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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
27.01.2011
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Zur Bildung einer Rückstellung für erfolgsabhängige Beratungskosten

FG Münster, Urteil vom 17.8.2010 - 1 K 3969/07 F

Leitsätze (des Kommentators)

1. Eine zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellung getroffene Vergleichsvereinbarung hinsichtlich einer strittigen erfolgsabhängigen Vergütung für Beratungskosten ist wertaufhellend.

2. § 5Abs. 2a EStG ist so zu verstehen, dass immer dann eine Rückstellung nicht zu bilden ist, wenn eine erfolgsabhängige Verpflichtung eingegangen wird.

Sachverhalt

Streitig ist die Berücksichtigung der Bildung einer Rückstellung für Beratungskosten in Höhe von 7,2 Mio Euro zum 22.12.2003 in der Bilanz der B Bauelemente GmbH & Co. KG (im Weiteren auch nur KG).

Die Kläger waren bis zum 22.12.2003 an dieser KG beteiligt. Dabei waren die Kläger zu 1 und zu 2 die Kommanditisten der KG und die Klägerin zu 3 die Komplementär-GmbH der KG. Die KG war durch eine formwechselnde Umwandlung aus der B Bauelemente GmbH zum 1.7.2002 hervorgegangen. Das Wirtschaftsjahr der KG bzw. ihres Rechtsvorgängers war abweichend vom Kalenderjahr vom 1.7. bis 30.6.

Zum 22.12.2003 sind die Kläger zu 1 und zu 2 aus der KG ausgeschieden. Das Vermögen der Gesellschaft ist auf die Klägerin zu 3 im Wege der sog. einfachen Anwachsung (§ 6 Abs. 3 EStG) übergegangen, die zu diesem Zeitpunkt als B Management GmbH firmierte. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin zu 3 war zu diesem Zeitpunkt und bis zum 31.12.2003 Herr K, der Kläger zu 1. Die Klägerin zu 3 wurde am 8.5.2004 umfirmiert und trägt seit dem die heutige Firma. Alleingesellschafterin der Klägerin zu 3 war ab dem 1.1.2004 die Holding AG aus K /Belgien. Herr S hielt an dieser Gesellschaft 17 % treuhänderisch. Zum 31.12.2003 hat die Klägerin zu 3 einen Jahresabschluss für die Zeit vom 22.12.2003 bis 31.12.2003 aufgestellt.

Eine Tochtergesellschaft der Klägerin zu 3 war die S GmbH, die mit Vertrag vom 4.8.2004 auf die Klägerin zu 3 im Wege der Aufnahme verschmolzen worden ist. Der Umwandlungsstichtag war laut Vertrag der 23.12.2003, 0.00 Uhr.

Am 14.9.2004 wurde für die KG ein Jahresabschluss zum 22.12.2003 (Bilanz per 22.12.2003 und GuV für Zeitraum 1.7.2003 bis 22.12.2003) aufgestellt. In dieser Bilanz wurde eine Rückstellung für Beratungskosten in Höhe von 7.2 Mio Euro ausgewiesen. Diese Rückstellung wurde bei der Aufstellung des Jahresabschlusses der Klägerin zu 3 per 31.12.2003 gewinnerhöhend aufgelöst.

Der Rückstellungsbildung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Zwischen der KG und K, dem Bruder des Kläger zu 1, sowie S wurde vereinbart, dass K und S (im weiteren auch Berater) gegen Erfolgsvergütung eine Vertriebsorganisation aufbauten. Die Vereinbarung wurde wiederholt geändert.

Im Einzelnen wurde vereinbart:

In den Beraterverträgen ohne Datum wurde zunächst zwischen der B GmbH und den Beratern vereinbart, dass eine Erfolgsvergütung in Höhe von je 1 900 000 Euro pro Jahr gezahlt wird, wenn ein wirtschaftlicher Kundenumsatz in 2002 von 28 Mio Euro und in 2003 in Höhe von 40 Mio Euro erreicht wird. Die Erfolgsvergütung war spätestens zum 31.7.2004 fällig. Sollte der Umsatz nicht erreicht werden, entfiele das Erfolgshonorar.

