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Steuerrecht
17.01.2013
Steuerrecht
FG Hamburg: § 38 KStG 2002 i. d. F. des JStG 2008 verfassungskonform

FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 24.9.2012 - 2 K 31/11

Leitsätze

1. Die mit der Änderung des § 38 KStG 2002 durch das Jahressteuergesetz 2008 herbeigeführte zwangsweise Besteuerung des EK 02 ist nicht verfassungswidrig. Die Neuregelung entfaltet keine unzulässige unechte Rückwirkung, denn die Klägerin hat eine verfestigte Rechtsposition in Bezug auf die Steuerfreiheit des EK 02 noch nicht erlangt. Die bloße allgemeine Erwartung in den Fortbestand der alten Rechtslage genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

2. Grundsätzlich schafft der Gesetzgeber einen besonderen Vertrauenstatbestand durch den Erlass von Übergangsregelungen, die nur unter besonderen Anforderungen vorzeitig aufgehoben werden können. Bei einem so komplexen Sachverhalt wie der Umstellung des Besteuerungssystems von Körperschaften und der Geltung sehr langfristiger Übergangsregelungen kommt dem Interesse des Gesetzgeber, die Übergangsvorschriften auf Grund von veränderten Verhältnissen oder Fehlentwicklungen anzupassen, jedoch besonderes Gewicht zu, die das lediglich allgemeine Interesse der Steuerpflichtigen am Fortbestand der bisherigen Rechtslage überwiegen.

3. Das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit wird durch die Herbeiführung der zwangsweisen Besteuerung nicht verletzt, denn durch die Vergleichsrechnung gemäß § 38 Abs. 5 KStG 2002 n. F. wird die Besteuerung auf das tatsächlich verfügbare ausschüttungsfähige Eigenkapital begrenzt.

4. Das Gleichheitsgebots des Art. 3 Abs. 1GG wird nicht dadurch verletzt, dass steuerbefreiten Körperschaften und bestimmten Unternehmen aus dem Bereich der Wohnungswirtschaft das Recht eingeräumt wird, zur Anwendung des bisherigen Rechts zu optieren.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Körperschaftsteuererhöhungsbetrags gemäß § 38 Abs. 5 und 6 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung des Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007 (KStG 2002 n. F.).

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt einen zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb, welcher sich mit der Aufbereitung und Verwertung von flüssigen und festen Abfällen befasst. Mitte der 90er Jahre wurde eine wirtschaftliche Krise und drohende Insolvenz des Unternehmens durch einen erheblichen Forderungsverzicht der Gläubiger abgewendet. Der sich daraus ergebende Sanierungsgewinn wurde nach § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes in der bis 1997 geltenden Fassung (EStG a. F.) vom Finanzamt als steuerfrei behandelt. Gemäß § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 2 KStG 1996 wurde der steuerfreie Gewinn in das EK 02 eingestellt. Zum 31.12.2001 stellte der Beklagte den Bestand des EK 02 mit 13.876.353 € fest; dieser hat sich seit dem nicht verändert. Das steuerliche Einlagekonto beträgt unverändert 168.891 €.

Mit Bescheid vom 27.02.2009 setzte der Beklagte einen Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nach § 38 Abs. 5 und 6 KStG 2002 n. F. auf 416.290 € fest.

Dagegen legte die Klägerin am 17.03.2009 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.01.2011 als unbegründet zurückwies.

