in die Organisation der öffentlichen Verwaltung eingegliedert waren und ihre Tätigkeiten im Rahmen eines Berufs ausübten, der einer freiberuflichen Tätigkeit gleichstand. Daher war die in diesem besonders gelagerten Fall vorgenommene Auslegung erforderlich, um eine enge Auslegung von Befreiungsregelungen wie der in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 sicherzustellen(44).

80.       Dagegen erscheint es mir schwer vorstellbar, dass eine Einrichtung, die nach dem nationalen Recht dem Privatrecht zuzuordnen ist, für die Zwecke des Unionsrechts als Einrichtung des öffentlichen Rechts eingestuft werden könnte. Da es auf der Ebene des Unionsrechts keine Definition des „öffentlichen Rechts“ gibt, ist es nämlich angebracht, auf die Regelungen des öffentlichen Rechts eines jeden Mitgliedstaats Bezug zu nehmen.

81.       Wie ich bereits in Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge festgestellt habe, ist Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 als Ausnahme von der allgemeinen Regel der Besteuerung jeder Tätigkeit wirtschaftlicher Art eng auszulegen. Daher kann diese Bestimmung zusammen mit dem kumulativen Kriterium der Wahrnehmung von Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt zwar dazu dienen, eine Einstufung als Einrichtung des öffentlichen Rechts durch das nationale Recht zu begrenzen, nicht jedoch dazu, sie zu erweitern, wenn dies zu einer Befreiung von der Mehrwertsteuer führen würde, die mit dem Sinn und Zweck der Richtlinie 2006/112 und den Zielen ihres Art. 13 nicht vereinbar wäre.

82.       Daraus folgt meines Erachtens, dass Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht dahin ausgelegt werden kann, dass eine im Sinne des nationalen Rechts privatrechtliche Einrichtung nach dem Unionsrecht als Einrichtung des öffentlichen Rechts eingestuft werden könnte. Den Mitgliedstaaten muss das Recht verbleiben, die „sonstigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ eng zu definieren, ohne dass das Unionsrecht diese Definition auf andere Einrichtungen ausdehnen kann, die gemäß den anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts privatrechtlicher Natur sind. Nach meiner Ansicht stellt der Standpunkt des Gerichtshofs im Urteil Kommission/Spanien(45) dieses Ergebnis nicht in Frage.

83.       Zudem hat es nach alledem für mich den Anschein, dass die Begrenzung einer nationalen Definition einer Einrichtung des öffentlichen Rechts, die nicht die tatsächliche Natur und das Wesen der Tätigkeit einer solchen Einrichtung wiederspiegelte, auch mittels der zweiten kumulativen Voraussetzung für die Anwendung dieser Regelung der Steuerbefreiung bewirkt werden könnte, nämlich die Voraussetzung, wonach die betreffende Einrichtung im Rahmen der öffentlichen Gewalt handeln muss. Die Wahrnehmung von Tätigkeiten „im Rahmen der öffentlichen Gewalt“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 stellt einen eigenständigen Begriff des Unionsrechts dar. Denn nach dem Urteil Kommission/Spanien ist bei der Anwendung dieser Regelung der Steuerbefreiung auf eine Einrichtung neben der Einordnung dieser Einrichtung im nationalen Recht „die tatsächliche Natur und das Wesen der von dieser Einrichtung ausgeübten Tätigkeit“ zu berücksichtigen(46). Das „Wesen der Tätigkeit“ kann meines Erachtens als eine unmittelbare Bezugnahme auf die die Wahrnehmung der Tätigkeiten „im Rahmen der öffentlichen Gewalt“ betreffende Voraussetzung angesehen werden.

84.       In Bezug auf das kumulative Kriterium der Wahrnehmung von Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt folgt aus einer gefestigten Rechtsprechung, dass die im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 im Rahmen der öffentlichen Gewalt wahrgenommenen Tätigkeiten jene Tätigkeiten sind, die von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Rahmen der für sie geltenden besonderen Regelungen ausgeübt werden, mit Ausnahme der Tätigkeiten, die sie unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer ausüben. Es ist Sache des nationalen Gerichts, die fragliche Tätigkeit anhand dieses Kriteriums zu beurteilen(47).