In Erweiterungsverträgen ohne Datum wurden die Bedingungen geändert. Nunmehr sollte eine Erfolgsvergütung von je 950 000 Euro für das WJ bis zum 30.6.2002 ohne Umsatzangaben gelten. Für das WJ bis 30.6.2003 sollte eine Erfolgsvergütung in Höhe von je 1 750 000 Euro gelten, wenn der Umsatz mindestens 30 Mio Euro betrage. Sollte der Umsatz bis zum 30.6.2004 mindestens 35 Mio Euro erreichen, so sollte eine Erfolgsvergütung von je 1 500 000 Euro zu zahlen sein. Daneben wurde eine Festvergütung für das WJ bis zum 30.6.2003 und bis zum 30.6.2004 von je 100 000 Euro vereinbart.

Die Tantieme sollte zum 31.7.2004 fällig werden. Sollte dieses Umsatzziel nicht erreicht werden, würde das Erfolgshonorar entfallen.

Abschlagszahlungen an die beiden Berater erfolgten nicht.

In den Bilanzen der KG bzw. ihrer Rechtsvorgängerin waren die folgenden Rückstellungen seit 2002 gebildet worden:

30.6.2002 1 900 000 Euro

30.6.2003 5 400 000 Euro

22.12.2003 7 200 000 Euro

Die Umsatzzahlen bis zum 30.6.2003 wurden erreicht. Der Umsatz danach entwickelte sich wie folgt:

Umsatz 1.7.2003 bis 22.12.2003 15 167 000 Euro

Umsatz 23.12.2003 bis 31.12.2003 54 000 Euro

Umsatz 1.1.2004 bis 30.6.2004 11 669 000 Euro

Insgesamt 26 890 000 Euro

Der Umsatz der auf die Klägerin zu 3 verschmolzenen S GmbH betrug 5,3 Mio Euro pro Kalenderjahr.

Die KG ist im Februar 2004 im Handelsregister gelöscht worden.

Ausweislich eines Besprechungsprotokolls vom 10.7.2004 bestand Streit über das Erreichen des Umsatzzieles. Die Herren K und S waren insbesondere der Ansicht, dass die Umsätze der verschmolzenen S GmbH Berücksichtigung finden müssten. Am 2.8.2004 wurde eine außergerichtliche Vergleichsregelung getroffen. Die Berater K und S erkannten in dieser Vereinbarung an, dass sie keine Ansprüche aus den Beraterverträgen gegenüber der Klägerin zu 3 hätten. Sie sollten im Gegenzug Aktionäre der Holding AG zu je 1/3 werden.

Das FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D führte ab dem 13.6.2005 eine steuerliche Außenprüfung durch. Die Schlussbesprechung fand am 11.11.2005 bzw. 22.12.2005 statt.

Die Großbetriebsprüfung erkannte die Rückstellung nicht an und löste diese zum 22.12.2003 erfolgswirksam in Höhe von 7.2 Mio Euro auf. Im Rahmen eines gegen den geänderten Feststellungsbescheid gerichteten Einspruchsverfahrens wurde dieser erneut bekannt gegeben, und zwar diesmal an die ehemaligen Gesellschafter, die Kläger, im Wege der Einzelbekanntgabe. Zuvor war der Feststellungsbescheid gegen die KG erlassen worden. Die Kläger legten gegen diese einzeln bekannt gegebenen Feststellungsbescheide Einspruch ein. Dieser Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 24.8.2007 abgewiesen, wobei als Einspruchsführer in dieser Entscheidung die „B Bauelement GmbH & Co. KG, bestehend als K, S und Fa. D GmbH" genannt war.

Die Kläger als ehemalige Gesellschafter der KG legten am 20.9.2007 Klage ein, der sie die Einspruchsentscheidung in Kopie beifügten. Hiermit verfolgen sie ihr Ziel fort, dass die in der Bilanz der KG zum 22.12.2003 gebildete Rückstellung für Beratungskosten in Höhe von 7 200 000 Euro Berücksichtigung findet.

