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Steuerrecht
22.02.2018
Steuerrecht
FG Münster: Antrag eines Hauptzollamts auf Anordnung einer Durchsuchung nach den Vorschriften des SchwarzArbG

FG Münster, Beschluss vom 23.1.2018 – 10 V 3258/17 S

ECLI:DE:FGMS:2018:0123.10V3258.17S.00

Volltext: BB-Online BBL2018-468-2

→ Im Streitfall war die Anhörung nach Auffassung des FG nicht angezeigt, da nach dem aus den Akten ersichtlichen bisherigen Verfahrensablauf der Betroffene offenbar bestrebt war, eine Prüfung nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG und die Vorlage der hierfür erforderlichen Unterlagen zu verhindern bzw. einer solchen auszuweichen. Daher hält es der Senat hält für wahrscheinlich, dass der Betroffene bei Kenntnis einer möglicherweise bevorstehenden Nachschau nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG entsprechende Vorkehrungen treffen würde und damit der Erfolg der vom Antragsteller erstrebten richterlichen Anordnung gefährdet wäre.

Aus den Gründen

I.

Der Antragsteller (ASt.) begehrt die Anordnung einer Durchsuchung und einer Beschlagnahme.

Die Sparkasse X reichte im … eine Meldung nach § 11 Geldwäschegesetz (GwG) beim Landeskriminalamt ein. Dort heißt es, Herr A habe am … ein Geschäftskonto bei der Sparkasse X angelegt. Auf diesem sei es zu Gutschriften i.H.v. ... € (…) und ... € (…) gekommen. Über beide Beträge sei größtenteils in bar verfügt worden. Es sei vereinbart worden, dass Unterlagen zwecks Plausibilisierung der Geldeingänge eingereicht werden, welche dann aber nicht eingereicht worden seien. Steuerzahlungen seien nicht erkennbar. Der Mitteilung fügte die Sparkasse Kontoauszüge über den Zeitraum vom … bis zum … bei.

Das Landeskriminalamt gab die Meldung mit einer Verfügung vom … an die Staatsanwaltschaft X ab. In einem Vermerk des Landeskriminalamts vom … heißt es, A sei am ... geboren und sei … Staatsangehöriger. Er sei amtlich gemeldet in X. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass er ein Gewerbe als ... betreibe. Die in den Kontoauszügen enthaltenen Umsätze seien typische Umsätze eines Gewerbebetriebs, wobei jedoch keine Zahlungen von Steuern etc. ersichtlich seien. Es handele sich um typische Umsätze für Schwarzarbeit.

Laut einer in den Akten befindlichen Auskunft aus dem Gewerberegister der Stadt X. vom … war A dort ab dem … mit einem Einzelunternehmen gemeldet, und zwar mit der folgenden Tätigkeit: ... . Als Betriebssitz war die Anschrift … in X angegeben. Abgemeldet wurde das Gewerbe danach zum 31.12.2016. Laut einem Vermerk vom … war für A lediglich eine Frau B ab dem … als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gemeldet.

Die Staatsanwaltschaft X stellte das eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche mit Verfügung vom … nach § 170 Abs. 2 StPO ein und gab die Akte an den ASt. zur Aufnahme von Ermittlungen ab.

Der ASt. erließ unter dem Datum vom … eine Prüfungsverfügung nach §§ 2 ff. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) gegenüber A unter Nennung des Betriebssitzes … in X. Mit Schreiben vom … kündigte der ASt. A eine Geschäftsunterlagenprüfung nach § 4 SchwarzArbG für den … an. Es seien die Nachunternehmerverträge, Ein- und Ausgangsrechnungen, Lohn- und Meldeunterlagen und Arbeitszeitaufzeichnungen für den Zeitraum vom … bis zum … vorzulegen.

Laut einem Aktenvermerk vom … teilte an diesem Tag ein Herr C dem ASt. telefonisch mit, dass sich A derzeit in … aufhalte und aus diesem Grund die Geschäftsunterlagenprüfung nicht möglich sei. C bat darum, dass die Unterlagen an Amtsstelle vorgelegt werden könnten. Zu seinem Verhältnis zu A teilte C lediglich mit, er sei ein Bekannter von diesem.