85.       Insoweit ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgrund der Ausübungsmodalitäten der Tätigkeit zu bestimmen, inwieweit die öffentlichen Einrichtungen als Nichtsteuerpflichtige behandelt werden können. Da nämlich Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 die Behandlung der Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Nichtsteuerpflichtige davon abhängig macht, dass diese „im Rahmen der öffentlichen Gewalt“ tätig werden, schließt er eine solche Behandlung für die Tätigkeiten aus, die diese Einrichtungen nicht als Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts, sondern als Rechtssubjekte des Privatrechts ausüben. Das einzige Kriterium, das eine sichere Unterscheidung dieser beiden Arten von Tätigkeiten ermöglicht, ist jedoch die nach dem nationalen Recht anwendbare rechtliche Regelung(48). Daher hängt die Einstufung einer Aktivität als „Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt“ auch bis zu einem gewissen Grad vom anwendbaren nationalen Recht ab.

86.       Es ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung klar den Grundsatz aufstellt, dass die Wirtschaftsteilnehmer des privaten Rechts nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht von der Mehrwertsteuer befreit werden können, auch wenn ihre Tätigkeiten in der Vornahme von an sich der öffentlichen Gewalt vorbehaltenen Handlungen bestehen(49). Ist ein Wirtschaftsteilnehmer nicht in die Organisation der öffentlichen Verwaltung eingegliedert, wird seine Tätigkeit daher nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts ausgeübt, sondern in Form einer Tätigkeit im Rahmen eines Berufs, der einer freiberuflichen Tätigkeit gleichgestellt ist(50). Daher kann Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht auf eine privatrechtliche Gesellschaft angewendet werden, auch wenn diese vollständig von einer Einrichtung des öffentlichen Rechts gehalten wird(51).

87.       Ich erinnere daran, dass Saudaçor eine Aktiengesellschaft ist und nach Art. 4 Abs. 1 des Decreto Legislativo Regional Nr. 41/2003/A der Regelung durch die Rechtsvorschriften über die staatlichen Unternehmen und durch das Privatrecht unterliegt. Auch die öffentlichen Unternehmen unterliegen nach Art. 7 des Decreto-lei Nr. 558/99 über die für die staatlichen Unternehmen geltenden Rechtsvorschriften dem Privatrecht.

88.       Da Saudaçor als Aktiengesellschaft mit ausschließlich öffentlichem Kapital, die nicht in die Organisation der öffentlichen Verwaltung eingegliedert ist, nach dem anwendbaren innerstaatlichem Recht dem Privatrecht unterliegt, was jedenfalls vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist, und nach den allgemeinen Rechtsvorschriften veranlagt und besteuert wird, ist sie somit ein privatrechtlicher Wirtschaftsteilnehmer.

89.       Daher kann eine solche Aktiengesellschaft nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 eingestuft werden, und ihre in Rede stehenden Tätigkeiten können somit nicht nach diesem Artikel von der Mehrwertsteuer befreit werden. Der Umstand, dass Saudaçor zur Wahrnehmung bestimmter ihr obliegender Aufgaben über dieselben hoheitlichen Befugnisse verfügt wie die RAA, ändert an dieser Feststellung nichts.

90.       Ich erinnere daran, dass für die Anwendung von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112 kumulativ zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, nämlich die Ausübung von Tätigkeiten durch eine öffentliche Einrichtung und die Vornahme dieser Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt(52). Da im vorliegenden Fall die erste Voraussetzung nicht erfüllt ist, brauchen die Tätigkeiten von Saudaçor im Hinblick auf die zweite Voraussetzung nicht geprüft zu werden.

V – Ergebnis

91.       Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Supremo Tribunal Administrativo zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten: …

[siehe Schlussanträge]


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. L 347, S. 1.


3 – ABl. L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie.


4 – ABl. L 134, S. 114.


5 – Trotz zahlreicher redaktioneller Änderungen stimmen die relevanten Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 im Wesentlichen mit den entsprechenden Bestimmungen der Sechsten Richtlinie überein. Vgl. in diesem Sinne Urteil Le Rayon d’Or (C‑151/13, EU:C:2014:185, Rn. 6).


6 – Diário da República I, Serie A Nr. 257 vom 6. November 2003, S. 7430.


7 – Diário da República I, Serie A Nr. 292 vom 17. Dezember 1999, S. 9012.


8 – In geänderter Fassung. Dieses Decreto Legislativo wurde mit Wirkung vom 2. Dezember 2013 durch das Decreto Legislativo Nr. 133/2013 vom 3. Oktober 2013 aufgehoben (Diário da República I, Serie A Nr. 191 vom 3. Oktober 2013, S. 5988), jedoch war zur Zeit der im Ausgangsrechtsstreit maßgebenden Ereignisse, d. h. in den Jahren 2007 bis 2010, der erstgenannte Rechtsakt in Kraft.


