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Steuerrecht
30.05.2017
Steuerrecht
Niedersächsisches FG: Billigkeitsmaßnahmen bei Sanierungsgewinnen (Leitsatz der Redaktion)

Das Niedersächsische FG hat mit Beschluss vom 10.3.2017 – 14 K 285/16 - wie folgt entschieden: Eine Klage gegen eine auf den – aufgrund des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 – GrS 1/15 – aufgehobenen – Sanierungserlass gestützte ablehnende Entscheidung kann selbst dann keinen Erfolg haben, wenn die Verwaltung auch zukünftig Billigkeitsmaßnahmen in Zusammenhang mit Sanierungsgewinnen gewährt oder Sanierungsgewinne steuerfrei gestellt werden.

--> Die vorliegende Entscheidung ist – soweit ersichtlich– die erste Entscheidung eines FGnach der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats und betrifft das Streitjahr 2011.Das FG lässt sich von folgenden Erwägungen leiten:

Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich könne nur die Frage sein, ob das FA die im Sanierungserlass aufgestellten Voraussetzungen unter Beachtung des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung unzutreffend verneint hat. Die im Sanierungserlass vorgesehenen Billigkeitsmaßnahmen verstoßen nach dem Beschluss des Großen Senats vom 28.11.2016 gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und könnten schon deshalb keinen Fallder sachlichen Unbilligkeit darstellen. Demzufolge scheide eine Verpflichtung des FA zu der begehrten Billigkeitsmaßnahme vorliegend aus. Denn eine sachliche Unbilligkeit könne sich nicht aus dem Sanierungserlass ergeben; die mit der Klage angegriffene Entscheidung befasse sich allerdings allein mit dieser Frage. Persönliche Billigkeitsgründe und eine einzelfallbezogene Billigkeitsmaßnahme seien durch das FA nicht geprüft worden; Kläger und FA seien seinerzeit davon ausgegangen,dass sachliche Billigkeitsmaßnahmen dem Grunde nach aufgrund des Sanierungserlasses in Betracht kommen könnten.

Das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zur Steuerfreiheit von Sanierungserträgen (vgl. §§ 3a EStG-E, 7b GewStG-E) sei für den konkreten Streitfall irrelevant. Denn die zwischenzeitlich eingetretene Bestandskraft der fraglichen Steuerbescheide stehe einer Steuerfreiheit der Sanierungsgewinne im Streitfall– selbst bei einer Ausdehnung der Neuregelung auf Sachverhalte vor dem 9.2.2017 –grundsätzlich entgegen.

Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aufgrund einer Verfügung der OFD Frankfurt vom 22.2.2017, aus der die verwaltungsseitige Anordnung der Weitergeltung des Sanierungserlasses aus Gründen des Vertrauensschutzes in Betracht gezogen werden könnte. Diese Verfügung sei vorliegend ohne Bedeutung, da die in der Verfügung genannten Gesichtspunkte vom beklagten FA bei seiner Sachentscheidung in 2015 nicht berücksichtigt worden seien.

Das FG dürfe Vertrauensschutz und andere (z. B. persönliche) Billigkeitserwägungen, die im Verwaltungsverfahren nicht angestellt wurden, nicht anwenden, da dies einer eigenen Ermessensentscheidung des FG gleichkommen würde. Das sei unzulässig. Vielmehr müsste insoweit zunächst ein neues Verwaltungsverfahren beim FA durchgeführt werden.

Die Entscheidung des FG belegt, dass der im BMF-Schreiben vom 27.4.2017 genannte umfassende Vertrauensschutz in bestimmten Fällen finanzgerichtlich nicht immer durchsetzbar ist. Daher sollte in Sanierungsfällen stets eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden.

 

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