Mit Schreiben vom … sagte der ASt. den Termin zur Geschäftsunterlagenprüfung ab. Zugleich räumte der ASt. A die Möglichkeit ein, die angeforderten Unterlagen bis zum … an Amtsstelle vorzulegen.

Nachdem A die Unterlagen in der Folge nicht vorlegte, bestimmte der ASt. mit Schreiben vom … einen neuen Termin zur Geschäftsunterlagenprüfung auf den … .

Laut einem Aktenvermerk vom … suchten zwei Mitarbeiter des ASt. den Betriebssitz von A auf, um die Geschäftsunterlagenprüfung dort durchzuführen. Laut dem Vermerk handelte es sich um den Wohnsitz von A, wo lediglich B angetroffen worden sei. Diese sei nach eigener Aussage die Ehefrau von A. Da sie nur geringe deutsche Sprachkenntnisse gehabt habe, sei eine Verständigung nicht möglich gewesen. Geschäftsunterlagen seien nicht vorgelegt worden. B habe einen telefonischen Kontakt mit C hergestellt. Dieser sei aufgefordert worden, die Unterlagen bis zum … in die Dienststelle zu bringen. Laut einem Aktenvermerk vom … wurden in der Folge keine Unterlagen vorgelegt.

Mit Schreiben vom … bestimmte der ASt. nochmals einen Termin zur Geschäftsunterlagenprüfung auf den … . Laut einem Aktenvermerk vom … teilte C am … mit, dass A die Unterlagen an Amtsstelle vorlegen möchte und bereits unterwegs sei. A sei dann erschienen und habe lediglich einen Arbeitsvertrag zwischen ihm und B vom … vorgelegt. Auf Nachfrage habe er mitgeteilt, die übrigen Unterlagen würden sich bei seinem Steuerberater befinden, welcher C sei. Er erläuterte des Weiteren, dass er das Gewerbe nicht mehr betreibe. Seit dem 2.1.2017 sei er in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der …GmbH in …. Hierzu habe er einen Arbeitsvertrag und Lohnbescheinigungen vorgelegt. Im Anschluss sei C telefonisch kontaktiert worden. Dieser habe angegeben, nicht der Steuerberater von A zu sein, sondern lediglich ein Bekannter. Er sei auch nicht im Besitz der geforderten Unterlagen.

Mit Schreiben vom … forderte der ASt. A nochmals auf, die Unterlagen bis zum … an Amtsstelle vorzulegen. Bis zum vorgenannten Datum und auch in der Folge bis zum jetzigen Zeitpunkt legte A keine weiteren Unterlagen vor. Auch anderweitig reagierte A nicht.

Der ASt. erließ unter den Daten vom … und vom … jeweils einen Bußgeldbescheid gegen A wegen Verletzung von Duldungs- und Mitwirkungspflichten nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 SchwarzArbG, welche bestandskräftig wurden. Laut einem Vermerk beantragte A diesbezüglich Ratenzahlung.

Daraufhin stellte der ASt. den vorliegenden Antrag, eine Durchsuchung bei A und die Beschlagnahme der vorgefundenen Sachen anzuordnen. Es lägen Tatsachen vor, aus denen zu schließen sei, dass A die Geschäftsunterlagen, welche für die Prüfung nach § 2 SchwarzArbG vorzulegen seien, vorsätzlich nicht bereitgehalten und vorgelegt habe. Es sei daher der Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses zur Durchsetzung der Prüfrechte nach §§ 2 und 4 SchwarzArbG geboten. Die Beschlagnahme sei entsprechend §§ 94 ff. StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG anzuordnen. Die Erhebung eines Zwangsgeldes oder eine Ersatzvornahme würden im Hinblick auf den Gesamtsachverhalt nicht zum Ziel führen. Mit der Durchführung der Maßnahme seien die Ermittlungspersonen des ASt. zu beauftragen.

