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Steuerrecht
13.09.2012
Steuerrecht
EuGH: Recht zum Vorsteuerabzug

Der EuGH hat im Urteil vom 6.9.2012 – C-324/ 11, Tóth – entschieden:
1. Die RL 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und der Grundsatz der Steuerneutralität sind dahin auszulegen, dass es der Steuerbehörde untersagt ist, einem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug geschuldeter oder entrichteter Mehrwertsteuer für ihm erbrachte Dienstleistungen allein mit der Begründung zu verweigern, dass dem Aussteller der Rechnung die Einzelunternehmerlizenz entzogen worden sei, bevor er die fraglichen Dienstleistungen erbracht oder die betreffende Rechnung ausgestellt habe, wenn diese alle nach Art. 226 der RL vorgeschriebenen Angaben enthält, insbesondere diejenigen, die zur Bestimmung des Ausstellers der Rechnung und der Art der erbrachten Dienstleistungen erforderlich sind.
2. Die RL 2006/112 ist dahin auszulegen, dass es der Steuerbehörde untersagt ist, einem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug geschuldeter oder entrichteter Mehrwertsteuer für ihm erbrachte Dienstleistungen mit der Begründung zu verweigern, dass der Aussteller der Rechnung über diese Dienstleistungen die von ihm eingesetzten Arbeitnehmer nicht angemeldet habe, ohne dass diese Behörde anhand objektiver Umstände nachweist, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug angeführte Umsatz in eine vom Rechnungsaussteller oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Leistungskette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.
3. Die RL 2006/112 ist dahin auszulegen, dass die Tatsache, dass der Steuerpflichtige nicht überprüft hat, ob zwischen den auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmern und dem Rechnungsaussteller eine Rechtsbeziehung besteht und ob Letzterer diese Arbeitnehmer angemeldet hat, keinen objektiven Umstand darstellt, der den Schluss zulässt, dass der Empfänger der Rechnung wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, wenn er über keine Anhaltspunkte verfügte, die Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung in der Sphäre des Rechnungsausstellers vermuten ließen. Daher kann das Recht auf Vorsteuerabzug aufgrund des genannten Umstands nicht verweigert werden, wenn die in der RL vorgesehenen materiellen und formellen Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts erfüllt sind.
4. Liefert die Steuerbehörde konkrete Anhaltspunkte für einen Betrug, verbieten die RL 2006/112 und der Grundsatz der Steuerneutralität es nicht, dass das nationale Gericht auf der Grundlage einer umfassenden Beurteilung des konkreten Falles prüft, ob der Aussteller der Rechnung den fraglichen Umsatz selbst ausgeführt hat. Bei einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens darf das Recht auf Vorsteuerabzug jedoch nur dann verweigert werden, wenn die Steuerbehörde anhand objektiver Umstände nachweist, dass der Rechnungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug angeführte Umsatz in eine vom Rechnungsaussteller oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Leistungskette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.

Volltext des Urteils: // BB-ONLINE BBL2012-2338-1 unter www.betriebs-berater.de

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