Am 25.02.2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass der festgesetzte Körperschaftsteuererhöhungsbetrag auf dem durch einen Sanierungsgewinn zurückzuführenden Bestand des EK 02 beruhe. Sie, die Klägerin, tilge noch heute Verbindlichkeiten aus der Sanierungsvereinbarung und erziele nach wie vor erhebliche Verluste. Mit der Festsetzung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags werde die damals gewährte Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG a. F. wieder rückgängig gemacht. Nach der Rechtslage nach Umstellung des Anrechnungsverfahrens auf das Halbeinkünfteverfahren wäre eine Körperschaftsteuererhöhung gemäß § 38 Abs. 2 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 (KStG 2002 a. F.) mit Ablauf des 15. bzw. 18. Wirtschaftsjahres vollständig entfallen. Die erneute Änderung mit dem Jahressteuergesetz 2008 führe nun zu einer Besteuerung. Diese Neuregelung sei verfassungswidrig, denn sie entfalte eine unzulässige Rückwirkung. Der Gesetzgeber greife in abgewickelte Sachverhalte ein. Zwar habe auch § 38 Abs. 2 Satz 3 KStG 2002 a. F. keine unbedingte Steuerbefreiung gewährt, jedoch habe es im Ermessen des Steuerpflichtigen gelegen, durch entsprechende Disposition die durch Zeitablauf eintretende Steuerbefreiung zu erlangen. Sie, die Klägerin, habe und hätte auch weiterhin bewusst auf Ausschüttungen verzichtet und damit eine Disposition getroffen. Diese Möglichkeit der Steuerbefreiung durch Zeitablauf werde ihr durch die Änderung des § 38 KStG 2002 a. F. entzogen. Es mache dabei einen Unterschied, ob ein in der Vergangenheit nicht besteuerter Sachverhalt zukünftig einer Besteuerung unterworfen werde oder ob eine gesetzliche Regelung existiere, die für einen bereits realisierten Sachverhalt eine Steuerfreiheit vorsehe und durch eine Gesetzesänderung dieser Sachverhalt zukünftig einer Besteuerung unterworfen werde. Ein besonderes öffentliches Interesse, welches die Aufhebung der faktischen Steuerfreiheit rechtfertigen könne, sei der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Mit der reklamierten Vereinfachung des Verfahrens lasse sich die Enttäuschung des Vertrauens nicht rechtfertigen. Die niedrige verwendungsunabhängige Besteuerung stelle nur dann einen Vorteil dar, wenn eine Ausschüttung habe vorgenommen werden sollen.

In der nachträglichen Gesetzesänderung liege zudem eine Verletzung des Nettoprinzips. Sie sei nicht mit dem verfassungsrechtlichen Leistungsfähigkeitsprinzip in Einklang zu bringen, denn die Besteuerung des Bestands des EK 02 berücksichtige nicht die Leistungsfähigkeit des Einzelnen, die in ihrem Fall dadurch geprägt sei, dass fortlaufend steuerliche Verluste generiert würden. Rechtfertigungsgründe für die Durchbrechung des Nettoprinzips seien nicht ersichtlich.

Darüber hinaus werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Bestimmten Wohnungsunternehmen werde mit § 34 Abs. 16 Nr. 2 KStG 2002 n. F. die Möglichkeit eingeräumt, für die Fortgeltung des bis 2007 geltenden Rechts zu optieren. Die Beschränkung auf bestimmte Wohnungsunternehmen sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid über die Festsetzung des Körperschaftserhöhungsbetrags nach § 38 Abs. 5 und 6 KStG 2002 n. F. vom 27.02.2009 und die Einspruchsentscheidung vom 26.01.2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt zur Begründung vor, dass die Änderung des § 38 Abs. 5 und 6 KStG 2002 a. F. mit dem Jahressteuergesetz 2008 keine unzulässige Rückwirkung entfalte. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege nicht vor, weil mit der Gesetzesänderung keine bereits entstandene Steuerschuld früherer Veranlagungszeiträume geändert werde. Auch scheide eine unzulässige unechte Rückwirkung aus, denn die Klägerin habe kein Vertrauen dahingehend entwickeln können, dass der Sanierungsgewinn nicht besteuert werde. Unter Geltung des Anrechnungsverfahrens habe ein Vertrauen allenfalls dahin begründet werden können, dass der Sanierungsgewinn im Fall einer Ausschüttung, spätestens im Rahmen der Liquidation besteuert würde. Die Regelung des § 38 Abs. 2 KStG 2002 a. F. habe keinen neuen Vertrauenstatbestand entstehen lassen, da der Sanierungssachverhalt bereits abgeschlossen und die Gesetzesänderung keine Disposition der Klägerin beeinflusst habe. Die nur latente Möglichkeit, dass eine Besteuerung des EK 02 bei unveränderten Verhältnissen nicht erfolgen werde, habe einen Vertrauensschutz nicht begründen können. In die Abwägung der Interessen des Einzelnen mit dem Interesse des Gesetzgebers an einer Gesetzesänderung müsse einbezogen werden, dass die nunmehr vorgesehene Besteuerung mit 3 % des Endbetrags des EK 02 sehr niedrig sei und durch eine 10-jährige Tilgungsregelung weiter abgemildert werde. Der Gesetzgeber habe angesichts der unionsrechtlichen Veränderungen eine Anpassung des Systems vornehmen müssen. Es liege kein Verstoß gegen das Nettoprinzip und damit gegen das Prinzip der steuerlichen Leistungsfähigkeit vor, wenn der Gesetzgeber im Grundsatz davon ausgehe, dass das positive EK 02 als verwendbares Eigenkapitel für Ausschüttungen zur Verfügung stehe. Besondere Einzelfälle könnten als Härtefälle im Rahmen eines Erlassverfahrens korrigiert werden. Diese Frage sei aber nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) werde durch § 34 Abs. 16 KStG 2002 n. F. nicht verletzt, denn der Gesetzgeber habe einen weiten Entscheidungsspielraum auch im Hinblick auf die Frage, welche Bereiche er aus sachlichen Gesichtspunkten besonders fördern wolle. Die Klägerin habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen sie dieser privilegierten Gruppe gleichzustellen sei.