Für die Anordnung der vorgenannten Maßnahmen zur Durchsetzung der Prüfrechte nach §§ 2 und 4 SchwarzArbG sei der Finanzrechtsweg gegeben. Zur Möglichkeit, die Maßnahmen anzuordnen, verweist der ASt. außerdem auf eine Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg vom 26.8.2014 (5 S 5159/14, EFG 2014, 2018).

Der ASt. beantragt,

1. die Durchsuchung der Wohnung und den ehemaligen Betriebssitz von A in der … in X einschließlich der Nebenräume und Behältnisse, der Person und der Sachen (einschließlich des Kfz) von A anzuordnen,

2. die Beschlagnahme der vorgefundenen Sachen anzuordnen.

II.

Der Antrag war abzulehnen.

I. Für den vorliegenden Antrag ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 23 SchwarzArbG der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet.

Nach § 23 SchwarzArbG ist in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Verwaltungshandeln der Behörden der Zollverwaltung nach dem SchwarzArbG der Finanzrechtsweg gegeben. Hierzu gehört nach Auffassung des Senats auch der vorliegende Antrag des ASt., auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 SchwarzArbG eine Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung zu erlassen.

Es besteht für den vorliegenden Antrag keine (abdrängende) spezialgesetzliche Zuweisung zu einem anderen Rechtsweg. Zwar sieht § 287 Abs. 4 Satz 3 AO vor, dass für die dort geregelte richterliche Anordnung einer Durchsuchung im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens nach der Abgabenordnung (betreffend die Vollstreckung wegen Geldforderungen in bewegliche Sachen) das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die Durchsuchung vorgenommen werden soll. Diese Regelung ist jedoch nach der Rechtsprechung nicht auf andere Fälle übertragbar, in denen die richterliche Anordnung einer Durchsuchung beantragt wird und keine entsprechende spezialgesetzliche Zuweisung besteht. In diesen Fällen bleibt es bei der Zuständigkeit der Finanzgerichte (so BFH, Beschluss vom 8.11.2005 VII B 249/05, BFH/NV 2006, 151, für den Antrag auf die richterliche Anordnung einer Durchsuchung nach § 210 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung –AO--; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.4.1993 9 V 11/93, EFG 1993, 804, für den Antrag auf die richterliche Anordnung einer Durchsuchung zur Wegnahme einer nach § 97 AO vorzulegenden Urkunde; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.8.2014 5 S 5159/14, EFG 2014, 2018, für den hier in Rede stehenden Antrag auf die richterliche Anordnung einer Durchsuchung nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 SchwarzArbG). Der Senat folgt der vorgenannten Rechtsprechung.

II. Über den vorliegenden Antrag war durch Beschluss zu entscheiden. Der Beschluss konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO).

III. Der Senat hat davon abgesehen, A als von der beantragten Durchsuchung und Beschlagnahme Betroffenen vorab zu dem vorliegenden Antrag anzuhören.

Zwar ist es im Rahmen eines Verfahrens über die Anordnung einer Durchsuchung oder einer Beschlagnahme nach Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich geboten, den hiervon Betroffenen vorab anzuhören (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 16.6.1981 1 BvR 1094/80, BVerfGE 57, 346, unter C.II.2.; Stöber in Zöller, 31. Aufl. 2016, § 758a ZPO Rz 25, m.w.N.). Von einer solchen Anhörung kann jedoch abgesehen werden, wenn durch sie der Erfolg beantragten Anordnung gefährdet würde (vgl. ebenfalls BVerfG, Beschluss in BVerfGE 57, 346, unter C.II.2.; Stöber in Zöller, 31. Aufl. 2016, § 758a ZPO Rz 25, m.w.N.). Hierbei ist eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen, wobei aber auch allgemeine Erfahrungssätze berücksichtigt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 57, 346, unter C.II.2.; Stöber in Zöller, 31. Aufl. 2016, § 758a ZPO Rz 25, m.w.N.).