9 –      Nach den Erklärungen der portugiesischen Regierung betrifft dieser Vorbehalt nicht die auf Initiative der Autonomen Regionen gegründeten Unternehmen, dagegen aber die auf einer Initiative der Regionalverwaltungen beruhenden Unternehmen, die zum Zeitpunkt des Ausgangsrechtsstreits noch nicht gegründet waren.


10 – Neben dieser Regelung der staatlichen Unternehmen, die nach Art. 4 Abs. 1 des Decreto Legislativo Regional Nr. 41/2003/A auf Saudaçor anzuwenden ist, hat die Europäische Kommission auf die rechtliche Regelung der öffentlichen Unternehmen der RAA verwiesen, die auf dem Decreto Legislativo Regional Nr. 7/2008/A (Diário da República I, Serie A Nr. 58 vom 24. März 2008, S. 1649) beruht. Art. 9 dieses Decreto Legislativo Regional enthält Bestimmungen, die im Wesentlichen mit denen des Art. 7 des Decreto-lei Nr. 558/99 übereinstimmen.


11 – Dieser zweite Programm-Vertrag wurde allerdings erst im März 2010 genehmigt und unterzeichnet.


12 – Erlass des Vizepräsidenten der Regionalregierung der Azoren und des regionalen Gesundheitssekretariats.


13 – Die Angaben in der Vorlageentscheidung sind insoweit nicht besonders klar, jedoch scheint mir, dass es sich um eine verbindliche Auskunft der Steuerverwaltung in dem Verfahren A200 2005045 zu der Frage handelt, ob die Ausübung der Tätigkeit durch Saudaçor so anzusehen ist, als sei sie im Rahmen der Hoheitsbefugnisse im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes erfolgt, oder vielmehr so, als seien ihre Tätigkeit und ihr Unternehmen mehrwertsteuerpflichtig. Die portugiesische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, Saudaçor habe diese verbindliche Auskunft selbst beantragt.


14 – Vgl. im Hinblick auf Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie, der dem nunmehr geltenden Art. 13 der Richtlinie 2006/112 entspricht, Urteil Kommission/Niederlande (235/85, EU:C:1987:161, Rn. 18).


15 – Vgl. in diesem Sinne Urteile T‑Mobile Austria u. a. (C‑284/04, EU:C:2007:381, Rn. 48), Götz (C‑408/06, EU:C:2007:789, Rn. 15) und Kommission/Finnland (C‑246/08, EU:C:2009:671, Rn. 34 und 39).


16 –      Urteile Hong-Kong Trade Development Council (89/81, EU:C:1982:121, Rn. 10 und 11) und Tolsma (C‑16/93, EU:C:1994:80, Rn. 12).


17 – Nach diesem Urteil (C‑108/99, EU:C:2001:526, Rn. 33) muss ein Steuerpflichtiger, der ein bestimmtes wirtschaftliches Ziel sowohl mit steuerbefreiten wie mit steuerpflichtigen Umsätzen erreichen kann, seine Entscheidung im eigenen Interesse regelmäßig unter Berücksichtigung des objektiven Mehrwertsteuersystems treffen. Der Grundsatz der Steuerneutralität bedeute nicht, dass ein Steuerpflichtiger, der die Wahl zwischen zwei Umsätzen habe, sich für den einen entscheiden und die Wirkungen des anderen geltend machen könnte.


18 – In diesem Urteil (C‑319/12, EU:C:2013:778, Rn. 45 und Tenor) hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Steuerpflichtiger nicht ein Recht auf Abzug der auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer in Anspruch nehmen kann, wenn seine auf der Ausgangsstufe erbrachten Dienstleistungen aufgrund einer im nationalen Recht unter Verstoß gegen Unionsrecht vorgesehenen Befreiung nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.


19 – Im Übrigen ist anzumerken, dass es jedenfalls Sache des nationalen Gerichts ist, dem Wirtschaftsteilnehmer den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer oder missbräuchlicher Weise geltend gemacht wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Fini H, C‑32/03, EU:C:2005:128, Rn. 33 und 34).


20 – Vgl. Nr. 12 der vorliegenden Schlussanträge.