Unerheblich sei im vorliegenden Fall die Behandlung der Rückstellung der Bilanz der Klägerin zu 3, da dies nicht streitbehaftet sei.

Die Rückstellung in Höhe von 7,2 Mio Euro sei zu Recht gebildet worden. Bereits nach den Verhältnissen zu diesem Stichtag sei aufgrund der festgestellten Auftragslage ein Umsatz von 34,5 Euro erwartet worden. Das Ziel von 35 Mio Euro im WJ 2003/2004 sei deshalb gut denkbar gewesen. Auch hätten die entsprechenden Aufträge vorgelegen. Die Geschäftsleitung habe allerdings offensichtlich die Aufträge verzögert, um die kostbare Grenze von 35 Mio Euro nicht zu überschreiten.

Bei der Bilanzaufstellung am 14.9.2004 seien allein die Erkenntnisse vom Bilanzstichtag zu werten gewesen. Das Anerkenntnis der Berater vom 2.8.2004 sei ein nachträgliches und außerdem erst rechtsbegründendes Ereignis, welches auf den Bilanzstichtag selbst auf Grundlage der Wertaufhellungstheorie keinen Eingang finde.

In 2004 hätten außerdem Umstellungen des bisherigen Direktvertriebs von Bauelementen auf den Strukturvertrieb von Alarmsystemen dazu geführt, dass es zu Umsatzeinbrüchen gekommen sei, die am 22.12.2003 noch nicht absehbar gewesen seien.

Bereits am 22.12.2003 sei außerdem die Verschmelzung der S AG/GmbH konkret geplant gewesen.

Anteile an der Gesellschaft Holding AG seien nicht auf die Berater übertragen worden. Den Beratern stünde eine Beteiligung am Veräußerungserlös dieser Gesellschaft auf Grundlage einer Exit-Vereinbarung zu. Diese ersetzte in der Folgezeit die Vereinbarung aus 2004 im Rahmen des außergerichtlichen Vergleichs auf Erwerb von Anteilen an der Holding.

Die Beratungsrückstellungen hingen nicht in der Weise von künftigen Einnahmen ab, dass die Rechtsgrundlage der Einnahmeerzielung zu rückstellungsbedürftigem Aufwand führe. Die künftigen Einnahmen seien nicht dem Grund nach, sondern der Höhe nach für die Beratungskosten maßgeblich. Ein Fall des § 5 Abs. 2a EStG könne nur in Höhe von 3/35 des ursprünglichen Rückstellungsbetrages - dieser abgezinst - Anwendung finden, denn im Hinblick auf die in der Bilanz vom 22.12.2003 ausgewiesenen Umsätze seien die entsprechenden Geschäfte bereits realisiert worden.

Die Rückstellung sei deshalb zum 22.12.2003, wenn auch in abgezinster Höhe, beizubehalten.

Die Kläger beantragen, die einheitlich und gesonderte Gewinnfeststellung der B Bauelemente GmbH & Co. KG für 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.8.2007 dahingehend zu ändern, dass die Auflösung der Rückstellung für Beratungsleistungen in Höhe von 6 405 669 Euro rückgängig gemacht wird, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Er verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt wie folgt vor:

Die Vereinbarungen in 2004 seien wertaufhellend zu berücksichtigen und führten bei der Klägerin zu 3 in deren Bilanz zum 31.12.2003 zur Auflösung der Rückstellung. Die Umsätze der S GmbH seien unbeachtlich. Außerdem sei eine Bildung der Rückstellung aufgrund des § 5 Abs. 2a EStG nicht möglich, da die Provisionen erfolgsabhängig vereinbart worden seien.

Die Einspruchsentscheidung sei dahingehend auszulegen, dass sie die Kläger als Einspruchsführer betreffe.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 28.5.2008 erörtert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Aus den Gründen

            Unbegründetheit der Klage

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Rückstellung für Beratungskosten in Höhe von 7.2 Mio Euro zum 22.12.2003 in der Bilanz der KG aufgelöst. Zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung am 14.9.2004 war werterhellend zu berücksichtigen, dass die angestrebten Umsatzziele nicht erreicht worden sind und die Berater vorab am 2.8.2004 in einer Vereinbarung mit der Klägerin zu 3 anerkannt haben, dass sie keine Ansprüche aus den Beraterverträgen hätten. Daneben ist zu beachten, dass eine Rückstellungsbildung aufgrund der Regelungen des § 5 Abs. 2a EStG nicht, auch nicht teilweise, möglich war.