Ausgehend hiervon war nach Auffassung des Senats im Streitfall eine vorherige Anhörung nicht angezeigt. Nach dem aus den Akten ersichtlichen bisherigen Verfahrensablauf war A offenbar bestrebt, eine Prüfung durch den ASt. nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG und die Vorlage der hierfür erforderlichen Unterlagen zu verhindern bzw. einer solchen auszuweichen. Der Senat hält es daher für wahrscheinlich, dass A bei Kenntnis einer möglicherweise bevorstehenden Nachschau nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG entsprechende Vorkehrungen treffen würde und damit der Erfolg der vom ASt. erstrebten richterlichen Anordnungen gefährdet wäre.

Dafür, dass von einer vorherigen Anhörung abzusehen war, ist es nach Auffassung des Senats unerheblich, dass er dem Antrag des ASt. nicht nachkommt und die von diesem beantragten Anordnungen nicht erlässt. Da der vorliegende Beschluss vom ASt. mit der Beschwerde anfechtbar ist (siehe unter VI.), ist das Verfahren mit Ergehen des vorliegenden Beschlusses nicht rechtskräftig abgeschlossen. Käme der Bundesfinanzhof auf eine etwaige Beschwerde gegen diesen Beschluss hin zu einer anderen Beurteilung, würde eine Anhörung den Erfolg einer dann möglicherweise doch noch zu treffenden richterlichen Anordnung gefährden.

IV. Der Antrag ist unbegründet.

1. Die vom ASt. beantragte Durchsuchung war nicht anzuordnen.

a) Nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG prüfen die Behörden der Zollverwaltung, ob bei der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen verschiedene sozialversicherungsrechtliche Melde- oder sonstigen Pflichten erfüllt sowie weitere sozialrechtliche Vorgaben eingehalten wurden. Außerdem prüfen sie, ob verschiedene Verpflichtungen des Aufenthaltsgesetzes, des Mindestlohngesetzes, des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes eingehalten wurden. Des Weiteren prüfen sie zur Erfüllung ihrer Mitteilungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 SchwarzArbG, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Steuerpflichtige den sich aus den Dienst- oder Werkverträgen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen sind.

Nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG sind die Behörden der Zollverwaltung zur Durchführung der vorgenannten Prüfungen befugt, Geschäftsräume und Grundstücke des Arbeitgebers und Auftraggebers von Dienst- oder Werkleistungen sowie – im Rahmen entsprechender Prüfungen betreffend der o.g. Verpflichtungen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – des Entleihers während der Geschäftszeit zu betreten und dort Einsicht in die Lohn- und Meldeunterlagen, Bücher und andere Geschäftsunterlagen zu nehmen, aus denen Umfang, Art oder Dauer von Beschäftigungsverhältnissen hervorgehen oder abgeleitet werden können.

Nach § 22 SchwarzArbG gelten für das Verwaltungsverfahren nach dem SchwarzArbG die Vorschriften der Abgabenordnung sinngemäß, soweit das SchwarzArbG nichts anderes bestimmt. Daher können die Behörden der Zollverwaltung ihre o.g. Befugnisse zum Betreten der Geschäftsräume und zur Einsichtnahme in die o.g. Unterlagen mittels der Zwangsmittel nach den §§ 328 ff. AO (Zwangsgeld, Ersatzvornahme, unmittelbarer Zwang) durchsetzen.

b) Nach Auffassung des Senats kommt nach den o.g. Regelungen nicht in Betracht, dass die Behörden der Zollverwaltung – wie es der ASt. im Streitfall geltend macht – vorab beim Finanzgericht beantragen, eine Durchsuchung von Geschäftsräumen und Grundstücken im o.g. Sinne anzuordnen. Das Finanzgericht hat auf einen solchen Antrag hin nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen der o.g. Befugnis zum Betreten der entsprechenden Geschäftsräume und Grundstücke vorliegen und kann keine entsprechende Anordnung erlassen.

aa) Der ASt. beantragt, dass der Senat eine Durchsuchung anordnet. Die Anordnung einer Durchsuchung kommt aber bereits deswegen nicht in Betracht, weil § 4 Abs. 1 SchwarzArbG den Behörden der Zollverwaltung nicht die Befugnis einräumt, die dort bezeichneten Räumlichkeiten zu durchsuchen. Die Vorschrift räumt ihnen lediglich die Befugnis ein, die dort bezeichneten Räume „zu betreten“.