21 –      Nach den Ausführungen der portugiesischen Regierung kann Saudaçor von der RAA auch andere Beträge gemäß den Klauseln 2, 5 und 7 der Programm-Verträge, insbesondere von der RAA an Saudaçor zur Verfolgung bestimmter besonderer wichtiger im öffentlichen Interesse liegender Ziele gezahlte Beihilfen, erhalten.


22 – Da dieser Programm-Vertrag erst am 5. März 2010 unterzeichnet wurde, entsprach die Höhe des in den Vertrag aufgenommenen fraglichen Betrags nicht dem Betrag, der tatsächlich monatlich in Rechnung gestellt und für die von Saudaçor im Jahr 2009 tatsächlich erbrachten Dienstleistungen gezahlt worden war.


23 – Urteile Kommission/Niederlande (235/85, EU:C:1987:161, Rn. 8, 9 und 15), Kommission/Griechenland (C‑260/98, EU:C:2000:429, Rn. 26 und 28) sowie Kommission/Finnland (C‑246/08, EU:C:2009:671, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24 – Urteile Apple and Pear Development Council (102/86, EU:C:1988:120, Rn. 11 und 12), Tolsma (C‑16/93, EU:C:1994:80, Rn. 13 und 14), Kennemer Golf (C‑174/00, EU:C:2002:200, Rn. 39), Kommission/Finnland (C‑246/08, EU:C:2009:671, Rn. 44), GFKL Financial Services (C‑93/10, EU:C:2011:700, Rn. 18 und 19) sowie Serebryannay vek (C‑283/12, EU:C:2013:599, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


25 – Urteile Kommission/Niederlande (235/85, EU:C:1987:161, Rn. 10), Kommission/Irland (C‑358/97, EU:C:2000:425, Rn. 31) und Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑359/97, EU:C:2000:426, Rn. 43).


26 – Urteil Landboden-Agrardienste (C‑384/95, EU:C:1997:627, Rn. 20).


27 – Urteile Loyalty Management UK und Baxi Group (C‑53/09 und C‑55/09, EU:C:2010:590, Rn. 56) und Le Rayon d’Or (C‑151/13, EU:C:2014:185, Rn. 34).


28 – Urteile Kennemer Golf (C‑174/00, EU:C:2002:200, Rn. 40) und Le Rayon d’Or (C‑151/13, EU:C:2014:185, Rn. 36). Im vorliegenden Fall wurde der Beitrag der RAA gemäß den Programm-Verträgen an Saudaçor in Zwölfteln gezahlt, und auch die Dienstleistungen von Saudaçor wurden nach dem Vorbringen der portugiesischen Regierung monatlich in Rechnung gestellt.


29 – Urteil Landboden-Agrardienste (C‑384/95, EU:C:1997:627, Rn. 20).


30 – Urteil Newey (C‑653/11, EU:C:2013:409, Rn. 42 bis 45).


31 – Vgl. hierzu Urteil Kommission/Finnland (C‑246/08, EU:C:2009:671, Rn. 49 und 51), wonach der Zusammenhang zwischen den von den öffentlichen Büros erbrachten Rechtshilfeleistungen und dem von den Empfängern zu entrichtenden Gegenwert in jenem Fall nicht die erforderliche Unmittelbarkeit aufwies, um diesen Gegenwert als ein Entgelt für die Dienstleistungen und damit diese als wirtschaftliche Tätigkeiten ansehen zu können, da die Teilvergütung, die die Empfänger der Rechtshilfeleistungen an die öffentlichen Büros zahlten, nur teilweise vom tatsächlichen Wert der Dienstleistungen abhing.


32 – Urteile Isle of Wight Council u. a. (C‑288/07, EU:C:2008:505, Rn. 25 bis 28 und 38), Kommission/Irland (C‑554/07, EU:C:2009:464, Rn. 39) und Kommission/Niederlande (C‑79/09, EU:C:2010:171, Rn. 76).


33 – Urteil Isle of Wight Council u. a. (C‑288/07, EU:C:2008:505, Rn. 38).


34 – Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112.


35 – Urteil Kommission/Niederlande (235/85, EU:C:1987:161, Rn. 18).


36 – Vgl. hierzu Urteile Isle of Wight Council u. a. (C‑288/07, EU:C:2008:505, Rn. 60), Kommission/Irland (C‑554/07, EU:C:2009:464, Rn. 42) und Kommission/Spanien (C‑154/08, EU:C:2009:695, Rn. 119) sowie Beschluss Gmina Wrocław (C‑72/13, EU:C:2014:197, Rn. 19).