Über den Einspruch gegen die Versagung eines Billigkeitserlasses hat der Beklagte noch nicht entschieden.

Die Beteiligten haben ihren Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben vorgelegen Band VI der Bilanz- und Bilanzberichtsakten, die Körperschaftsteuerakte, die Akte betreffend Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals und die Rechtsbehelfsakte zu der Steuernummer ... Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die Festsetzung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insbesondere ist die der Festsetzung zugrunde liegende Regelung des § 38 Abs. 5 und 6 KStG 2002 n. F. nicht verfassungswidrig.

I.

Nach § 38 Abs. 5 KStG 2002 n. F. beträgt der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag 3/100 des nach Absatz 4 Satz 1 festgestellten Endbetrags. Er ist begrenzt auf den Betrag, der sich nach den Absätzen 1 bis 3 als Körperschaftsteuererhöhung ergeben würde, wenn die Körperschaft ihr am 31.12.2006 bestehendes Eigenkapital laut Steuerbilanz für eine Ausschüttung verwenden würde. Mit dieser Regelung ist § 38 Abs. 1 bis 3 KStG 2002 a. F. geändert worden. Danach führten Leistungen, für die das gemäß § 36 Abs. 7 KStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000 festgestellte und fortgeschriebene EK 02 als verwendet galt, innerhalb des 15-, später 18-jährigen Übergangszeitraums im Fall einer Ausschüttung zu einer Körperschaftsteuererhöhung um 3/7 des Betrags (§ 38 Abs. 2 KStG 2002 a. F.). Dadurch sollte die für diese Leistungen nach altem Recht geltende Ausschüttungsbelastung von 30 % erreicht werden. Erfolgten innerhalb des Moratoriums keine Ausschüttungen, unterblieb eine Besteuerung.

Mit § 38 Abs. 5 KStG 2002 n. F. hat der Gesetzgeber eine Änderung in der Weise herbeigeführt, mit der die sonst während des Übergangszeitraums ausschüttungsbedingt eingetretene Körperschaftsteuererhöhung in Fällen, in denen das EK 02 als verwendet galt, in pauschalierter Form abgegolten wird. Der Gesetzgeber besteuert damit verwendungsunabhängig ein Zehntel des am 31.12.2006 vorhandenen Endbetrags an EK 02 mit der zuletzt im Anrechnungsverfahren geltenden Ausschüttungsbelastung von 30 %. Der verbleibende restliche Bestand an EK 02 entfällt und löst keine weitere Körperschaftsteuererhöhung aus (vgl. hierzu Bundesfinanzhof - BFH-Urteil vom 12.10.2011, I R 107/10, BFH/NV 2012, 342; BFHE 235, 398).

Auf dieser gesetzlichen Grundlage hat der Beklagte den Körperschaftserhöhungsbetrag zutreffend auf 416.290 € festgesetzt. Der Endbetrag nach § 36 Abs. 7 KStG 2002 n. F. aus dem Teilbetrag im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1999, dem damaligen EK 02, ist zum 31.12.2006 mit 13.876.353 € festgestellt worden. Durch die nach § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n. F. durchzuführende Vergleichsrechnung wird sichergestellt, dass der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nicht höher festgesetzt werden kann als eine Körperschaftsteuererhöhung, die sich bei einer vollständigen Ausschüttung des vorhandenen Eigenkapitals zum 31.12.2006 ergeben hätte. Die Vergleichsrechnung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nach § 38 Abs. 1 bis 3 KStG 2002 n. F. für eine Ausschüttung verwendbares Kapital in Höhe der fingierten Kapitalverwendung zur Verfügung gehabt hätte. Dass der Beklagten bei der Vergleichsrechnung in fehlerhafter Weise das Nennkapital und wohl auch zu Unrecht den Bestand des steuerlichen Einlagekontos (vgl. Bolik/Zöller, DStR 2012, 738) in die Berechnung des fiktiven für eine Ausschüttung zur Verfügung stehendes Kapital mit einbezogen hat, hat dabei auf das Ergebnis keinen Einfluss.