            Verwaltungsentscheidung ist rechtsfehlerfrei ergangen

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist die Verwaltungsentscheidung rechtsfehlerfrei ergangen, insbesondere ist die Adressierung der Einspruchsentscheidung verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Die Klage ist nicht aufgrund der Art der Adressierung der Einspruchsentscheidung vom 24.8.2007 begründet. Sie ist vielmehr so auszulegen, dass diese Entscheidung an die Kläger als ehemalige Gesellschafter der KG in ihrer Funktion als Einspruchsführer ergangen ist. Dies ergibt sich unter Beachtung der Entscheidung des BFH vom 1.9.2008 (IV B 12/08, BFH/NV 2008, 2039) aus folgenden Überlegungen:

            Einspruchsentscheidung war an die Kläger als ehemalige Gesellschafter und nicht an die KG zu adressieren

Die hier streitige Einspruchsentscheidung ist zwar an den Klägervertreter als Empfänger gesandt worden. Als Einspruchsführer sind dort auch die B Bauelemente GmbH & Co. KG, bestehend aus K, S und FA. D GmbH genannt werden. Diese Gesellschaft war aber aufgrund der Anwachsung bei Erlass der Einspruchsentscheidung bereits vollbeendet. Den Beteiligten war aufgrund des Geschehensablaufes, insbesondere auch aufgrund der Hinweise des Beklagten im Einspruchsverfahren, klar, dass die Einspruchsentscheidung an die Kläger als ehemalige Gesellschafter und nicht an die KG zu adressieren war. Die dann erkennbar irrtümlich anders adressierte Einspruchsentscheidung kann aus Sicht des Senats nur so ausgelegt werden, dass die ehemaligen Gesellschafter der KG als Einspruchsführer gemeint waren. Dies hat auch die Klägerseite so verstanden, die bewusst die Klage als eine der ehemaligen Gesellschafter einlegte und auf die Adressierungsproblematik zu keinem Zeitpunkt der Klagebegründung eingegangen ist.

            Vergleichsvereinbarung ist wertaufhellend und steht Rückstellungsbeibehaltung entgegen

Die von der Klägerseite vorgelegte Vereinbarung vom 2.8.2004 ist wertaufhellend und steht deshalb der Beibehaltung einer Rückstellung zum 22.12.2003 entgegen.

            Voraussetzungen der Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten

Grundsätzlich ist die Bildung einer Rückstellung für dem Grund und/oder der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten dann gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 249 Abs. 1 S. 1 HGB steuerrechtlich möglich, wenn der Schuldner, hier die KG, ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen muss. Die Möglichkeit des Bestehens oder Entstehens einer Verbindlichkeit reicht für die Rückstellungsbildung dagegen nicht aus (vgl. nur BFH-Urteil vom 25.11.2009 - X R 27/05, BFH/NV 2010, 1090 m. w. N.). Nicht möglich ist seit der auch im Streitjahr 2003 geltenden Einführung des § 5 Abs. 4a EStG durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl. I 1997, 2590) die steuerrechtliche Bildung von drohenden Verlusten im schwebenden Geschäft mit Ausnahme der „Erfüllungsrückstände". „Erfüllungsrückstände" liegen vor, wenn ein Vertragspartner durch seine bereits erbrachte Vorleistung die Gegenleistung erdient hat, diese aber am Bilanzstichtag noch rückständig ist (vgl. nur BFH-Urteil vom 15.9.2004 - I R 5/04, BStBl. II 2009, 100, BB 2005, 483, m. w. N.). Ob im vorliegenden Fall ein solcher Erfüllungsrückstand aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten Vorleistungen der Berater vorliegt oder ob nicht sogar eine echte Verbindlichkeitsrückstellung gegeben ist, kann der Senat an dieser Stelle dahinstehen lassen. In beiden Fällen sind nämlich die Grundsätze zur Berücksichtigung werterhellender Umstände bei der Bilanzierung zu beachten, die eine Rückstellungsauflösung zum 22.12.2003 nötig machen.