Dass die in § 2 Abs. 1 SchwarzArbG eingeräumte Befugnis entsprechend beschränkt ist, bestätigt der Vergleich mit anderen Vorschriften. So räumen §§ 102, 103 StPO den Ermittlungsbehörden im Rahmen eines Strafverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen die Befugnis ein, Räumlichkeiten und Sachen zu durchsuchen. Auch im Rahmen von Zwangsvollstreckungen besteht bei einer Vollstreckung in Sachen unter bestimmten Voraussetzungen eine Befugnis des Gerichtsvollziehers bzw. des Vollstreckungsbeamten, Räumlichkeiten und Behältnisse des Vollstreckungsschuldners zu durchsuchen (§ 758 Abs. 1 ZPO, § 287 Abs. 1 AO). Hierbei wird unter einer Durchsuchung stets das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts verstanden, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung bzw. der sonstigen Räumlichkeit von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 3.4.1979 1 BvR 994/76, BVerfGE 51, 97 ff., unter C.I.2.a aa; BFH, Urteil vom 4.10.1988 VII R 59/86, NJW 1989, 279, unter II.3.a).

Demgegenüber räumt etwa § 27b Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) den Finanzbehörden unter bestimmten Voraussetzungen die Befugnis ein, die dort bezeichneten Räumlichkeiten zu betreten. Ebenso räumen § 210 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AO im Bereich der Zölle und Verbrauchsteuern den Finanzbehörden unter bestimmten Voraussetzungen die Befugnis ein, die dort bezeichneten Räumlichkeiten zu betreten. Lediglich § 210 Abs. 2 Satz 2 AO räumt in diesem Zusammenhang die Befugnis zu einer Durchsuchung ein. Diese Befugnisse werden als sog. (Umsatzsteuer-)Nachschau bezeichnet. Hierbei wird die Befugnis stets so verstanden, dass sie auf das bloße Betreten und Besichtigen der Räumlichkeiten beschränkt ist. Eine gezielte Suche nach bestimmten Sachen oder Unterlagen ist im Rahmen eines solchen Betretensrechts nicht zulässig (vgl. etwa Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher, § 27b UStG Rz 36; Kemper in Plückebaum/Malitzky, § 27b UStG Rz 31; Brandis in Tipke/Kruse, § 210 AO Rz 2, 5; Hoyer in Beermann/Gosch, § 210 AO Rz 10; siehe allgemein zur Unterscheidung zwischen Durchsuchungen und bloßen Betretens- und Besichtigungsrechten BVerfG, Beschluss vom 13.10.1971 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54 ff.; BFH, Urteil in NJW 1989, 279).

Der hier in Rede stehende § 4 Abs. 1 SchwarzArbG ist dem Bereich der vorgenannten Nachschau-Vorschriften zuzuordnen. Er räumt ausdrücklich lediglich ein Betretensrecht ein, mit welchem keine Befugnis zu einer Durchsuchung verbunden ist.

Des Weiteren bezieht sich § 4 Abs. 1 SchwarzArbG von vornherein nicht auf eine Durchsuchung oder sonstige Maßnahmen in Bezug auf Personen oder sonstige Sachen wie Kfz, welche der ASt. im Streitfall ebenfalls beantragt.

bb) Auch für eine nach den vorgenannten Ausführungen nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG allenfalls bestehende Befugnis zum Betreten der in Rede stehenden Räumlichkeiten war vom Senat keine Anordnung zu erlassen.

Nach Auffassung des Senats ist § 4 Abs. 1 SchwarzArbG nicht so zu verstehen, dass eine nach dieser Vorschrift bestehende Befugnis zum Betreten der dort bezeichneten Räumlichkeiten vorab vom Gericht anzuordnen ist. Die Vorschrift enthält keinen entsprechenden Richtervorbehalt bzw. die Notwendigkeit oder Möglichkeit einer entsprechenden richterlichen Anordnung.