II.

Das Gericht ist nicht gehalten, das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen. Die der Berechnung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags zugrunde liegende Norm verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Es liegt darin weder ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (1.) noch gegen den Gleichheitsgrundsatz und dem darin enthaltenen Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit (2.).

1. § 38 Abs. 5 und 6 KStG 2002 n. F. entfaltet keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung.

a) Das BVerfG hat auch in seiner neueren Rechtsprechung trotz der geäußerten Kritik an der Unterscheidung zwischen der verfassungsrechtlich regelmäßig unzulässigen echten Rückwirkung und der unechten Rückwirkung festgehalten (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 07.07.2010, 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BStBl II 2011, 77; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BStBl. II 2011, 87; 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BFH/NV 2010, 1968). Danach entfaltet eine Rechtsnorm echte Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung bereits für abgeschlossene Tatbestände gelten soll (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden (tatbestandliche Rückanknüpfung), liegt eine unechte Rückwirkung vor. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Lage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (BVerfG, Beschluss vom 07.07.2010 - 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, a. a. O.). Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei der Gesamtwürdigung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG, Beschlüsse vom 07.07.2010 - 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05; BvR 753/05, 2 BvR 1738/05; 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, a. a. O, m. w. N.).

Mit der Änderung des § 38 KStG 2002 a. F. durch das Jahressteuergesetz 2008 hat der Gesetzgeber das System der Körperschaftsteuererhöhung grundlegend geändert. Abgekoppelt von einer Gewinnausschüttung und dem normalen Veranlagungsverfahren ist der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag pauschal auf das zuletzt zum 31.12.2006 festgestellte EK 02 zu ermitteln und in zehn gleichen Jahresraten zu entrichten. Die Neuregelung führt damit für alle Körperschaften und Personenvereinigungen, soweit sie nicht zu den begünstigten Unternehmen im Sinne des § 34 Abs. 16 KStG 2002 n. F. gehören, zu einer Zwangsbesteuerung des noch vorhandenen EK 02. Die bisher bestehende Möglichkeit, dass bei einem Absehen von einer Ausschüttung das EK 02 nach Ablauf des 18-jährigen Übergangszeitraums keiner Besteuerung zugeführt wird, ist damit entfallen.

b) Die Gesetzesänderung führt nicht zu einer echten Rückwirkung, denn sie ändert nicht die Rechtsfolgen für einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt. Die bisher geltende Rechtslage eröffnete nur die Möglichkeit einer Steuerbefreiung des EK 02 mit Ablauf des Moratoriums, wenn keine Ausschüttung vorgenommen wurde; dies stellte aber nicht einen abgeschlossen, nicht mehr änderbaren Tatbestand dar.

c) Die Änderung des § 38 Abs. 4 bis 10 KStG 2002 n. F. entfaltet jedoch eine unechte Rückwirkung. Sie führt den nach dem Systemwechsel vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren nach § 36 Abs. 7 KStG festzustellenden positiven Endbetrag des EK 02 einer Besteuerung zu und knüpft damit tatbestandlich an einen bereits ins Werk gesetzten, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt an, auch wenn die belastenden Rechtsfolgen der Besteuerung erst nach der Verkündung des Gesetzes eintreten.

Der Gesetzgeber hat durch die Neuregelung das verfassungsrechtlich geschützte Vertrauen des Einzelnen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Die Erwartung der Klägerin, dass das EK 02 nach Ablauf der Übergangszeit steuerfrei sein würde, genießt als bloße allgemeine Erwartung in den Fortbestand der alten Rechtslage keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Die Klägerin hatte keine verfestigte Rechtsposition in Bezug auf eine Steuerfreiheit des EK 02 erlangt. Sie hatte nach ihrem Vortrag bisher zwar bewusst auf eine Ausschüttung verzichtet und wollte auch zukünftig im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens keine Gewinnausschüttung vornehmen. Die bloße Möglichkeit einer Steuerfreiheit des EK 02 begründet jedoch noch keine (vertrauens-) rechtlich geschützte Position. Insoweit ist der Sachverhalt mit dem vom BVerfG entschiedenen Sachverhalt der Verlängerung der zweijährigen Spekulationsfrist für Grundstücksgeschäfte vergleichbar (vgl. BVerfG-Beschluss vom 07.07.2010 - 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05; a. a. O.). Denn auch im vorliegenden Fall geht die Position der Klägerin nicht über die allgemeine Erwartung hinaus, das geltende Recht werde unverändert bleiben und das EK 02 werde nach Ablauf der Übergangsfrist steuerfrei dem Unternehmen zur Verfügung stehen. Die konkrete Motivations- und Entscheidungslage im Einzelfall ist aus der für die Verfassungsmäßigkeit maßgeblichen generalisierenden Sicht des Gesetzgebers nicht entscheidend (BVerfG-Beschluss vom 07.07.2010, 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, a. a. O.). Die Absichten der Klägerin konnten somit nicht zu einer verfestigten Rechtsposition führen.