            Nach Anwendung der Wertaufhellungstheorie ist die Rückstellung aufzulösen

„Aufhellend" sind die bis zum Tag der Bilanzerstellung erlangten Kenntnisse über den Wert der Bilanzpositionen zum Bilanzstichtag wie auch Umstände, die die Möglichkeit eines Verlustes mindern oder entfallen lassen (ausführlich: BFH-Urteil vom 15.9.2004 I R 5/04, BStBl. II 2009, 100, BB 2005, 483, m. w. N.). Dabei wird man zunächst darauf abstellen müssen, ob es bereits am Bilanzstichtag ein Wagnis für den Steuerpflichtigen gab, oder ob am Bilanzstichtag ganz oder zum Teil feststand, dass Zahlungen in Zukunft zu leisten waren. Ausgehend von der Rechtsprechung des I. Senats des BFH in seiner Entscheidung vom 15.9.2004 (I R 5/04, BStBl. II 2009, 100, BB 2005, 483) zur Rückstellungsbildung für Risikobeteiligungen an Auslandskrediten ist der erkennende Senat der Ansicht, dass es bei Anwendung der Wertaufhellungstheorie entscheidend darauf ankommt, dass diese ähnlich dem handelsrechtlichen „true and fair view" alle Umstände, die zur Risikoabwägung bis zur Bilanzerstellung vorliegen, berücksichtigt. In dem dort entschiedenen Fall hatte der Senat die Wertaufhellungstheorie auch auf den Fall des nach dem Bilanzstichtag erfolgten Wegfalls des Risikos angewandt. Die Wertaufhellungstheorie ist deshalb auch nicht so zu verstehen, dass einem formal verstandenen Bilanzstichtagsprinzip zugunsten besserer nachträglicher Erkenntnisse, soweit sie bis zur Bilanzerstellung vorliegen, Vorschub zu leisten ist (so ausdrücklich Weber-Grellet, FR 2005, 314). Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass aufgrund der neuen Vereinbarung zwischen der Klägerin zu 3 und den Beratern bei Bilanzerstellung klar war, dass ein Wagnis in Bezug auf die abgeschlossenen Beraterverträge nicht mehr bestand. Die Rückstellung war deshalb, wie von Beklagtenseite vorgenommen, aufzulösen und zwar in voller Höhe, da die Berater auf jede Zahlung aus diesen Verträgen verzichteten.

            Unabhängig von derr handelsrechtlichen Handhabung ist allein die steuerrechtliche Sicht entscheidend

Der Senat verkennt nicht, dass die Wertaufhellungstheorie, wie sie sich handelsrechtlich aus § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbs. 1 HGB ergibt, auch anders verstanden werden kann. Doch ist unabhängig von der handelsrechtlichen Handhabung, die ausgehend von der EuGH-Rechtsprechung (EuGH-Urteil vom 7.1.2003 - C-306-99, DStRE 2003, 69) die Rückzahlung nicht als wertaufhellend sondern als wertbegründend ansieht (vgl. nur Bärenz, DStR 2005, 243 m. w. N.), allein die steuerrechtliche Sicht entscheidend. Während im Handelsrecht die Möglichkeit besteht, Zusatzangaben, insbesondere auch zur richtigen Risikoeinschätzung zu Informationszwecken in den Jahresabschluss aufzunehmen, gibt es diese Möglichkeit in der Steuerbilanz nicht. Steuerrechtlich bedarf es der konkreten Entscheidung, ob die neue Erkenntnis bilanz- und steuerwirksam werden soll oder nicht (Weber-Grellet, FR 2005, 314). Insoweit ist auch zu beachten, dass die Frage nach der Behandlung der Wertaufhellung eine Frage des nationalen Steuerrechts ist, deren Anwendung Sache der nationalen Gerichte ist (BFH-Urteil vom 15.9.2004 - I R 5/04, BStBl. II 2009, 100, BB 2005, 483). All dies muss hier dazu führen, dass die neuen Erkenntnisse aufgrund der Vereinbarung vom 2.8.2004 steuerrechtlich als wertaufhellend anzusehen sind.