37 –      Vgl. u. a. Urteile Adolf Truley (C‑373/00, EU:C:2003:110, Rn. 43) und Kommission/Spanien (C‑214/00, EU:C:2003:276, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).


38 – Vgl. z. B. Art. 2 Nr. 8 der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (ABl. L 315, S. 1), Art. 2 Nr. 16 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347, S. 320) sowie Art. 2 Buchst. i der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. L 277, S. 1). Die letztgenannte Verordnung wurde vor dem Erlass der Richtlinie 2006/112 und die beiden erstgenannten Rechtsakte nach deren Erlass erlassen, was darauf hinweist, dass sich die Praxis des Unionsgesetzgebers insoweit nicht geändert hat.


39 – Urteil Isle of Wight Council u. a. (C‑288/07, EU:C:2008:505, Rn. 25).


40 – Begründung KOM(73) 950 vom 20. Juni 1973.


41 – Insbesondere die französische, die deutsche, die italienische und die niederländische Fassung.


42 – Vgl. den von der Kommission dem Rat am 29. Juni 1973 vorgelegten Vorschlag der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1973, C 80, S. 1).


43 – Urteil Kommission/Spanien (C‑154/08, EU:C:2009:695, Rn. 119).


44 – Vgl. Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge. Jedoch ist anzumerken, dass die „enge“ Auslegung nicht zwingend eine „restriktive“ Auslegung bedeutet. Denn die Befreiungen von der Mehrwertsteuer sollten eng auszulegen sein, sie sollten aber auch nicht weginterpretiert werden. Die Beschränkungen von Mehrwertsteuerbefreiungen sollten nicht eng ausgelegt werden, sie sollten aber auch nicht so gedeutet werden, dass sie über ihren Wortlaut hinausgehen. Sowohl die Steuerbefreiungen als auch deren Beschränkungen sind in der Weise auszulegen, dass die Befreiungen auf die Fälle anzuwenden sind, für die sie bestimmt sind, und nichts anderes (vgl. hierzu Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache Zoological Society, C‑267/00, EU:C:2001:698, Nr. 19).


45 – C‑154/08, EU:C:2009:695.


46 – Ebd. (Rn. 119).


47 – Vgl. u. a. Urteile Comune di Carpaneto Piacentino u. a. (231/87 und 129/88, EU:C:1989:381, Rn. 16), Comune di Carpaneto Piacentino u. a. (C‑4/89, EU:C:1990:204, Rn. 8), Kommission/Frankreich (C‑276/97, EU:C:2000:424, Rn. 40), Kommission/Irland (C‑358/97, EU:C:2000:425, Rn. 38), Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑359/97, EU:C:2000:426, Rn. 50), Fazenda Pública (C‑446/98, EU:C:2000:691, Rn. 17) und Isle of Wight Council u. a. (C‑288/07, EU:C:2008:505, Rn. 21).


48 – Vgl. in diesem Sinne Urteile Comune di Carpaneto Piacentino u. a. (231/87 und 129/88, EU:C:1989:381, Rn. 15) und Comune di Carpaneto Piacentino u. a. (C‑4/89, EU:C:1990:204, Rn. 10).


49 –      Urteile Kommission/Frankreich (C‑276/97, EU:C:2000:424, Rn. 45 und 46), Kommission/Irland (C‑358/97, EU:C:2000:425, Rn. 43 und 44) sowie Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑359/97, EU:C:2000:426, Rn. 55 und 56).


50 – Ebd. sowie Urteil Kommission/Spanien (C‑154/08, EU:C:2009:695, Rn. 115). Im Urteil CO.GE.P. (C‑174/06, EU:C:2007:634, Rn. 24 und 25) hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Situation einer öffentlichen Einrichtung wirtschaftlicher Art, die nicht im Namen und für Rechnung des Staates handelt, sondern in eigenem Namen und durch Erlass autonomer Entscheidungen, nicht die kumulativen Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschrift über die Steuerfreiheit in Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie erfüllte.


51 – Vgl. in dieser Hinsicht den Abschlussbericht der Kommission vom 1. März 2011 „VAT in the public sector and exemptions in the public interest“, Final report for TAXUD/2009/DE/316, S. 41.


52 Vgl. u. a. Urteile Kommission/Frankreich (C‑276/97, EU:C:2000:424, Rn. 39) und Isle of Wight Council u. a. (C‑288/07, EU:C:2008:505, Rn. 19).

Formularende

 

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