Die Rechtsposition der Klägerin ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil der Bestand des EK 02 nach ihrem unbestrittenen Vortrag auf steuerfreien Sanierungsgewinnen gemäß § 3 Nr. 66 EStG a. F. beruht. Nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1996 wurden in das EK 02 sonstige Vermögensmehrungen eingestellt, die der Körperschaftsteuer nicht unterlagen und nicht unter Nummer 3 oder 4 des § 30 Abs. 2 KStG 1996 einzuordnen waren. Im Fall einer Ausschüttung unterlag aber auch dieses Kapital einer Körperschaftsteuerbelastung von 30 % und blieb damit unter Geltung des Anrechnungsverfahrens nicht steuerfrei. Allein der Umstand, dass der Bestand des EK 02 auf Sanierungsgewinnen beruht, gewährt der Klägerin somit nicht eine verfestigte Rechtsposition dahingehend, dass der Endbetrags des EK 02 in jedem Fall steuerfrei bleibt.

Durch die Gesetzesänderung wird nunmehr eine Ausschüttungsfiktion und damit eine zwangsweise Besteuerung hergestellt. Der Klägerin bleibt deshalb die Möglichkeit verschlossen, die Besteuerung des EK 02 und damit der Sanierungsgewinne dadurch zu vermeiden, dass sie auf eine Ausschüttung verzichtet. Diese Belastung im Einzelfall und das dadurch verletzte Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage hat jedoch grundsätzlich hinter den Zielen des Gesetzgebers zurückzutreten, mit der Neuregelung eine vereinfachte und abschließende Besteuerung des letztmalig festgestellten, nicht körperschaftsteuerbelasteten Eigenkapitals herbeizuführen. Nach der Gesetzesbegründung sollte mit der Neuregelung der Körperschaftsteuererhöhung das bisherige sehr aufwändige ausschüttungsabhängige System vereinfacht werden. Damit wurde das System der Körperschaftsteuererhöhung an das geänderte System der Körperschaftsteuerminderung angepasst, das mit dem Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 07.12.2006 (BGBl. I 2006, 2782, BStBl I 2007, 4 - SEStEG) zu einer Änderung des § 37 Abs. 4 bis 7 KStG 2002 geführt hatte. Begründet wurde dieser Systemwechsel bei der Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens damit, dass die bisherigen Regelungen sowohl für die betroffenen Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung zu aufwändig, grenzüberschreitend nicht administrierbar und für die öffentlichen Haushalte nach mehrfachen Änderungen schwer kalkulierbar und gestaltungsanfällig seien (vgl. BT-Drucksache 16/2710 S. 33).

Das Interesse des Gesetzgebers, eine systematisch gleichlaufende Regelung hinsichtlich der Behandlung von Körperschaftsteuerguthaben und Körperschaftsteuererhöhungsbeträgen herzustellen, ist nachvollziehbar und dient der Vereinfachung und Übersichtlichkeit des Körperschaftsteuerrechts. Nachdem das frühere System der ausschüttungsabhängigen Körperschaftsteuerminderung bereits durch das SEStEG zugunsten einer ratierlichen Auszahlung des restlichen zum 31.12.2006 noch vorhandenen Körperschaftsteuerguthabens aufgegeben worden war, war die Neuregelung der Besteuerung des Körperschaftsteuererhöhungsbeträge nur konsequent (vgl. Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG § 38 Rn. 60; Dötsch/Pung, DB 2007, 2669). Außerdem sollte die als Ausschüttungssperre empfundene bisherige Regelung, die durch die Körperschaftsteuererhöhungen bei Auskehrung aus dem EK 02 gebildet werde, beseitigt werden (vgl. Bundestags-Drucksache 16/6290 S. 75). Denn für Körperschaften mit sehr hohen EK 02-Beständen stellte die drohende Körperschaftsteuererhöhung in Fällen der Ausschüttung oder auch der Umwandlung eine Belastung dar, die geeignet war, den Entscheidungs- und Handlungsspielraum der Unternehmen einzuengen. Die pauschale Besteuerung führt hingegen zu einer deutlichen Vereinfachung der Besteuerung und einer Kalkulierbarkeit der Belastung. Durch den verhältnismäßig geringen Umfang der Nachbelastung von nur einem Zehntel des ausschüttungsabhängigen Körperschaftsteuererhöhungsbetrags wird die Belastung der Unternehmen stark gemindert. Zudem kann die Entrichtung der Steuer (zinsfrei) auf 10 Jahre verteilt werden. Der Gesetzgeber hat damit ein für viele Unternehmen vorhandenes Ausschüttungshindernis beseitigt bzw. auf ein erträgliches Maß reduziert (Ott, DStZ 2008, 274).

d) Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des verfassungsrechtlich geschützten Vertrauens des Einzelnen folgt letztlich auch nicht daraus, dass mit der Gesetzesänderung eine Übergangsregelung geändert wurde. Der Gesetzgeber schafft grundsätzlich einen besonderen Vertrauenstatbestand, wenn er aus Vertrauensschutzgründen eine befristete Übergangsregelung erlässt. Enttäuscht er das Vertrauen in den Fortbestand dieser Vorschrift, indem er sie vor Ablauf der ursprünglich vorgesehenen Frist zulasten der Berechtigten beseitigt, so kann er unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes eine solche Übergangsregelung nur unter besonderen Anforderungen vorzeitig aufheben, nämlich dann, wenn schwere Nachteile für wichtige Gemeinschaftsgüter zu erwarten sind - vorausgesetzt, das Interesse des Betroffenen in den Fortbestand der Regelung ist schutzwürdig und hat hinreichendes Gewicht (BFH-Beschluss vom 10.08.2011, I R 39/10, GmbHR 2012, 47, m. w. N.; BVerfG - Beschluss vom 15.03.2000, 1 BvL 16, 17, 18, 19, 20/96 und 18/97, BVerfGE 102, 68, 97 f.). Anders als bei der Beurteilung des Solidaritätszuschlags bei Festsetzung des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 5 KStG 2002 n. F. (vgl. BFH-Beschluss vom 10.08.2011, I R 39/10, BFHE 234, 396; BFH/NV 2012, 135) sieht der Senat hinreichend gewichtige Interessen am Fortbestand des bisherigen Übergangsrechts nicht unzumutbar beeinträchtigt. Die Klägerin verliert durch die Neuregelung nicht eine verfestigte Rechtsposition. Auf die Absichten der Klägerin hinsichtlich ihres zukünftigen Ausschüttungsverhaltens kommt es nicht an. Insoweit verbleibt letztlich als Rechtsposition nur das Vertrauen in die Fortgeltung einer günstigen Rechtslage, das aber nicht schutzwürdig ist (s. o. unter II.1 c).

Vor diesem Hintergrund überzeugen die in der Literatur geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf eine Verletzung des Vertrauensschutzes nicht (vgl. Binneweis in Streck, KStG, 7. Aufl. 2008, § 38 Rn. 70; Bauschatz in Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 38 Rn. 116). Die zwangsweise Herbeiführung der Ausschüttungsbelastung kann sich zwar nachteilig auswirken, wenn - wie im Fall der Klägerin - eine Ausschüttung bis zum Ablauf des Moratoriums nicht vorgenommen werden sollte. Aber die bisherige Rechtslage vermittelte dem Steuerpflichtigen keine verfestigte Rechtsposition, so dass seine schutzwürdigen Interessen im Rahmen der Interessenabwägung nur begrenztes Gewicht erlangen können. Demgegenüber kommt dem Interesse des Gesetzgebers besonderes Gewicht zu, bei einem komplexen Sachverhalt wie der Umstellung des Besteuerungssystems von Körperschaften die Übergangsvorschriften auf Grund von veränderten Verhältnissen oder Fehlentwicklungen anzupassen. Dies gilt insbesondere, wenn wie im vorliegenden Fall eine so langfristige Übergangsregelung vorgesehen war. Die Entscheidung des Gesetzgebers, nicht allen Körperschaften ein Wahlrecht zur weiteren Anwendung des bisherigen ausschüttungsabhängigen System einzuräumen (vgl. hierzu auch Binneweis in Streck, KStG, 7. Aufl. 2008, § 38 Rn. 70; Bauschatz in Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 38 Rn. 116; Ott, DStZ 2008, 274), fällt dabei in seinen weiten Gestaltungsspielraum, der nur an den verfassungsrechtlichen Grenzen zu messen ist und hinsichtlich der Gewährleistung des Vertrauensschutzes nicht überschritten ist. Der Gesetzgeber hat bei der Rechtsänderung die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt und die Belastung der Unternehmen durch eine von einem Zehntel des möglichen Körperschaftsteuererhöhungspotentials stark abgemildert (vgl. Dötsch/Pung, DB 2007, 2669), um auch gerade die Folgen für Unternehmen wie das der Klägerin, die nach ihrem Vortrag eine Gewinnausschüttung voraussichtlich nicht vorgenommen hätte, wirtschaftlich tragbar zu gestalten. Härten des Einzelfalles, in denen beispielsweise der Sanierungserfolg durch die nun durchgeführte Besteuerung zunichte gemacht würde, können ggf. im Einzelfall durch Billigkeitsmaßnahmen aufgefangen werden.