            Zulässigkeit der Rückstellungsbildung kann dahinstehen

Aufgrund der dargestellten Ansicht kann es der erkennende Senat dahinstehen lassen, ob aufgrund der Umsatzzahlen und -prognose zum Bilanzstichtag überhaupt eine Rückstellung gebildet werden durfte. Es ist auch nicht entscheidungserheblich, ob hier eine Art Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO vorliegt. Auffällig erscheint, dass die fragliche Rückstellung mit Erlass der verbindlichen Auskunft zur Verlustnutzung der S GmbH erhöht worden ist. Beachtet man die anschließende sofortige Auflösung nach Anwachsung in der Bilanz der Rechtsnachfolgerin der KG, die Klägerin zu 3, so deutet dies auf einen Gesamtplan in der Gestalt hin, dass die Rückstellung allein zur Nutzung des Verlustvortrags der S GmbH gebildet worden ist. Zugunsten der Klägerseite geht der Senat aber davon aus, dass die vorgelegten, undatierten Vereinbarungen zwischen den Beratern und der KG vor Rückstellungsbildung bereits abgeschlossen worden sind und nicht erst auf Nachfrage der Betriebsprüfung später fixiert worden sind.

            Steuerrechtlich scheitert Rückstellungsbildung an § 5 Abs. 2a EStG

Unabhängig von der dargestellten Ansicht zur Wertaufhellungstheorie ist der Senat der Ansicht, dass eine Rückstellungsbildung steuerrechtlich auch daran scheitert, dass § 5 Abs. 2a EStG zum Tragen kommt. Hiernach ist für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftige Einnahmen oder Gewinne anfallen, eine Rückstellung erst zu bilden, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Der Senat ist der Ansicht, dass die Vorschrift so zu verstehen ist, dass eine Rückstellung immer dann nicht zu bilden ist, wenn eine erfolgsabhängige Verpflichtung eingegangen wird (so auch H. Richter in HHR § 5 EStG Rz. 1771). Anders als im Handelsrecht will der Steuergesetzgeber damit nach Ansicht des Senats eine Rückstellungsbildung dann verhindern, wenn zum Bilanzstichtag unklar ist, ob es überhaupt zu dieser Verpflichtung kommen kann, weil diese nur zu erfüllen ist, wenn künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen. Dabei kommt es schon vom Wortlaut dieser Vorschrift nicht darauf an, dass aus diesen Einnahmen oder Gewinnen die Verpflichtungen zu erfüllen sind. Es ist gerade die Erfolgsabhängigkeit, die zu einem besonders hohen Maß an Unsicherheiten über das Entstehen der Verpflichtung führt. Ausgehend von dieser Erfolgsabhängigkeit kann am Bilanzstichtag noch nicht einmal mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass eine Verpflichtung überhaupt entsteht. Daran ändern auch Umsatz- bzw. Erfolgsprognosen nichts. Der vorliegende Fall zeigt deutlich, dass es "noch auf den letzten Metern" dazu kommen kann, dass die Verpflichtung nicht entsteht. Steuerrechtlich in einem solchen Fall schon vorab Aufwand durch die Bildung einer Rückstellung möglich zu machen, will der Gesetzgeber erkennbar durch § 5 Abs. 2a EStG verhindern. Davon zu unterscheiden ist sicherlich die handelsrechtliche Frage, ob das entsprechende Risiko nicht nach § 249 Abs. 1 HGB eine Rückstellungsbildung notwendig macht, um etwa die Vermögensbelastung ausgehend vom Vorsichtsprinzip deutlich zu machen und überhöhte Ausschüttungen an Gesellschafter zu verhindern.

            Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

            Zulässigkeit der Revision

Die Revision war aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

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