Dieses Verständnis des § 2 Abs. 1 SchwarzArbG wird auch hier durch den Vergleich mit den o.g. anderweitigen Vorschriften bestätigt. Diejenigen Vorschriften, welche den Behörden die Befugnis zu einer Durchsuchung einräumen, enthalten sämtlich einen entsprechenden Richtervorbehalt. Danach bedarf es für eine Durchsuchung einer vorherigen richterlichen Anordnung, es sei denn, es ist Gefahr im Verzug (siehe § 103 StPO, § 758a ZPO, § 287 Abs. 4 AO, § 210 Abs. 2 Satz 2 AO). Dies entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben nach Art. 13 Abs. 2 Grundgesetz (GG).

Demgegenüber enthalten die o.g. Nachschau-Vorschriften, welche bloße Betretens- und Besichtigungsrechte einräumen, keinen Richtervorbehalt und sehen auch keine Möglichkeit vor, vorab eine entsprechende richterliche Anordnung einzuholen (siehe § 27b Abs. 1 UStG, § 210 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AO). Die Behörde hat hier zunächst selbst zu beurteilen, ob nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen für ein Betreten vorliegen und kann ggf. selbst eine entsprechende Anordnung erlassen. Kommt der Betroffene einer solchen Anordnung nicht nach und weigert er sich, die Nachschau zu dulden, kann die Behörde die Anordnung ggf. nach den §§ 328 ff. AO mit den dort vorgesehenen Zwangsmitteln vollstrecken. In Betracht kommen hierbei eine Vollstreckung mittels eines Zwangsgeldes nach § 329 AO oder durch unmittelbaren Zwang nach § 331 AO (vgl. für die Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b UStG etwa Zugmaier/Schwarz in Hartmann/Metzenmacher, § 27b UStG Rz 37; Kemper in Plückebaum/Malitzky, § 27b UStG Rz 73 ff.; für die Nachschau nach § 210 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AO etwa Brandis in Tipke/Kruse, § 210 AO Rz 11; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 210 AO Rz 28). In einem auf diese Weise – auch ggf. durch unmittelbaren Zwang – durchgesetzten Betreten liegt noch keine Durchsuchung (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 210 AO Rz 11). Die Behörde hat sich hierbei allerdings im Rahmen ihres bloßen Betretensrechts zu halten. Der Betroffene hat jeweils die Möglichkeit, die Anordnung und die Zwangsmittel mittels Einspruch und Klage anzufechten. Im vorläufigen Rechtsschutz sind ein Antrag auf eine Aussetzung der Vollziehung oder ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung möglich. Mit Beendigung der Nachschau kommt außerdem noch eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO in Betracht (vgl. für die Umsatzsteuer-Nachschau nach § 27b UStG etwa Zugmaier/Schwarz, § 27b UStG Rz 72 ff.; Kemper in Plückebaum/Malitzky, § 27b UStG Rz 115 ff.; für die Nachschau nach § 210 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AO etwa Brandis in Tipke/Kruse, § 210 AO Rz 11; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 210 AO Rz 28).

Der Senat ist der Auffassung, dass die vorstehenden Ausführungen zu den Nachschau-Vorschriften in gleicher Weise für die vorliegend in Rede stehende Vorschrift des § 4 Abs. 1 SchwarzArbG gelten. Der ASt. muss daher zunächst selbst beurteilen, ob nach seiner Auffassung die Voraussetzungen für ein Betreten nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 SchwarzArbG vorliegen. Zu einer eventuellen gerichtlichen Klärung kann es dann im Rahmen der o.g. Rechtsbehelfe (ggf. auch in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) kommen.