2. Es ist auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass durch § 38 Abs. 5 KStG 2002 n. F. eine endgültige Abgeltung des letztmalig festgestellten positiven Endbetrags des EK 02 herbeigeführt wird.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Der Gesetzgeber hat im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz die Rechtsfolge knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Belastung niedriger Einkommen angemessen sein muss (BVerfG-Beschluss vom 07.07.2010, 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, a. a. O.; Urteil vom 09.12.2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08. BVerfGE 122, 210, 230 ff. m. w. N.). Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt. Ausnahmen von dem jedenfalls für die Ertragsteuern und damit auch für die Körperschaftsteuer geltenden Gebot gleicher Besteuerung bei gleicher Ertragskraft bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (BFH-Beschluss vom 10.08.2011, I R 39/10, BFH/NV 2012, 135, m. w. N.).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen wird durch die Regelung des § 38 Abs. 5 KStG 2002 n. F. nicht das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verletzt. Zwar wird durch die Ausschüttungsfiktion der Besteuerungstatbestand gesetzlich herbeigeführt und der Entscheidungsfreiheit des Steuerpflichtigen entzogen. Jedoch wird durch die nach § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n. F. durchzuführende Vergleichsrechnung eine Besteuerung auf das tatsächlich verfügbare ausschüttungsfähige Eigenkapitel begrenzt und damit der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen Rechnung getragen. Eine Abmilderung der Folgen der zwangsweisen Auslösung des Besteuerungstatbestandes erfolgt durch den sehr niedrigen Steuersatz und der zinsfreien ratierlichen Abgeltung der Steuerschuld. Anhaltspunkte dafür, dass die steuerliche Belastung unter diesen Umständen nicht getragen werden kann, hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt.

Eine Durchbrechung des Prinzips der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit liegt auch nicht darin, dass der festgesetzte Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nicht mit den erwirtschafteten laufenden Verlusten der Klägerin verrechnet oder ausgeglichen werden kann. Die Trennung der Nachbelastung des Endbestands des EK 02 von der Besteuerung der unter Geltung des Halb- bzw. Teileinkünfteverfahrens erwirtschafteten Einkünfte ist systemgerecht und stellt keine Verletzung des objektiven Nettoprinzips dar. Denn die Festsetzung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags dient der Abwicklung der steuerlichen Folgen von noch vorhandenem EK 02. Die Ausschüttung von Kapitalguthaben führte im Anrechnungsverfahren unabhängig von den laufenden Einkünften zu einer Besteuerung. Dieses System ist auch nicht bei Herstellung der gesetzlichen Ausschüttungsfiktion zu durchbrechen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist vorhanden, denn dies wird durch die Begrenzung auf das tatsächlich verfügbare ausschüttungsfähige Eigenkapitel sichergestellt. Eine beeinträchtigte finanzielle Leistungsfähigkeit durch laufende Verluste wird durch die Möglichkeiten der Verlustabzugs im neuen System der Körperschaftsbesteuerung Rechnung getragen.

c) Eine Verletzung des Gleichheitsgebots liegt auch nicht darin, dass steuerbefreiten Körperschaften und bestimmten Unternehmen aus dem Bereich der Wohnungswirtschaft das Recht eingeräumt wird, für die Anwendung des bisherigen Rechts zu optieren.

Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierungen oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (st. Rspr., vgl. u. a. BFH-Beschluss vom 10.08.2011, I R 39/10, BFH/NV 2012, 135, m. w. N.). Nach § 34 Abs. 16 KStG 2002 n. F. ist auf unwiderruflichem Antrag das bisher geltende Recht weiter anzuwenden (1) für Körperschaften oder deren Rechtsnachfolger, an denen unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 50 % juristische Personen des öffentlichen Rechts aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder aus Staaten, auf die das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002 n. F. alleine oder gemeinsam beteiligt sind und (2) für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die ihre Umsatzerlöse überwiegend durch Verwaltung und Nutzung eigenen zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitzes, durch Betreuung von Wohnungsbauten oder durch Errichtung und Veräußerung von Eigenheimen, Kleinsiedlungen oder Eigentumswohnungen erzielen, sowie (3) für steuerbefreite Körperschaften. Die Körperschaften oder Rechtsnachfolger müssen die Voraussetzungen bis zum Ende des Moratoriums erfüllen.

Die Privilegierung dieser Rechtsträger beinhaltet keine sachwidrige Ungleichbehandlung, denn der Gesetzgeber knüpft hier an Besonderheiten bestimmter Unternehmen an. Der Gesetzgeber hat drei Gruppen von Unternehmen privilegiert, die entweder einem öffentlichen oder gesetzlich festgelegten besonderem Zweck dienen (vgl. auch Gesetzesbegründung in BT-Drs 16/6290 S. 74). Bei der ersten Gruppe wird auf die Beteiligung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder gemeinnützigen Einrichtungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002 n. F. abgestellt. Diese Gruppe von Unternehmen kann jedoch nur dann wirksam zur weiteren Anwendung des alten Rechts optieren, wenn überwiegend Umsatzerlöse aus der begünstigten Tätigkeit, nämlich der Verwaltung und Nutzung eigenen zu Wohnzwecken dienenden Grundbesitzes, erzielt werden. Die zweite Gruppe erfasst unabhängig von den Beteiligungsverhältnissen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (u. a. gemäß § 5 Nr. 10 KStG 2002 n. F.), die Umsatzerlöse aus der begünstigten Tätigkeit erzielen. Zur dritten Gruppe zählen die von der Steuer befreiten Unternehmen, auch dann, wenn sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten (vgl. BT-Drs. 16/7036 S. 21). Diese Gruppen von Unternehmen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie als steuerbefreite (wie z. B. gemeinnützige) Körperschaften an einer Ausschüttung gehindert sind (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 der Abgabenordnung - AO) oder eine Besteuerung einer Ausschüttung systemfremd wäre, weil das EK 02 bei Wohnungsbauunternehmen, die die Voraussetzungen erfüllen, in der Regel auf eine ehemals gemeinnützige Tätigkeit zurückgeht (Fuhrmann/Strahl, DStR 2008, 127; Ott, DStZ 2008, 274). Die Entscheidung des Gesetzgebers, diesen Gruppen, bei denen der besondere Zweck auch Auswirkungen auf die Möglichkeit zur Ausschüttung und das Ausschüttungsverhalten hat, grundsätzlich durch Eröffnung eines Wahlrecht die Möglichkeit zu geben, sich der gesetzlichen Herbeiführung der Ausschüttungsbelastung zu entziehen, knüpft an besondere Strukturelemente dieser Unternehmen an. Eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Klägerin, die keine der Voraussetzungen des § 34 Abs. 16 KStG 2002 n. F. erfüllt, liegt darin nicht. Es obliegt der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit, ob und aus welchen sachlichen Gründen er bestimmte Unternehmen fördern will. Grenzen sind ihm nur im Hinblick auf eine sachwidrige Ungleichbehandlung gesetzt. Soweit einzelne Stimmen in der Literatur eine Ungleichbehandlung darin sehen, dass nicht allen betroffenen Unternehmen ein Wahlrecht in Bezug auf eine weitere Anwendung der bisherigen ausschüttungsabhängigen Besteuerung eingeräumt wird (Binneweis in Streck, KStG, 7. Aufl. 2008, § 38 Rn. 70; Bauschatz in Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 38 Rn. 116), überzeugt dies nicht. Denn es wird dabei außer Betracht gelassen, dass nur steuerbefreite Körperschaften oder - unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen - Wohnungsunternehmen ein Wahlrecht eingeräumt und der Gesetzgeber damit aus sachlichen Erwägungen eine bestimmte Gruppe von der zwangsweisen Körperschaftsteuererhöhung ausnimmt. Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit kommt es nicht darauf an, ob es wünschenswert gewesen wäre, allen Körperschaften die Optionsmöglichkeit einzuräumen. Diese Entscheidung obliegt dem Gesetzgeber, der durch die Regelung des § 34 Abs. 16 KStG 2002 n. F. seine weiten Gestaltungspielraum nicht überschritten hat.

III.

Die Klägerin hat gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

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