Es ist auch nicht etwa aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Richtervorbehalt bzw. die Möglichkeit einer richterlichen Anordnung in § 4 Abs. 1 SchwarzArbG hinzulesen bzw. die Vorschrift verfassungskonform entsprechend auszulegen. Nur bei Durchsuchungen ist es nämlich nach Art. 13 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich erforderlich, dass diese vorher durch ein Gericht angeordnet wird (wenn nicht die dort vorgesehene Ausnahme eingreift, weil Gefahr im Verzug ist). Bei einer bloßen Befugnis zum Betreten und zum Besichtigen greift Art. 13 Abs. 2 GG dagegen nicht ein. Hier ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht erforderlich, dass eine vorherige richterliche Anordnung ergeht (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 6.9.1974 I C 17.73, BVerwGE 47, 31, unter 2.; BFH-Urteil in NJW 1989, 855, unter II.3.a, jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung; siehe auch etwa Papier in Maunz/Dürig, Art. 13 GG Rz 21 ff.; Jarass in Jarass/Pieroth, !3. Aufl. 2014 Rz 14 f.).

cc) Das FG Berlin-Brandenburg geht in seinem vom ASt. angeführten Beschluss vom 26.8.2014 (5 S 5159/14, EFG 2014, 2018) demgegenüber davon aus, dass das Gericht auf einen entsprechenden Antrag der Zollbehörden hin zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 SchwarzArbG vorliegen, und, wenn das der Fall ist, eine Durchsuchung anzuordnen hat. Der Senat folgt dieser Auffassung aus den o.g. Gründen nicht.

dd) Angesichts der o.g. Ausführungen kann vorliegend dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 SchwarzArbG im Streitfall vorliegen. Das betrifft auch die Frage, ob die im Antrag genannten Räumlichkeiten unter § 4 Abs. 1 SchwarzArbG fallen. § 4 Abs. 1 SchwarzArbG räumt den Zollbehörden nur die Befugnis ein, Geschäftsräume und (entsprechende) Grundstücke zu betreten. Das steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Soll die Befugnis zum Betreten auch von Wohnungen eingeräumt werden, ist das nur unter den strengeren Vorgaben von Art. 13 Abs. 7 GG möglich, nämlich zur Verhinderung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Dementsprechend differenziert die o.g. Vorschrift zur Umsatzsteuer-Nachschau in § 27b UStG zwischen den vorgenannten Räumlichkeiten. Ein Betretensrecht in Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume ist nach der Rechtsprechung des BVerfG demgegenüber unter erleichterten Voraussetzungen zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.10.1991 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54 ff.). Nur auf solche Räume erstreckt sich das – dementsprechend nicht die erhöhten Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 7 GG erfordernde – Betretensrecht nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG. Laut den eigenen Ausführungen des ASt. handelt es sich bei den im vorliegenden Antrag angegebenen Räumlichkeiten aber um die Wohnung von A und allenfalls um seinen ehemaligen Betriebssitz. In der in den Akten befindlichen Gewerbeauskunft war sein Gewerbe zudem seinerzeit unter einer anderen Anschrift gemeldet, was sogar gegen das vorgenannte Vorbringen des ASt. zum ehemaligen Betriebssitz spricht.

2. Die vom ASt. beantragte Beschlagnahme der Sachen, welche bei der von ihm beantragten o.g. Durchsuchung vorgefunden werden, war ebenfalls nicht anzuordnen.

Das folgt zum einen bereits daraus, dass der Senat den o.g. Antrag auf Anordnung der Durchsuchung abgelehnt hat. Damit erübrigt sich auch eine Anordnung der Beschlagnahme von hierbei vorgefundenen Sachen.

Zum anderen gilt die zu der beantragten o.g. Durchsuchung getroffene Beurteilung hier in ähnlicher Weise.

Nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG sind die Behörden der Zollverwaltung im Rahmen ihres o.g. Betretensrechts befugt, in den entsprechenden Räumlichkeiten Einsicht in die Lohn- und Meldeunterlagen, Bücher und andere Geschäftsunterlagen zu nehmen, aus denen Umfang, Art oder Dauer von Beschäftigungsverhältnissen hervorgehen oder abgeleitet werden können. Nach Auffassung des Senats kommt auch hier nach der vorgenannten Regelungen nicht in Betracht, dass die Behörden der Zollverwaltung vorab beim Finanzgericht beantragen, eine Beschlagnahme im o.g. Sinne anzuordnen. Das Finanzgericht hat auf einen solchen Antrag hin nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen der o.g. Befugnis zur Einsichtnahme vorliegen und kann keine entsprechende Anordnung erlassen.

Zunächst räumt nach Auffassung des Senats § 4 Abs. 1 SchwarzArbG den Behörden der Zollverwaltung nicht die vom ASt. angeführte Befugnis ein, die o.g. Unterlagen zu beschlagnahmen. Vielmehr räumt die Vorschrift ihnen lediglich die Befugnis ein, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen. Auch hier zeigt sich der Unterschied durch einen Vergleich mit anderen Vorschriften. Eine Beschlagnahme ist etwa im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach § 94 Abs. 2 StPO möglich. Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau sieht demgegenüber § 27b Abs. 2 UStG – in ähnlicher Weise wie der vorliegend in Rede stehende § 4 Abs. 1 SchwarzArbG – lediglich vor, dass die von der Nachschau betroffenen Personen den Finanzbehörden auf deren Verlangen hin bestimmte Unterlagen vorzulegen bzw. Einsicht in elektronisch gespeicherte Daten zu gewähren sowie Auskünfte zu erteilen haben.

Des Weiteren bezieht sich § 4 Abs. 1 SchwarzArbG lediglich auf die dort genannten Unterlagen und nicht etwa auf sämtliche vorgefundenen Sachen, welche der ASt. in seinem Antrag benennt.

Darüber hinaus ist nach Auffassung des Senats § 4 Abs. 1 SchwarzArbG nicht so zu verstehen, dass eine nach dieser Vorschrift bestehende Befugnis zur Einsichtnahme in die o.g. Unterlagen vorab vom Gericht anzuordnen ist. Die Vorschrift enthält keinen entsprechenden Richtervorbehalt bzw. die Notwendigkeit einer entsprechenden richterlichen Anordnung. Auch hier wird dieses Verständnis durch den Vergleich mit den o.g. anderweitigen Vorschriften bestätigt. Für die o.g. Beschlagnahme im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist nach § 98 Abs. 1 Satz 1 StPO eine vorherige richterliche Anordnung erforderlich (es sei denn, es ist Gefahr im Verzug). Demgegenüber sieht die mit dem vorliegend in Rede stehenden § 4 Abs. 1 SchwarzArbG vergleichbare Vorschrift des § 27b Abs. 2 UStG für die Umsatzsteuer-Nachschau keine vorherige richterliche Anordnung vor.

Die Behörden der Zollverwaltung haben daher zunächst selbst zu beurteilen, ob nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen für die o.g. Befugnis zur Einsichtnahme vorliegt und können ggf. selbst eine entsprechende Anordnung erlassen. Eine solche Anordnung können sie ggf. mit den dafür vorgesehenen Zwangsmitteln durchsetzen. Der Betroffene kann die Anordnung und die Zwangsmittel anfechten bzw. im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes dagegen vorgehen (siehe hierzu bereits unter IV.1.b bb).

Der ASt. bezieht sich in seinem Antrag für die anzuordnende Beschlagnahme nicht lediglich auf § 4 Abs. 1 SchwarzArbG, sondern auch auf §§ 94 ff. StPO (also die o.g. Vorschriften der Beschlagnahme im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens), welche über § 46 Abs. 1 OWiG anzuwenden seien. Zwar hat der ASt. ausweislich der Akten vorliegend zwei Bußgeldverfahren eingeleitet. Gleichwohl kann er sich für das hier in Rede stehende Verfahren nach dem SchwarzArbG nicht auf die vorgenannten Vorschriften des OWiG bzw. der StPO berufen. Im Verfahren nach dem SchwarzArbG ist kein Verweis auf die §§ 94 ff. StPO enthalten.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

VI. Gegen den vorliegenden Beschluss ist nach § 128 Abs. 1 FGO die Beschwerde zum Bundesfinanzhof eröffnet. Eine Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde war daher nicht zu treffen.

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